Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260274/2/WEI/Ni

Linz, 28.05.2002

VwSen-260274/2/WEI/Ni Linz, am 28. Mai 2002 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des W vertreten Rechtsanwälte gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft G vom 19. März 2001, Zl. Wa 96, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990, BGBl I Nr. 74/1997 und BGBl I Nr. 155/1999) zu Recht erkannt:

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

"Sie sind als Betriebsleiter des Betriebes in V, verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich, dass das mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oö. vom 29.8.1975, Wa-261/4-1975/Pes, im Spruchabschnitt I., Ziffer 1., festgelegte Maß der Wasserbenutzung von 20 m3/Tag für die Einleitung milchverunreinigter Abwässer in die Ortskanalisation der Marktgemeinde V an den nachstehend angeführten Tagen zum Teil erheblich überschritten wurde:

Tag der Überschreitung: m3/Tag

03.01.2000 31

04.01.2000 49

05.01.2000 53

07.01.2000 44

10.01.2000 46

11.01.2000 62

12.01.2000 54

13.01.2000 41

14.01.2000 25

17.01.2000 30

18.01.2000 51

19.01.2000 45

20.01.2000 48

24.01.2000 34

25.01.2000 35

26.01.2000 36

31.01.2000 35

01.02.2000 41

02.02.2000 37

      1. 24
      1. 21

08.02.2000 38

09.02.2000 46

10.02.2000 45

11.02.2000 40

14.02.2000 51

15.02.2000 73

16.02.2000 67

17.02.2000 62

18.02.2000 63

21.02.2000 40

22.02.2000 39

23.02.2000 35

24.02.2000 36

25.02.2000 30

29.02.2000 33

01.03.2000 46

02.03.2000 58

03.03.2000 27

06.03.2000 36

07.03.2000 49

08.03.2000 50

09.03.2000 52

10.03.2000 22

13.03.2000 41

14.03.2000 56

15.03.2000 58

16.03.2000 59

17.03.2000 23

20.03.2000 36

21.03.2000 73

22.03.2000 42

23.03.2000 42

24.03.2000 23

25.03.2000 22

27.03.2000 40

28.03.2000 49

29.03.2000 40

30.03.2000 34

31.03.2000 47

03.04.2000 31

04.04.2000 44

05.04.2000 41

06.04.2000 46

07.04.2000 31

10.04.2000 51

11.04.2000 69

12.04.2000 67

13.04.2000 74

14.04.2000 29

16.04.2000 23

17.04.2000 40

18.04.2000 53

19.04.2000 55

20.04.2000 51

21.04.2000 30

22.04.2000 25

23.04.2000 28

24.04.2000 34

25.04.2000 45

26.04.2000 39

27.04.2000 49

28.04.2000 48"

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 137 Abs 2 Z 6 iVm § 32b und § 137 Abs 5 WRG 1959 idgF als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung "gemäß § 137 Abs. 2 Ziffer 6 WRG 1959" (richtig: Strafrahmen des § 137 Abs 2 WRG 1959 idFd WRG-Novelle 1999) eine Geldstrafe von ATS 2.000,-- (145,34 Euro) und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe 7 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde gemäß § 64 VStG ein Betrag von ATS 200,-- (14,53 Euro) vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 22. März 2001 durch Hinterlegung beim Zustellpostamt zugestellt wurde, erhob der Bw mit der am 3. April 2001 per Telefax eingebrachten Eingabe vom 2. April 2001 Berufung ("EINSPRUCH zu Straferkenntnis"), in der er die Vorwürfe bestreitet und eine ausführliche Stellungnahme durch seine Rechtsvertreter ankündigt. Nach schlichter Verbesserungsaufforderung durch die belangte Behörde langte am 14. Mai 2001 die als Berufung bezeichnete rechtsfreundliche Eingabe vom 9. Mai 2001 bei der belangten Behörde ein. Die Berufung strebt die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens an.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t:

2.1. Mit Spruchabschnitt I. des Bescheids des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. August 1975, Zl. Wa-261, wurde der Gemeinde V die wasserrechtliche Bewilligung zur Ableitung der beim Betrieb der V und Umgebung in V anfallenden milchverschmutzten Abwässer und häuslichen Abwässer über die mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 28. März 1967, Zl. Wa-893, wasserrechtlich bewilligte Ortskanalisation, insbesondere über die mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 14. August 1972, Zl. Wa-1525, wasserrechtlich bewilligte Kläranlage in die L sowie zur Errichtung und zum Betrieb der hiezu dienenden Anlagen unter Vorschreibungen erteilt. Im Spruchpunkt I. 1. wurde das Maß der Wasserbenutzung zur Einleitung milchverunreinigter Abwässer mit 20 m3/d bzw. bei einer Betriebsdauer von 8 Stunden pro Tag durchschnittlich mit 2,5 m3/h bzw. in der Spitze mit 5 m3/h bestimmt.

Im Spruchabschnitt II. des Bescheids vom 29. August 1975 wurde im Grunde der Bestimmungen der §§ 27 Abs 1 lit a, 29 und 99 WRG festgestellt, dass das der V und Umgebung mit den Bescheiden des Landeshauptmannes vom 31.1.1950, Zl. Wa-281, bzw. vom 17.6.1972, Zl. Wa-2662, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 1.9.1972, Wa-2662, erteilte, im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk G unter Postzahl eingetragene Wasserrecht mit der Rechtskraft des Spruchabschnittes I. insoweit erloschen ist, als es die Einleitung milchverunreinigter und häuslicher Abwässer in die Äußere L zum Inhalt hat.

Der Verhandlungsschrift vom 21. Juli 1975 ist zu entnehmen, dass eigentlich zunächst die Molkereigenossenschaft V und Umgebung Konsenswerberin war und im Zuge der Verhandlung festgelegt wurde, dass die Gemeinde V als Konsenswerberin auftritt.

2.2. Mit Schreiben vom 14. April 2000, Zl. BauW-III-160000, hat die Abteilung Wasserbau, Unterabteilung Siedlungswasserbau, der belangten Behörde Folgendes mitgeteilt:

"Laut schriftlicher Mitteilung der G bzw. von Herrn Dipl.-Ing. M (Projektant) vom 31.01.2000 beantragt die V eine Abwassermenge von 120 m3/d bzw. unter anderem die Parameter Gesamtchlor bzw. AOX. Aus diesem Grund ist gemäß IEV eine Bewilligungspflicht gegeben.

Es wird darauf hingewiesen, dass der erteilte wasserrechtliche Konsens (20 m3/d) laufend überschritten wird."

Dem Überwachungsbericht der Abteilung Umweltschutz des Amtes der Oö. Landesregierung vom 8. Juni 2000, Zl. U-GS-330074, betreffend die Abwasseremissionen der Molkerei in V, sind die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses näher angeführten Überschreitungen des oben dargestellten wasserrechtlichen Konsenses zu entnehmen.

2.3. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 3. Juli 2000 lastete die belangte Behörde dem Bw als Betriebsleiter des Molkereibetriebes in V die Konsensüberschreitungen wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses an. Daraufhin erstattete der Bw die Rechtfertigung vom 25. Juli 2000, mit der er ein Schreiben gleichen Datums des M von der "Umweltmanagement, GmbH" vorlegte, aus dem hervorginge, dass der Bw als neuer Leiter des Einzelunternehmens S die angelasteten Überschreitungen weder leichtfertig, noch unsachgemäß, noch unsorgsam, noch durch Untätigkeit verursacht hätte. Er wäre erst mit 1. Jänner 2000 ins Unternehmen eingetreten und zum Leiter bestellt worden. Das Problem stamme aus der ursprünglichen Übernahme von V durch Fusion mit G und wäre durch die Verpachtung des Betriebes V an S weitergegeben worden. Der Betrieb müsste an die gewünschte Struktur (Produkt- und Mengenanpassungen) angepasst werden. Um realistische Projekte zu erstellen hätten sich die Verantwortlichen einerseits mit dem Ist-Zustand zu befassen und andererseits die zukünftige Entwicklung abzuschätzen. Beides erfordere eine gewisse Mindestzeit (Hinweis auf das Schreiben von DI M). Dem Schreiben des M sind chronologisch die Bemühungen seit 1995 zu entnehmen. Die erforderlichen Anpassungsmaßnahmen an den Stand der Technik zur Einhaltung der Emissionsbegrenzungen gemäß AEV Milchwirtschaft wären gesetzt worden. Mit Schreiben der "O-Umweltmanagement" vom 31. Dezember 1998 an die belangte Behörde wäre darüber berichtet worden. Der Bericht der Unterabteilung Gewässerschutz vom 8. Juni 2000 bestätige, dass diese Maßnahmen eine Einhaltung der Emissionsbegrenzungen gewährleisteten. Seitens der Molkerei V wären alle erforderlichen Schritte für einen dem Stand der Technik entsprechenden Betrieb gemäß AEV Milchwirtschaft gesetzt worden und trotz positiver Stellungnahme des Amtssachverständigen und eines positiven Überprüfungsberichtes wäre bisher kein positiver Bescheid über den gestellten Konsensantrag (gemeint offenbar Antrag vom 18.12.1995 an die Wasserrechtsabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung) ergangen.

Aus dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 10. Oktober 2000 über eine Vorsprache des Bw ergibt sich, dass bis 31. Dezember 2000 ein Projekt für die Anpassung der Abwasseranlage der Molkerei V eingebracht werden sollte, wobei von einer Konsensmenge von 120 m3/d und einer Belastung nicht über 500 EWG die Rede war. Dieses Projekt wurde laut weiterem Aktenvermerk vom 18. Jänner 2001 bei der Gewerbeabteilung der belangten Behörde am 5. Jänner 2001 eingebracht.

Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge das angefochtene Straferkenntnis vom 19. März 2001.

2.4. In der rechtsfreundlichen Berufung wird vorgebracht, dass der Bw seit 1. Jänner 2000 als Betriebsleiter in der Molkerei tätig wäre, die von S mit Pachtvertrag vom 30. Oktober 1999 von der G in G, gepachtet wurde. Dieser Pachtvertrag würde eine Betriebspflicht des Pächters vorsehen. Die Verpächterin hätte die vertragliche Haftung dafür übernommen, dass die für die Produktion erforderlichen Einrichtungen funktionstauglich sind, womit auch die entsprechenden behördlichen Genehmigungen umfasst wären. Die Verantwortung liege daher bei der Verpächterin. Diese hätte bereits Maßnahmen zur Anpassung der höchstzulässigen Abwasserableitungsmenge gesetzt. Mit Konsensantrag vom 18. Dezember 1995 hätte die V einen abgeänderten Konsens für die Ableitung der im Zweigbetrieb V anfallenden Abwassermenge beantragt, wobei die Abwassermenge mit 126 m3/Tag angegeben worden wäre. Darüber hätte die Behörde bisher nicht entschieden. Mit Schreiben der O Umweltmanagement wäre der Behörde die Abwassermenge während der Monate 10-12/1998 mit durchschnittlich 70 m3/Tag und maximal 100 m3/Tag angegeben worden. Der Bw hätte zum ehest möglichen Zeitpunkt mit der zuständigen Behörde Kontakt aufgenommen und mit Schreiben vom 31. Jänner 2000 eine Abwassermenge von 120 m3/Tag angekündigt. Mit Schreiben vom 31. Februar 2000 (?) hätte der Bw die Indirekteinleitung der Abwässer beantragt und sich bereit erklärt, Maßnahmen für eine innerbetriebliche Vorreinigung zur Reduzierung der Schmutzfracht auf 500 EWG zu setzen. Weiter wäre die belangte Behörde am 26. Juni 2000 über die Planung eines Abwasserprojekts in Kenntnis gesetzt worden. Dieses wäre am 5. Jänner 2001 eingereicht worden.

Eine Reduktion der Abwassermenge wäre nicht möglich gewesen, weil bei aufrechtem Betrieb für Wascharbeiten eine gewisse Menge nötig sei. Für die Projekteinreichung wäre ein Probebetrieb nötig gewesen, bei dem die Produktauslastung 40 % betrug. Es liege daher keine Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Bw vor. Selbst wenn man aber davon ausginge, wäre das Verschulden des Bw auszuschließen. Dieser wäre stets bedacht gewesen, alle geltenden wasserrechtlichen Bestimmungen einzuhalten, was aus dem laufenden Kontakt mit den zuständigen Behörden, den zeitgerecht gestellten Anträgen, der Projektentwicklung und der innerbetrieblichen Vorreinigung zur Emissionsbegrenzung zu erkennen wäre. Der Bw hätte unter Ausschöpfung seiner tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten alles in seinen Kräften stehende getan.

Die Aufrechterhaltung des Betriebs bei einer Produktionsauslastung von lediglich 40 % wäre nötig gewesen, um überhaupt ein neuartiges Projekt basierend auf fundierten Daten zu erstellen. Bei der Wertung des Verhaltens unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens wäre auch die Frage der Zumutbarkeit nicht außer Acht zu lassen.

2.4. Mit Vorlageschreiben vom 22. Mai 2001 hat die belangte Strafbehörde ihren Verwaltungsstrafakt mit der Berufung zur Entscheidung vorgelegt. Eine Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, dass der wesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint und im Wesentlichen Rechtsfragen zu lösen sind.

4. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Für den im Spruch angeführten Tatzeitraum im Jahr 2000 war das WRG 1959 in der Fassung der am 1. Jänner 2000 in Kraft getretenen WRG-Novelle 1999 (BGBl I Nr. 155/1999) maßgeblich. Mit dieser Novelle wurden die Strafbestimmungen des § 137 WRG 1959 neu gefasst.

Die belangte Behörde nimmt im Spruch auf das mit 20 m3/Tag bewilligte Maß der Wasserbenutzung im Spruchabschnitt I. Z 1 des wasserrechtlichen Bescheids des Landeshauptmannes vom 29. August 1975, Zl. Wa-261, Bezug. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses werden fortlaufende quantitative Konsensüberschreitungen bei der Ableitung von milchverunreinigten Abwässern in die Ortskanalisation der Marktgemeinde V in einem Zeitraum vom 3. Jänner bis 28. April 2000 angelastet. Der wasserrechtliche Konsens wurde seinerzeit kurioserweise nicht der Rechtsvorgängerin Molkereigenossenschaft V und Umgebung, sondern der Gemeinde V erteilt, die danach die Bewilligung zur Ableitung der beim Betrieb anfallenden Abwässer in die eigene Kanalisation erhielt. Die Rechtsnachfolgerin G stellte dann nach der Aktenlage am 18. Dezember 1995 einen Konsensantrag für den Zweigbetrieb V, der allerdings zu keiner Bewilligung führte. Mittlerweile wurde der Betrieb an den Einzelnehmer S für dessen Molkereibetrieb in V verpachtet, der damit aber nicht Eigentümer der Liegenschaft samt den unbeweglichen Wasserbenutzungsanlagen geworden ist. Fraglich ist daher bereits, ob die Molkerei überhaupt aus einem an die Gemeinde V ergangenen Bewilligungsbescheid verpflichtet sein kann. Denn nach § 22 WRG 1959 ist der jeweilige Eigentümer der Betriebsanlage oder Liegenschaft, mit der die Wasserbenutzungsrechte verbunden sind, Wasserberechtigter und damit auch der aus einem wasserrechtlichen Konsens Verpflichtete. Bei nicht ortsfesten Wasserbenutzungsanlagen kommt es nur auf die Bewilligung an eine bestimmte Person an.

Wie im Folgenden noch gezeigt wird, gibt es auch weitere Gründe, die die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses in Frage stellen. Dabei ist vor allem die Rechtslage in Bezug auf Indirekteinleitungen, die sich in den letzten Jahren mehrfach geändert hat, zu berücksichtigen.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ergibt sich aus Art IV Abs 1 der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997, dass mit Wirksamkeit vom 12. Juli 1997 der § 32 Abs 4 WRG 1959 entfallen ist und für sog. Indirekteinleiter der § 32b WRG 1959 neu geschaffen wurde. Die korrespondierende neue Strafbestimmung des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959, die nicht mehr auf § 32 Abs 4 WRG 1959 in der alten Fassung abstellte, galt in ihrer Neufassung seit 1. Oktober 1997. Nach der Übergangsvorschrift des Art II Abs 5 der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997 wurde bestimmt, dass eine zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 32b WRG 1959 bestehende wasserrechtliche Indirekteinleiter-bewilligung jedenfalls bis zum Inkrafttreten einer Verordnung gemäß § 32b Abs 5 aufrecht bleibt und ab diesem Zeitpunkt als Bewilligung nach § 32b WRG 1959 gilt, sofern in der Verordnung eine Bewilligungspflicht für diesen Abwasserherkunftsbereich festgelegt wird.

Zu dieser neuen Wasserrechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Oktober 1997, 95/07/0129, unter Hinweis darauf, dass Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation ab dem 12. Juli 1997 keinerlei wasserrechtlicher Bewilligung mehr bedürfen, entschieden, dass die Indirekteinleitung so vorgenommen werden darf, wie es das Kanalisationsunternehmen gestattet hat, ohne dass die Inhalte vor dem 12. Juli 1997 erlassener Bewilligungsbescheide für die Indirekteinleitung dem Indirekteinleiter gegenüber noch rechtliche Wirkung äußern könnten. Was vom Gesetz bewilligungsfrei gestattet ist (vgl § 32b Abs 1 und 2 WRG 1959), darf mit diesem Zeitpunkt ohne Bedachtnahme auf in Zeiten der Bewilligungspflicht auferlegte Beschränkungen ausgeübt werden. Die Übergangsbestimmung des Art II Abs 5 Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997, die der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzustehen scheint, könne diese durch Art I der Novelle geschaffene Rechtslage nicht abändern und gehe insofern ins Leere. Man wird dieser Übergangsbestimmung nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates nur eingeschränkte Bedeutung für den Fall einer späteren Verordnung nach § 32b Abs 5 WRG 1959, die eine Bewilligungspflicht anordnet, beimessen können (idS auch VwGH 23.10.1997, 95/07/0129). Im Übrigen muss eine am Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes orientierte verfassungskonforme Auslegung zum Ergebnis des Verwaltungsgerichtshofes führen, weil Indirekteinleiter mit einer wasserrechtlichen Bewilligung vor dem 12. Juli 1997 nicht schlechter gestellt werden dürfen, als solche Personen, die nach dem 11. Juli 1997 (= Kundmachungstag der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997) mit Zustimmung des Kanalisationsunternehmens Indirekteinleitungen bewilligungsfrei vornehmen können.

4.3. Ein Handeln entgegen einer Indirekteinleiterbewilligung war vor der WRG-Novelle 1997 bzw. dem 1. Oktober 1997 noch gemäß § 137 Abs 2 lit h) 2. Fall aF strafbar. Mittlerweile gibt es keine unmittelbar vergleichbare Strafnorm mehr.

Nach dem § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 idFd WRG-Novelle 1997 (BGBl I Nr. 74/1997) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis ATS 30.000,-- zu bestrafen,

wer Einleitungen in eine Kanalisationsanlage vornimmt und die gemäß § 33b Abs 3 erlassenen Emissionsbegrenzungen und die vom Kanalisationsunternehmen zugelassenen Abweichungen nicht einhält oder die Einleitungen ohne Zustimmung des Kanalisationsunternehmens vornimmt oder die Mitteilung gemäß § 32b Abs 2 unterlässt oder die Nachweise über die Beschaffenheit der Abwässer nicht gemäß § 32b Abs 3 vorlegt.

Seit der WRG-Novelle 1999 (BGBl I Nr. 155/1999) findet sich diese Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe bis ATS 50.000,-- bedroht, in modifizierter und verkürzter Form im neuen § 137 Abs 1 Z 24 WRG 1959 wieder. Strafbar macht sich nunmehr,

wer Einleitungen in eine Kanalisationsanlage (§ 32b) vornimmt und dabei die gemäß § 33b Abs 3 erlassenen Emissionsbegrenzungen oder die vom Kanalisationsunternehmen zugelassenen Abweichungen nicht einhält oder die Einleitungen ohne Zustimmung des Kanalisationsunternehmens vornimmt.

Die WRG-Novelle 1999 hat nachstehende weitere Strafbestimmungen vorgesehen, die im gegebenen Zusammenhang mit § 32b WRG 1959 eine Rolle spielen können.

Gemäß § 137 Abs 2 Z 6 WRG 1959 idF BGBl I Nr. 155/1999 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis ATS 200.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 4 Wochen) zu bestrafen,

wer ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen eine gemäß § 32 bewilligungspflichtige Einwirkung auf Gewässer oder eine gemäß § 32b bewilligungspflichtige Indirekteinleitung vornimmt.

Nach § 137 Abs 2 Z 9 WRG 1959 idF BGBl I Nr. 155/1999 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis ATS 200.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 4 Wochen) zu bestrafen,

wer anzeigepflichtige Maßnahmen (§§ 32b, 34, 114 Abs 1, 115) in Angriff nimmt, ohne diese drei Monate vorher der Wasserrechtsbehörde anzuzeigen.

Nach der auf der Grundlage des § 32b WRG 1959 erlassenen Indirekteinleiterverordnung - IEV sind in §§ 2 und 3 unter dort genannten bestimmten Voraussetzungen Bewilligungspflichten (Herkunftsbereiche und Schwellenwerte) vorgesehen. Nach § 32b Abs 5 WRG 1959 kann der BMLF durch Verordnung jene Herkunftsbereiche für Abwasser sowie Mengenschwellen festlegen, für die auf Grund ihrer Gefährlichkeit, des Abwasseranfalles oder auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen ein Verfahren (§ 114) erforderlich ist.

4.4. Im gegenständlichen Fall wurde laut Überwachungsbericht der Abteilung Umweltschutz vom 8. Juni 2000, U-GS-330074, eine andauernde Überschreitung der Abwassermenge entgegen dem alten wasserrechtlichen Konsens - an Spitzentagen bis zum 3,5-fachen - festgestellt, wobei eine Produktionsauslastung von bloß 40 % als bemerkenswert betont worden ist. Qualitative Parameter haben offenbar weder im alten wasserrechtlichen Konsens, noch bei der Überwachung eine wesentliche Rolle gespielt. Jedenfalls sind keine Überschreitungen der AEV Milchwirtschaft (BGBl II Nr. 11/1999) ausgewiesen. Eine Bewilligungspflicht nach der Indirekteinleiterverordnung - IEV (BGBl II Nr. 222/1998) wurde nach der Aktenlage ebenfalls nicht nachgewiesen. Der Hinweis im Schreiben der Abteilung Wasserbau vom 14. April 2000, Zl. BauW-III-160000, auf einen vorliegenden Konsensantrag der Molkerei V betreffend eine Abwassermenge von 120 m3/d und die Parameter Gesamtchlor und AOX ohne genauere Angaben, vermag eine Bewilligungspflicht nach der IEV noch nicht schlüssig darzutun. Daraus kann auch nicht auf die tatsächliche Qualität der Abwässer im gegenständlichen Tatzeitraum geschlossen werden.

Die gegenständlichen Einleitungen bedurften mit dem Inkrafttreten der WRG-Novelle 1997 grundsätzlich keiner wasserrechtlichen Bewilligung mehr, sondern nur der Zustimmung des Kanalisationsunternehmens. Seit der WRG-Novelle 1999 kommt bei fehlender Zustimmung die Übertretung nach § 137 Abs 1 Z 24 WRG 1959 und im Falle einer besonderen Bewilligungspflicht (§ 32b WRG bzw IEV) jene nach § 137 Abs 2 Z 6 WRG 1959 in Betracht. Schon auf Grund dieses rechtlichen Befundes konnten die angelasteten Einleitungen in die Ortskanalisation von V nicht mehr allein deswegen strafbar sein, weil sie dem früheren Konsens aus dem Jahr 1975 widersprachen. In die Richtung der oben dargestellten neuen Straftatbestände des § 137 WRG 1959 hat die belangte Behörde keine ausreichenden Ermittlungen angestellt und dementsprechend auch keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt.

Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren mangels eines strafbaren Tatbestandes gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen, weil die angelasteten fortgesetzten Konsensüberschreitungen jedenfalls aus rechtlichen Gründen keine Verwaltungsübertretungen mehr bildeten. Deshalb brauchte auch auf das Berufungsvorbringen nicht mehr eingegangen zu werden.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung des Bw zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

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