Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110279/9/Kl/Rd

Linz, 06.06.2002

VwSen-110279/9/Kl/Rd Linz, am 6. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des S, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 29. Mai 2001, VerkGe96-221-2001, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 23. Mai 2002 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 29. Mai 2001, VerkGe96-221-2001, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 20.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG 1995 idF BGBl. I 17/1998 iVm Art.1 Abs.1 und Art.5 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom 21.12.1994 idF der Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 vom 21.09.2000 verhängt, weil er am 30.01.2001 um 07.58 Uhr im österreichischen Bundesgebiet und zwar auf der Innkreisautobahn A8, bei Strkm. 75,120, Gemeindegebiet Suben (Ökopunkte-Abbuchungsstation bei der Einreise nach Österreich), aus Richtung Deutschland kommend, als Fahrer des Lastkraftwagens mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t, amtliches Kennzeichen, Zulassungsbesitzer: G KG, keine der nachstehend angeführten Unterlagen mitgeführt hat, entweder:

- ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt oder

  • ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglichte und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird, (der im Lastkraftwagen eingebaute "Umweltdatenträger" ("ecotag") mit der Identifikationsnummer war zwar so eingestellt, dass ersichtlich war, dass vor der Einfahrt in österreichisches Bundesgebiet eine Transitfahrt durchgeführt wird, jedoch war der Frächter gesperrt, sodass keine automatische Entwertung der Anzahl von Ökopunkten, die den auf dem Umweltdatenträger des Fahrzeugs gespeicherten Angaben über die NOx-Emissionen entspricht, ermöglicht wurde), oder
  • die in Artikel 13 angeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C) handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder

geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist (der im Lastkraftwagen eingebaute "Umweltdatenträger" ("ecotag") mit der Identifikationsnummer war so eingestellt, dass ersichtlich war, dass vor der Einfahrt in österreichisches Bundesgebiet eine Transitfahrt durchgeführt wird).

2. Dagegen wurde mittels Telefax das Rechtsmittel der Berufung am 20.06.2001 eingebracht und darin dargelegt, dass der Berufungswerber erst an diesem Tage nach einer längeren Tour als Berufskraftfahrer zurückgekommen sei und daher ihm das Straferkenntnis erst zu diesem Zeitpunkt zugekommen sei. Die Hinterlegung bei der Post sei in Ortsabwesenheit erfolgt. Er habe hinsichtlich der Ökopunkte richtig gehandelt. Er habe die Fahrt als Transitfahrt deklariert und vor Einfahrt in Suben im Betrieb bei Herrn H um das Vorhandensein von Punkten angefragt. Die Punkte wurden von Herrn H bestätigt, weshalb er über die Grenze gefahren sei. Es wurde daher die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat dem Berufungswerber vorgehalten, dass die Berufungsfrist bereits am 19.06.2001 endete. Der Berufungswerber wurde aufgefordert, seine Ortsabwesenheit entsprechend zu dokumentieren.

Mit Telefax vom 13.07.2001 gab der Berufungswerber bekannt, am 05.06.2001 gegen 18.30 Uhr im Betrieb in L angekommen zu sein, die erforderlichen Papiere abgegeben zu haben und neue geholt zu haben. Am 06.06.2001 um 03.15 Uhr sei er wieder nach Frankreich abgefahren, von wo er am 08.06. nach L zurückgekehrt sei. Das anschließende Wochenende habe er zu Hause verbracht. Am 11.06. früh morgens habe er in Wien geladen und war gegen 22.00 Uhr wieder in L. Am 12.06. sei er für Lüneburg disponiert und anschließend in Belgien und Deutschland unterwegs gewesen und schließlich am 15.06.2001 zurückgekehrt und habe an diesem Tag den Brief behoben. Am 19.06. sei er wieder in L gewesen und habe dann am nächsten Tag seine Berufung eingebracht. Es werde daher eine Behandlung der Berufung bzw. eine Wiedereinsetzung beantragt.

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. Mai 2002, zu welcher der Berufungswerber geladen wurde. Dieser hat sich entschuldigt und wurde durch einen rechtsfreundlichen Vertreter vertreten. Die nachweislich geladene Behörde hat sich zur Verhandlung entschuldigt. Weiters wurde der Zeuge H von der G KG zur mündlichen Verhandlung geladen und bei dieser einvernommen.

Die im Straferkenntnis näher angeführte Fahrt wurde nicht bestritten und gilt als erwiesen.

Aufgrund der Zeugenaussage steht weiters fest, dass in der Firma G KG eine interne Weisung an die Lenker besteht, bei der Beladung in der Firma anzufragen, wie es mit dem Transport weitergeht, ob und welche Genehmigungen erforderlich sind und ob auf Ökopunkte gefahren wird bzw. ob Ökopunkte vorhanden sind. Aufgrund dieser internen Weisung hat daher auch der Bw in Deutschland vor Fahrtantritt bei der Firma nachgefragt. Die Nachfrage erfolgt entweder beim einvernommenen Zeugen oder Herrn S. Beide sind über den Stand der Ökopunkte durch den Prokuristen M informiert. Weiters ist jeder Lenker angewiesen, bei der Beladung zu kontrollieren, ob das ecotag-Gerät richtig eingestellt ist und er hat es dann aufgrund der eingeholten Auskunft richtig einzustellen. Weiters hat der Lenker nochmals vor Einfahrt in das Bundesgebiet Österreich die richtige Einstellung zu kontrollieren.

Weiters ist erwiesen, dass der Lenker die Auskunft erhielt, auf Transit also mit Ökopunkten zu fahren. Dies war auch richtig am ecotag eingestellt. Es wurden aber keine Ökopunkte abgebucht. Der Zeuge legte glaubwürdig dar, dass Ökopunkte am Konto der Firma vorhanden waren, dass es aber mit dem gegenständlichen Fahrzeug Probleme bei der Abbuchung gab. Er legte glaubwürdig dar und untermauerte mit den diesbezüglichen Unterlagen, dass das gegenständliche Fahrzeug ein neues Fahrzeug der Firma G KG war, mit 17.11.2000 zugelassen wurde und das dazugehörige ecotag am 28.11.2000 für fünf Ökopunkte initialisiert wurde. Dieses Fahrzeug ist dann mit fünf Ökopunkten gefahren, obwohl später eine richtige Berechnung der Ökopunkte nur die Erforderlichkeit von nur vier Ökopunkten ergab. Eine diesbezügliche Initialisierung erfolgt am 18.01.2001, wobei dann nur mehr vier Ökopunkte abzubuchen sind. Die Identifikationsnummer des Gerätes blieb gleich. Ein neues Zertifikat für vier Ökopunkte wurde mit 24.01.2001 ausgestellt. Der Lenker hatte am 30.01.2001 noch kein Zertifikat zur Verfügung. Die Schwierigkeiten bei der Abbuchung entstanden dadurch, dass für ein und dieselbe Identifikationsnummer noch fünf Punkte bzw. vier Punkte zur Abbuchung gelangen sollten und dies gespeichert war. Die Ablesung war daher unmöglich. Schwierigkeiten gab es in der Zwischenzeit bis zum 30.01.2001 deshalb nicht, weil bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Transitfahrt vorgenommen wurde. Auch wurden nach dieser Fahrt aufgrund der Schwierigkeiten keine Transitfahrten mit diesem Fahrzeug mehr vorgenommen, bis zur Anbringung eines neuen ecotag-Gerätes am 05.04.2001.

Diese Aussagen sind aufgrund der schriftlichen Unterlagen nachvollziehbar und daher der Entscheidung zugrunde zu legen.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Zur Rechtzeitigkeit der Berufung:

Das angefochtene Straferkenntnis wurde nachweislich am 05.06.2001 hinterlegt. Der Berufungswerber machte aufgrund seines Einsatzplanes als Kraftfahrer glaubhaft, dass er zu diesem Zeitpunkt beruflich unterwegs war und nicht zu seiner Abgabestelle zurückkam. Die erste Rückkehr zur Abgabestelle an seinen Wohnsitz war am 08.06.2001.

Gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz gilt eine hinterlegte Sendung dann nicht mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte. Es begann daher die Berufungsfrist mit dem der Rückkehr folgenden Tag zu laufen. Die Berufung wurde daher rechtzeitig eingebracht.

5.2. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wobei Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Als Entlastungsnachweis hat der Berufungswerber in seiner Berufung zu Recht auf Erkundigungen bei seiner Firma hingewiesen, wonach ihm vom Verantwortlichen der Firma vor Antritt der Fahrt gesagt wurde, dass er auf Ökopunkte fahren solle und dass eine ausreichende Anzahl von Ökopunkten vorhanden sei. Weiters wurde vom Vertreter der Firma, welcher die grundsätzliche Dienstanweisung sowie die Nachfrage der Lenker bestätigte, ausgeführt, dass aufgrund einer unrichtigen Berechnung für das gegenständliche ecotag-Gerät und einer Umänderung der Ökopunkte bei diesem Gerät bei gleichbleibender Identifikationsnummer des Gerätes bei der Ablesung Schwierigkeiten auftraten. Da diese Ableseschwierigkeiten dem Berufungswerber als Lenker nicht bekannt sein konnten und ihm daher auch nicht angelastet werden können, trägt dies ebenfalls zu einer Entlastung des Berufungswerbers bei. Der Berufungswerber hat sich entsprechend über das Vorhandensein von Ökopunkten informiert, das ecotag-Gerät in gutem Glauben auf Transit gestellt und richtig bedient. Es kann daher dem Berufungswerber eine Sorgfaltsverletzung nicht zur Last gelegt werden. Es ist ihm daher ein Entlastungsnachweis gelungen, sodass ein Verschulden des Berufungswerbers durch die Behörde nicht nachzuweisen ist. Der Berufungswerber hat daher mangels Verschuldens die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen, weshalb das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen war.

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Kein Verschulden, Entlastung