Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109947/5/Br/Wü

Linz, 20.10.2004

 

 

 VwSen-109947/5/Br/Wü

Linz, am 20. Oktober 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufungen des Herrn H K, p.A. K P GmbH und Co. KG, E, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 21. Juli 2004, VerkR96-4112-2004, nach der am 28. September 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 
 


Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1, Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.
 
 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.
 


Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit den o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber, "als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen handelsrechtlichen Geschäftsführer" des Zulassungsbesitzers des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen G, nämlich der "P GmbH und Co. KG, wegen einer Übertretung nach § 103 Abs.1 Z1 iVm § 101 Abs.1 lit.a u.  

§ 4 Abs.7 lit.a, sowie § 134 Abs.1 KFG 1967 - nämlich weil er nicht dafür gesorgt habe, dass diese von Herrn A N an der im Straferkenntnis genannten Zeit und Örtlichkeit gelenkte Lkw nicht um 1.150 kg überladen wurde - eine Geldstrafe in Höhe von 470 Euro und im Nichteinbringungsfall 195 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz ging in umfassender Begründung von einem Verschulden des Berufungswerbers im Hinblick auf die Überladung dieses Fahrzeuges aus. Dies unter Hinweis auf die einschlägige Judikatur zum sogenannten Kontrollsystem, welche durch den Firmenverantwortlichen bzw. den Zulassungsbesitzers geeignet sein müsse solche Überladungen zu verhindern. Dabei könnten auch Dienstanweisungen die Überladungen untersagen nicht ausreichen, wenn deren Umsetzung nicht hinreichend überwacht würde. Von einer solchen Unterlassung schien die Behörde erster Instanz auszugehen, zumal der Berufungswerber nicht dargetan habe, "wie oft und auf welche Weise er Kontrollen vorgenommen habe" (Hinweis auf VwGH 19.9.1990, 89/03/0231 u.a.).

 

 

2. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung. Darin stellt er ein Verschulden seinerseits in Abrede, weil er den Beladevorgang in Oberösterreich von G aus nicht überwachen habe können. Sein Fahrer habe einen strikten Auftrag das Fahrzeug korrekt zu beladen. Aus diesem Grunde ersuche er das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn einzustellen.
 

 

3. Die Erstbehörde hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier angesichts der Verantwortung des Berufungswerbers für die Nachvollziehung des Vorbringens zum sogenannten "wirksamen Kontrollsystem" in Wahrung der gemäß Art. 6 Abs.1 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde und dessen inhaltlichen Erörterung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, an welcher der Berufungswerber persönlich und auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz teilnahm. Beigeschafft und verlesen wurde das Berufungsvorbringen und die Sacherledigung des in diesem Zusammenhang gegen den Lenker geführten Verfahrens.

 

4.1. Unstrittig ist hier die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers als nach außen vertretungsbefugtes Organ des Zulassungsbesitzers, sowie das Ausmaß der stattgefundenen Überladung.

Festzustellen ist ebenfalls, dass dem Lenker A N - der den Tatvorwurf inhaltlich nicht bestritten hat - mit h. Berufungsentscheidung vom 31.8.2004 wegen dieser Überladung die Geldstrafe von 470 Euro auf 110 Euro ermäßigt wurde (GZ:VwSen-109954/2/Kof/He). In seiner Berufung führte der Lenker aus, sich der Überladung im festgestellten Ausmaß nicht bewusst gewesen zu sein.

Über die Struktur des Kontrollsystems oder nähere Umstände über Ort und Ablauf der Fahrzeugbeladung in Oberösterreich ließen sich weder aus der Berufung noch aus der Sachentscheidung gegen den Lenker Detailliertes entnehmen.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung erklärte der Berufungswerber die Struktur der seiner Firma, die im Rahmen der Erfüllung von Plakatierungs- bzw. Werbeaufträge auch diverse Transporte durchzuführen hat. Es ist davon auszugehen, dass von gänzlich unterschiedlichen Orten in Österreich Plakatständer verschiedenster Ausführung (Holz oder Metall) in Abwechslung von Werbeaufträgen zu transportieren sind. Dabei wird der Firmensitz in G in der Regel nicht angefahren. Die konkrete Anzahl und das Gewicht des sich ergebenden Transportbedarfes ist bei der Abwicklung solcher Aufträge im voraus auch nicht bekannt. Eine konkrete Beladungmodalität ist mit Blick darauf nicht determinierbar. Die Einhaltung der jeweiligen sich aus dem Kraftfahrgesetz ergebenden und den Zulassungsbesitzer betreffenden Vorschriften kann demnach nur in einer allgemeinen Anweisung an die Fahrer, sich an und die gesetzlichen Vorschriften zu halten, lauten.

In diesem Fall betreibt der Lenker eine eigene Werbefirma. Diese wurde ihrerseits vom Berufungswerber mit dem Transport von Plakatständern für die Firma K von Linz nach Grieskirchen beauftragt, wobei der Firmeninhaber A N diesen Auftrag selbst abwickelte wobei er sich eines Firmenfahrzeuges des Berufungswerbers bediente.

 

4.2. Der Verantwortung des Berufungswerbers kann gefolgt werden. Wenn demnach selbst der Lenker in dem wegen dieser Überladung gegen ihn geführten Verfahren erklärte, dass er nicht geglaubt habe das Fahrzeug überladen zu haben, vermag angesichts der vom Berufungswerber dargelegten Struktur des Ladegutes ein Mangel in einem Kontrollsystem welches solche Überladungen verhindern könnte nicht erblickt werden. Wenn letztlich keine bestimmte Anzahl von Plakatständern sowie deren Beschaffenheit im vorhinein nicht bekannt ist, kann logisch betrachtet vom Firmensitz auch kein Überwachungssystem installiert werden, welches solche Transporte entsprechend im Detail im vorhinein so organisieren könnte die etwa systematische Überladungen verhindern könnten. Dies machte der Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung glaubhaft. Im Rahmen des vom Berufungswerber geführten Betriebes ist die Transporttätigkeit offenkundig lediglich "ein Nebenprodukt" der eigentlichen Tätigkeit. Die eigentliche Tätigkeit ist die Ausführung von Plakatwerbungen. Der Maßstab der Überwachungsorganisation kann somit nicht mit dem eines Transportgewerbes verglichen werden. Der Berufungswerber konnte im Rahmen der Berufungsverhandlung darlegen, dass er vom Firmensitz aus auf den einzelnen Beladevorgang weder einen Einfluss nehmen könnte, noch über Art und Umfang des jeweiligen - sich erst vor Ort ergebenden - Ladegutes (Ständer aus Holz oder Metall) Kenntnis haben kann. Mit Blick darauf kann von einem Schuldbeweis nicht ausgegangen werden. Insbesondere wäre auch nur schwer die Konstruktion eines solchen Kontrollsystems realistisch, welches geeignet wäre derartige Überladungen a´priori auszuschließen. Dem Berufungswerber war daher in seiner bestreitenden Verantwortung zu folgen gewesen. Vergleichsweise mag der Hinweis auf die Verleihung eines leichten Autoanhängers, welcher im Falle einer Überladung wohl ebenfalls nicht im Wege der sogenannten Kontrollsystemjudikatur die Bestrafung des verleihenden Zulassungsbesitzers sachlich rechtfertigen würde, ohne dabei das dem österreichischen (Verwaltungs-)Strafsystem inhärente Schuldprinzip verlassen zu müssen.

Abschließend gelangt die Berufungsbehörde im Rahmen der Würdigung des Sachverhaltes zum Ergebnis, dass kein realistisches Kontrollsystem diese hier offenbar in einer Fehleinschätzung der Beladung durch den Fahrer zu verhindern vermocht hätte. Dieser gab letztlich selbst an sich über das Gewicht der Ladung getäuscht zu haben. Da seitens des Berufungswerbers letztlich auch keine Vormerkungen hinsichtlich derartiger Verstöße vorliegen, kann als weiteres schlüssiges Indiz für kein wirklich strukturelles Problem in der Abwicklung der Aufträge des Berufungswerbers gesehen werden.

Nicht zuletzt war im Rahmen der Beweiswürdigung auch die persönliche Anreise des Berufungswerbers zur Berufungsverhandlung aus G durchaus nicht unbedeutend. Wäre er von seiner Unschuld nicht subjektiv überzeugt gewesen, wäre er wohl eher wenig geneigt gewesen diese lange Anreise in Kauf zu nehmen.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass der § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat (VfSlg. 11195/1986). Vielmehr hat die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Das Gesetz befreit die Behörde in Anbetracht der regelmäßigen Sachlage nur insoweit von weiteren Nachforschungen über die subjektive Tatseite (insbesondere einen Irrtum über den Sachverhalt oder die allfällige Unmöglichkeit, das Verbot zu beachten), als das entgegen dem Anschein behauptete Fehlen des Verschuldens nicht glaubhaft ist. Eine solche, der Lebenserfahrung Rechnung tragende Regelung ist nicht von vornherein durch Art 6 Abs.2 EMRK ausgeschlossen. Diese Auslegungsgrundsätze haben daher auch auf die abstrakten Anforderungen an ein Kontrollsystem Anwendung zu finden.

Dem Zulassungsbesitzer bzw. dem iSd § 9 Abs.2 VStG als Verantwortlicher desselben kommt iSd § 103 Abs 1 iVm § 134 KFG eine verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Überwachungsfunktion zu. Das bedeutet aber dennoch nicht, dass jeder Beladevorgang einzeln überprüft werden müsste. Er hat demnach für ein geeignetes Überwachungssystem für die Beladung der Fahrzeuge zu sorgen und - da es sich bei einer Übertretung des § 103 Abs.1 KFG um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handelt (s. VwGH 8.4.1987, 85/03/0112) - im Falle eines festgestellten gesetzwidrigen Zustandes eines für ihn zugelassenen Fahrzeuges darzutun, weshalb ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies bedeutet im Falle des § 103 Abs.1 KFG, dass der Zulassungsbesitzer darzulegen hat, welche (geeigneten [!]) Maßnahmen (zB Kontrollen oder Beauftragung anderer Personen zur Vornahme dieser Kontrollen) er gesetzt hat, um derartige Verstöße zu vermeiden (siehe VwGH 25.10.1989, 89/03/0180). Ein derart wirksames Kontrollsystem befreit den Zulassungsbesitzer von seiner Verantwortung für die vorschriftswidrige Beladung seiner Kraftfahrzeuge (Hinweis auf VwGH 25.10.1989, 89/03/0180). Ein solches System kann - im Gegensatz zu der sehr pauschal dargelegten und im Ergebnis zu einer Erfolgshaftung führenden Beurteilung durch die Behörde erster Instanz - in der vom Berufungswerber nachvollziehbar geschilderten Struktur der Transporte und die sich darauf in einer entsprechenden Anweisung der Fahrer beschränkende "Kontrollpraxis" erblickt werden (vgl. VwGH 17.1.1990, 89/03/0165, sowie VwGH 20.5.2003, 2002/02/02).

Es würde letztlich jeden Sorgfaltsmaßstab überspannen und zu einer verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung führen, müsste gleichsam jeder Fahrer durch Begleitung eines anderen Firmenangehörigen oder des Firmenverantwortlichen selbst überwacht werden. Dies würde letztlich jedes realistische Maß eines Kontrollumfanges sprengen.

 

Da hier von einem Verschulden des Berufungswerbers nicht mehr die Rede sein kann, weil er eine geeignete Praxis zur Vermeidung von Überladungen glaubhaft machte, war hier nach § 45 Abs.1 Z1 VStG die Einstellung zu verfügen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

 

 

 

 

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 
 

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