Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109958/9/Zo/Pe

Linz, 06.10.2004

 

 

 VwSen-109958/9/Zo/Pe Linz, am 6. Oktober 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn T C, vertreten durch Rechtanwälte Z & P, vom 23.8.2004 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 4.8.2004, VerkR96-8121-2004, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung und sofortiger Verkündung am 4.10.2004 zu Recht erkannt:

 

  1. Hinsichtlich des Schuldspruches wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass es anstatt "...mit einer Geschwindigkeit von 152 km/h..." zu lauten hat: "...mit einer wesentlich höheren Geschwindigkeit...".
  2.  

  3. Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise stattgegeben und die verhängte Geldstrafe auf 250 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 100 Stunden herabgesetzt.
  4.  

  5. Die Verfahrenskosten für das erstinstanzliche Verfahren reduzieren sich auf 25 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 51e und 19 VStG.

zu III.: §§ 64ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er am 10.4.2004 um 8.45 Uhr im Gemeindegebiet Ansfelden auf der A 1 Westautobahn bei Strkm. 171,500 in Fahrtrichtung Wien das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen entgegen dem Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 100 km/h" mit einer Geschwindigkeit von 152 km/h gelenkt habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 364 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 120 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Kostenbeitrages in Höhe von 36 Euro verpflichtet.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber bestreitet, die ihm vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung in der beschriebenen Höhe begangen zu haben. Es seien bislang keine Beweismittel, kein Messprotokoll oder ähnliche verwertbare Beweisstücke übermittelt worden, sodass vor einer weiteren Begründung der Berufung um Übersendung eines aussagekräftigen Messprotokolles ersucht wurde.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 4.10.2004. Bei dieser wurde der Gendarmeriebeamte RI W als Zeuge unter Wahrheitspflicht zum Sachverhalt einvernommen. Der Berufungswerber sowie dessen Rechtsvertreter sind ohne Angabe von Gründen zur Verhandlung nicht erschienen, obwohl die Ladung dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers nachweislich am 10.9.2004 zugestellt wurde. Die Erstinstanz hat an der Verhandlung entschuldigt nicht teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zum Vorfallszeitpunkt seinen Pkw auf der A 1 Westautobahn in Fahrtrichtung Wien. Im Bereich des Knotens Haid ist das Fahrzeug des Berufungswerbers einer Zivilstreife wegen der überhöhten Geschwindigkeit aufgefallen. Die Gendarmeriebeamten haben mit dem Zivilstreifenwagen, einem Volvo S80, bei welchem ein Geschwindigkeitsmessgerät der Marke Multavision eingebaut ist, die Nachfahrt aufgenommen. Dieses Messgerät war gemeinsam mit dem Tacho des Zivilstreifenfahrzeuges geeicht, aus dem Eichschein ergibt sich, dass die Eichung am 13.8.2003 erfolgte und bis 31.12.2006 gültig ist. Im Eichschein ist eine Bereifung des Zivilstreifenwagens der Größe 205/65/R15 vorgeschrieben, wobei zum Messzeitpunkt Reifen dieser Dimension montiert waren.

 

Der Zeuge RI W war zum Vorfallszeitpunkt Lenker des Zivilstreifenwagens und hat die Nachfahrt im Bereich des Knotens Haid aufgenommen. Während der Nachfahrt, welche mindestens 4 km gedauert hat, hat er einen gleichbleibenden Sicherheitsabstand von ca. 2 bis 3 Sekunden eingehalten. Er hat während der Nachfahrt mehrmals auf den Tacho geblickt und konnte dabei jeweils Geschwindigkeiten von ca. 160 km/h vom digitalen Display des Tachos ablesen. Die Nachfahrt erfolgte auf dem äußerst linken Fahrstreifen der Autobahn. Der Beifahrer des Zivilstreifenwagens hat die im Fahrzeug eingebaute Multavisiongeschwindigkeitsmessanlage bedient und diese ergab bei Strkm. 171,500 eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h. Die gegenständliche Nachfahrt und Geschwindigkeitsmessung wurden auf Video aufgenommen, allerdings wurden diese Videoaufzeichnungen in der Zwischenzeit gelöscht. Die Anhaltung des Berufungswerbers erfolgte im Bereich der Abfahrt zur Autobahnmeisterei Ansfelden. Die gegenständliche 100 km/h-Beschränkung beginnt in Fahrtrichtung des Berufungswerbers gesehen bereits vor dem Knoten Haid und endet nach der Betriebsumkehr der Straßenmeisterei Ansfelden. Dies bedeutet, dass die gesamte Nachfahrtsstrecke und damit auch der dem Berufungswerber konkret vorgeworfene Tatort von km 171,500 im Bereich der 100 km/h-Beschränkung liegt.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Zeugenaussage anlässlich der mündlichen Berufungsverhandlung vom 4.10.2004 sowie dem bei dieser Verhandlung vorgelegten Eichschein. Es sind zwar die Videoaufzeichnungen betreffend die gegenständliche Nachfahrt nicht mehr vorhanden, es bestehen aber dennoch keine Gründe, an der Aussage des Zeugen zu zweifeln. Dieser machte bei der Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck und es handelte sich bei der gegenständlichen Geschwindigkeitsmessung um eine Tätigkeit, welche zu den üblichen Aufgaben des Zeugen im Rahmen der Verkehrsüberwachung gehört. Die Aussage des Zeugen bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass bei dieser Geschwindigkeitsmessung irgendein Fehler unterlaufen sei, weshalb von einer ordnungsgemäßen Nachfahrt auszugehen ist.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Abs.10a StVO 1960 "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

5.2. Das Nachfahren hinter einem anderen Fahrzeug in einem annähernd gleichbleibenden Abstand über eine längere Fahrtstrecke stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine taugliche Möglichkeit dar, die Geschwindigkeit des vorausfahrenden Fahrzeuges festzustellen. Dies insbesondere dann, wenn - so wie im vorliegenden Fall - der Tacho sowie das im nachfahrenden Fahrzeug eingebaute Geschwindigkeitsmessgerät ordnungsgemäß geeicht sind. Der Zeuge hat glaubhaft dargelegt, dass er die Nachfahrt über eine längere Strecke mit einem gleichbleibenden Abstand durchgeführt hat und dabei mehrmals die Geschwindigkeit vom Tachometer abgelesen hat. Aus diesem Grund ist von einer ordnungsgemäßen Feststellung der Geschwindigkeit des vorausfahrenden Fahrzeuges auszugehen. Der Umstand, dass die Videoaufzeichnungen über die Nachfahrt nicht mehr vorliegen, ändert an dieser Beurteilung nichts, stellen die Videoaufzeichnungen doch lediglich eines von mehreren möglichen Beweismitteln dar. Wegen der fehlenden Videoaufzeichnungen ist aber entsprechend den Verwendungsbestimmungen des verwendeten Messgerätes zugunsten des Berufungswerbers von der festgestellten Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h eine Messtoleranz von 10 % abzuziehen. Daraus ergibt sich, dass dem Berufungswerber nur eine konkret eingehaltene Geschwindigkeit von 144 km/h vorzuwerfen ist.

 

Für den Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist dies nicht von Bedeutung, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die ziffernmäßig exakte Feststellung der eingehaltenen Geschwindigkeit kein Tatbestandsmerkmal dieser Verwaltungsübertretung bildet. Aus diesem Grund war der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entsprechend abzuändern.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Auf Grund der dem Berufungswerber nunmehr konkret vorwerfbaren Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 44 km/h ist der Unrechtsgehalt dieser Übertretung nicht mehr so gravierend, wie dies von der Erstinstanz angenommen wurde. Aus diesem Grund konnte die ursprünglich verhängte Geldstrafe herabgesetzt werden. Weiters war die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers als strafmildernd zu berücksichtigen, sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe lagen nicht vor.

 

Geschwindigkeitsüberschreitungen gehören zu den häufigsten Ursachen für Verkehrsunfälle, weshalb entsprechend strenge Strafen erforderlich sind. Im Hinblick auf die gesetzlich vorgesehene Höchststrafe von 726 Euro sowie unter Berücksichtigung der von der Erstinstanz geschätzten Vermögensverhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen 1.200 Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten), welchen der Berufungswerber nicht entgegengetreten ist, erscheint die Verhängung der nunmehr herabgesetzten Geldstrafe angemessen und erforderlich, um den Berufungswerber in Zukunft von der Begehung ähnlicher Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Auch aus generalpräventiven Überlegungen muss für die doch erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine spürbare Geldstrafe in dieser Höhe verhängt werden.

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

 
 

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