Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109960/12/Fra/He

Linz, 27.10.2004

 

 

 VwSen-109960/12/Fra/He Linz, am 27. Oktober 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn HB vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. Dr. JK gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 9. August 2004, VerkR96-22749-2003, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19. Oktober 2004, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird hinsichtlich Punkt 1 (§ 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967) stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren wegen Verfolgungsverjährung eingestellt; der Berufungswerber hat zu diesem Verfahren keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Der Berufung wird hinsichtlich Punkt 3 (Art.15 Abs.7 der EG-Verordnung 3821/25) stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Die Berufung wird hinsichtlich der Punkte 2 (§ 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967), 4 (§ 102 Abs.5 lit.b KFG 1967) und 5 (§ 102 Abs.5 lit.g KFG 1967) als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird in diesen Punkten bestätigt. Der Berufungswerber hat zu diesen Verfahren jeweils Kostenbeiträge in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 und 3 VStG; § 64 Abs.1 und 2 und § 66 Abs.1 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw)

  1. wegen Übertretung des § 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967 gemäß
    § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 430 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe
    144 Stunden),
  2. wegen Übertretung des § 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967 gemäß
    § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 350 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe
    120 Stunden),
  3. wegen Übertretung des Art.15 Abs.7 der EG-Verordnung 3821/85 gemäß
    § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 72 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe
    24 Stunden),
  4. wegen Übertretung des § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) und
  5. wegen Übertretung des § 102 Abs.5 lit.g KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er

sich am 11.10.2003 um 14.00 Uhr im Gemeindegebiet Asten auf der A 1 bei
Strkm. 160,500 in Fahrtrichtung Wien (Anhaltung) als Lenker des Sattelzuges
obwohl es zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt hat, dass die Vorschriften des Kraftfahrgesetzes eingehalten werden, da

  1. das höchstzulässige Gesamtgewicht des Sattelzuges von 40.000 kg durch die Beladung um 10.650 kg überschritten wurde,
  2. das höchstzulässige Gesamtgewicht des Sattelzugfahrzeuges von 17.990 kg durch die Beladung 3.610 kg überschritten wurde, weiters festgestellt wurde,
    dass er
  3. die Schaublätter der laufenden Woche und des letzten Tages der vorangegangenen Woche dem Kontrollorgan auf dessen Verlangen nicht vorgelegt hat,
  4. den Zulassungsschein des Sattelzugfahrzeuges nicht mitführte (Original oder Verlustbestätigung ist erforderlich) und
  5. den Frachtbrief, welcher auf Grund gewerberechtlicher Vorschriften für die Durchführung von Beförderungen oder Leerfahrten erforderlich ist, nicht mitführte.

 

Ferner wurden gemäß § 64 VStG jeweils Kostenbeiträge in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Mit diesem Rechtsmittel wird der oben bezeichnete Bescheid seinem gesamten Inhalt nach aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung angefochten. Der Bw bringt vor, dass er in der verwaltungsstrafrechtlich relevanten Woche für eine Meisterprüfung zu lernen gehabt habe und sohin unregelmäßig im Betrieb der S aufhältig gewesen sei. Die Fahrt vom 11.10.2003 sei sohin von ihm außerplanmäßig durchgeführt worden, weshalb er die Tage zuvor bzw. die Woche zuvor keine Fahrten für die Firma S durchgeführt habe. Der Bw legte in diesem Zusammenhang den Meisterbrief vom 9.10.2003 vor. Zudem beantrage er die Einvernahme des Zeugen Herrn RS pA Firma S. Bei der Ladetätigkeit habe er sich nur darauf verlassen können, dass der Laderfahrer das Gewicht etwa durch die Anzahl der Ladeschaufeln abschätzen könne. Dass eine eventuelle Überladung vorliegen könnte, sei von ihm lediglich vermutet worden. Erst durch die anwesenden Landwirte bzw. den Laderfahrer sei er zur Inbetriebnahme überredet worden. Die diesbezüglichen Strafen seien sind daher nicht schuld- und tatangemessen. Es handle sich hiebei um ein einmaliges Vergehen, weshalb auch eine Ermahnung ausgereicht hätte, ihn von weiteren gleichgelagerten Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Bei der Strafbemessung sei zudem nicht berücksichtigt worden, dass sein Einkommen entgegen der Annahme von 1.400 Euro lediglich 1.000 Euro betrage, sodass die über ihn verhängten Strafhöhen nicht gerechtfertigt seien. Er beantrage daher die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und die Aufhebung des Bescheides sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahren, in eventu die Herabsetzung der über ihn verhängten Geldstrafen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19. Oktober 2004 erwogen:

Zum Faktum 1 (§ 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967):

Im Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses befindet sich die Umschreibung, der Bw hätte einen Sattelzug gelenkt. Hiezu ist festzustellen, dass das KFG 1967 den Begriff "Sattelzug" nicht enthält, weshalb die Nichtüberzeugung dahin, ob dieser den in Betracht kommenden Vorschriften entspricht, auch nicht das Tatbild einer Verwaltungsübertretung zu erfüllen vermag. Unter dem Gesichtspunkt der Verjährung ist eine Änderung oder Präzisierung der Subsumtion der Tat nur dann zulässig, wenn eine rechtzeitige und taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde. Die einzige während der Verfolgungsverjährungsfrist von der belangten Behörde gesetzte Verfolgungshandlung bildet die Aufforderung zur Rechtfertigung vom
17. März 2004. Darin befindet sich ebenfalls der Begriff "Sattelzug". Der
Oö. Verwaltungssenat wäre daher nicht zur Aufnahme des erforderlichen Tatbestandsmerkmales "Sattelkraftfahrzeug", berechtigt, weil diesbezüglich Verfolgungsverjährung eingetreten ist, weshalb aus diesem Grunde das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 einzustellen war.

 

Zum Faktum 3 (Art.15 Abs.7 EG-Verordnung 3821/85):

Der Bw brachte bei der Berufungsverhandlung glaubhaft vor, dass auf Grund der aushilfsweisen Fahrten, welche vor dem Vorfallszeitpunkt vorgenommen wurden, sämtliche Tachoblätter unverzüglich bei der Firma S abgegeben wurden. Was die verfahrensgegenständliche Fahrt betrifft, sei er erst unmittelbar vor Fahrtantritt informiert worden, dass er als Ersatzfahrer "einzuspringen" habe. Diesbezüglich war es ihm sohin nicht mehr möglich gewesen, die Tachoblätter der vorangegangenen Tage von der Firma abzuholen, da diese von Samstag bis Sonntag (der 11.10.2003 war ein Samstag) nicht besetzt sei, insbesondere habe die verantwortliche Person für die Aufbewahrung der Schaublätter nicht stellig gemacht werden können.

 

Der Oö. Verwaltungssenat nimmt sohin an, dass für den Bw keine Möglichkeit bestanden habe, die Schaublätter unmittelbar beizuschaffen. Er hat sohin die Fahrlässigkeitsvermutung iSd § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG ausreichend entkräften können, weshalb mangels Erfüllung der subjektiven Tatseite spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Zum Faktum 2 (§ 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967):

Die Überschreitung des höchst zulässigen Gesamtgewicht des Sattelzugfahrzeuges von 17.990 kg durch die Beladung um 3.610 kg ist erwiesen. Der
Oö. Verwaltungssenat folgt insoweit den Aussagen des bei der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommenen Meldungslegers Herrn RI HH, LGK für Oö. Unter Verweis auf die Anzeige vom 17.10.2003 sowie auf seine persönlichen Aufzeichnungen führte der Meldungsleger ua. aus, dass er sich mit einem Kollegen auf Streifendienst befunden habe und ihnen beim gegenständlichen Sattelkraftfahrzeug von der Optik her schon aufgefallen sei, dass es überladen sein könnte. Der Lenker sei dann auf der Autobahn bei einer sogenannten Vignettenbucht angehalten worden und die Verwiegung sei an Ort und Stelle mittels Radlastmesser durchgeführt worden. Die Radlastmesser seien geeicht und er sei auf das Messgerät eingeschult. Das festgestellte Gewicht werde analog angezeigt und das Gewicht könne auf 50 kg abgelesen werden. Pro Platte werden 100 kg abgezogen. Er habe auch ein Wiegeprotokoll angefertigt.

 

Das unterfertigte Mitglied als auch der Vertreter des Berufungswerbers besichtigte bei der Berufungsverhandlung die Radlastmesser und es konnte festgestellt werden, dass sich an diesem eine Eichplombe befindet. Weiters wurden bei der Berufungsverhandlung die Eichscheine an den Oö. Verwaltungssenat gefaxt. Diese wurden nach Zurkenntnisbringen an den Vertreter des Berufungswerbers zum Akt genommen. Daraus ergibt sich, dass die Radlastmesser zum Tatzeitpunkt ordnungsgemäß geeicht waren.

 

Im Hinblick auf die oa. Angaben des Meldungslegers, welche schlüssig waren und auch vom Vertreter des Bw nicht in Zweifel gezogen wurden, sowie des vorgelegten Eichscheines ist der Oö. Verwaltungssenat zur Überzeugung gelangt, dass die gegenständliche Verwiegung korrekt durchgeführt wurde und dass bei der Verwiegung keine Fehler aufgetreten sind.

 

Auch die subjektive Tatseite ist erfüllt. Die Ausführungen des Bw sind nicht im Ansatz geeignet, die Fahrlässigkeitsvermutung iSd § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG zu entkräften. Wegen der großen Gefahren, die das Lenken überladener Fahrzeuge für die Sicherheit des Straßenverkehrs mit sich bringt, sind an die Überzeugungspflicht des Lenkers hohe Anforderungen zu stellen. Er muss daher sorgfältige Überlegungen über das Gewicht der Ladung anstellen; führen diese nicht zu dem Ergebnis, dass das zulässige Gesamtgewicht mit Sicherheit nicht überschritten ist, so muss er von der Inbetriebnahme des Fahrzeuges Abstand nehmen oder es verwiegen lassen. Er kann sich bei der Ladetätigkeit auch nicht auf die nicht nachgeprüften Angaben eines Verladers verlassen, weil die Überzeugungspflicht des § 102 Abs.1 KFG 1967 einem Lenker selbst obliegt.

 

Stehen dem Lenker keine konkreten Unterlagen zur Feststellung des Ladegewichtes zur Verfügung, so wird er oft schon auf Grund äußeren Anzeichen die Möglichkeit einer Überladung feststellen können.

 

Aus den genannten Gründen konnte daher von einer Einvernahme des Herr RS zum Beweis dafür, dass der Bw über sämtliche kraftfahrrechtliche Vorschriften geschult sei, abgesehen werden, weil selbst wenn der Zeuge das bestätigen würde, was der Bw unter Beweis gestellt haben will, der Tatbestand nicht anders zu beurteilen wäre. Die Beweismittel sind auf den inkriminierten Tatbestand bezogen untauglich.

 

Strafbemessung:

Vorerst ist festzustellen, dass überladene und somit zu schwere Fahrzeuge durch ihr unzulässigerweise überhöhtes Gewicht nicht nur unmittelbar andere Verkehrsteilnehmer gefährden, sondern auch mittelbar durch die stärkere Abnützung und Schädigung die Straßen. Dadurch kommt es vermehrt zu Fahrbahnschäden (Spurrinnen), welche negative Auswirkungen auf das Fahrverhalten anderer Fahrzeuge haben und insbesondere bei Regen durch die erhöhte Aquaplaninggefahr ein immenses Sicherheitsrisiko bilden. Mit der Überladung von Kraftfahrzeugen geht eine überproportionale Abnützung der Straßen einher. Die Lebensdauer der Straße reduziert sich zeitlich um ein Mehrfaches. Somit hat dies eine unmittelbare Auswirkung auf die Allgemeinheit in Form der von der öffentlichen Hand zu tragenden gravierend höheren Sanierungskosten des Straßennetzes zur Folge. Der objektive Unrechtsgehalt derartiger Verstöße ist daher im Hinblick darauf und die damit entstehenden volkswirtschaftlichen Schäden am öffentlichen Straßennetz als beträchtlich einzustufen.

 

Der Unrechtsgehalt der vom Bw gesetzten Verwaltungsübertretung muss als hoch eingestuft werden und ist daher dieser Sorgfaltsverletzung aus general- und spezialpräventiven Überlegungen mit entsprechender Strenge zu ahnden. Der Bw soll künftighin eine größere Sensibilität gegenüber diesem Rechts- und Allgemeingut aufweisen. Andererseits soll der Schutzwert generell hervorgehoben werden.

 

Unter diesem Aspekt ist die verhängte Strafe unter Berücksichtigung eines monatlichen Einkommens von 1.000 Euro, Vermögenslosigkeit und das Nichtvorhandensein von Sorgepflichten angemessen festgesetzt, wobei als strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit des Bw bewertet wurde. Straferschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Mangels Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen scheidet die Anwendung des
§ 21 VStG aus.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu den Fakten 4 (§ 102 Abs.5 lit.b KFG 1967) und 5 (§ 102 Abs.5 lit.g KFG 1967):

Auch diese Übertretungen sind erwiesen. Der Zulassungsschein wurde vom Bw lediglich in Kopie mitgeführt, Frachtbrief iSd § 102 Abs.5 lit.g leg.cit. wurde keiner mitgeführt. Wenn der Bw diesbezüglich lediglich ausführt, er sei davon ausgegangen, dass sich sämtliche wesentliche Urkunden im Führerhaus befinden, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, die Fahrlässigkeitsvermutung iSd § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG zu entkräften. Der Bw hat sohin auch diese Tatbestände zu verantworten. Mit den verhängten Strafen wurde der gesetzliche Strafrahmen jeweils zur nur rund einem Sechzigstel ausgeschöpft. Eine Überschreitung des Ermessensspielraumes ist sohin nicht zu konstatieren.

Die Anwendung des § 21 VStG scheidet mangels Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen aus.

 

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 
II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. F r a g n e r

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