Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110055/2/Kl/Bk

Linz, 05.06.1997

VwSen-110055/2/Kl/Bk Linz, am 5. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Schieferer, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des Herrn S, vertreten durch Dr. I, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 12.3.1996, Zl. VerkGe96-15-1995, wegen einer Übertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis samt dem Ausspruch über die vorläufige Sicherheit aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2, 37 Abs.4 und 5, 37a Abs.5 und 51 VStG iVm § 8 und 23 Abs.1 Z6 Güterbeförderungsgesetz 1995 - GütbefG, BGBl.Nr. 593/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 12.3.1996, VerkGe96-15-1995, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 20.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, gemäß § 23 Abs.1 Z6 GütbefG wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7 VStG iVm §§ 8 und 23 Abs.1 Z6 Güterbeförderungsgesetz 1995 verhängt, weil er am 16.11.1995 um ca. 10.30 Uhr mit dem Lkw der Firma C mit dem KZ: und dem Anhänger einer Mietfirma mit dem KZ: mit einer Nutzlast von zusammen 3.880 kg und einem Gesamtgewicht von zusammen 7.500 kg auf der A8-Autobahn Richtung Suben im gewerbsmäßigen Güterverkehr unterwegs gewesen war, ohne daß die Firma im Besitz der hiezu erforderlichen Bewilligung oder Kontingenterlaubnis nach dem Güterbeförderungsgesetz iVm dem Abkommen zwischen Österreich und Ungarn vom 17.8.1993 war, weshalb er vorsätzlich durch das Lenken des Kfz dem Verantwortlichen der Firma C die Begehung einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz erleichtert hat.

Gleichzeitig wurde die am 16.11.1995 eingehobene vorläufige Sicherheit in Höhe von 20.000 S auf den Strafbetrag angerechnet.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher die Aufhebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit und die Überweisung der beschlagnahmten Geldsumme beantragt wurde. Begründend wurde ausgeführt, daß der Anhänger als Ladung transportiert wurde, sodaß weder das Gesamtgewicht des Fahrzeuges noch die erlaubte Nutzlast überschritten worden seien. Auch sei das Fahrzeug als Abschlepplastwagen zugelassen. Laut dem internationalen Warentransportabkommen vom 17.8.1993 zwischen Österreich und Ungarn bestehe keine Genehmigungspflicht für den Transport von beschädigten oder zu reparierenden Fahrzeugen. Im gegenständlichen Fall sollten die im eigenen Besitz befindlichen zwei Stück beschädigten reparaturbedürftigen Personenfahrzeuge, die sich in Deutschland befanden, von der Firma C nach Ungarn transportiert werden, wofür aber keine Genehmigungen erforderlich gewesen wären. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und anläßlich der Aktenvorlage ausgeführt, daß vom Bw keine Unterlagen darüber vorgelegt wurden, daß tatsächlich beschädigte Fahrzeuge von Deutschland nach Österreich transportiert hätten werden sollen und daß diese Fahrzeuge im Eigentum des ungarischen Unternehmens standen. Auch wurde auf eine Kontaktnahme mit dem Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr betreffs die Beförderung beschädigter Fahrzeuge hingewiesen.

4. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zur Entscheidung berufen.

Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 23 Abs.1 Z6 Güterbeförderungsgesetz 1995 - GütbefG, BGBl.Nr. 593/1995, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer andere als die in Z1 bis 5 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes sowie zwischenstaatlicher Vereinbarungen gemäß § 8 dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält, wobei bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z6 und 7 die Geldstrafe mindestens 20.000 S zu betragen hat (§ 23 Abs.2 leg.cit.). Gemäß § 24 leg.cit. kann als vorläufige Sicherheit iSd § 37a VStG 1991 bei Verdacht einer Übertretung von zwischenstaatlichen Vereinbarungen gemäß § 8 dieses Bundesgesetzes oder von Abkommen mit Staatengemeinschaften über den grenzüberschreitenden Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen ein Betrag von 20.000 S festgesetzt werden. 5.1.1. Dem Bw wurde die Beihilfe (vorsätzliche Erleichterung) zu einer Verwaltungsübertretung durch den Verantwortlichen der Firma C, nämlich gewerbsmäßiger Güterverkehr durch Österreich mit in Ungarn zugelassenen Fahrzeugen (Lkw der Firma C und gemieteter Anhänger) ohne die hiezu erforderliche Bewilligung oder Kontingenterlaubnis vorgeworfen. 5.1.2. Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und die eine Bewilligung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich erhalten haben; eine Bewilligung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anderslautende Anordnung nach Abs.6 ergangen ist oder wenn eine Vereinbarung gemäß § 8 besteht.

Gemäß § 8 Abs.1 leg.cit. können Vereinbarungen über die grenzüberschreitende Beförderung von Gütern gemäß § 7 auf Grundlage dieses Bundesgesetzes geschlossen werden, wenn der Umfang des zwischenstaatlichen Güterverkehrs dies erfordert. In den Vereinbarungen ist vorzusehen, daß Kraftfahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen auf der Grundlage der Gegenseitigkeit Fahrten nach, durch und aus Österreich durchführen können. Dabei können auch zwischenstaatliche Kontingente festgelegt werden. Die Vergabe der Kontingenterlaubnis gemäß Abs.2 vierter Satz durch ausländische Behörden kann vereinbart werden. Die Vergabe der Kontingenterlaubnis an ausländische Unternehmer kann auch durch die zuständige Behörde des gegenteiligen Vertragspartners vorgenommen werden (§ 8 Abs.2 letzter Satz).

5.2. Die belangte Behörde stützt sich im gesamten Verwaltungsstrafverfahren auf eine zwischenstaatliche Vereinbarung gemäß § 8 GütbefG, nämlich auf das Abkommen zwischen Österreich und Ungarn vom 17.8.1993. Danach sei für die gegenständliche Güterbeförderung eine Kontingenterlaubnis erforderlich und seien die vom Bw geltend gemachten Ausnahmeregelungen dieses Abkommens nicht anzuwenden. 5.3. Für die Anwendung der genannten zwischenstaatlichen Vereinbarung sind aber folgende rechtlichen Erwägungen entscheidungserheblich:

Gemäß Art. 49 Abs.1 B-VG sind die Bundesgesetze und die im Art. 50 bezeichneten Staatsverträge (das sind politische Staatsverträge, andere nur, sofern sie gesetzesändernden oder gesetzesergänzenden Inhalt haben und nicht unter Art. 16 Abs.1 fallen) vom Bundeskanzler im Bundesgesetzblatt kundzumachen. Gemäß Art. 49 Abs.2 B-VG kann der Nationalrat anläßlich der Genehmigung von Staatsverträgen gemäß Art. 50 beschließen, daß der Staatsvertrag oder einzelne genau bezeichnete Teile des Staatsvertrages nicht im Bundesgesetzblatt, sondern in anderer zweckentsprechender Weise kundzumachen sind.

Selbst für den Fall, daß es sich nicht um einen Staatsvertrag nach Art.50 B-VG handelt, ist nach § 2 Abs.1 lit.b des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt 1985, BGBl.Nr. 200 (zum Tatzeitpunkt geltende und anzuwendende Rechtslage), das Bundesgesetzblatt bestimmt zur Verlautbarung der Staatsverträge einschließlich ihrer Übersetzung in die deutsche Sprache unter Erklärung des Beitrittes zu Staatsverträgen sowie darauf bezüglicher Beschlüsse nach Art. 49 Abs.2, nach Art. 50 Abs.2 oder darauf bezüglicher Anordnungen nach Art. 65 Abs.1 2. Satz B-VG, jedoch mit Ausnahme solcher Staatsverträge, die der Genehmigung des Nationalrates nicht bedürfen und sich ihrem Inhalt nach ausschließlich an Verwaltungsbehörden wenden. Gemäß § 2 Abs.3. leg.cit. können außerdem die nach Abs.1 lit.b ausgenommenen Staatsverträge im Bundesgesetzblatt verlautbart werden. Bei Staatsverträgen, die nicht nach Art. 50 B-VG zu genehmigen sind, kann der Bundeskanzler durch Verordnung bestimmen, daß der Staatsvertrag oder einzelne genau bezeichnete Teile des Staatsvertrages nicht im Bundesgesetzblatt, sondern in anderer zweckentsprechender Weise, insbesondere durch Auflage bei geeigneten Stellen zur Einsicht während der Amtsstunden, kundzumachen sind. Eine solche Verordnung darf nur erlassen werden, wenn der Staatsvertrag oder einzelne Teile hievon bloß für einen beschränkten Kreis von Personen von Interesse sind und die Kundmachung im Bundesgesetzblatt im Hinblick auf den Umfang oder die technische Gestaltung einen wirtschaftlich nicht vertretbaren Aufwand verursachen würde. Unter der Voraussetzung, daß die genannte zwischenstaatliche Vereinbarung keinen nach Art. 50 B-VG genehmigungspflichtigen Staatsvertrag darstellt, aber sehrwohl sich dem Inhalt nach nicht ausschließlich an Verwaltungsbehörden sondern auch an den individuellen Normadressaten richtet (dies ist anzunehmen, weil erst aus der genannten zwischenstaatlichen Vereinbarung zwischen Österreich und Ungarn ersichtlich ist, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kontingenterlaubnis erforderlich ist, bzw welche Ausnahmen anzuwenden sind, was auch die belangte Behörde ihrem Strafverfahren zugrundelegte, wäre daher die Vereinbarung im Bundesgesetzblatt kundzumachen gewesen, sofern nicht eine anderslautende Verordnung des Bundeskanzlers gemäß § 2 Abs.4 des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt 1985 erlassen worden ist. Eine solche Verordnung war dem O.ö. Verwaltungssenat nicht auffindbar. Schließlich liegt dem O.ö. Verwaltungssenat in weiteren anhängigen Berufungsverfahren eine Rechtsauskunft des Bundesministeriums für Wissenschaft, Verkehr und Kunst vom 27.6.1996, Zl.141.390/8-I/A-4/1996, vor, wonach zur oben angeführten Frage ua. ausgeführt wurde: "Das Abkommen normiert für den einzelnen Transportunternehmer keine subjektiven Rechte, es regelt, wie angeführt, nur die Beziehungen der Ministerien untereinander (Verwaltungsvereinbarung) eine Kundmachung dieses "Ressortübereinkommens" ist deshalb auch nicht erforderlich." Es liegt daher für den O.ö. Verwaltungssenat auf der Hand, daß eine Kundmachung nicht stattgefunden hat. Es ist zwar richtig, daß mit Entschließung vom 31.12.1920, BGBl.Nr.1921/49, zum Abschluß von Staatsverträgen, die nicht unter Art.50 B-VG fallen, sofern sie weder als Staatsvertrag ausdrücklich bezeichnet sind, noch durch Austausch von Ratifikationsurkunden abgeschlossen werden, ermächtigt wird: 1. die Bundesregierung zum Abschluß von Regierungsübereinkommen, 2. der ressortmäßig zuständige BM im Einvernehmen mit dem BMA zu Ressortübereinkommen, 3. der ressortmäßig zuständige BM zu bloßen Verwaltungsübereinkommen (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des öst. Bundesverfassungsrechts, 8. Auflage, RN 225). Zweifelsohne handelt es sich auch beim gegenständlichen Übereinkommen im Sinn der obigen Ausführungen um einen Staatsvertrag, welcher aber auch Verpflichtungen für den Beförderungsunternehmer statuiert, weshalb er zumindest hinsichtlich dieser (außenwirkenden) Pflichten kundzumachen gewesen wäre. 5.4. Gemäß Art. 89 Abs.1 B-VG steht die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Gesetze, Verordnungen und Staatsvertäge, soweit in diesem Artikel nicht anderes bestimmt wird, den Gerichten nicht zu. Gemäß Art. 129a Abs.3 B-VG gilt Art. 89 sinngemäß auch für die unabhängigen Verwaltungssenate. Dies hat zur Folge, daß die Prüfung der Kundmachung durch die Gerichte selbst zu erfolgen hat und nicht gehörig kundgemachte Gesetze, Verordnungen und Staatsverträge mangels gehöriger Kundmachung vom Gericht nicht anzuwenden sind. Es hat daher der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.6.1996, V2, 3, 60, 61/96, ausgesprochen: "nimmt ein Gericht eine fehlerhafte, daher rechtswidrige Kundmachung einer Verordnung an, so wird damit implizit die Anwendung der Verordnung durch das Gericht, damit aber weiter die Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 89 Abs.2 B-VG und Art. 139 Abs.1 B-VG ausgeschlossen". Ist aber das genannte Abkommen mangels gehöriger Kundmachung nicht anwendbar, können daraus auch keine Ge- und Verbote für den Normunterworfenen abgeleitet und demzufolge auch keine Strafbarkeit des Normunterworfenen nach § 23 Abs.1 Z6 GütbefG abgeleitet werden. Es hat daher der Bw die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen, weshalb das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war. Abschließend wäre daher die Folge der fehlenden Kundmachung und Nichtanwendung der zwischenstaatlichen Vereinbarung jene, daß nunmehr wieder eine Bewilligung des BM f. V. gemäß § 7 Abs.1 GütbefG erforderlich wäre, aber eine solche tatsächlich nicht vorliegt. Allein ein solchlautender Vorwurf wurde dem Bw zu keiner Zeit gemacht (danach wäre eine Übertretung nach § 23 Abs.1 Z3 GütbefG gegeben, wofür keine Mindeststrafe und nach § 24 GütbefG auch keine vorläufige Sicherheit vorgesehen ist).

5.5. Zu der eingehobenen vorläufigen Sicherheit in der Höhe von 20.000 S wegen Verdachts einer Übertretung von zwischenstaatlichen Vereinbarungen gemäß § 8 ist auszuführen, daß diese vorläufige Sicherheit im Grunde des § 37a Abs.5 VStG bereits frei geworden ist, weil nicht binnen drei Monaten gemäß § 37 Abs.5 der Verfall ausgesprochen wurde; jedenfalls wurde sie auch - mangels einer Strafbarkeit des Bw - mit der Einstellung des Verfahrens frei. Die von der belangten Behörde vorgenommene "Anrechnung" ist gesetzlich nicht begründet. 6. Bei diesem Verfahrensergebnis war kein Verfahrenskostenbeitrag vorzuschreiben (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Schieferer Beschlagwortung: grenzüberschreitender Güterverkehr, Verwaltungsvereinbarung ; Kundmachungsfehler; Abkommen mit Ungarn; Anrechnung der vorläufigen Sicherheit.

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