Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110257/20/Kon/Rd

Linz, 23.05.2002

VwSen-110257/20/Kon/Rd Linz, am 23. Mai 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn U. G., vertreten durch Rechtsanwälte A. & T., diese wiederum vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B. H., L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 16.5.2001, VerkGe96-25-2001, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes (GütbefG), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 7.5.2002, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

II. Hinsichtlich des Strafausspruches wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf den Betrag von 100 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 24 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens (§ 64 VStG) auf 10 Euro herabgesetzt werden.

Rechtsgrundlage:

zu I. und II.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und Art. 9 des Euroumstellungsgesetzes-Verkehr, Innovation und Technologie - EUVIT, BGBl. I Nr. 32/2002.

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber U. G. (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG iVm Art. 3 und 4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92, für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 23 Abs.1 Z8 und Abs.2 leg.cit. eine Geldstrafe in der Höhe von 20.000 S (1.453,45 Euro), für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Tagen verhängt.

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie führten am 10.4.2001 als Lenker des Sattelzugfahrzeuges mit dem amtl. Kennzeichen (D) mit dem Sattelanhänger, Kennzeichen (D), zugelassen für die SCH. Leasing GmbH in D-E., einen Transport von ca. 6,5 to Tiefkühlware (-18°C) im gewerblichen Güterverkehr von der Fa. V. N.V., B-E. (O.), Belgien, zur Fa. Sch.-D. Service TKL GmbH, A-A., durch und zeigten für diesen gewerblichen Gütertransport bei der Kontrolle um 12.18 Uhr auf der Innkreisautobahn A8, von Suben kommend in Fahrtrichtung Linz beim Anhalteort bei ABKM 62,130, Gemeindegebiet Ort i.I., Bezirk Ried i.I., den kontrollierenden Organen des Landesgendarmeriekommandos über deren Verlangen keine zeitlich gültige beglaubigte Abschrift der EU-Gemeinschaftslizenz gem. der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 vor, obwohl der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz unterliegt, von welcher eine beglaubigte Abschrift im Fahrzeug mitgeführt und den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorgezeigt werden muss."

Hiezu führt die belangte Behörde, was die objektive Tatseite betrifft, begründend im Wesentlichen aus, dass die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung aufgrund der Anzeige des LGK für , Verkehrsabteilung, vom 10.4.2001, GZ: P-1057/01-Ha, als erwiesen anzusehen sei. In den Rechtfertigungsangaben des Bw werde die ihm zur Last gelegte Tat als solche nicht bestritten. Das Mitführen der beglaubigten Abschrift der EU-Gemeinschaftslizenz im Fahrzeug und das Vorzeigen an die Kontrollberechtigten könnten nur vom Lenker erfolgen, weshalb dieser auch als unmittelbarer Täter anzusehen und zur Verantwortung zu ziehen sei.

In Bezug auf das Vorliegen der subjektiven Tatseite iSd § 5 Abs.1 VStG führt die belangte Behörde begründend aus, dass der Bw den Sattelzug berufsmäßig lenkte, sodass das genaue Wissen über die zu beachtenden Vorschriften beim Lenken des Lkw durch Österreich zu seinen beruflichen Sorgfaltspflichten gehöre. Dieser Sorgfaltspflicht sei er nicht nachgekommen und habe er auch keine Umstände dargetan, die sein Unverschulden in Form von Fahrlässigkeit hätten glaubhaft erscheinen lassen.

Bei der Strafbemessung sei entsprechend der Aufforderung von einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 20.000 S bei sonstiger Vermögenslosigkeit und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgegangen worden. Mit der Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe in der Höhe von 20.000 S hätte im gegenständlichen Fall das Auslangen gefunden werden können. Eine weitere Herabsetzung wäre gesetzlich nur dann zulässig gewesen, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Dies sei aber nicht der Fall, da weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe zu berücksichtigen gewesen seien.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw eine als rechtzeitig zu wertende Berufung eingebracht und zu deren Begründung vorgebracht, dass er seinen Arbeitgeber, die Fa. TT- Speditions GmbH, L. darauf hingewiesen habe, dass er im grenzüberschreitenden Verkehr bzw in Österreich die EU-Gemeinschaftslizenz mitführen müsse. Ihm sei jedes Mal versichert worden, dass diese vorhanden sei, es allerdings darauf nicht ankomme, ob er sie mit sich führe oder nicht. Sein jeweiliger Hinweis gegenüber dem Arbeitgeber, dass er sie nach seinem Ermessen wohl bei sich zu führen hätte, habe keinen Erfolg gezeigt. Lediglich um seinen Arbeitsplatz nicht zu gefährden, sei er schließlich in gutem Glauben ohne die entsprechende Lizenz bei sich zu führen, gefahren. Abschließend weise er darauf hin, dass sein monatliches Nettoeinkommen nicht den Betrag von 20.000 S erreiche, sondern bestenfalls ca. 2.200 DM.

Nach Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde und durchgeführter öffentlicher mündlicher Berufungshandlung hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Als unstrittig erweist sich das Vorliegen der objektiven Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung, welche darin besteht, dass der Bw keine Abschrift der EU-Gemeinschaftslizenz mit sich führte und eine solche auch bei der Kontrolle nicht vorweisen konnte. Sein oben im Wesentlichen wiedergegebenes Vorbringen in der Berufung, wonach aus arbeitsrechtlicher Sicht vom Bw nicht erwartet werden könne, den ihm von seinem Arbeitgeber erhaltenen Beförderungsauftrag aufgrund fehlender EU-Gemeinschaftslizenz nicht durchzuführen, stellt keinen Entschuldigungsgrund dar. Seine darin sinngemäß zum Ausdruck gebrachte Zwangslage als Arbeitnehmer vermag lediglich einen Schuldmilderungsgrund darzustellen, der überdies von der belangten Behörde ausreichend berücksichtigt wurde, als sie über ihn bloß die gesetzliche Mindeststrafe verhängt hat. Dessen ungeachtet hätte sich der Bw, der seinen Ausführungen nach, die ihm zuzumutende Kenntnis der übertretenen Norm besaß, in der Weise rechtstreu verhalten müssen, als er die ihm aufgetragene Fahrt ohne Aushändigung der entsprechenden Abschrift der EU-Gemeinschaftslizenz hätte ablehnen müssen.

Rechtfertigender Notstand iSd § 6 VStG kann ihm der Sachlage nach jedenfalls nicht zu erkannt werden.

In Bezug auf die Strafhöhe ist zunächst zu vermerken, dass die auf den Bw angewandte Verwaltungsstrafnorm des § 23 Abs.1 Z7 bis 9 und § 23 Abs.2 des GütbefG vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14.12.2001, G 181/01 u.a. Zlen., als verfassungswidrig mit der Maßgabe aufgehoben wurde, dass diese Bestimmung soweit sie sich auf die Z8 bezieht, insbesondere im Anlassfall nicht mehr anzuwenden ist. Der Verfassungsgerichtshof folgte mit diesem Erkenntnis einem gemäß Art. 140 Abs.1 iVm Art. 129a Abs.3 und Art. 89 B-VG gestellten Antrag des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

Die Aufhebung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die angefochtene Bestimmung, welche für den Lenker eine Mindestgeldstrafe in der Höhe von 20.000 S vorsieht, sich als überschießend und sachlich nicht gerechtfertigt erwies. Dies vor allem im Hinblick darauf, dass keinesfalls davon ausgegangen werden kann, dass der Lenker des Lkw als Arbeitnehmer des Güterbeförderungsunternehmens aus der Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretung des GütbefG einen Nutzen zieht. Dieser könnte im Ergebnis nämlich nur dem Transportunternehmer zu Gute kommen, der jedoch nach der bisher maßgebenden Rechtslage nicht belangt werden konnte. Die Strafdrohung richtet sich somit gegen einen Personenkreis (Lenker und Arbeitnehmer), der an der Begehung der Straftat in der Regel kein eigenes wirtschaftliches Interesse hatte, vielmehr diesbezüglich nicht selten unter dem Druck eines Arbeitgebers steht. Im Hinblick auf die Komplexität der maßgebenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften vermag der Lenker und Arbeitnehmer die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens meist nur in eingeschränktem Maß zu erkennen bzw die für die Einhaltung dieser Vorschriften erforderlichen Vorkehrungen oft gar nicht im eigenen Verantwortungsbereich zu treffen.

Diesen im Wesentlichen wiedergegebenen Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes und des zwischenzeitlich auch der Gesetzgeber mit der Novelle zum GütbefG 1995, BGBl. I Nr. 106/2001, wird insoweit Rechnung getragen, als nunmehr die Mindeststrafe für Lenker bei Verletzung unmittelbar anwendender Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße entfallen und stattdessen eine Höchststrafe von 10.000 S getreten ist.

Durch Art. 9 des Euro-Umstellungsgesetzes Verkehr, Innovation und Technologie - EUVIT, BGBl. I Nr. 32/2002, wurde § 23 Abs.2 des GütbefG 1995 dahin geändert, dass an die Stelle des Schillingbetrages "10.000" rückwirkend mit 1.1.2002 der Eurobetrag "726" tritt.

Gemäß § 23 Abs.2 GütbefG idFd Novelle BGBl. I Nr. 106/2001, welcher lautet:

"Wer als Lenker § 6 Abs.1, 3 oder 4 oder § 9 Abs.2 zuwiderhandelt oder unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen", ist aber im gegenständlichen Fall nicht anwendbar, weil das erstbehördliche Straferkenntnis vor der Novellierung des GütbefG idF BGBl. I Nr. 106/2001, nämlich vor dem 10.8.2001 erlassen wurde, sodass das in § 1 Abs.2 VStG normierte Günstigkeitsprinzip im gegenständlichen Fall nicht zum Tragen kommen kann.

Als Verwaltungsstrafnorm iSd Z3 des § 44a VStG ist daher nach wie vor § 23 Abs.1 GütbefG 1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998, mit der Strafobergrenze von 100.000 S (entspricht 7.267,28 Euro) - allerdings ohne festgesetzte Mindeststrafe - heranzuziehen.

Diesem Umstand steht aber nicht entgegen, dass bei der Strafbemessung der Unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsinstanz der Tat generell einen wesentlich geringeren Schuld- und Unrechtsgehalt zu Grunde legt, wie dies auch beim Gesetzgeber in der Novelle BGBl. I Nr. 106/2001 mit der vorgesehenen Höchststrafe von 10.000 S (entspricht 726,73 Euro) zum Ausdruck kommt.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf die Strafzumessungskriterien des § 19 VStG einerseits wie auch auf die nunmehrige Strafobergrenze von 726 Euro gemäß der novellierten Strafbestimmung des § 23 Abs.2 leg.cit. erscheint das im Spruch festgesetzte Strafausmaß dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat angemessen.

In Anbetracht der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Bw - von dieser muss der Aktenlage nach ausgegangen werden - und dem Nichtvorliegen von Erschwerungsgründen konnte zunächst mit einer 10%igen Ausschöpfung des novellierten Strafrahmens bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf den Strafzweck der Prävention das Auslangen gefunden werden.

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG war nicht in Erwägung zu ziehen, weil die hiefür kumulativ notwendigen Voraussetzungen wie Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutende Folgen der Übertretung nicht vorliegen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Bw erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat zurückbliebe. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Aus den dargelegten Gründen war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses fallen für den Bw keine Kosten für das Berufungsverfahren an (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Konrath

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