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des Landes Oberösterreich
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VwSen-110108/2/Kl/Rd

Linz, 27.08.1999

VwSen-110108/2/Kl/Rd Linz, am 27. August 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung der V, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 10.3.1999, VerkGe96-6-1997-Len, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1 und 3 sowie 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 10.3.1999, VerkGe96-6-1997-Len, wurden über die Bw Geldstrafen von achtmal 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen von achtmal zwei Tagen), wegen je einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z7 und 8 und § 8 des GütbefG iVm der Verordnung des BM für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 30.12.1992 über die Verwaltungsvereinbarung zur Festlegung des Zeitpunktes und der Modalitäten der Einführung des im Abkommen zwischen Europäischen Gemeinschaft und der Republik Österreich über den Güterverkehr im Transit auf der Schiene und der Straße vorgesehenen Ökopunktesystems verhängt, weil sie zu folgenden, nachstehend angeführten Zeiten, Transitfahrten von der Schweiz nach Rußland, in die Ukraine und nach Ungarn durchgeführt hat, ohne die erforderlichen Ökopunkte entrichtet zu haben, obwohl bei Transitfahrten durch Österreich mit Lastkraftwagen, die in einem EG-Mitgliedstaat oder in Österreich zugelassen sind, eine bestimmte Anzahl von Ökopunkten pro Fahrt und Kraftfahrzeug bei der Einreise nach Österreich zu entwerten und abzugeben ist.

1. Am 30.9.1996 wurde beim Zollamt Zürich-Flughafen das T1-Nr. 22767, Bestimmungszollstelle Linz-Flughafen, abgefertigt. Dieses Versandpapier wurde am 2.10.1996 beim Hauptzollamt (HZA) Linz, Zweigstelle Flughafen Hörsching, mit dem Antrag zur Eröffnung eines C-TIR gestellt. Eine Verschlußänderung wurde vorgenommen, es erfolgte jedoch keine Zu- bzw Abladung. Am 2.10.1996 wurde diese Sendung über das Zollamt Wullowitz nach Tschechien ausgeführt.

2. Am 1.10.1996 wurde beim Zollamt Zürich-Flughafen das T1-Nr. 22795, Bestimmungszollstelle Linz-Flughafen, abgefertigt. Dieses Versandpapier wurde am 3.10.1996 beim HZA Linz, Zweigstelle Flughafen Hörsching, mit dem Antrag zur Eröffnung eines C-TIR gestellt. Eine Verschlußänderung wurde vorgenommen, es erfolgte jedoch keine Zu- bzw Abladung. Am 3.10.1996 wurde diese Sendung über das Zollamt Wullowitz nach Tschechien ausgeführt.

3. Am 7.10.1996 wurde beim Zollamt Zürich-Flughafen das T-Nr. 22844, Bestimmungszollstelle Linz-Flughafen, abgefertigt. Dieses Versandpapier wurde am 8.10.1996 beim HZA Linz, Zweigstelle Flughafen Hörsching, mit dem Antrag zur Eröffnung eines C-TIR gestellt. Eine Verschlußänderung wurde vorgenommen, es erfolgte jedoch keine Zu- bzw Abladung. Am 8.10.1996 wurde diese Sendung über das Zollamt Wullowitz nach Tschechien ausgeführt.

4. Am 5.11.1996 wurde beim Zollamt Zürich-Flughafen das T-Nr. 23185, Bestimmungszollstelle Linz-Flughafen, abgefertigt. Dieses Versandpapier wurde am 6.11.1996 beim HZA Linz, Zweigstelle Flughafen Hörsching, mit dem Antrag zur Eröffnung eines C-TIR gestellt. Eine Verschlußänderung wurde vorgenommen, es erfolgte jedoch keine Zu- bzw Abladung. Am 7.11.1996 wurde diese Sendung über das Zollamt Wullowitz nach Tschechien ausgeführt.

5. Am 12.11.1996 wurde beim Zollamt Basel-Flughafen das T1-Nr. 06784, Bestimmungszollstelle Hörsching/Linz, abgefertigt. Dieses Versandpapier wurde am 13.11.1996 beim HZA Linz, Zweigstelle Flughafen Hörsching, mit dem Antrag zur Eröffnung eines C-TIR gestellt. Eine Verschlußänderung wurde vorgenommen, es erfolgte jedoch keine Zu- bzw Abladung. Am 13.11.1996 wurde diese Sendung über das Zollamt Deutschkreuz nach Ungarn ausgeführt.

6. Am 12.11.1996 wurde beim Zollamt Basel-Flughafen das T1-Nr. 06786, Bestimmungszollstelle Hörsching/Linz, abgefertigt. Dieser Versandschein und das Versandscheingut wurden am 13.11.1996 beim HZA Linz, Zweigstelle Flughafen Hörsching, mit dem Antrag zur Eröffnung eines C-TIR gestellt. Eine Verschlußänderung wurde vorgenommen, es erfolgte jedoch keine Zu- bzw Abladung. Am 13.11.1996 wurde diese Sendung über das Zollamt Deutschkreuz nach Ungarn ausgeführt.

7. Am 13.11.1996 wurde beim Zollamt Zürich-Flughafen das T-Nr. 03867, Bestimmungszollstelle Linz/Zweigstelle Hörsching, abgefertigt. Dieser Versandschein und das Versandscheingut wurden am 14.11.1996 beim HZA Linz, Zweigstelle Flughafen Hörsching, mit dem Antrag zur Eröffnung eines C-TIR gestellt. Eine Verschlußänderung wurde vorgenommen, es erfolgte jedoch keine Zu- bzw Abladung. Am 14.11.1996 wurde diese Sendung über das Zollamt Wullowitz nach Tschechien ausgeführt.

8. Am 19.11.1996 wurde beim Zollamt Zürich-Flughafen das T1-Nr. 06931, Bestimmungszollstelle Linz, abgefertigt. Dieser Versandschein und das Versandscheingut wurden am 20.11.1996 beim HZA Linz, Zweigstelle Flughafen Hörsching, mit dem Antrag zur Eröffnung eines C-TIR gestellt. Der Zollverschluß wurde anerkannt und es erfolgte keine Zu- bzw Abladung. Am 20.11.1996 wurde diese Sendung über das Zollamt Deutschkreuz nach Ungarn ausgeführt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin geltend gemacht, daß die zur Last gelegten Gesetzesübertretungen nicht begangen wurden und in den Verantwortungsbereich des Fuhrparkleiters Herrn Franz W fallen. Es werde daher um Einstellung des Strafverfahrens ersucht.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil jeweils eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zur Entscheidung berufen.

Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, daß der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 1 Abs.1 Güterbeförderungsgesetz 1995 - GütbefG, BGBl.Nr. 593/1995 idF vor der Novelle BGBl.I.Nr. 17/1998 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), gilt dieses Bundesgesetz für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs durch Beförderungsunternehmen und für den Werkverkehr mit solchen Kraftfahrzeugen.

Gemäß § 7 Abs.1 leg.cit. ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und eine Bewilligung des BM für öffentliche Wirtschaft und Verkehr für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich erhalten haben; eine Bewilligung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anderslautende Anordnung nach Abs.6 ergangen ist oder wenn eine Vereinbarung gemäß § 8 besteht.

Gemäß Art.2 Abs.1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über den Güterverkehr im Transit auf der Schiene und der Straße samt Anhängen I bis X, BGBl.Nr. 823/1992 (Transitabkommen), wird das Abkommen auf den Transitverkehr auf der Schiene und der Straße durch österreichisches Hoheitsgebiet angewendet. Als Transitverkehr gilt gemäß Art.3 Z1 des Transitabkommens jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegt. Straßengütertransitverkehr ist jeder Transitverkehr, der mit Lastkraftwagen, die in einer der Vertragsparteien zugelassen sind, durchgeführt wird, unbeschadet, ob diese Lastkraftwagen beladen oder unbeladen sind (Art.3 Z2). Zum unerläßlichen Schutz der Umwelt und der Gesundheit der Bevölkerung sollen die von Lastkraftwagen im Transitverkehr durch Österreich erzeugten Abgase und der Lärm verringert werden und das gesamte NOX-Emissionsniveau, das von dem in einer der Vertragsparteien zugelassenen Lastkraftwagen mit dem Gesamtgewicht über 7,5t im Transit durch Österreich verursacht wird, innerhalb von 12 Jahren bis zum Ende des Jahres 2003 um 60 % reduziert werden. Die vereinbarte Reduktion wird über ein Ökopunktesystem verwaltet und es benötigt innerhalb dieses Systems jeder LKW im Transitverkehr durch Österreich eine Ökopunkteanzahl (Art.15 Transitabkommen).

Gemäß Art.3 Z1 der Verwaltungsvereinbarung zur Festlegung des Zeitpunktes und der Modalitäten der Einführung des Ökopunktesystems, BGBl.Nr. 879/1992, hat der Lenker eines Lastkraftwagens für jede Transitfahrt ein einheitliches und vollständig ausgefülltes Formular oder eine österreichische Bestätigung über die Entrichtung der Ökopunkte für die betreffende Fahrt gemäß Anhang A der gegenständlichen Vereinbarung (genannt Ökokarte) mitzuführen und jederzeit auf Verlangen den Kontrollorganen vorzuweisen. Auf dem Formular gemäß Art.3 Z1 der gegenständlichen Vereinbarung muß die erforderliche Anzahl von Ökopunkten aufgeklebt und entwertet sein (Art.4 Z1 der Verwaltungsvereinbarung). Zuwiderhandlungen eines Lenkers eines Lastkraftwagens oder eines Unternehmens gegen die Bestimmungen des Transitabkommens oder dieser Verwaltungsvereinbarung sind nach den jeweiligen nationalen Vorschriften zu ahnden (Art.8 Z1 der Verwaltungsvereinbarung).

Gemäß § 23 Abs.1 Z7 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer Ge- und Verbote aufgrund von Abkommen mit Staatengemeinschaften über den grenzüberschreitenden Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen nicht befolgt.

Gemäß § 23 Abs.2 GütbefG hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z6 und 7 die Geldstrafe mindestens 20.000 S zu betragen.

4.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Diesen Anforderungen entspricht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht. Dem Tatvorwurf ist nicht zu entnehmen, daß es sich bei den vorgeworfenen Fahrten um gewerblichen Gütertransport handelt, sowie ob diese Fahrten mit Lastkraftwagen über 7,5t höchstzulässiges Gesamtgewicht durchgeführt wurden. Weiters ist auch für die einzelnen Delikte nicht erkennbar, mit welchem nach dem Kennzeichen konkretisierten Lastkraftwagen die jeweiligen Fahrten durchgeführt wurden.

Weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung als Verfolgungshandlung noch sonst innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist noch im Straferkenntnis wurde eine entsprechende Tatkonkretisierung vorgenommen. Es war daher schon diesbezüglich das Straferkenntnis mangels Tatkonkretisierung aufzuheben.

4.3. Entsprechend dem Art.3 Z1 der Verwaltungsvereinbarung hat der Lenker eines Lastkraftwagens für die Transitfahrt ein einheitliches und vollständig ausgefülltes Formular oder eine Ökokarte mitzuführen und auf Verlangen vorzuweisen. Diese Pflicht trifft ausschließlich den Lenker.

Wenn daher im angefochtenen Straferkenntnis der Bw vorgeworfen wird, Transitfahrten von der Schweiz nach Rußland, in die Ukraine und nach Ungarn "durchgeführt" zu haben, so ist darin ein Tatverhalten, das der jeweilige Lenker des Lastkraftwagens setzt, zu sehen. Die Verpflichtung der Bw liegt vielmehr in der Bestimmung des Art.4 Z1 der Verwaltungsvereinbarung, nämlich auf dem Formular die erforderliche Anzahl von Ökopunkten aufzukleben und mit der Unterschrift oder dem Aufdruck eines Stempels zu entwerten. Ein entsprechender Tatvorwurf gegenüber der Bw als Unternehmerin wurde aber nicht erhoben. Weil die Verfolgungsverjährungsfrist aber verstrichen ist, konnte eine Berichtigung des Spruches nicht mehr durchgeführt werden.

4.4. Aufgrund des dem Verfahren erster Instanz zugrundegelegten Sachverhaltes wurden in sämtlichen Fällen Güter mittels Flugzeug von der Schweiz nach Linz/Hörsching transportiert und vom dortigen Zollamt mittels Lastkraftwagen nach Tschechien und Ungarn transportiert. Es handelt sich dabei nicht um einen Transitverkehr auf der Schiene und der Straße durch österreichisches Hoheitsgebiet gemäß dem Anwendungsbereich des Art.2 Abs.1 des Transitabkommens. Gegebenenfalls kann von einem "kombinierten Verkehr" auf dem Luftweg und der Straße gesprochen werden, wobei dieser Verkehr nicht vom Art.3 Z2 und 3 des Transitabkommens erfaßt ist, weil unter Straßengütertransitverkehr nur jener Transitverkehr zu verstehen ist, der mit Lastkraftwagen durchgeführt wird, die in einem der Mitgliedstaaten zugelassen sind, und kombinierter Verkehr nur als Verkehr teils auf der Schiene, teils auf der Straße definiert ist.

Aus den angeführten Gründen war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

Transitverkehr, Luftweg, kein kombinierter Verkehr, nach Fahrzeug und Fahrtstrecke konkretisierte Tatumstände.

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