Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110303/11/Li/Ke

Linz, 04.06.2002

VwSen-110303/11/Li/Ke Linz, am 4. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Linkesch über die Berufung des Herrn H. J. PF., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H. in 6020 Innsbruck, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

I. Der Strafberufung wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 150 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6,5 Stunden und der für das Verfahren erster Instanz auferlegte Kostenbeitrag auf 15 Euro herabgesetzt werden; im Übrigen ist im Straferkenntnis als Strafsanktionsnorm nur mehr § 23 Abs.1 Einleitungssatz des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 zu zitieren.

II. Die im Spruch enthaltene Richtungsangabe des durchgeführten Straßengütertransitverkehrs durch Österreich ist von "(Ausgangspunkt: Deutschland; Zielpunkt: Rumänien)" auf "(Ausgangspunkt: Rumänien; Zielpunkt: Deutschland)" richtig zu stellen.

III. Für das Berufungsverfahren hat der Berufungswerber keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG 1991 idgF i.V.m. §§ 24, 16, 19, 51 Abs.1, 51c, 51e Abs.3 Z2 VStG 1991 idgF;

Zu II.: § 62 Abs.4 AVG 1991 idgF i.V.m. § 24 VStG 1991 idgF;

Zu III.: § 65 VStG 1991 idgF.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 31.7.2001, Zl. VerkGe96-328-2001, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 23 Abs.1 Einleitungssatz und Abs.2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, idF BGBl. I Nr. 17/1998 eine Geldstrafe von 20.000 Schilling, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs.1 Z8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, idF BGBl. I Nr. 17/1998, i.V.m. Art. 1 Abs.1 lit. a) und b) und Art. 5 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom 21.12.1994, idF der Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 vom 21.9.2000 verhängt, weil er am 28.6.2001 um 3.43 Uhr auf der Innkreisautobahn A8, bei Strkm 75,100, Gemeindegebiet Suben, als Fahrer des Lastkraftwagens mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t, nämlich dem LKW mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen (Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: H. Transport GmbH), gewerbsmäßig einen Straßengütertransitverkehr durch Österreich (Ausgangspunkt: Deutschland; Zielpunkt: Rumänien), für welchen Ökopunkte benötigt wurden, durchgeführt habe, ohne

  • ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt oder
  • ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglichte und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird, mitgeführt zu haben (der im Lastkraftwagen eingebaute "Umweltdatenträger" ("ecotag") mit der Identifikationsnummer sei so eingestellt gewesen, dass ersichtlich war, dass vor der Einfahrt in österreichisches Bundesgebiet keine Transitfahrt durchgeführt wird, sodass keine automatische Entwertung der Anzahl von Ökopunkten, die den auf dem Umweltdatenträger des Fahrzeugs gespeicherten Angaben über die NOx-Emissionen entspricht, ermöglicht wurde).

2. Dagegen wurde vom Rechtsvertreter des Bw mit Schriftsatz vom 28.8.2001 fristgerecht Berufung erhoben und darin die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe bzw. der Ausspruch einer Ermahnung beantragt. Als Berufungsgründe wurden Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht und ausgeführt.

Mit Schreiben des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 5.11.2001 wurde dem Bw Gelegenheit gegeben, zur beabsichtigten Richtigstellung der falschen Richtungsangabe im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses Stellung zu nehmen, wovon der Bw keinen Gebrauch machte.

Mit Beschluss des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27.11.2001 stellte dieser bezüglich des im gegenständlichen Verfahren anzuwendenden § 23 Abs.2 zweiter Satz Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl. Nr. 593 idF BGBl. I Nr. 17/1998 einen Gesetzesprüfungsantrag gemäß Art. 129a Abs.3 i.V.m. Art. 89 Abs.2 und Art. 140 Abs.1 und 4 B-VG an den Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof wies diesen Antrag mit Beschluss vom 25.2.2002, Zl. G 345/01-3, wegen entschiedener Sache als unzulässig zurück, weil er über bestimmt umschriebene Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen nur ein einziges Mal zu entscheiden hat. Dies gilt auch dann, wenn der Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung das Erkenntnis (nämlich jenes vom 14. Dezember 2001, G 181/01 u.a. Zlen.) nicht kennen konnte.

Im Sinne der Mitteilung des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 29.4.2002 schränkte sodann der Bw mit Schriftsatz vom 13.5.2002 seine volle Berufung unter Darlegung seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse samt Urkundenvorlage auf die Höhe der Strafe ein.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den vorgelegten Strafverfahrensakt erwogen:

3.1. Nach § 51e Abs.3 Z2 VStG 1991 i.d.g.F. kann der unabhängige Verwaltungssenat von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Da der Bw mit seiner am 13.5.2002 im Sinne der Mitteilung des Oö. Verwaltungssenates eingeschränkten Berufung nur mehr die Strafhöhe bekämpft, ohne weiterhin ausdrücklich auf seine Einvernahme zu bestehen, erfolgte gemäß der obzitierten Bestimmung keine öffentliche mündliche Verhandlung.

3.2. Der Bw macht zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen Angaben, indem sein Rechtsvertreter mit der Berufungseinschränkung ein Schreiben der H. Transport GmbH vom 10.5.2002 vorlegt, in welchem angegeben ist, dass der Bw geschieden ist. Der monatliche Mietzinsaufwand wird darin mit ca. 360 Euro, zuzüglich Nebenkosten in der Höhe von ca. 80 Euro beziffert und mittels ebenfalls vorgelegter Betriebskostenanpassung vom 11.6.2001 nachgewiesen. Der Bw hat den glaubhaften Angaben zufolge weder Vermögen noch Schulden. Der monatliche Nettolohn des Bw beträgt, wie von der H. Transport GmbH am 10.5.2002 bescheinigt, 1.313,21 Euro.

4. Zu beachten ist bei der gegenständlichen, auf die Strafhöhe eingeschränkte, Berufungsentscheidung das Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis G 181/01 vom 14.12.2001, wonach die verfassungswidrige Bestimmung des § 23 Abs.2 zweiter Satz Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl. Nr. 593, idF BGBl. I Nr. 17/1998 bezüglich der Z8 nicht mehr anzuwenden ist. Auf dieses Erkenntnis verweist der Verfassungsgerichtshof in seinem bereits zitierten zurückweisenden Beschluss vom 25.2.2002, Zl. G 345/01-3. Die verfassungswidrige Normierung der Mindeststrafe von 20.000 Schilling ist somit im gegenständlichen Berufungsverfahren nicht mehr anzuwenden.

Gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl. Nr. 593 idF BGBl. I Nr. 17/1998, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 Schilling zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

Die Strafe ist daher im Sinne der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 14.12.2001, G 181/01, ohne Heranziehung der bisherigen Mindeststrafe innerhalb eines Strafrahmens bis zu 100.000 Schilling (entspricht 7.267,28 Euro) nach den Kriterien der Strafbemessung neu festzusetzen.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG 1991 i.d.g.F. ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (§ 19 Abs.2 VStG 1991 i.d.g.F.). Dies bedeutet, dass die erkennende Behörde auf der Grundlage des § 19 Abs.1 VStG 1991 i.d.g.F. ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun hat. Die höhenmäßige Festsetzung der Strafe innerhalb dieses Rahmens stellt eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde dar, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG 1991 i.d.g.F. vorzunehmen hat.

Im vorliegenden Fall musste wie in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ausgeführt darauf Rücksicht genommen werden, dass durch die Entrichtung der Transitgebühr in Form der Ökopunkte insbesondere die Folgekosten des Transits gemäß der in Österreich im Transit zurückgelegten Strecken abgegolten werden sollen, weshalb schon allein dadurch nicht davon ausgegangen werden konnte, dass die Tat keine nachteiligen Folgen nach sich zog. Andererseits aber hat sich die Verhängung einer Geldstrafe am gegebenen Strafrahmen und somit auch am Entfall der Mindeststrafe zu orientieren.

Es ist in Übereinstimmung mit der belangten Behörde festzuhalten, dass keine Erschwerungsgründe vorliegen. Als strafmildernd wurde beim Bw hingegen zu Recht dessen bisherige verwaltungsstrafrechtliche (absolute) Unbescholtenheit festgestellt und berücksichtigt; er weist insbesondere keine einschlägigen Vorstrafen auf. Angesichts dieser Tatsache ist davon auszugehen, dass sich der Bw in Hinkunft bezüglich der einschlägigen Verwaltungsbestimmungen rechtskonform verhalten wird.

Zu bemerken ist, dass auf Grund der nachgewiesenen Einkommensverhältnisse nunmehr für die Strafbemessung von einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 1.300 Euro auszugehen ist. Dieser Betrag liegt etwas unter der von der belangten Behörde vorgenommenen und ihrer Entscheidung zu Grunde gelegten Schätzung.

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG 1991 i.d.g.F. war gegenständlich nicht in Erwägung zu ziehen, weil die hiefür kumulativ notwendigen Voraussetzungen, nämlich Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutende Folgen der Übertretung, nicht vorliegen. Diese Voraussetzungen sind nur dann gegeben, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Das konkrete Tatverhalten blieb insbesondere nicht hinter dem typisierten Unrechtsgehalt der Tat zurück. Aber auch das Verschulden des Bw konnte nicht als geringfügig gewertet werden. Da ein Absehen von der Strafe nicht in Betracht kam, konnte auch keine bescheidmäßige Ermahnung nach dieser Bestimmung erfolgen.

Unter Berücksichtigung des geänderten Strafrahmens und der bekanntgegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse war die Geldstrafe spruchgemäß herabzusetzen, was auch hinsichtlich der zu verhängenden Ersatzfreiheitsstrafe unter Beachtung des § 16 VStG 1991 i.d.g.F. eine entsprechende Herabsetzung zur Folge hatte. Bei diesem Verfahrensergebnis war weiters der für das Verfahren erster Instanz auferlegte Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG 1991 i.d.g.F. mit 15 Euro festzusetzen.

5. Da § 23 Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl. Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 bezüglich der Z8 auf Grund der oben zitierten höchstgerichtlichen Entscheidung nicht mehr anzuwenden war, konnte die in Abs.2 leg.cit. normierte Mindeststrafe von 20.000 Schilling (entspricht 1.453,46 Euro) im gegenständlichen Fall auch nicht mehr zur Anwendung gelangen. Diese Bestimmung war somit als Strafsanktionsnorm nicht (mehr) anzuführen.

Zu II.:

Aus dem gesamten Akteninhalt ergibt sich, dass der belangten Behörde bei der Formulierung des Spruches ein Fehler dahin passierte, dass die Richtung der verfahrensgegenständlichen Transitfahrt statt mit "(Ausgangspunkt: Rumänien; Zielpunkt: Deutschland)" mit "(Ausgangspunkt: Deutschland; Zielpunkt: Rumänien)" angegeben wurde. Bei dieser verkehrten Richtungsangabe handelt es sich im Sinne des § 62 Abs.4 AVG 1991 i.d.g.F. um eine Unrichtigkeit, die offenbar auf einem Versehen beruht. Sie war von der Partei klar erkennbar und alle Vorbringen des Bw waren auch auf eine Transitfahrt von Rumänien nach Deutschland gerichtet.

Der Oö. Verwaltungssenat hat diese Unrichtigkeit nach Vorlage des Aktes erkannt und ist als Berufungsbehörde dazu berechtigt, diesen Fehler im erstinstanzlichen Bescheid anlässlich seiner Berufungsentscheidung zu berichtigen (vgl. VwGH-Erkenntnis 92/17/0133 vom 25.3.1994). Die Berichtigung war nach Wahrung des Parteiengehörs - eine Stellungnahme des Bw erfolgt daraufhin nicht - spruchgemäß in Bescheidform vorzunehmen.

Zu III.:

Kosten des Berufungsverfahrens waren nicht aufzuerlegen (§ 65 VStG 1991 idgF).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Linkesch

Beschlagwortung: Schreib- und Rechenfehler (§ 62 Abs.4 AVG)