Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-110123/7/BI/KM

Linz, 17.10.2000

VwSen-110123/7/BI/KM Linz, am 17. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitzender: Mag. Alfred Kisch, Berichterin: Mag. Karin Bissenberger, Beisitzer: Dr. Wolfgang Weiß) über die Berufung des Herrn F S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S H, vom 27. Oktober 1999 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 15. September 1999, VerkGe96-79-1999, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt, wobei keinerlei Verfahrenskostenbeiträge anfallen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 21 und 65 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem oben genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 23 Abs.1 Z8 und Abs.2 Güterbeförderungsgesetz iVm Artikel 5 Abs.4 3.Satz der Verordnung (EWG) Nr.881/92 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten eine Geldstrafe von 20.000 S (67 Stunden EFS) verhängt, weil er am 1. bzw 2.6.1999 als Lenker des LKW mit dem deutschen Kennzeichen und dem Anhänger mit dem deutschen Kennzeichen (Zulassungsbesitzer: S Speditions-GesmbH), eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Styro bzw Zuschnitte) von H, Deutschland, nach Z bzw S, Österreich, durchgeführt habe, ohne dass er anlässlich der Rückfahrt (Leerfahrt) bei diesem grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr im Fahrzeug am 2.6.1999 um 14.50 Uhr auf der Autobahn A, StrKm 75.400, Gemeinde S, eine auf den Namen des Transportunternehmens (S Speditions-GesmbH) ausgestellte beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr.881/92 mitgeführt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 2.000 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 4. Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 5. Oktober 2000 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Beschuldigtenvertreters RA Dr. H F durchgeführt. Der Behördenvertreter ist entschuldigt nicht erschienen.

3. Der Bw macht geltend, der angefochtene Bescheid werde verfahrensrechtlichen Mindesterfordernissen nicht gerecht, zumal sich die Erstinstanz in ihrer Begründung darauf beschränkt habe, ihren Rechtsstandpunkt darzulegen, ohne eine konkrete Sachverhaltsfeststellung zu treffen, insbesondere darüber, welche Absicht den gegenständlichen Fahrten zugrundegelegen sei und ob er, der Bw, vor oder nach dem Grenzübertritt von seiner Dienstgeberin neue Weisungen erhalten habe. Die Erstinstanz habe nicht einmal versucht, ihn oder den Meldungsleger einvernehmen zu lassen. Sie habe ihn aber auch nicht informiert, dass sie sein Vorbringen vom 12.8.1999 für unbeachtlich halte.

Unstrittigerweise verfüge seine Dienstgeberin über eine entsprechende Gemeinschaftslizenz. Sinn und Zweck der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 sei daher erfüllt. Es sei daher nicht notwendig, ihn wegen des Nichtmitführens der beglaubigten Abschrift zu bestrafen. Eine Regelung, die eine Bestrafung auch dort zwingend vorsähe, wo feststehe, dass eine Gemeinschaftslizenz ordnungsgemäß ausgestellt worden sei, verstoße gegen europarechtliche Grundprinzipien der Waren- und Dienstleistungsfreiheit.

Die Erstinstanz gehe ohne nähere Begründung von zumindest fahrlässigem Verhalten aus. Er habe glaubhaft gemacht, dass er irrtümlich bei Übergabe der CEMT-Genehmigung an einen anderen Fahrer auch versehentlich die EG-Lizenz, die sich hinten im Kontrollbuch befunden habe, mitgegeben habe, ohne dass er es bemerkt habe. Es handle sich daher um eine entschuldbare Fehlleistung, die jedermann passieren könne. Er sei daher nicht strafbar, in eventu seien die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 21 VStG gegeben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Beschuldigtenvertreter gehört und die Ausführungen der Erstinstanz im angefochtenen Straferkenntnis berücksichtigt wurden.

Der rechtsfreundliche Vertreter hat nochmals auf das bisherige Vorbringen hingewiesen und ein Versehen minderen Grades geltend gemacht.

Die Erstinstanz hat im angefochtenen Straferkenntnis darauf hingewiesen, dass der Bw seiner berufsgebotenen Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen sei, indem er die erforderliche beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz nur auf einem Teil der Fahrt mitgeführt habe. Er hätte sich nach Ansicht der Erstinstanz nicht nur vor Fahrtbeginn sondern auch in deren Verlauf vergewissern müssen, dass noch alle erforderlichen Unterlagen vorhanden sind, da er diese gegebenenfalls vorweisen musste.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz begeht abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist. Gemäß Abs.2 hat die Geldstrafe bei Verwaltungsübertretungen gemäß Z8 mindestens 20.000 S zu betragen.

Gemäß Artikel 1 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr.881/92 vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten gilt diese Verordnung für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken.

Gemäß Artikel 2 gelten im Sinne dieser Verordnung als

- "Fahrzeug" ein in einem Mitgliedstaat amtlich zugelassenes Kraftfahrzeug oder eine Fahrzeugkombination, bei der zumindest das Kraftfahrzeug in einem Mitgliedstaat amtlich zugelassen ist, sofern sie ausschließlich für die Güterbeförderung bestimmt sind;

- "grenzüberschreitender Verkehr" Fahrten eines Fahrzeugs mit oder ohne Durchfahrt durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten oder ein oder mehrere Drittländer, bei denen sich der Ausgangspunkt und der Bestimmungsort in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten befinden ... und Leerfahrten in Verbindung mit diesen Beförderungen.

Gemäß Artikel 3 Abs.1 unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz. Diese wird von einem Mitgliedstaat gemäß den Artikeln 5 und 7 jedem gewerblichen Güterkraftverkehrsunternehmer erteilt, der in einem Mitgliedstaat ("Niederlassungsmitgliedstaat") gemäß dessen Rechtsvorschriften niedergelassen ist bzw in dessen Mitgliedstaat gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und dieses Mitgliedstaats über den Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs berechtigt ist.

Gemäß Artikel 4 ersetzt die Gemeinschaftslizenz gemäß Art.3, soweit es vorhanden ist, das von den zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaats ausgestellte Dokument, in dem bescheinigt wird, dass der Transportunternehmer zum grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrsmarkt zugelassen ist. Sie ersetzt für die unter diese Verordnung fallenden Beförderungen auch die gemeinschaftlichen bzw die unter Mitgliedstaaten ausgetauschten bilateralen Genehmigungen, die bis zum Inkrafttreten dieser Verordnung erforderlich sind.

Gemäß Artikel 5 Abs.2 händigen die Mitgliedstaaten dem Inhaber das Original der Gemeinschaftslizenz, das von dem Transportunternehmen aufbewahrt wird, sowie so viele beglaubigte Abschriften aus, wie dem Inhaber der Gemeinschaftslizenz Fahrzeuge als volles Eigentum oder auf Grund eines anderen Rechts, insbesondere aus Ratenkauf-, Miet- oder Leasingvertrag zur Verfügung stehen. Gemäß Abs.4 wird die Gemeinschaftslizenz auf den Namen des Transportunternehmers ausgestellt. Sie darf von diesem nicht an Dritte übertragen werden. Eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz muss im Fahrzeug mitgeführt werden und ist den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen.

Im gegenständlichen Fall lenkte der Bw eine in Deutschland auf die dort niedergelassene S Speditions-GesmbH zugelassene Fahrzeugkombination und führte eine Fahrt im Rahmen der gewerblichen Güterbeförderung von H/Deutschland nach S und Z/Österreich durch, wobei er von H kommend aufgefordert wurde, in S, dem Sitz der S Speditions-GesmbH, Unterlagen an einen anderen Fahrer zu übergeben. Anschließend absolvierte er die Fahrt nach Österreich, wo er am 1.6.1999 in S einreiste, und befand sich zum Zeitpunkt der Kontrolle am 2.6.1999, 14.50 Uhr, auf der Rückfahrt (Leerfahrt) nach Deutschland, als er vom Meldungsleger RI Z im Rahmen einer Kontrolle aufgefordert wurde, die beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz vorzuzeigen, wozu er nicht in der Lage war. Schon aus der Anzeige geht hervor, dass sich der Bw damit verantwortet hat, er sei der Meinung gewesen, die Abschrift befinde sich bei den anderen Papieren und er könne sich nicht anders erklären, warum er keine EU-Lizenz dabei habe.

Bei seiner Stellungnahme vom 12.8.1999 an die Erstinstanz machte der Bw erneut geltend, er habe auf der Fahrt von H nach S/Österreich den Standort S anfahren müssen, weil ein anderer Fahrer die von ihm mitgeführte CEMT-Genehmigung benötigte. Er habe diesem das Kontrollbuch ausgehändigt und damit versehentlich die EG-Lizenz, die sich hinten im Kontrollbuch befunden habe. Er bitte, dieses Versehen zu entschuldigen.

Aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates besteht grundsätzlich kein Zweifel daran, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt hat.

Da die gegenständliche Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt gemäß § 5 Abs.1 VStG fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit war im gegenständlichen Fall anzunehmen, weil zum in Rede stehenden Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und es dem Bw nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Grundsätzlich besteht beim unabhängigen Verwaltungssenat kein Zweifel, dass sich der Vorfall so ereignet hat, wie vom Bw geschildert. Es wurde auch von der Erstinstanz nicht in Frage gestellt, dass die S Speditions-GesmbH über die erforderliche Gemeinschaftslizenz verfügt dh dass auch für die vom Bw gelenkte Fahrzeugkombination eine beglaubigte Abschrift, die er mitführen und bei der Kontrolle vorzeigen hätte sollen, grundsätzlich ausgestellt war. Der Bw ist als Berufskraftfahrer verpflichtet, mit entsprechender Aufmerksamkeit dafür Sorge zu tragen, dass diejenigen Papiere, die er im Rahmen des grenzüberschreitenden gewerblichen Güterverkehrs benötigt, auf Verlangen auch dem zur Kontrolle Berechtigten vorgewiesen werden können. Selbst wenn aus unvorhergesehenen Gründen Papiere an einen anderen Fahrer auszuhändigen waren, hätte der Bw genau kontrollieren müssen, welche Unterlagen er aus der Hand gab und ob er danach noch alle Papiere, die er selbst für die Fahrt nach Österreich benötigte, bei sich hatte. Eine entschuldbare Fehlleistung vermag der unabhängige Verwaltungssenat im Verhalten des Bw nicht zu erkennen, wobei auch nähere Umstände wie zB eine besondere Situation am Unternehmensstandort, Übergabemodus uä nicht im Einzelnen dargelegt bzw Beweise angeboten wurden. Es besteht daher kein Zweifel, dass der Bw sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann ihn jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Im gegenständlichen Fall kann das Vorliegen eines geringfügigen Verschuldens auf Grund des Umstandes, dass der Bw von einer bereits angetretenen Fahrt zurück zum Unternehmensstandort gerufen wurde, um dort eine mitgeführte aber nicht benötigte Genehmigung einem anderen Fahrer zu übergeben, und bei seinem zeitlich nicht einkalkulierten Umweg unter Zeitdruck stand, nach der allgemeinen Lebenserfahrung angenommen werden, wobei die Übertretung auch keinerlei Folgen nach sich zog. Die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG war daher gerechtfertigt, wobei aber der Ausspruch einer Ermahnung erforderlich war, weil nicht auszuschließen ist, dass der Bw als Berufskraftfahrer wieder in eine derartige Situation kommen kann, in der er zu größerer Aufmerksamkeit angehalten werden soll.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß keine Verfahrenskostenbeiträge vorzuschreiben waren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz gemäß VO (EWG) Nr. 881/92 wurde bei grenzüberschreitendem Güterverkehr (DàAàD) nicht mitgeführt - Schuldspruch bestätigt, aber Ermahnung gemäß § 21 Abs.1 VStG, weil geringfügiges Verschulden (Abschrift irrtümlich anderen Fahrer mitgegeben).

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum