Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109987/2/Br/Wü

Linz, 20.09.2004

 VwSen-109987/2/Br/Wü Linz, am 20. September 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H K B M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 24. August 2004, VerkR96-10885-2004, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass der Strafausspruch unter Anwendung des § 21 Abs.1 VStG behoben und von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

Der Spruch hat bei gleichbleibendem Tatort und Tatzeit in Abänderung zu lauten: "Sie haben den Gehsteig durch die Ausbringung von Jauche auf der angrenzenden Wiese gröblich verunreinigt".

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 21, § 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Dem Berufungswerber wurde mit dem angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt, er habe am 3.4.2004 in der Zeit zwischen 10.30 Uhr und 15.00 Uhr auf der Mollner Landesstraße beim Strkm 1,240 "als Lenker eines Fahrzeuges (Zugmaschine mit Anhänger) die Straße verunreinigt und dadurch die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdet." Es wurde ihm nach § 92 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe von 36 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden auferlegt.

 

1.1. Der Berufungswerber tritt diesem Straferkenntnis mit seiner fristgerecht und bei der Behörde erster Instanz zu Protokoll gegebenen Berufung entgegen.

Inhaltlich führt er sinngemäß aus sich nicht schuldig zu fühlen, da seine Ehefrau sofort die Reinigung versucht habe. Da dies ohne Wasser nicht möglich gewesen sei habe er die örtliche Feuerwehr um die Entfernung der Verschmutzung gebeten. Wegen eines Wettbewerbes habe die Feuerwehr jedoch erst um 17.00 Uhr diese Reinigungsarbeit erledigen können.

 

2. Die Behörde erster Instanz setzte sich mit diesem Vorbringen in der Folge nicht weiter auseinander, sondern legte den Akt, zur Berufungsentscheidung vor.

Damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Auf Grund der klar dokumentierten und unstrittigen Sachlage konnte hier eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.3 VStG).

 

 

3. Wie aus dem vom Meldungsleger angefertigten Bildmaterial ersichtlich, gelangte offenbar im Zuge der konventionellen Ausbringung der Jauche mittels Hochdruckfass, offenbar durch einen Aufmerksamkeitsfehler des Lenkers der Zugmaschine (des Berufungswerbers), die Jauche auf den an die Wiese angrenzenden Gehsteig. Dieser wurde in einer Breite von etwa einem Meter und in einer Länge von fünf Metern stark verschmutzt. In einer weiteren Länge von geschätzten zwanzig Meter ist eine etwas geringere Verschmutzung aufgetreten. Der äußere Rand des Gehsteiges blieb aber begehbar bzw. wurde nur geringfügig beschmutzt.

Dem Berufungswerber kann in seiner Verantwortung dahingehend gefolgt werden, dass er unverzüglich um Beseitigung der Verschmutzung bemüht war. Dies jedoch wegen der Feuerwehrübung letztlich erst um 17.00 Uhr möglich gewesen ist.

In der Art der Verschmutzung kann jedoch keine Gefährdung von Straßenbenützern erblickt werden. Dies trifft aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates angesichts der ausschließlichen Verschmutzung des Gehsteigesund dort überwiegend wissenseitig nicht zu. Für den dort zu erwartenden Fußgängerverkehr wahr lediglich eine optische und hygienische Beeinträchtigung der Schuhsolen, sowie in Form einer Geruchsbelästigung zu erwarten. Eine substanzielle Beeinträchtigung allfälliger Fußgänger konnte jedoch durch das Ausweichen an den straßenseitigen Rand des Gehsteiges im wahrsten Sinne des Wortes "umgangen werden!"

Dieses wohl zu einer starken Verschmutzung des Gehsteiges führende Fehlverhalten gründet in einem geringfügigen Fahrfehler, welcher jedem sorgfältigen Landwirt auch einmal unterlaufen kann.

 

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Der § 92 Abs.1 StVO 1960 lautet:

Jede gröbliche oder die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdende Verunreinigung der Straße durch feste oder flüssige Stoffe, insbesondere durch Schutt, Kehrricht, Abfälle und Unrat aller Art, sowie das Ausgießen von Flüssigkeiten bei Gefahr einer Glatteisbildung ist verboten. Haften an einem Fahrzeug, insbesondere auf seinen Rädern, größere Erdmengen, so hat sie der Lenker vor dem Einfahren auf eine staubfreie Straße zu entfernen.

 

4.2. Diese Bestimmung enthält demnach zwei Tatbilder; nämlich die gröbliche Verunreinigung der Straße und die die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdende Verunreinigung der Straße (VwGH 28.2.2001, 2000/03/0312 mit Hinweis auf Messiner, Straßenverkehrsordnung10, 1999, 1248). Während § 99 Abs. 4 lit. g StVO 1960 die Sanktionsnorm für den ersten Fall darstellt, fällt eine die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdende Verunreinigung unter die Strafdrohung des § 99 Abs. 3 lit. a StVO. Mit Blick auf das Beweisergebnis (keine Gefährdung von Straßen- bzw. Gehsteigbenützern) hat die Behörde erster Instanz das Tatverhalten unzutreffend subsumiert und demnach die falsche Strafnorm angewendet. Eine diesbezügliche Korrektur des Spruches war jedoch angesichts der Aufhebung des Strafausspruches nicht erforderlich.

 

 

4.2.1. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Davon kann hier angesichts der obigen Feststellungen und der subjektiv tatseitigen Würdigung dieses Fehlverhaltens ausgegangen werden. Das zu dieser Verschmutzung des Gehsteiges führende Verhaltens kann schließlich jedem Landwirt bei der Ausbringung der Jauche einmal unterlaufen, indem etwa der Wenderadius falsch eingeschätzt wurde.

Die leichte Fahrlässigkeit indiziert geringfügiges Verschulden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Schuld (nur) dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Dennoch hätte unter Anwendung der objektiv gebotenen Sorgfalt auch diese über fünf Meter als stark zu qualifizieren gewesene Verschmutzung vermieden werden können.

Das Fehlverhalten des Berufungswerbers zeigt aber deutlich, dass es aus Gründen der Spezialprävention keiner Geldstrafe bedarf, da - wie schon oben ausgeführt - ein solcher Fehler auch einem an sich durchaus sorgfältig agierenden Fahrzeuglenker einmal unterlaufen kann. Es bestand daher auch hier ein Rechtsanspruch auf die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG und der unabhängige Verwaltungssenat hatte von der Verhängung einer Strafe abzusehen.

Der Begriff der Folgen der Übertretung im § 21 Abs.1 VStG ist wie jener der Folgen der Tat im insoweit vergleichbaren § 42 StGB weit zu verstehen. Er bezieht sich auf alle Auswirkungen der Tat in der sozialen Wirklichkeit (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, 1992, Rz 23 zu § 42).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von
180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 
 

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