Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110311/4/Li/Pr

Linz, 05.02.2002

VwSen-110311/4/Li/Pr Linz, am 5. Februar 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Konrath, Berichter: Dr. Linkesch) über die Strafberufung des Herrn M. N., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R. B. in W., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 27.8.2001, Zl. VerkGe96-94-2001/Gr, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl.Nr. 593/1995, idF BGBl. I Nr. 17/1998, zu Recht erkannt:

Der Strafberufung wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 100 Euro (entspricht 1.376,03 Schilling), die Ersatzfreiheitsstrafe auf 1 Tag und der für das Verfahren erster Instanz auferlegte Kostenbeitrag auf 10 Euro (entspricht 137,60 Schilling) herabgesetzt werden; im Übrigen ist im Straferkenntnis als Strafsanktionsnorm § 23 Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl. Nr. 593 idF BGBl. I Nr. 106/2001 zu zitieren.

Für das Berufungsverfahren hat der Berufungswerber keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19, 44a Z3 iVm 1 Abs.2 VStG, §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 27.8.2001 wurde der Berufungswerber, Herr M. N., einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 für schuldig befunden. Als erwiesen wurde ihm angelastet, er habe, wie von Organen der Zollwacheabteilung Linz/MÜG am 12.6.2001 um 16.05 Uhr auf der Westautobahn A1, Parkplatz Ansfelden, km 171, Fahrtrichtung Wien, anlässlich einer Zollkontrolle festgestellt wurde, am 12.6.2001 mit dem Sattelzugfahrzeug (amtl. Kennzeichen:) und dem Sattelanhänger (amtl. Kennzeichen:) einen gewerblichen Gütertransport ("3 Paletten mit 116 Kartons Solaris Glassteinen", Gewicht 2.738 kg und "86 Kartoni Drylac", Gewicht 1.736 kg) mit Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs (Absender: S.-G. O. AG, Division Bauglas, W., Deutschland, Empfänger: D. P. D.-S., Mazedonien) und somit eine Transitfahrt durchgeführt (da lediglich ein Teil ("86 Kartoni Drylac") der genannten Güter in Österreich geladen wurden, Absender: T. Lack- und Farbenfabrik GmbH & Co.KG., W., der andere Teil (3 Paletten mit 116 Kartons Solaris Glassteine) jedoch in Deutschland, Absender: S.-G. .W., geladen wurden, handelte es sich beim gegenständlichen Gütertransport um eine Transitfahrt), ohne entsprechende Nachweise über die Erteilung der Bewilligung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr gemäß § 7 Abs.1 Güterbeförderungsgesetz 1995 für den Verkehr durch Österreich mitgeführt zu haben, obwohl gemäß § 7 Abs.3 Güterbeförderungsgesetz 1995 die Nachweise über die Erteilung der Bewilligung nach Abs.1 bei jeder Güterbeförderung über die Grenze mitzuführen und den Aufsichtsorganen auf Verlangen vorzuweisen sind.

Dadurch habe er § 23 Abs.1 Z6 und § 7 Abs.3 Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl. Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 verletzt. Über ihn wurde wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 iVm § 23 Abs.2 erster Satz Güterbeförderungsgesetz 1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 eine Geldstrafe von 20.000 S (1.453,46 Euro), im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2,8 Tagen, verhängt. Ferner habe er gemäß § 64 VStG 10 Prozent der Strafe, das sind 2.000 S (145,35 Euro) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Über die gegen dieses Straferkenntnis - rechtzeitig - erhobene Berufung vom 24.9.2001, die mit Fax-Nachricht vom 9.10.2001 auf die Strafhöhe eingeschränkt wurde, hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nach Einsicht in den vorgelegten Strafverfahrensakt erwogen:

Nach § 51e Abs.3 Z2 VStG kann der Unabhängige Verwaltungssenat von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet. Da der Berufungswerber mit seiner am 9.10.2001 eingeschränkten Berufung nur mehr die Strafhöhe bekämpft, erfolgte gemäß dieser Bestimmung keine öffentliche mündliche Verhandlung.

Zu beachten ist beim Vorwurf der gegenständlichen Verwaltungsübertretung und bei der Festsetzung der Strafhöhe jedoch, dass in der Rechtslage zwischen dem Zeitpunkt der Tat und der Fällung des Straferkenntnisses eine Änderung eintrat, was die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung übersah. Die vorgeworfene Verwaltungsübertretung ist zwar sowohl von der alten als auch von der neuen Rechtslage erfasst, jedoch wurde das Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl. Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 durch BGBl. I Nr. 106/2001 u.a. dergestalt geändert, dass die Strafbestimmung für das vorgeworfene Verhalten nun nicht mehr in § 23 Abs.1 Z6 (in der Begründung des Straferkenntnisses wird offensichtlich irrtümlich § 23 Abs.1 Z3 zitiert) des Güterbeförderungsgesetzes 1995 und die dafür vorgesehene Mindeststrafe von 5.000 S in § 23 Abs.2 erster Satz des Güterbeförderungsgesetzes 1995 zu finden ist, sondern sich die Normierung der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung in § 23 Abs.2 iVm § 9 Abs.2 iVm § 7 Abs.1 des GütbefG 1995 idF BGBl. I Nr. 106/2001 (GütbefG) befindet. Der Strafrahmen ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S begrenzt; eine Mindeststrafe ist nicht mehr vorgesehen. Diese geänderte Rechtslage trat am 11.8.2001 in Kraft. Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen lauten im Einzelnen wie folgt:

§ 23 Abs.2 GütbefG:

Wer als Lenker § 6 Abs.1, 3 oder 4 oder § 9 Abs.2 zuwiderhandelt oder unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen.

§ 9 Abs.2 GütbefG:

Der Lenker hat die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet im Kraftfahrzeug mitzuführen und den Aufsichtsorganen (§ 21) auf Verlangen auszuhändigen.

§ 7 Abs.1 GütbefG:

Die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland ist außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

  1. Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,
  2. Genehmigung auf Grund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14. Juni 1973,
  3. Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,
  4. auf Grund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Eine solche Berechtigung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anders lautende Anordnung nach Abs.4 ergangen ist.

§ 1 Abs.1 VStG bestimmt, dass eine Tat (Handlung oder Unterlassung) als Verwaltungsübertretung nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

Gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

Die Tat wurde vom Berufungswerber am 12.6.2001, also vor dem Inkrafttreten der Änderung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 begangen. Schon zu diesem Zeitpunkt war das vorgeworfene Verhalten mit Strafe bedroht. Es kommt daher unter Berücksichtigung des § 1 VStG und des darin normierten Günstigkeitsprinzips zur Anwendung der seit dem 11.8.2001 geltenden Strafbestimmung, da zwar die Tat am 12.6.2001 begangen wurde, also zu einem Zeitpunkt vor der Novelle des Güterbeförderungsgesetzes 1995, aber die für das vorgeworfene Verhalten anzuwendenden Strafbestimmungen nach Inkrafttreten der einschlägigen Gesetzesänderung für den Täter günstiger sind.

War aus diesen Gründen die geänderte Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses anzuwenden, so sind auf Grund der auf die Strafhöhe eingeschränkten Berufung folgende Erwägungen zur Strafbemessung anzustellen:

In der Verhängung einer Geldstrafe von 20.000 S (1.453,46 Euro) liegt jedenfalls ein Verstoß gegen § 23 Abs.2 iVm § 9 Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995 idF BGBl. I Nr. 106/2001, der für den Lenker lediglich eine Geldstrafe bis zu 10.000 S vorsieht, sowie gegen § 19 VStG, der die Strafbemessung regelt.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Dies bedeutet, dass die erkennende Behörde auf der Grundlage des § 19 Abs.1 VStG ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun hat. Die höhenmäßige Festsetzung der Strafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens stellt eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde dar, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat.

Die Begründung der belangten Behörde in Bezug auf das von ihr festgesetzte Strafausmaß erweist sich insbesondere angesichts des unterlaufenen Irrtums als falsch, da rechtswidrig von einem zu hohen Strafrahmen ausgegangen wurde.

Im vorliegenden Fall musste zwar, wie das im angefochtenen Straferkenntnis ausgeführt wurde, auf das öffentliche Interesse an einer geordneten Abwicklung der gewerbsmäßigen Gütertransporte durch Österreich Bedacht genommen werden, aber die Verhängung einer Geldstrafe hat sich am gegebenen Strafrahmen zu orientieren. Dieser sieht nach der anzuwendenden neuen Rechtslage lediglich eine Geldstrafe von bis zu 10.000 S für diese Verwaltungsübertretung des Lenkers vor.

Der Gedanke der Generalprävention tritt beim neu geregelten Strafrahmen zurück, wenn die Mindeststrafe abgeschafft wird und es in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (668 BlgNR, 20. GP, 14) zu § 23 heißt: "... Der Grund für die Herabsetzung des Strafrahmens hinsichtlich der genannten Lenkerdelikte liegt darin, dass die Vergehen vorwiegend im wirtschaftlichen Interesse des Unternehmers liegen."

Die Verhängung der Geldstrafe war weiters - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - aus spezialpräventiven Gründen nicht notwendig, um den Berufungswerber von weiteren Übertretungen des Güterbeförderungsgesetzes 1995 abzuhalten und ihn dazu zu bewegen, der Einhaltung der Gesetzesvorschriften in Hinkunft mehr Augenmerk zu schenken, da der Berufungswerber verwaltungsstrafrechtlich (absolut) unbescholten war, was richtigerweise auch als strafmildernd gewertet wurde. Aus der Tatsache, dass der Berufungswerber insbesondere keine einschlägige Verwaltungsstrafe aufweist, ist grundsätzlich auf rechtskonformes Verhalten zu schließen.

Erschwerungsgründe sind im gegenständlichen Verfahren überhaupt keine hervorgekommen. Der Berufungswerber hat die relevanten Bestimmungen über die Güterbeförderung eingehalten und lediglich auf Grund seines fahrlässigen Verhaltens die gegenständliche Bewilligung nicht mitgeführt, weshalb es ihm nicht möglich war diese den Aufsichtsorganen auszuhändigen bzw. vorzuweisen.

Zu bemerken ist auch, dass auf das geringe Einkommen des Berufungswerbers in der Höhe von monatlich 6.000 S bei der Strafbemessung durch die belangte Behörde - entgegen der Behauptung in der Begründung des Straferkenntnisses - nicht entsprechend Bedacht genommen worden ist.

Festzustellen ist jedoch auch anlässlich der Neubemessung der Geldstrafe, dass ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen war, weil die hiefür kumulativ notwendigen Voraussetzungen, nämlich Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutende Folgen der Übertretung, nicht vorliegen. Diese Voraussetzungen sind nur dann gegeben, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Das konkrete Tatverhalten blieb insbesondere nicht hinter dem typisierten Unrechtsgehalt der Tat zurück.

Der Berufung war daher spruchgemäß stattzugeben: die verhängte Strafe sowie die Ersatzfreiheitsstrafe waren herabzusetzen. Weiters war bei diesem Verfahrensergebnis der auferlegte Kostenbeitrag entsprechend zu mindern.

Kosten des Berufungsverfahrens waren nicht aufzuerlegen (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (entspricht 2.476,85 S) zu entrichten.

Dr. K l e m p t

Beschlagwortung: günstigeres Recht; Änderung der Rechtslage

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