Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110260/10/Kon/Pr

Linz, 27.03.2002

VwSen-110260/10/Kon/Pr Linz, am 27. März 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Konrath, Beisitzer: Dr. Linkesch) über die Berufung des Herrn F. M., Sch., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 29.5.2001, VerkGe96-214-2001, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes (GütbefG), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 19.3.2002, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber F. M. (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG iVm Artikel 1 Abs.1 und Artikel 5 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom 21.12.1994, idF der Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 vom 21.9.2000 für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 23 Abs.1 Einleitungssatz und Abs.2 GütbefG eine Geldstrafe in der Höhe von 20.000 S, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 67 Stunden verhängt.

Ferner wurde der Bestrafte gemäß § 64 VStG verpflichtet, 2.000 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sehr geehrter Herr M.!

Sie haben am 23.2.2001 um 23.01 Uhr im österreichischen Bundesgebiet und zwar auf der Innkreisautobahn A8, bei Strkm. 75,120, Gemeindegebiet Suben (Ökopunkte-Abbuchungsstation bei der Einreise nach Österreich), aus Richtung Deutschland kommend, als Fahrer des Lastkraftwagens mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t, amtliches Kennzeichen, Zulassungsbesitzer: G. KG, E. b. L., keine der nachstehend angeführten Unterlagen mitgeführt, entweder:

  • Ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt oder
  • ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglichte und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird (der im Lastkraftwagen eingebaute "Umweltdatenträger" ("ecotag") mit der Identifikationsnummer war zwar so eingestellt, dass ersichtlich war, dass vor der Einfahrt in österreichisches Bundesgebiet eine Transitfahrt durchgeführt wird, jedoch war der Frächter gesperrt, sodass keine automatische Entwertung der Anzahl von Ökopunkten, die den auf dem Umweltdatenträger des Fahrzeugs gespeicherten Angaben über die NOx-Emissionen entspricht, ermöglicht wurde), oder
  • die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C) handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
  • geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist (der im Lastkraftwagen eingebaute "Umweltdatenträger" ("ecotag") mit der Identifikationsnummer war so eingestellt, dass ersichtlich war, dass vor der Einfahrt in österreichisches Bundesgebiet eine Transitfahrt durchgeführt wird)."

Hiezu führt die belangte Behörde in Bezug auf die objektive Tatseite begründend im Wesentlichen aus, dass nach der Aktenlage erwiesen sei, dass der Bw zum Tatzeitpunkt als Fahrer des im Tatvorwurf angeführten LKW im Bundesgebiet und zwar auf der Innkreis-Autobahn A8 bei Strkm 75,120, Gemeindegebiet Suben (Ökopunkte-Abbuchungsstation bei der Einreise nach Österreich), aus Richtung Deutschland kommend, unterwegs gewesen wäre.

Dabei sei der im Kraftfahrzeug eingebaute Umweltdatenträger vor der Einfahrt in das Bundesgebiet zwar auf eine Transitfahrt eingestellt, der Frächter jedoch gesperrt gewesen, sodass keine automatische Entwertung von Ökopunkten entsprechend den auf dem Datenträger gespeicherten Angaben über die NOx-Emissionen ermöglicht worden wäre.

Dadurch, dass der Umweltdatenträger nicht auf eine bilaterale Fahrt eingestellt gewesen wäre, seien auch die Voraussetzungen des Artikel 1 Abs.1 lit.d der angeführten Verordnung (Einstellung des Umweltdatenträgers über den Zweck, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt) nicht erfüllt.

Schließlich gäbe es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bw eine "Ökokarte" oder die in Artikel 13 der besagten Verordnung angeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C) handelte, für die keine Ökopunkte benötigt wurden, mitgeführt habe, weshalb der strafbare Tatbestand erwiesen sei.

Auch am Verschulden des Bw bestünden keine Zweifel, weil sich der Lenker eines Kraftfahrzeuges unter dem Gesichtspunkt der berufsgebotenen Sorgfaltspflicht vor jedem Fahrtantritt und auch während der Fahrt zu versichern habe, ob alle nötigen Unterlagen vorhanden seien und er diese auch mitführe bzw. ob er die im Fahrzeug eingebauten Geräte richtig eingestellt habe.

Dass der Frächter über kein Ökopunkteguthaben verfügte und deshalb gesperrt gewesen sei, scheine auf dem Umweltdatenträger nicht auf und könne der aktuelle Stand der Ökopunkte von diesem Gerät aus auch nicht abgefragt werden. Aus diesem Umstande allein könne sich der Lenker allerdings noch nicht auf mangelndes Verschulden berufen, da er die Verpflichtung habe, sich vor der Abfahrt zu vergewissern, ob ausreichend Ökopunkte vorhanden seien. Eine Direktabfragemöglichkeit des Ökopunkteguthabens bei der Firma Kapsch AG in Österreich bzw. der nationalen Ausgabestelle bestehe nur für den jeweiligen Güterbeförderungsunternehmer, dem die Ökopunkte auch gutgeschrieben würden, nicht aber für den einzelnen Lenker.

Es sei aber zumutbar, dass sich der Lenker vor Antritt der Transitfahrt bei seinem Arbeitgeber (dem Güterbeförderungsunternehmer) über den aktuellen Ökopunktestand des von ihm zu lenkenden Fahrzeuges informiere, da dieser in der Lage sei, das Ökopunkteguthaben für seine Fahrzeuge bei einer nationalen Ausgabestelle abzufragen.

Da der Bw dieser berufsgebotenen Informations- bzw. Sorgfaltspflicht offensichtlich nicht nachgekommen sei, sei von einem schuldhaften und zwar fahrlässigem Verhalten seinerseits auszugehen gewesen.

Der Bw hat gegen dieses Straferkenntnis rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung im Wesentlichen vorgebracht, am 23.2.2001 einen Transport von Deutschland nach Ungarn durchgeführt und dabei das ecotag-Gerät ordnungsgemäß auf Transit eingestellt gehabt.

Weiters habe er vor Grenzübertritt, allerdings innerhalb der Bürozeit und nicht unmittelbar vor Grenzübertritt, in der Firma angerufen und sich erkundigt, ob er noch elektronische Punkte habe oder ob er welche kleben müsse.

Ein Anruf in der Firma vor Grenzübertritt bei Transitfahrten sei angeordnet und habe er sich auch an diese Anordnung gehalten.

Da ihm von Herrn Sch. versichert worden wäre, dass genügend Ökopunkte am Konto seien, sei er gefahren.

Wäre dies nicht der Fall gewesen, hätte er Papierpunkte verwendet, die er in seinem Fahrzeug gehabt hätte.

Er sei jedenfalls der Meinung, dass er als Kraftfahrer seine Pflichten ordnungsgemäß erfüllt habe und nicht bestraft werden dürfte.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat aufgrund der vorliegenden Berufung eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung unter Ladung der Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und von Zeugen für den 19.3. d.J. anberaumt und an diesem Tage durchgeführt.

Nach Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde und nach durchgeführter Berufungsverhandlung hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Die objektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung, beinhaltend den Tatvorwurf, mit Transitdeklaration in das Bundesgebiet eingefahren zu sein, ohne dass hiefür die notwendigen Ökopunkte zur Verfügung gestanden wären, ist zweifellos gegeben und kann anhand der Berufungsausführungen wie auch den Angaben in der Berufungsverhandlung nicht als in Abrede gestellt erachtet werden. In der Berufung wird lediglich die subjektive Tatseite iSd Verschuldens bestritten, als vom Bw vorgebracht wird, seiner berufsgebotenen Sorgfaltspflicht dadurch nachgekommen zu sein, dass er sich bei seinem Güterbeförderungsunternehmer auf die in der Berufung geschilderte Art und Weise erkundigt habe, ob für die Einfahrt in das Bundesgebiet noch Ökopunkte zur Verfügung stünden oder nicht. Da ihm seitens der Firma und zwar durch Herrn Sch. versichert worden wäre, dass genügend Ökopunkte vorhanden seien, sei er in das Bundesgebiet eingefahren.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Das Berufungsvorbringen, an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung schuldlos zu sein, hat sich in der öffentlich mündlichen Berufungsverhandlung am 19.3. - der Bw ist zu dieser nicht erschienen - durch die Aussagen des einvernommenen Zeugen Günter Sch. als glaubhaft erwiesen.

So gab genannter Zeuge an, im Güterbeförderungsunternehmen für die Stundenkontrolle der Lenker zuständig zu sein und sei er weiters auch Anlaufstelle für etwaige Fragen der Lenker in allen möglichen Belangen. Er sei gewählter Fahrersprecher. Der Zeuge bestätigte bei seiner Einvernahme die Angaben des Bw in der Berufung, wonach seitens der G. KG angeordnet gewesen wäre, dass die Lenker vor Einfahrt in das Bundesgebiet bei der Firma anzufragen hätten, ob hiefür noch genügend Ökopunkte zur Verfügung stünden oder nicht. An den Anruf des Bw könne er sich zwar heute (am Tag seiner Einvernahme) nicht mehr genau erinnern, der Bw sei aber schon ein langjähriger Fahrer bei der Firma und seien ihm von diesem Fehlleistungen im Zusammenhang mit der Abbuchung von Ökopunkten nicht bekannt. Er sei sich aber ziemlich sicher, dass der Bw einen Anruf bezüglich des Ökopunktestandes vor Einfahrt in das Bundesgebiet getätigt habe.

Im Zuge der Berufungsverhandlungen sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die Zweifel an der Wahrheit der Zeugenangaben in Bezug auf die Anfrage des Bw betreffend den Ökopunktestand aufkommen lassen könnten.

In Anbetracht des Umstandes, dass es dem Bw als Lenker tatsächlich nicht möglich ist, über den Ökopunktestand Bescheid zu wissen einerseits und er aus der ihm angelasteten Übertretung weder wirtschaftliche noch sonstige Vorteile hätte ziehen können andererseits, wie letztlich auch aufgrund der Angaben des Zeugen Sch., ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht gelangt, dass von keinem Verschulden des Bw an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ausgegangen werden kann.

Da dieser Umstand die Strafbarkeit ausschließt, war wie im Spruch zu entscheiden.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses ist der Bw von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. K l e m p t