Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110145/2/SR/RI

Linz, 26.04.2000

VwSen-110145/2/SR/RI Linz, am 26. April 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des J P, Tweg, L, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von U-U vom 20. März 2000, Zl. VerkR96-13-15-1999-Nihd, wegen Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 164/1998 - AVG iVm § 71 Abs.2 und Abs.6 AVG und § 51e Abs.3 Z4 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.158/1998.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von U-U vom 27. September 1999, Zl. VerkGe96-13-3-1999, wurde über den Berufungswerber wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 16 Stunden) verhängt.

Auf Grund der Mitteilung vom 18. Oktober 1999 durch die Behörde erster Instanz brachte der Berufungswerber (Bw) mittels Schreiben vom 5. November 1999 (eingelangt bei der BH U-U am 10.11.1999) eine Stellungnahme zu oben angeführtem Straferkenntnis ein und stellte gleichzeitig den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Des Weiteren ist der "Stellungnahme" eine rudimentäre Berufung gegen das oben bezeichnete Straferkenntnis zu entnehmen.

Mit Bescheid vom 23. November 1999, Zl.VerkGe96-13-6-1999, hat der Bezirkshauptmann von U-U den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Dagegen hat der Bw rechtzeitig Berufung erhoben. Der bezeichnete Bescheid der Behörde erster Instanz wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat am 9. Februar 2000 (unter der Zahl VwSen-110127) behoben und an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.

1.2. Nach neuerlich durchgeführtem Ermittlungsverfahren hat der Bezirkshauptmann von U-U mittels Bescheid vom 20. März 2000, Zahl VerkGe96-13-15-1999, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand neuerlich als verspätet zurückgewiesen.

1.3. Gegen diesen dem Bw am 23. März 2000 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 4. April 2000 bei der Post aufgegebene - somit rechtzeitig eingebrachte - Berufung. In dieser bringt der Bw vor, dass das Schreiben der belangten Behörde vom 18. Oktober 1999 ein "ganz gewöhnlicher Brief" gewesen sei. Von diesem könne keine 14-Tagefrist abgeleitet werden. Bei einer neuerlichen Überprüfung hätte der Bw festgestellt, dass er zum fraglichen Zeitpunkt ortsabwesend gewesen sei, sich damals unentgeltlich bei einer anderen Person aufgehalten habe und daher nicht an der Zustelladresse zugegen gewesen wäre.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH U-U zu Zl. VerkGe96-13-15-1999.

Da sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat, konnte gemäß § 51e Abs.3 Z4 VStG von einer Berufungsverhandlung abgesehen werden.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Gemäß § 66 Abs.4 AVG hat die Berufungsbehörde immer in der Sache selbst zu entscheiden.

Sache im gegenständlichen Berufungsverfahren ist die Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch den Bezirkshauptmann von U-U. Prüfungsrahmen ist somit nur die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (VwGH Slg 8991 A).

3.2. Gemäß § 71 Abs.2 AVG muss der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

3.3. Die Behörde erster Instanz hat die Zustellung des bezeichneten Straferkenntnisses durch Organe der Post (§ 2a Abs.1 Z1 und 2 Zustellgesetz) vornehmen lassen.

Gemäß § 4 Zustellgesetz ist Abgabestelle im Sinne dieses Bundesgesetzes der Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf.

Das Zustellgesetz sieht im § 5 Abs.1 vor, dass auf der Sendung und dem Rückschein insbesondere der Empfänger und die Abgabestelle anzugeben sind.

Unbestritten steht fest, dass die Abgabestelle mit Jweg, B L, bezeichnet worden ist.

Gemäß § 7 Zustellgesetz ist eine Heilung von Zustellmängeln vorgesehen. Unterlaufen bei der Zustellung Mängel, so gilt sie als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Schriftstück dem von der Behörde angegebenen Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

Der Oö. Verwaltungssenat hat vorerst daher zu prüfen, ob bei der Zustellung des bezeichneten Schriftstückes Mängel aufgetreten sind.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 18.9.1967, 280/67, VwGH vom 6.5.1997, 97/08/022) vermag ein Fehler in der Anschrift allein noch keinen Mangel der Zustellung bzw des Zustellversuchs zu begründen. Eine Fehlbezeichnung der Abgabestelle (durch unrichtige Bezeichnung des Abgabeortes), welche in Folge der gegebenen Verwechslungsmöglichkeit die Zustellung unwirksam macht, liegt so lange nicht vor, als sowohl der Zustellversuch an der richtigen Abgabestelle als auch die Hinterlegung beim zuständigen Postamt sichergestellt ist (weiterer Verweis auf VwGH vom 22.5.1996, 22/14/0095).

Weder kann den schriftlichen Angaben des Berufungswerbers noch dem Verfahren der Behörde erster Instanz entnommen werden, dass, auch nur abstrakt gesehen, eine Verwechslungsmöglichkeit bestanden hat. Im Gegenteil ist dem Verwaltungsakt zu entnehmen, dass dem in Anspruch genommenen Organ der Fehler in der Anschrift aufgefallen ist, dieser den Zustellversuch an der von der Behörde beabsichtigten Abgabestelle vorgenommen und einen entsprechenden Berichtigungsvermerk ("richtige Hausnummer: 13!") angebracht hat.

Da eine Verwechslungsfähigkeit fehlt, ist erwiesen, dass die Zustellverfügung jene Person bezeichnet, an die sich der Bescheid richtet. Durch die Fehlbezeichnung der Hausnummer wird kein Zustellmangel begründet. Es spricht daher nichts dagegen, die unrichtige Bezeichnung der Abgabestelle, unter der weiteren Voraussetzung, dass die richtige Abgabestelle auch für das Zustellpostamt erkennbar war, in berichtigtem Sinne zu lesen.

Der Fehler in der Anschrift stellt keinen Zustellmangel dar und es bedarf keiner weiteren Erörterung, ob dem Berufungswerber das bezeichnete Schriftstück tatsächlich zugekommen ist.

Unter Bedachtnahme auf § 17 ZustellG kann das behördliche Schriftstück hinterlegt werden.

Unbestritten steht fest, dass die Hinterlegung gemäß § 17 Abs.1 und 2 ZustellG vorgenommen worden ist. Eine mangelhafte Hinterlegung wurde während des gesamten Verfahrens nicht behauptet.

Gemäß § 17 Abs.3 ZustellG ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird.

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 31.8.1995, 95/19/0324) ist die Zustellung iSd § 17 ZustellG mit der Hinterlegung iVm der Abholbereitschaft beendet. Dass die Abholung nicht mehr zur Zustellung gehört, lässt sich zwingend aus dem Normzweck ableiten, welcher sicherzustellen sucht, dass behördliche Verfahren auch dann weitergeführt werden können, wenn hinterlegte und zur Abholung bereitgehaltene Schriftstücke den Empfänger gar nicht erreichen (etwa mangels Abholung). Der Verwaltungsgerichtshof stellt bei der Abholbereitschaft nur darauf ab, ob die Sendung zur Abholung bereitgehalten wird und nicht, ob der Empfänger abholbereit ist.

Die Verweigerung der Abholung bzw. der Entgegennahme der Sendung im Postamt B L am 5. Oktober 1999 durch den Berufungswerber hat somit keinen Einfluss auf die rechtmäßige Zustellung und begründet auch keinen Zustellmangel.

Zu prüfen ist, ob die Missachtung der Zweiwochenfrist (§ 17 Abs. 3 ZustellG) durch die Organe der Post eine Auswirkung auf die Zustellung haben kann. Im Lichte obiger Judikatur ist die Zustellung mit der Hinterlegung und der Abholbereitschaft bewirkt. Unbestritten hat die Abholbereitschaft der Post bis zur Verweigerung der Entgegennahme der Sendung bestanden.

Durch die Einräumung einer Zweiwochenfrist im § 17 Abs.3 ZustellG soll dem Empfänger, dem bereits auf Grund der gesetzlichen Fiktion eine Sendung zugestellt worden ist, die Möglichkeit eingeräumt werden, diese Sendung auf unbürokratische Weise innerhalb der Rechtsmittelfrist beheben zu können. Ein Selbstzweck des § 17 Abs.3 ZustellG, dass trotz rechtmäßiger Hinterlegung und nachfolgender Annahmeverweigerung die Sendung weiterhin bereitgehalten werden soll, kann nicht erkannt werden.

Darüber hinaus hat der Berufungswerber nicht behauptet, dass er in der Folge die Sendung beheben hätte wollen und dies mangels Bereitschaft der Post nicht mehr möglich gewesen wäre.

Das bezeichnete Straferkenntnis ist rechtmäßig durch Hinterlegung zugestellt worden und in der Folge am 14. Oktober 1999 in Rechtskraft erwachsen.

3.4. Wie bereits ausgeführt, muss gemäß § 71 Abs. 2 AVG der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann nicht nur ein äußeres Ereignis, sondern auch ein "Irrtum" ein Ereignis im Sinne des § 71 Abs.1 lit.a AVG sein (VwSlg 9024 A).

Geht man davon aus, dass der Bw einem Rechtsirrtum unterlegen ist, dann könnte ein Ereignis im Sinne des § 71 Abs.1 lit.a AVG vorgelegen sein.

Dem Bw musste spätestens mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft L-L vom 18. Oktober 1999 (ebenfalls abgefertigt am 18. Oktober 1999) bewusst geworden sein, dass er einem Irrtum unterlegen ist. Es ist davon auszugehen, dass zu diesem Zeitpunkt das Hindernis weggefallen ist.

Der Bw hat mit Schreiben vom 5. November 1999, bei der Behörde erster Instanz eingelangt am 10. November 1999, eine Stellungnahme abgegeben und damit zeitgleich einen Wiedereinsetzungsantrag (der keine Begründung aufweist) gestellt. Dem Verwaltungsakt kann kein Aufgabedatum dieses Schreibens (Stellungnahme und Wiedereinsetzungsantrag) entnommen werden und der Wiedereinsetzungsantrag beinhaltet keinerlei Angaben über die Rechtzeitigkeit.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Wiedereinsetzungswerber bereits in seinem Wiedereinsetzungsantrag ausdrückliche Angaben über die Rechtzeitigkeit des Antrages iSd Norm des § 71 Abs.2 AVG zu machen. Dem Wiedereinsetzungsantrag anhaftende Mängel sind inhaltlicher Natur und daher nicht iSd Norm des § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähig (Judikaturhinweise siehe Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 681 Z.3 f).

Mit der AVG-Novelle (BGBl. I Nr. 158/1998 und 164/1998 <DfB>) ist gegenständlicher Mangel gemäß § 13 Abs.3 AVG verbesserungsfähig und ermächtigt die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird.

Diese Novellierung des AVG hat die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur insoweit geändert, als nunmehr der dem Wiedereinsetzungsantrag anhaftende inhaltliche Mangel verbesserungsfähig ist.

Die Behörde erster Instanz hat den Bw mit Schreiben vom 29. Februar 2000 gemäß § 13 Abs.3 AVG zur Verbesserung des Wiedereinsetzungsantrages aufgefordert. Der Bw hat innerhalb offener Frist eine Stellungnahme eingebracht und ua. ausgeführt, dass es "selbst für ihn vermessen wäre, nach ca. einem halben Jahr konkrete Angaben zu tätigen".

Der Bw irrt mit seiner Ansicht. Es ist zwar nachvollziehbar, dass er sich nach einem halben Jahr nicht mehr konkret erinnern kann, jedoch bestand die Begründungsverpflichtung des Bw nicht erst mit dem 29. Februar 2000 sondern bereits mit der Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe oben) hätte der Bw im Wiedereinsetzungsantrag ausdrückliche Angaben über die Rechtzeitigkeit tätigen müssen. Zu diesem Zeitpunkt war es dem Bw sehr wohl zumutbar, im Schriftsatz entsprechende Zeitangaben anzuführen. Das Versäumnis des Bw kann nicht dazu führen, dass nunmehr die Verpflichtung des Antragstellers auf die Behörde übergeht und diese Erhebungen zu pflegen hätte, um zu Anhaltspunkten zu kommen, die ausschließlich im Wahrnehmungs- und Handlungsbereich liegen.

Da der Bw dem Mängelbehebungsauftrag nicht Folge geleistet hat, ist die Behörde erster Instanz in Übereinstimmung mit der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Recht mittels Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages vorgegangen.

Auch die Berufungsangaben sind nicht geeignet, eine andere Entscheidung zu erwirken. Für den Beginn des Fristenlaufes nach § 71 Abs.2 AVG bedarf es nicht eines "besonderen behördlichen Aktes". Fristauslösend ist ausschließlich der Wegfall des Hindernisses oder der Zeitpunkt der Kenntnis von der Zulässigkeit der Berufung.

Die weiteren Berufungsausführungen - "unentgeltlicher Aufenthalt bei einer anderen Person und Abwesenheit von der Zustelladresse zum fraglichen Zeitpunkt" entsprechen nicht dem geforderten Konkretisierungsgebot. Dem Bw ist es mit diesen allgemein gehaltenen Angaben nicht gelungen, glaubwürdige und konkrete Zeitangaben zu tätigen, die die Behörde auf eine rechtzeitige Stellung des Wiedereinsetzungsantrages schließen lassen hätte können.

Mangels eines anderslautenden relevanten Sachverhaltes war den Ausführungen und rechtlichen Überlegungen der Behörde erster Instanz zu folgen und die Berufung abzuweisen.

Inwieweit der Bw in der Berufung neuerlich einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt hat oder damit nur die amtswegige Wiederaufnahme anregen wollte, bleibt der Behörde erster Instanz zur Beurteilung vorbehalten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Stierschneider

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