Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109869/6/Sch/Pe

Linz, 13.09.2004

 

 

 VwSen-109869/6/Sch/Pe Linz, am 13. September 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des J H, vertreten durch den VfSuP, vom 13. Juli 2004, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 28. Juni 2004, VerkR96-828-2004-Gg, wegen Übertretung des Führerscheingesetzes zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z2 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Straferkenntnis vom 28. Juni 2004, VerkR96-828-2004-Gf, über Herrn J H, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.1 Führerscheingesetz (FSG) eine Geldstrafe von 363 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden verhängt, weil er am 9. Dezember 2003 um 11.05 Uhr im Gemeindegebiet Tragwein auf der L 1456 bei Strkm. 4,250 in Fahrtrichtung Bad Zell die Zugmaschine mit dem Kennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der Klasse oder Unterklasse, in die das Kraftfahrzeug fällt, nämlich der Klasse F, gewesen sei.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 36,30 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2ff VStG).

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber wird im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren vom VfSuP in Person der für in bestellten Sachwalterin, Frau S P-A, vertreten. In der Berufung gegen das o.a. Straferkenntnis wird ausgeführt, dass der Berufungswerber unter einer psychischen Erkrankung leide, die ihn insbesondere im Hinblick auf die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung daran hindere, das Unerlaubte der von ihm begangenen Handlungen einzusehen und dieser Einsicht gemäß zu handeln. Als Beweis wurde u.a. der einschlägige Aktenvorgang des Bezirksgerichtes Pregarten angeführt.

 

Die Berufungsbehörde hat das erstbehördliche Verfahren ergänzt und in den erwähnten Akt Einsicht genommen. Hierin findet sich u.a. ein Beschluss des Bezirksgerichtes Pregarten vom 7. Dezember 1998, in welchem die schon zu diesem Zeitpunkt bestandene Sachwalterschaft noch ausgedehnt wurde auf die Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten, die Verwaltung des Vermögens sowie die Beschaffung einer neuen Wohnmöglichkeit und das Ansuchen um eine Pension. Begründet wird die Sachwalterschaft damit, dass beim Berufungswerber ein weitgehender Realitätsverlust eingetreten sei, sodass er die auf ihn zukommenden Probleme ignoriere. Er trete auch mit einer allfälligen Bezugsperson nicht näher in Kontakt. Es würden sich paranoide Aktionsmuster entwickeln, die ihn unfähig machten, die von der Sachwalterschaft umfassten Belange selbst zu besorgen.

 

Anzumerken ist auch, dass ein von der Schwester des Rechtsmittelwerbers gestellter Antrag auf Aufhebung der Sachwalterschaft vom Gericht mit Beschluss vom 17. März 2004 abgewiesen wurde. In dem Beschluss ist die beim Berufungswerber vorliegende schizophrene Negativ(Defekt)symptomatik mit gestörter Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit sowie zum Teil schon etwas authistischen Verhaltensmustern die Rede.

 

Gemäß § 3 Abs.1 VStG ist nicht strafbar, wer zur Zeit der Tat wegen Bewusstseinsstörung, wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Geistesschwäche unfähig war, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder dieser Einsicht gemäß zu handeln.

 

Angesichts des in den obigen Gerichtsverfügungen dokumentierten psychischen Zustandes des Berufungswerbers geht der Oö. Verwaltungssenat davon aus, dass eine Zurechnungsfähigkeit des Genannten zum Vorfallszeitpunkt nicht mit der für eine Bestrafung notwendigen Sicherheit angenommen werden kann. Hieran vermag auch der vom Meldungsleger anlässlich einer erstbehördlichen Zeugeneinvernahme geschilderte Eindruck vom Berufungswerber bei der Amtshandlung nichts zu ändern. Zumindest ist mit wesentlich größerer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Berufungswerber nicht fähig war, das Unerlaubte der Tat einzusehen bzw. dieser Einsicht gemäß zu handeln, als vom Gegenteil. Nach der ständigen Rechsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann schon die größere Wahrscheinlichkeit einer Möglichkeit ein wesentlicher zu einer bestimmten Entscheidung führender Faktor einer Beweiswürdigung sein (VwGH 13.11.1986, 85/16/0109).

 

Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass naturgemäß nicht geschlossen werden kann, der Berufungswerber wäre ständig nicht in der Lage, den Unwert von Übertretungen straßenverkehrs- bzw. kraftfahrrechtlicher Vorschriften zu erkennen. Auf Grund der hier bekannten Schwierigkeit, retrospektiv definitive Aussagen von medizinischen Sachverständigen für einen bestimmten Vorfallszeitpunkt zu erhalten, erscheint ein weitergehendes Verfahren in diese Richtung nicht tunlich bzw. vertretbar.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

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