Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110184/17/Kon/Pr

Linz, 14.02.2002

VwSen-110184/17/Kon/Pr Linz, am 14. Februar 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Konrath, Beisitzer: Dr. Grof) über die in der öffentlich mündlichen Verhandlung am 21.6.2001 auf die Strafhöhe eingeschränkte Berufung des Herrn F. G., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H. H., I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 10.11.2000, VerkGe96-20-2000, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (GütbefG), zu Recht erkannt:

Der sich ausschließlich gegen die Strafe richtenden Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Strafe auf den Betrag von 72,67 Euro (entspricht 1.000 Schilling) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 36 Stunden herabgesetzt werden.

Der gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG vorgeschriebene Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz vermindert sich auf den Betrag von 7,27 Euro (entspricht 100 Schilling).

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Bw gemäß § 23 Abs.1 Einleitungssatz Z8 und Abs.2 GütbefG eine Geldstrafe in der Höhe von 20.000 S (entspricht 1.453,46 Euro), falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 67 Stunden verhängt.

Ferner wurde der Bestrafte gemäß § 64 VStG verpflichtet, 2.000 S (entspricht 145,35 Euro) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Hiezu führt die belangte Behörde begründend unter Heranziehung der Bestimmungen des § 19 Abs.1 VStG im Wesentlichen aus, dass wegen des Nichtvorliegens von Straferschwerungsgründen lediglich die in der Verwaltungsstrafnorm vorgesehene Mindeststrafe verhängt worden sei. Die außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG hätte nicht vorgenommen werden können, weil im Verfahren nicht bekannt geworden sei, dass ein Überwiegen von Strafmilderungsgründen gegenüber den Erschwerungsgründen vorläge. Auch die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe, allenfalls unter Erteilung einer Ermahnung gemäß § 21 VStG, seien nicht vorgelegen. Den Begründungsausführungen nach ist die belangte Behörde, was die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw betrifft, von einem monatlichen Nettoeinkommen in der Höhe von 20.000 S, einem Vermögen in der Höhe von 100.000 S und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgegangen.

In der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung wird gegen die Strafhöhe geringes Verschulden eingewandt und die Anwendung des § 21 VStG oder zumindest die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG beantragt.

Eine Ermahnung sei geboten, zumal die Gemeinschaftslizenz vorhanden gewesen wäre und in der Folge auch habe vorgewiesen werden können.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Bw wird zunächst darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde die zum damaligen Zeitpunkt gesetzlich nicht unterschreitbare Mindeststrafe über ihn verhängt hat. Die Nichtanwendung der Bestimmungen des § 20 VStG (außerordentliche Strafmilderung) und § 21 VStG (Absehen von der Strafe) wurde von ihr zutreffend begründet und handelte sie diesbezüglich nicht rechtswidrig.

Allerdings sah sich der Oö. Verwaltungssenat veranlasst, die Mindeststrafenregelung im § 23 Abs.1 Z7 bis 9 und Abs.2 GütbefG, insbesondere im Hinblick auf deren Höhe von 20.000 S, wegen Verfassungswidrigkeit (Artikel 7 B-VG, Artikel 2 StGG) anzufechten und die Aufhebung der Wortfolge " ... und Z7 bis 9" in § 23 Abs.2, zweiter Satz, GütbefG zu beantragen.

Mit Erkenntnis vom 14.12.2001, G-181/01, gab der Verfassungsgerichtshof diesem Antrag statt und hob die Bestimmungen des § 23 Abs.1 Z7 bis 9 und § 23 Abs.2 GütbefG mit der Maßgabe auf, dass diese Bestimmung, soweit sie sich auf die Z8 bezieht, insbesondere im Anlassfall nicht mehr anzuwenden ist.

Der VfGH hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die angefochtene Bestimmung, welche für den Lenker eine Mindestgeldstrafe in der Höhe von 20.000 S vorsieht, sich als überschießend und sachlich nicht gerechtfertigt erwiesen hat. Dies vor allem im Hinblick darauf, dass keinesfalls davon ausgegangen werden kann, dass der Lenker des LKW als Arbeitnehmer des Güterbeförderungsunternehmens aus der Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretung des GütbefG einen unmittelbaren Nutzen zieht. Ein solcher kann im Ergebnis nämlich nur dem Transportunternehmer zu Gute kommen, der jedoch nach der bisher maßgebenden Rechtslage nicht belangt werden konnte. Die Strafdrohung richtete sich somit gegen einen Personenkreis (Lenker und Arbeitnehmer), der an der Begehung der Straftat in der Regel kein eigenes wirtschaftliches Interesse hatte, vielmehr diesbezüglich nicht selten unter dem Druck eines Arbeitgebers steht. Im Hinblick auf die Komplexität der maßgebenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften vermag der Lenker und Arbeitnehmer die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens meist nur im eingeschränkten Maße zu erkennen bzw. die für die Einhaltung dieser Vorschriften erforderlichen Vorkehrungen, wie beispielsweise die Ausstattung mit Ökopunkten oder das Mitführen von Gemeinschaftslizenzen, gar nicht im eigenen Verantwortungsbereich zu treffen.

Dieses aufhebende Erkenntnis hat zur Folge, dass die auf den Bw angewandte Strafnorm keine Mindeststrafe mehr vorsieht, sondern nur mehr die Obergrenze in der Höhe von 100.000 S.

Zwischenzeitlich hat auch der Gesetzgeber den im Wesentlichen wiedergegebenen Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes mit der Novelle zum GütbefG 1995, BGBl. I Nr. 106/2001, insoweit Rechnung getragen, als nunmehr einerseits die Mindeststrafe für Lenker bei Verletzung unmittelbar anwendbarer Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße zur Gänze entfallen und statt dessen eine Höchststrafe von 10.000 S getreten ist.

Durch Artikel 9 des Euro-Umstellungsgesetzes Verkehr, Innovation und Technologie - EUGVIT, BGBl. I Nr. 32/2002, wurde § 23 Abs.2 des GütbefG 1995 dahingehend geändert, dass an die Stelle des Schillingbetrages "10.000" rückwirkend mit 1.1.2002 der Eurobetrag "726" tritt.

Im gegenständlichen Fall ist allerdings die mit BGBl. I Nr. 106/2001 novellierte Bestimmung des § 23 Abs.2 GütbefG, welche lautet:

"Wer als Lenker § 6 Abs.1, 3 oder 4 oder § 9 Abs.2 zuwiderhandelt oder unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen",

nicht anwendbar, weil das erstbehördliche Straferkenntnis vor der in Rede stehenden Novellierung des GütbefG erlassen wurde, sodass das im § 1 Abs.2 VStG normierte Günstigkeitsprinzip als Anwendungsvoraussetzung nicht wirksam werden kann.

Die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung unterliegt daher noch einem Strafrahmen mit einer Obergrenze von 100.000 S (§ 23 Abs.2 GütbefG 1995, BGBl. Nr. 593 idF BGBl. I Nr. 17/1998).

Diesem Umstand steht jedoch nicht entgegen, dass bei der Strafbemessung der Unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsinstanz, sich an der Novelle BGBl. I Nr. 106/2001 orientierend, der Tat einen wesentlich geringeren Schuld- und Unrechtsgehalt zu Grunde legt, wie dies nunmehr auch mit der vorgesehenen Höchststrafe von 10.000 S (726 Euro) durch den Gesetzgeber zum Ausdruck kommt.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungskriterien des § 19 VStG einerseits und in Orientierung an der nunmehrigen Strafobergrenze von 726 Euro andererseits erscheint das im Spruch festgesetzte Strafausmaß dem Schuld- und Unrechtsgehalt der vom Bw begangenen Verwaltungsübertretung für angemessen.

In Anbetracht der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Bw und dem Nichtvorliegen von Erschwerungsgründen konnte auch mit diesem Strafbetrag, der einer 10 %igen Ausschöpfung des novellierten Strafrahmens gleich kommt, bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf den Strafzweck der Prävention das Auslangen gefunden werden.

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 war allerdings nicht in Erwägung zu ziehen, weil die hiefür kumulativ notwendigen Voraussetzungen, nämlich Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutende Folgen der Übertretung, nicht vorliegen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Bw erheblich unter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat zurückbleibt. Dieser Umstand ist aber im gegenständlichen Fall nicht gegeben.

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses sind dem Bw keine Kosten für das Berufungsverfahren aufzuerlegen (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (entspricht 2.476,85 S) zu entrichten.

Mag. G a l l n b r u n n e r

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