Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-270013/5/Gf/Km

Linz, 19.12.1994

VwSen-270013/5/Gf/Km Linz, am 19. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des H, vertreten durch , gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 30. August 1994, Zl. Gem96-1-1994-CS/GH, wegen Übertretung der Oö. Landesabgabenordnung i.V.m. dem (Oö.) Interessentenbeiträge-Gesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 30. August 1994, Zl. Gem96-1-1994-CS/GH, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Tage) verhängt, weil er mit Schreiben vom 25. Februar 1994 Organen der Abgabenbehörde das Betreten seiner Grundstücke für den 4. März 1994 zwecks Durchführung eines Lokalaugenscheines verweigert und dadurch als Abgabepflichtiger seine gesetzliche Verpflichtung, an Maßnahmen der amtlichen Aufsicht mitzuwirken, verletzt habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 239 Abs. 1 Z. 6 lit. e i.V.m. § 110 Abs. 1 und § 54 der Oö.

Landesabgabenordnung, LGBl.Nr. 30/1984, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 46/1992 (im folgenden: OöLAO), sowie i.V.m.

§ 1 des (Oö.) Interessentenbeiträge-Gesetzes, LGBl.Nr.

28/1958, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 57/1973 (im folgenden: OöIntBG), begangen, weshalb er gemäß § 239 Abs. 5 OöLAO zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 14. September 1994 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 28. September 1994 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde u.a. begründend aus, daß es aufgrund entsprechender Mitteilungen der Gemeinde E als erwiesen anzusehen sei, daß der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 25.

Februar 1994 die Durchführung eines zwecks Feststellung der Vorschreibungshöhe hinsichtlich einer ergänzenden Kanalanschlußgebühr betreffend das Hallenbad und die dazugehörenden Nebenräume auf ihrem Grundstück für den 4. März 1994 angesetzten Lokalaugenscheines untersagt habe.

Der vom Berufungswerber erhobene Einwand, daß der Bürgermeister bzw. der Amtssachverständige bei diesem Lokalaugenschein voraussichtlich unkorrekt vorgegangen wären, könne sein Verhalten aber keinesfalls rechtfertigen oder entschul digen.

Im Zuge der Strafbemessung seien mangels eigener Angaben des Beschwerdeführers dessen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von Amts wegen zu schätzen sowie seine bisherige Unbescholtenheit und sein Geständnis als strafmildernd zu berücksichtigen gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien.

2.2. Dagegen bringt der Rechtsmittelwerber im wesentlichen vor, daß aus der Mitteilung über die Anberaumung des Lokalaugenscheines nicht hervorging, ob der Bürgermeister der Gemeinde E als erst- oder zweitinstanzliche Behörde einschreiten werde; in beiden Fällen wäre er jedoch - wegen Unzuständigkeit bzw. infolge Befangenheit - hiezu schon von vornherein nicht befugt gewesen. Im übrigen wäre der Bürgermeister auch zur Beantragung der Einleitung des Strafverfahrens durch die Bezirksverwaltungsbehörde nicht kompetent gewesen und er hätte spätestens nach Erhalt des Untersagungsschreibens des Berufungswerbers seine Befangenheit wahrnehmen und sich aus dem Verfahren zurückziehen müssen. Schließlich sei im angefochtenen Straferkenntnis auch der Tatzeitpunkt nicht angeführt.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Kirchdorf zu Zl.

Gem96-1-1994; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und seitens der Verfahrensparteien ein ent sprechender Antrag nicht gestellt wurde bzw. mit der vorliegenden Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 239 Abs. 1 Z. 6 lit. e OöLAO begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 239 Abs. 5 OöLAO mit Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen, der Maßnahmen der in den Abgabenvorschriften vorgesehenen amtlichen Aufsicht oder besonderen Überwachung verhindert oder die Pflicht, an solchen Maßnahmen mitzuwirken, verletzt.

Nach § 110 Abs. 1 OöLAO haben die Abgabepflichtigen - d.s.

gemäß § 54 Abs. 1 OöLAO diejenigen Personen, die nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommen - den Organen der Abgabenbehörde die Vornahme der zur Durchführung der Abgabengesetze notwendigen Amtshandlungen zu ermöglichen; insbesondere ist zu dulden, daß Organe der Abgabenbehörde zu diesem Zweck ihre Grundstücke sowie Geschäftsbzw. Betriebsräume innerhalb der üblichen Geschäfts- oder Arbeitszeit betreten.

4.2. Auf jenes Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde E vom 15. Februar 1994, Zl. Bau-308/1976, mit dem dem Beschwerdeführer als Eigentümer und damit Abgabepflichtigen die Durchführung eines Lokalaugenscheines mit einem Amtssachverständigen des Bezirksbauamtes Steyr für den 4. März 1994 um 8.00 Uhr angekündigt worden war, replizierte dieser mit Schriftsatz vom 25. Februar 1994:

"Der Ortsaugenschein des 4.3.1994, 8.00 Uhr, wird untersagt.

Es wird von unserem Hausrecht Gebrauch gemacht und den Herren dieser [Hervorhebung im Original] Kommission das Betreten unserer Grundstücke verboten.

Bereits am 9.7.1993, Gem-159/131-1993-Lui, hat das Bauamt Steyr ein der Gemeinde E gefälliges Gutachten abgegeben. Wie in unserem Schreiben vom 14.9.1993 klar dargelegt, war dieses Schreiben total falsch. Es ist nicht anzunehmen, daß dieses Amt bzw. der Sachverständige nun im 2. Versuch objektiv und richtig befinden wird.

Der wahre Sachverhalt wurde der Gemeinde an Hand der Pläne genau dargelegt und es wäre an der Zeit, daß auch der rechtswidrige Bescheid des Bürgermeisters vom 22.10.1987 aufgehoben wird. Weiters wird auf die bereits in dieser Angelegenheit eingeleitete Zivilklage verwiesen.

Hochachtungsvoll" Rechtlich stellt diese Äußerung sohin nicht mehr als die wenn auch wortgewaltige und mit Drohgebärden verzierte Ablehnung eines Verfahrensleiters (nämlich der Person des Bürgermeisters von E als Leiter des Lokalaugenscheines) und eines Amtssachverständigen (des Bezirksbauamtes Steyr) durch die vom Augenschein betroffene Partei dar.

Daß dem Beschwerdeführer ein solcherart präventives Ablehnungsrecht nicht zustand, sondern die Einrede der Befangenheit vielmehr erst im Wege der Berufung gegen jenen Bescheid, mit dem der Interessentenbeitrag vorgeschrieben wird, hätte geltend gemacht werden können (vgl. hiezu die bei R. Walter - H. Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 5. Auflage, Wien 1991, RN 113, angeführte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes), mußte der Behörde, nämlich dem Bürgermeister der Gemeinde E, aber ebenso klar sein wie der Umstand, daß der angesetze Lokalaugenschein vom Betroffenen unter Berufung auf das Hausrecht nicht in rechtmäßiger Weise untersagt werden kann, weil § 3 des Gesetzes zum Schutze des Hausrechts, RGBl.Nr. 88/1862, eben i.V.m. § 114 Abs. 1 OöLAO eine derartige Nachschau zum Zweck der finanziellen Aufsicht in verfassungsrechtlich einwandfreier Weise ausdrücklich zuläßt.

Darin, daß der Berufungswerber im Ergebnis - offenbar mit entsprechender Überzeugungskraft - nur eine unzutreffende Rechtsansicht vorgebracht hat, kann aber allein noch kein strafbares Verhalten gesehen werden.

Die Behörde hat nämlich nach Erhalt des Schreibens des Berufungswerbers gar nicht mehr versucht, das ihr gemäß § 114 Abs. 1 OöLAO gesetzlich an die Hand gegebene Nachschaurecht auch tatsächlich auszuüben, d.h. den angesetzten Lokalaugenschein am 4. März 1994 auch wirklich durchzuführen. Ohne daß es hier der Klärung der Frage bedarf, ob die Nachschau im Falle der Weigerung des Berufungswerbers durch den Beistand von Exekutivorganen hätte erzwungen werden können oder ob in diesem Fall vielmehr - wofür sowohl die §§ 113 ff und die §§ 121 ff OöLAO einerseits als auch § 144 OöLAO andererseits zu sprechen scheinen - die abgabepflichtrelevanten Grundlagen von Amts wegen zu schätzen gewesen wären, steht aber jedenfalls fest, daß allein durch das obzitierte Schreiben des Berufungswerbers vom 25. Februar 1994 dieser die ihm gemäß § 110 Abs. 1 OöLAO obliegende Pflicht, den Organen der Abgabenbehörde die Vornahme der erforderlichen Amtshandlungen zu ermöglichen bzw. an diesen mitzuwirken, (noch) nicht verletzt hat.

Ein i.S.d. § 239 Abs. 1 Z. 6 lit. e OöLAO strafbares Verhalten ihrerseits liegt somit nicht vor.

4.3. Mangels Tatbestandsmäßigkeit war sohin der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 65 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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