Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110294/2/Kl/Rd

Linz, 27.06.2002

VwSen-110294/2/Kl/Rd Linz, am 27. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des S gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 2.7.2001, VerkGe96-49-2001-GRM, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 9, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG sowie § 7 Zustellgesetz.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 2.7.2001, VerkGe96-49-2001-GRM, wurde eine Geldstrafe von 5.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs.1 Z2 und Z4 iVm § 11 Abs.1 und 2 und 6 Abs.1 Güterbeförderungsgesetz, BGBl.Nr.593/1995 verhängt, weil der Bw als gewerberechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 VStG 1991 idgF der Firma S mit Sitz in S in Ausübung der gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit zehn (10) Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs (Güterfernverkehrs) zu verantworten habe, dass - festgestellt von zwei Organen der Verkehrsabteilung des LGK für anlässlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle am 8.3.2001 um 16.00 Uhr auf der L 534 (Marchtrenker Straße), bei Strkm 5,800, Gemeindegebiet Weißkirchen, Bezirk Wels-Land, Oö, von Allhaming kommend in Richtung Weißkirchen fahrend, - von ihm mit dem Lkw Kz: (A), Marke Daimler-Benz 1017 (Beladung Sammelgut für Fa. E), eine Güterbeförderung im Werkverkehr durchgeführt wurde, ohne den Vorschriften bezüglich der Meldepflicht für Werkverkehr gemäß § 11 GütbefG entsprochen zu haben.

Die für das Fahrzeug gemäß § 11 Abs.2 GütbefG bei jeder Güterbeförderung im Werkverkehr vorgeschriebene Werkverkehrskarte wurde nicht mitgeführt bzw konnte nicht vorgewiesen werden.

Weiters war die rechte Außenseite des Lkw mit keiner Tafel versehen, auf der der Name des Gewerbetreibenden, der Standort des Gewerbebetriebes sowie die Art der Konzession (§ 6 Abs.1 GütbefG) ersichtlich waren.

Das Straferkenntnis wurde der "Firma C S, vertreten durch den gewerberechtlichen Geschäftsführer M S" zu eigenen Handen zugestellt und am 6.7.2001 von C S übernommen.

2. Dagegen wurde fristgerecht mündlich Berufung erhoben. In dieser wurde vorgebracht, dass die Güterfernverkehrstafel für die Firma bereits bestellt wurde und der Vorwurf der Güterbeförderung im Werkverkehr nicht richtig ist. Es wurde um eine Strafmilderung ersucht.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil die Berufung Erfolg hat und der Bescheid aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 63 Abs.5 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides.

Sowohl die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2.5.2001 als erste Verfolgungshandlung als auch die Bekanntgabe des Erhebungsergebnisses sowie das nunmehr angefochtene Straferkenntnis wurde an die "Firma S C, vertreten durch den gewerberechtlichen Geschäftsführer Herrn M S" adressiert und laut im Akt befindlichem Zustellschein wurde das Straferkenntnis am 6.7.2001 von C S als Empfänger persönlich übernommen.

4.1. Fest steht, dass die Firma C S als Einzelunternehmen geführt wird und daher Handlungen von C S als Einzelunternehmerin zu setzen und zu verantworten sind. Es ist daher die Anwendung des § 9 Abs.1 VStG verfehlt.

4.2. Weiters geht die belangte Behörde davon aus, dass zur Ausübung des Gewerbes ein gewerberechtlicher Geschäftsführer behördlich gemeldet und bestellt ist, und dass dieser gemäß § 370 Abs.2 GewO anstelle des Gewerbeinhabers das Gewerbe ausübt und für die Gewerbeausübung gegenüber der Behörde haftet. Dies bedeutet, dass der gewerberechtliche Geschäftsführer nicht als Parteienvertreter (sh. § 10 AVG), sondern in eigener Person - mit Eigenverantwortung - handelt und daher auch für das Handeln in Eigenverantwortung haftbar wird. Er ist daher anstelle des Gewerbeinhabers - als Beschuldigter - verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Die Bezeichnung "Firma ... vertreten durch" ist daher verfehlt.

Allerdings hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 30.1.2002, Zl. 2001/03/0283, ausgesprochen, dass eine Vorschrift, die eine Verantwortlichkeit eines nach § 39 GewO oder nach sonstigen Verwaltungsvorschriften bestellten Geschäftsführers für die Einhaltung der Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes normierte, nicht besteht. Die Übertretung nach dem GütbefG 1995 hat der handelsrechtliche Geschäftsführer zu verantworten. Es ist daher im Bereich des GütbefG eine Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers nicht gegeben.

Im Grunde dieser Rechtsprechung war daher der Bw auch für die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen nicht als gewerberechtlicher Geschäftsführer zur Verantwortung zu ziehen. Er hat die ihm vorgeworfene(n) Tat(en) nicht begangen, weshalb das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

4.3. Im angefochtenen Straferkenntnis bringt die belangte Behörde im Spruch zum Ausdruck, dass der gewerberechtliche Geschäftsführer bestraft werden soll, allerdings geht aus dem Spruch des Straferkenntnisses kein Name hervor. Aus der Adressierung im Kopf des Straferkenntnisses scheint aber im Grunde der von der belangten Behörde gewählten Formulierung die Firma S C als Parteibezeichnung und Bescheidadressat auf. Der gewerberechtliche Geschäftsführer M S tritt - so die Formulierung der belangten Behörde - als Parteienvertreter auf (arg. "vertreten durch den gewerberechtlichen Geschäftsführer ..."). Das Schriftstück wurde aber nicht dem Bw als Parteienvertreter - und sohin Zustellbevollmächtigten - ausgehändigt, sondern es wurde das Straferkenntnis Frau C S als Empfänger zugestellt.

Gemäß § 7 Zustellgesetz idFd Verwaltungsverfahrensnovelle 1998, BGBl. I Nr. 58/1998, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als bewirkt, in dem das Schriftstück dem von der Behörde angegebenen Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Die Behörde hat den Bw als Parteienvertreter und daher als Empfänger angegeben. Fälschlich wurde aber Frau C S das Schriftstück ausgehändigt. Das Schriftstück ist später dem Bw tatsächlich zugegangen. Damit wurde das Schriftstück dem von der Behörde vermeinten Beschuldigten und nunmehrigen Bw zugestellt und es wurde das Straferkenntnis gegen ihn damit erlassen.

Im Grunde der zitierten Verwaltungsverfahrensgesetznovelle wird die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass im Gegensatz zur alten Rechtslage, nach der der Empfänger jene Person ist, für die das Schriftstück bestimmt ist, nunmehr Empfänger die Person ist, die auf dem Schriftstück von der Behörde als Empfänger angegeben ist.

Allerdings ist - zugunsten des Zustellers - festzustellen, dass aus der Adressierung in Zusammenhalt mit der Spruchformulierung nicht mehr klar ersichtlich ist, wen die Behörde nun wirklich als Beschuldigten verfolgen und bestrafen wollte.

4.4. Im Hinblick auf den Tatvorwurf selbst wird auf die ständige Judikatur des VwGH hingewiesen, wonach für jede Verwaltungsübertretung, die ein gesondertes Delikt bildet, auch eine gesonderte Geldstrafe und gesonderte Ersatzfreiheitsstrafe zu verhängen ist. Dies wäre auch im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen, zumal mehrere Tathandlungen im Tatvorwurf vorgeworfen werden. Schließlich wird auf die Novelle zum GütbefG, BGBl. I Nr. 17/1998 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung, vgl. § 1 VStG) hingewiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Zustellung, Empfänger, keine Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers.