Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110050/2/Gb/Rd

Linz, 06.08.1996

VwSen-110050/2/Gb/Rd Linz, am 6. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des WB, vertreten durch RA, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 23.8.1995, VerkGe96-3-1995, betreffend Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 17.8.1995 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 71 AVG iVm §§ 24, 51, 51c, 51e Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem Straferkenntnis der BH Ried/Innkreis vom 24.7.1995, VerkGe96-3-1995, wurden über den Berufungswerber (Bw) Geldstrafen wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Güterbeförderungsgesetz - GBefG, verhängt. Dieser Bescheid wurde am 25.7.1995 beim zuständigen Postamt hinterlegt und am 28.7.1995 vom Bw behoben.

Gegen dieses Straferkenntnis wurde Berufung erhoben (Poststempel: 9.8.1995).

Mit Schreiben vom 17.8.1995 (eingelangt bei der BH Ried/Innkreis am 18.8.1995) hat der Bw gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Berufung gegen oa Straferkenntnis einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt, zugleich beantragt, diesem Antrag aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und hat zugleich nochmals die inhaltsgleiche Berufung vom 9.8.1995 vorgelegt.

Hierüber erging von der gemäß § 71 Abs.4 AVG zuständigen Behörde der nunmehr angefochtene Bescheid der BH Ried/Innkreis vom 23.8.1995, VerkGe96-3-1995, mit welchem der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung abgewiesen wurde, daß dem gesamten Vorbringen ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis nicht entnommen werden könne und daß weder von keinem Verschulden noch von einem minderen Grad des Versehens auszugehen sei. Zugleich wurde diesem Wiedereinsetzungsantrag aufschiebende Wirkung zuerkannt.

2. Gegen den angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht Berufung erhoben und unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung vorgebracht, daß sehr wohl von einem unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignis gesprochen werden könne, wenn sich der Bw insofern geirrt habe, als er als Beginn der Berufungsfrist den Zeitpunkt der Behebung und nicht den Zeitpunkt der Hinterlegung angesehen habe. Auch aus der Rechtsbelehrung des Straferkenntnisses ergebe sich, daß gegen den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Wochen nach seiner Zustellung die Berufung einzubringen sei. Diesbezüglich hätte Zustellung für den Bw die Übernahme des Poststückes bedeutet. Daß der Bw das Straferkenntnis dem handelsrechtlichen Geschäftsführer am letzten Tag der Berufungsfrist übergeben habe, könne keinesfalls als grob fahrlässiges Verhalten beurteilt werden.

Vielmehr habe der Bw diesen ohnehin darauf hingewiesen, daß eben die Berufung unverzüglich einzubringen wäre. Wenn hier noch ein Tag Säumnis dazwischen gelegen sei, so sei dies für den Bw unvorhergesehen und unabwendbar gewesen, andererseits aber als minderer Grad des Versehens zu qualifizieren.

Unter dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens bringt der Bw vor, daß der handelsrechtliche Geschäftsführer RG noch als Zeuge einvernommen hätte werden müssen.

Abschließend stellt der Bw den Antrag, "auf Vorlage des Aktes VerkGe96-3-1995 an die Berufungsbehörde, welche in der Stattgebung meiner Berufung den Bescheid der BH Ried/Innkreis, VerkGe96-3-1995 vom 23. August 1995 aufheben und in der Sache erkennen wolle, daß dem Antrag auf Wiedereinsetzung stattgegeben wird. Demgemäß wolle der unabhängige Verwaltungssenat auch gleich über meine Berufung entscheiden, die gemeinsam mit dem Wiedereinsetzungsantrag neuerlich vorgelegt wurde und es wolle eben hinsichtlich des Faktums 2 die Einstellung des Verfahrens erfolgen und im übrigen die Geldstrafe wesentlich herabgesetzt werden". In eventu wird beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Verwaltungssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen. Vorsichtshalber werde auch auf die Bestimmung des § 68 Abs.2 AVG verwiesen. Da aus dem Strafbescheid niemandem ein Recht erwachsen sei, könne die Berufungsbehörde den Bescheid amtswegig abändern, zumal ja hinsichtlich Faktum 2 eine Bestrafung zu Unrecht erfolgt sei und hinsichtlich der Strafbemessung überhaupt ein Redaktionsfehler im Bundesgesetzblatt die Grundlage für die höhere Bestrafung sein dürfte.

3. Die BH Ried/Innkreis als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und Gegenäußerung erstattet.

Weil sich die Berufung nur gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen. Die beantragte Zeugeneinvernahme war für die gegenständliche Entscheidung nicht relevant, und es wird die Weitergabe der Berufung an den Geschäftsführer auch nicht angezweifelt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 71 Abs.1 AVG, welcher nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, ist gegen die Versäumung einer Frist ... auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1) die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten ... und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft oder 2) die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, daß keine Berufung zulässig sei.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden. Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die richtige oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat (§ 71 Abs.2 und 4 leg.cit.).

In diesem Sinne ist festzuhalten, daß die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages ausreichend, wenn auch knapp, dargelegt wurde.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist festzuhalten, daß mangelnde Rechtskenntnis oder -irrtum nicht als ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu werten ist. Das ergibt schon die einfache Überlegung, daß die rein subjektive Beurteilung der bestimmten Rechtslage den Bw niemals hindern kann, sich über die Wirkung eines Bescheides und dessen Zustellung vorsorglich bei Rechtskundigen zu informieren. Dies ist aber trotz zweimaliger Vorsprache des Bw bei der zuständigen Behörde nicht geschehen und es bestand deshalb von seiten der Behörde auch kein Anlaß dafür, von sich aus und initiativ auf den durch die Hinterlegung bewirkten Beginn der Berufungsfrist hinzuweisen. Es kann auch nicht davon gesprochen werden, daß es sich bei der Kenntnis um die Bestimmungen des Zustellgesetzes um einen gesetzlich besonders gelagerten Fall handelt, weil gerade dieses Gesetz von allgemeiner Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf die Erlassung von Bescheiden, ist. Überdies ist anzumerken, daß die Unkenntnis eines im Bundesgesetzblatt kundgemachten Bundesgesetzes einer in Österreich lebenden Partei als Verschulden anzurechnen ist (VwGH 3.12.1982, 82/08/0212; 13.2.1986, 85/06/0171).

Es ist also davon auszugehen, daß selbst einem Laien die Kenntnis des Zustellgesetzes zugemutet werden kann, vielmehr dann auch einem behördlich genehmigten gewerblichen Geschäftsführer. Abgesehen davon wäre es ein Leichtes gewesen, sich bei auftauchenden Unklarheiten bei der zuständigen Behörde zu erkundigen, was aber aktenkundig nicht geschehen ist. Wenn der Bw am letzten Tag der Frist den handelsrechtlichen Geschäftsführer beauftragt hat, für die Erhebung einer Berufung zu sorgen, so kann auch dieses Berufungsvorbringen den Bw nicht entlasten, wenn die Berufung erst am nächsten Tag, und somit außerhalb der Berufungsfrist erhoben wurde. Dies deshalb, weil der handelsrechtliche Geschäftsführer in diesem Zusammenhang als Bote anzusehen ist. Versäumt der Bote den Auftrag, kann für die Partei nur dann ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis erblickt werden, wenn der zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht nachgekommen wurde (VwGH 28.11.1978, Slg. 9706 A). Das Nichttätigwerden des Boten am 8.8.1995 erfolgte aber aufgrund der fahrlässigen Unkenntnis des Bw hinsichtlich des Beginns der Berufungsfrist und der Mitteilung an den handelsrechtlichen Geschäftsführer, daß noch einige Tage, nämlich bis Freitag, die Berufungsfrist offen wäre. In diesem Sinne ist das verspätete Handeln des Boten ohne Zweifel dem Bw zuzurechnen.

Es ist also zusammenfassend festzuhalten, daß der als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis relevierte Irrtum hinsichtlich des Beginns der Berufungsfrist der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen konnte.

Zudem ist ein Ereignis dann als "unabwendbar" zu qualifizieren, wenn es durch einen Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann; als "unvorher gesehen", wenn die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat und mit zumutbarer Aufmerksamkeit nicht erwarten konnte (VwGH 17.2.1994, 93/16/0020).

Ein mit den rechtlichen Werten verbundener Durchschnittsmensch hätte sich aber nicht auf seine subjektive Beurteilung hinsichtlich des Beginns der Berufungsfrist verlassen, wären ihm ja dahingehend Zweifel entstanden, daß er nach dieser subjektiven Beurteilung den Beginn dieser Frist ja willkürlich beeinflussen hätte können. In diesem Sinn kann von einem minderen Grad des Versehens gerade nicht gesprochen werden, sondern ist vielmehr von auffallender Sorglosigkeit des Bw auszugehen.

Es darf abschließend auf die Bestimmung des § 24 VStG hingewiesen werden, wonach § 68 Abs.2 AVG im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden ist. Gemäß § 52a Abs.1 VStG kommt aber dem unabhängigen Verwaltungssenat hinsichtlich erstinstanzlicher Entscheidungen eine Kompetenz nicht zu.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t

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