Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110021/5/Ga/Hm

Linz, 13.08.1992

VwSen - 110021/5/Ga/Hm Linz, am 13. August 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Michael Gallnbrunner über die Berufung der H S UND T GMBH in gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 13. März 1992, Zl.VerkGe-312-1992/Pa, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben: Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr.52.

Entscheidungsgründe:

1.1. Am 30. Jänner 1992 wurde ein in Deutschland wohnender Arbeitnehmer der deutschen Berufungswerberin als Lenker eines LKW mit Auflieger anläßlich der Ausreiseabfertigung einer zollbehördlichen Kontrolle durch das Zollamt Suben unterzogen. Dabei ergab sich der Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs.1 Z.3 des Güterbeförderungsgesetzes, weil der Verantwortliche gewerbsmäßig Güter innerhalb Österreichs zur Grenze bei Suben a.I. befördert und den Grenzorganen die hiefür erforderliche Bewilligung gemäß § 7 des genannten Gesetzes nicht habe vorweisen können; der LKW-Lenker hat angegeben, daß die "Ö-Genehmigung in der Firma irrtümlich vergessen worden sei"; ihm wurde mitgeteilt, daß gegen seinen Arbeitgeber Anzeige wegen gewerbsmäßiger Beförderung ohne entsprechende Bewilligung erstattet werden wird; schließlich wurde vom Lenker eine "Sicherstellung" (gemeint ist: eine 'vorläufige Sicherheit' gemäß § 37a VStG) in der Höhe von 2.500 S eingehoben und darüber offenbar eine Bestätigung (Block Nr. 02211, Blatt Nr.01) ausgestellt; ob damit eine Bescheinigung gemäß §§ 1 und 2 der Sicherheiten-Einhebungsverordnung, BGBl.Nr. 632/1983, idF des Formulars 17 der Verwaltungsformularverordnung 1991 gemeint ist, bleibt dunkel, weil die Durchschrift der Bestätigung dem vorgelegten Strafakt nicht einliegt.

1.2. In der Folge wurde der Berufungswerberin der Tatvorwurf mitgeteilt; gleichzeitig wurde sie (lediglich) aufgefordert, einen "Verantwortlichen der Firma" bekanntzugeben. Eine Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist mit diesem Schritt nicht gesetzt worden.

1.3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. März 1992, Zl. VerkRGe-312-1992/Pa, wurde die am 30. Jänner 1992 "nach § 37a Abs.1 und Abs.2 Z.1 VStG" eingehobene vorläufige Sicherheit "gemäß § 37 Abs.5 iVm § 17 Abs.3 VStG" für verfallen erklärt.

Gegen diesen der Berufungswerberin am 20. März 1992 zugestellten Bescheid wendet sich die vorliegende, am 26. März 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Die belangte Behörde begründet im angefochtenen Bescheid zunächst die Einhebung der vorläufigen Sicherheit unter Hinweis - auf die Ermächtigungsnorm des § 35 Z.2 VStG, wonach Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zwecke ihrer Vorführung vor die Behörde (von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes) dann festgenommen werden dürfen, wenn begründeter Verdacht besteht, daß der Betretene sich der Strafverfolgung zu entziehen suchen werde; - auf die Ermächtigungsnorm des § 37a Abs.1 und Abs.2 Z.1 VStG, wonach von der im § 35 Z.1 und Z.2 VStG vorgesehenen Festnehmung dann abgesehen werden kann, wenn der Betretene die vom Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes bis höchstens 2.500 S festzusetzende vorläufige Sicherheit freiwillig erlegt.

Den mit dem angefochtenen Bescheid schließlich verfügten Verfall der vom LKW-Lenker eingehobenen vorläufigen Sicherheit begründet die belangte Behörde (unter Hinweis auf die dem Spruch des Verfallsbescheides zugrundegelegten Gesetzesbestimmungen) damit, daß sich die Strafverfolgung deswegen als unmöglich erwiesen habe, weil der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche der Berufungswerberin nicht bekannt sei und somit auch gar nicht zur Rechtfertigung aufgefordert werden könne.

2.2. Die Berufungswerberin wendet dagegen ein, daß ihr eigentlich schon von Anfang an keine Verwaltungsübertretung anzulasten gewesen wäre, weil ihr die sogen. Ö-Genehmigung eben doch erteilt und auch Vorsorge für deren rechtzeitige Hinterlegung beim Zollamt Suben getroffen worden sei; daß dann die Genehmigung tatsächlich erst mit dreitägiger Verspätung eingelangt ist, sei ihr nicht vorzuwerfen. Insgesamt bringt die Berufungswerberin erkennbar - bei gewogener Gesamtbetrachtung - den Beschwerdepunkt vor, zu Unrecht als Adressat einer Verfallserklärung in Anspruch genommen zu werden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Zl. VerkRGe-312-1992/Pa; da daraus bereits ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs.1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Zur Einhebung der vorläufigen Sicherheit:

4.1.1. Aus der Anzeige ("Meldung") des Zollamtes Suben vom 30. Jänner 1992 geht weder hervor, welche Gesetzesstelle der Einhebung der vorläufigen Sicherheit unterlegt, noch ob der LKW-Lenker über den Grund der Einhebung informiert worden ist. Die belangte Behörde selbst hält im Spruch des angefochtenen Bescheides ausdrücklich jedoch den § 37a Abs.2 Z.1 VStG als Rechtsgrundlage für das Einschreiten des (offenbar im Grunde des § 6 Abs.1 des Bundesgesetzes BGBl.Nr.220/1967 ermächtigten) Zollorgans fest. Diese Gesetzesstelle verlangt - im Wege der Verweisung auf die ersten beiden Tatbestände des § 35 VStG - als Voraussetzung für die Einhebung der vorläufigen Sicherheit unmißverständlich, daß bei der betretenen Person entweder Nichtfeststellbarkeit der Identität oder Fluchtgefahr vorliegen muß. Im gegebenen Fall ist betretene Person der LKW-Lenker und Arbeitnehmer der Berufungswerberin. Daß nun bei dessen Betretung anläßlich der Zollkontrolle am 30. Jänner 1992 der Haftgrund der mangelnden Identifizierbarkeit oder jener der Fluchtgefahr begründet vorgelegen wäre, dafür gibt es nicht den geringsten Anhaltspunkt - weder aus der alle persönlichen Daten des Lenkers enthaltenden Anzeige des Zollamtes noch aus irgendeinem Ermittlungsergebnis des von der belangten Behörde geführten und im Strafakt insoweit dokumentierten Verfahrens.

War aber beim LKW-Lenker von dessen Festnehmung gar nicht abzusehen, weil keiner der beiden (vorauszusetzenden) Haftgründe vorgelegen ist, so hätte aus diesem Grund die vorläufige Sicherheit schon nicht eingehoben werden dürfen.

4.1.2. Dessen ungeachtet hätte im vorliegenden Fall auch der, vom Zollorgan zwar nicht aktenkundig, aber immerhin möglicherweise angewendete, zweite Tatbestand des § 37a Abs.2 VStG die Einhebung der vorläufigen Sicherheit rechtens nicht tragen können. Zwar hätte "Betretung (des Lenkers) auf frischer Tat" vorgelegen, doch wäre im Sinne der Z.2 dieser Gesetzesstelle seine - allenfalls auch "unmögliche" oder "wesentlich erschwerte" Strafverfolgung von vornherein und prinzipiell nicht in Frage gekommen: Gerade der Lenker nämlich ist hier nicht jedenfalls nicht als Haupttäter - Adressat des Strafanspruchs aus dem zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren. Aber auch, wenn er - was aktenkundig nicht geschehen ist - der anstiftenden oder Beihilfe leistenden Nebentäterschaft iSd § 7 VStG verdächtigt worden wäre, bliebe die Anwendung des § 37a Abs.2 Z.2 VStG auf den Lenker (selbst unter der Annahme, daß die Vorsätzlichkeit seiner Anstiftung oder Beihilfe feststünde) deswegen versagt, weil allein wegen seines Wohnsitzes in Deutschland eine unmögliche oder wesentlich erschwerte Strafverfolgung nicht (mehr) angenommen werden dürfte (zumindest nach Meinung des Bundeskanzlers als diesbezüglich zuständiger Vertragsinterpret; vgl. BKA-Verfassungsdienst vom 25.3.1991, GZ 670.037/1-V/2/91, zu den Auswirkungen des Vertrages zw. der Rep.Ö und der Bundesrep. Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl.Nr.526/1990, in Kraft seit 1. Okt. 1990).

4.1.3. Im Ergebnis hat die belangte Behörde verabsäumt, die Rechtswidrigkeit des Vorgangs, der zur Einhebung der vorläufigen Sicherheit geführt hatte, festzustellen. Ist aber schon die Einhebung gesetzlich nicht gedeckt (gewesen), schlägt dies auf den gemäß § 37 Abs.5 VStG erlassenen Bescheid über den Verfall der vorläufigen Sicherheit durch; bereits deswegen ist er mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Schon aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid aufzuheben.

4.2. Bei diesem Ergebnis kann die weitere Frage, ob nämlich § 37 Abs.5 VStG als Grundlage für die Verfallserklärung hier überhaupt hätte herangezogen werden dürfen, auf sich beruhen. Der unabhängige Verwaltungssenat gibt lediglich folgendes zu bedenken:

- § 37 Abs.5 VStG scheint die spezielle Regelung im Verhältnis zu § 17 Abs.3 VStG zu sein; insoweit bliebe für eine "sinngemäße" Anwendung dieser Norm auf alle solche Sachverhalte, die jener Norm zu unterstellen wären, kein Raum.

- Das ist deshalb von Bedeutung, weil § 17 Abs.3 VStG davon spricht, daß "keine bestimmte Person" verfolgt werden kann; hingegen stellt § 37 Abs.5 VStG ausdrücklich auf den "Beschuldigten" ab und hat damit offenbar keinen anderen Beschuldigtenbegriff im Auge als jenen des § 32 VStG, woraus in vertretbarer Weise gefolgert werden könnte, daß es sich im Anwendungsfall des § 37 Abs.5 VStG gerade nur um eine (schon) bestimmte, der Strafbehörde also namentlich bekannte Person handeln muß.

- Wenn und solange aber ein Beschuldigter in diesem Sinne noch gar nicht individualisiert werden konnte (beispielsweise, weil - wie hier - die juristische Person den gemäß § 9 VStG strafrechtlich Verantwortlichen noch nicht bekanntgegeben hat), dann kann sich eben deswegen auch seine Strafverfolgung nicht als unmöglich "erweisen"; anders: die Anwendung des § 37 Abs.5 VStG scheint einen (schon) bekannten Beschuldigten vorauszusetzen, der jedenfalls (nur) aus anderen Gründen als dem seiner Unbekanntheit nicht verfolgt werden kann.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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