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des Landes Oberösterreich
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VwSen-110106/2/Kl/Rd

Linz, 11.04.2000

VwSen-110106/2/Kl/Rd Linz, am 11. April 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Heiko B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 2. März 1999, VerkGe96-27-1999, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Übertretungsnorm gemäß § 44a Z2 VStG zu lauten hat: "§ 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl.Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 iVm Art.3 Abs.1 und Art.5 Abs.4 Satz 3 VO (EWG) Nr. 881/92".

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe, ds 2.000 S (entspricht 145,35 €), zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 2.3.1999, VerkGe96-27-1999, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 10.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 42 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 23 Abs.1 Z2 und 9 Abs.1 GütbefG 1995 iVm Art.2 und 3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verhängt, weil er am 3.2.1999 als Lenker des LKW mit dem deutschen Kennzeichen und dem Anhänger mit dem deutschen Kennzeichen (Zulassungsbesitzer: Spedition Z GmbH) eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern von Linz nach P (Deutschland) durchgeführt hat, ohne dass er den Aufsichtsorganen bei dieser Güterbeförderung über die Grenze am 3.2.1999 um 10.35 Uhr auf der Innkreis-Autobahn A8, Grenzübergang Suben, Gemeindegebiet Suben, auf deren Verlangen eine Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 vorgewiesen hat.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin ausgeführt, dass es durchaus richtig sei, dass anlässlich der Kontrolle am 3.2.1999 keine Gemeinschaftslizenz vorgelegt werden konnte. Tatsächlich habe aber eine gültige EU-Lizenz vom 5.3.1996 bestanden. Im Hinblick darauf, dass das Dokument lediglich beim Transport nicht mitgeführt wurde, weil es vergessen wurde, sei das Bußgeld in der verhängten Höhe zu hoch. Es wurde daher ersucht, den Bescheid aufzuheben.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und die Höhe der Strafe angefochten wurde, kann gemäß § 51e Abs.3 Z1 und 2 VStG von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal eine mündliche Verhandlung von den Parteien nicht beantragt wurde.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedsstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedsstaaten gilt für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken (Art.1 Abs.1).

Gemäß Art.3 der zit. VO unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz.

Gemäß Art.5 Abs.2 der zit. VO händigen die Mitgliedsstaaten dem Inhaber das Original der Gemeinschaftslizenz, das von dem Transportunternehmen aufbewahrt wird, sowie so viele beglaubigte Abschriften aus, wie dem Inhaber der Gemeinschaftslizenz Fahrzeuge als volles Eigentum oder aufgrund eines anderen Rechts, insbesondere aus Ratenkauf-, Miet- oder Leasingvertrag, zur Verfügung stehen.

Gemäß Art.5 Abs.4 der VO wird die Gemeinschaftslizenz auf den Namen des Transportunternehmers ausgestellt. Sie darf von diesem nicht an Dritte übertragen werden. Eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz muss im Fahrzeug mitgeführt werden und ist dem Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen.

Gemäß Art. 15 der VO ist diese VO in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat.

Gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz - GütbefG 1995 idF BGBl. I. Nr. 17/1998, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist. Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z8 hat die Geldstrafe mindestens 20.000 S zu betragen (§ 23 Abs.2 leg.cit.).

4.2. Aufgrund des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens sowie der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses geht einwandfrei hervor, dass eine grenzüberschreitende gewerbsmäßige Beförderung von Gütern durch den Bw als Lenker eines LKW mit deutschem Kennzeichen durchgeführt wurde und die erforderliche Gemeinschaftslizenz nicht mitgeführt und daher nicht auf Verlangen vorgewiesen wurde. Schon anlässlich der Betretung gab der Bw an, dass die Genehmigung in der Firma liege und er bei diesen Fahrten nach Linz und zurück noch nie eine Genehmigung mitgeführt habe. Auch zu seiner Rechtfertigung im Verfahren erster Instanz brachte der Bw vor, dass das Fahrzeug vom nationalen Verkehr zum Güterfernverkehr umgestellt wurde, dass aber die Firma ihm keine anderen Dokumente mitgegeben habe und ihm auch nicht bekannt gewesen sei, dass in Österreich eine EU-Lizenz notwendig sei. Unmittelbar nach seiner Betretung habe er die verlangte Gemeinschaftslizenz bei seiner Firma angefordert und bereits bei der Weiterfahrt gleich im Fahrzeug hinterlegt. Auch in der Berufung wurde der Sachverhalt nicht bestritten, dass er keine Gemeinschaftslizenz vorlegen konnte. Es wurde daher der objektive Tatbestand der obzit. Verwaltungsübertretung erfüllt.

Wegen der Ähnlichkeit der Regelung über das Mitführen und Aushändigen des Führerscheins, Zulassungsscheins usw nach § 102 Abs.5 KFG kann die diesbezügliche Judikatur des VwGH herangezogen werden, wonach eine Bestrafung wegen Nichtaushändigung rechtmäßig ist unabhängig davon, ob das mitgeführte Papier nicht ausgehändigt wird oder ob deshalb nicht ausgehändigt wird, weil er es gar nicht bei sich hatte (VwGH vom 19.12.1985, 85/02/0272).

Wenn sich der Bw darauf stützt, dass eine gültige Gemeinschaftslizenz bestanden habe und er diese lediglich nicht mitführte, so ist ihm entgegenzuhalten, dass die zitierte EU-Verordnung dem Lenker eindeutig und ausschließlich die Pflicht auferlegt, diese Gemeinschaftslizenz mitzuführen und auf Verlangen der Organe vorzuweisen. Aus dieser Bestimmung ist ableitbar, dass den Fahrzeuglenker jeweils eine Sorgfaltspflicht dafür trifft, dass die erforderlichen Papiere, darunter auch die Gemeinschaftslizenz, im Fahrzeug vorhanden sind, mitgeführt und auf Verlangen den Kontrollorganen vorgewiesen werden. Es ist daher die Rechtfertigung des Bw, dass ihm von seiner Firma keine anderen Papiere mitgegeben wurden und ihm nicht bekannt gewesen sei, dass in Österreich eine EU-Lizenz notwendig ist, nicht geeignet, sein Verhalten zu entschuldigen und sein Verschulden auszuschließen. Vielmehr hätte er vor Antritt der Fahrt neben der Kontrolle des Fahrzeuges auch die für die Fahrt erforderlichen Papiere kontrollieren und einfordern müssen. Die mangelnde Nachschau und Kontrolle ist hingegen eine Sorgfaltsverletzung, die zumindest ein fahrlässiges Verschulden begründet. Weil aber die gegenständliche Verwaltungsübertretung ein Ungehorsamsdelikt bildet, ist Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen, wenn der Bw nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Genau diese Glaubhaftmachung iSd § 5 Abs.1 VStG ist dem Bw mit seinen Ausführungen nicht gelungen. Vielmehr hat er durch das von ihm eingestandene Verhalten genau jenes Unrecht begangen, das unter Verwaltungsstrafe gestellt ist. Es wurde daher die Tat auch schuldhaft begangen.

4.3. Entgegen der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde stellt aber die Gemeinschaftslizenz weder eine Kontingenterlaubnis gemäß § 8 Abs.2 noch eine Bescheinigung aufgrund eines Abkommens mit einer Staatengemeinschaft dar. Es ist daher für das Mitführen und Vorweisen nicht der § 9 Abs.1 GütbefG anzuwenden, sondern ergeben sich diese Pflichten unmittelbar aus der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 (vgl. Art. 15 der zit. VO). Es wurde daher eine unmittelbar anwendbare Vorschrift der Europäischen Union verletzt. Dies stellt eine Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG dar. Es war daher eine entsprechende Berichtigung des Spruches durch den Oö. Verwaltungssenat gemäß § 66 Abs.4 AVG vorzunehmen.

4.4. Zur Anfechtung der Höhe der Geldstrafe ist auf die ausführliche Begründung im angefochtenen Straferkenntnis hinzuweisen. Gemäß § 23 Abs.2 GütbefG unterliegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG einer Mindeststrafe von 20.000 S. Die belangte Behörde hat rechtsrichtig iSd § 19 VStG festgestellt, dass Erschwerungsgründe nicht vorliegen und unter den Milderungsgründen - wie vom Bw vorgebracht - bereits die Unbescholtenheit und die sofortige Besorgung der EU-Gemeinschaftslizenz als strafmildernd gewertet. Sie hat daher in Anwendung des § 20 VStG von der außerordentlichen Milderung der Strafe Gebrauch gemacht, indem sie die Mindeststrafe von 20.000 S, um die Hälfte unterschritten hat. Eine weitere Strafmilderung ist im Verwaltungsstrafgesetz nicht vorgesehen.

Die belangte Behörde hat auch auf die übrigen Strafbemessungsgründe gemäß § 19 VStG, nämlich Unrechtsgehalt der Tat, Schwere der Folgen, wirtschaftliche und persönliche Verhältnisse des Bw Bedacht genommen.

Die verhängte Strafe ist daher tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Bw angepasst.

Hingegen war von nur geringfügigem Verschulden nicht auszugehen, weil durch die Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt genau jener Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erfüllt wurde, welcher in der Verwaltungsvorschrift unter Strafdrohung gestellt wurde. Es war daher von einer Strafe nicht zur Gänze abzusehen.

5. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe gemäß § 64 VStG aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Nichtmitführen, Nichtvorzeigen, Sorgfaltsverletzung, Kontrollpflicht des Lenkers.

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