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des Landes Oberösterreich
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VwSen-110317/2/Kl/Rd

Linz, 22.10.2002

VwSen-110317/2/Kl/Rd Linz, am 22. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Ing. T, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 8.10.2001, VerkGe96-35-9-2001-Nit, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis samt Verfallsausspruch aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 8.10.2001, VerkGe96-35-9-2001-Nit, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 20.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z3 iVm § 7 Abs.1 Z3 Güterbeförderungsgesetz (GütbefG), BGBl.Nr. 593/1995 idF verhängt, weil er es als Geschäftsführer der Fa. , zu verantworten hat, dass am 4.5.2001 mit dem Lkw mit dem amtlichen slowakischen Kennzeichen ein gewerblicher Gütertransport über die Grenze von Österreich nach Tschechien (Lieferung von 5 Paletten Getriebemotoren von der österreichischen Firma G, zur tschechischen Firma N) und somit ein Drittlandverkehr durchgeführt wurde (Lenker P) ohne die Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie gemäß § 7 Abs.1 Z3 des GütbefG 1995 zu besitzen.

Gemäß § 7 Abs.1 Z3 GütbefG 1995 ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und eine Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich erhalten haben.

Dies wurde anlässlich einer Kontrolle durch Beamte des Zollamtes Weigetschlag am 4.5.2001 um ca. 11.30 Uhr festgestellt.

Gleichzeitig wurde die gemäß § 37 Abs.5 VStG am 4.5.2001 eingehobene vorläufige Sicherheit nach § 37a Abs.1 und Abs.2 Z2 VStG iVm § 24 GütbefG im Betrag von 20.000 S für verfallen erklärt und auf die Strafe angerechnet.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin ausgeführt, dass es der Erstbehörde nicht gelungen sei, den Drittlandverkehr schlüssig darzulegen. Drittlandverkehr bedeute entgegen der Ansicht der Erstbehörde nämlich, dass ein slowakischer Unternehmer Waren direkt von Österreich in die Slowakei oder über Tschechien in die Slowakei transportiere. Zwischen Tschechien und Österreich bestehe eine Vereinbarung, dass eine Güterbeförderungsbewilligung nicht erforderlich sei, wenn der warentransportierende Lkw ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von 6 t oder eine höchstzulässige Nutzlast von 3,5 t nicht übersteigt. Es wurde daher gegenständlich nicht gegen die Vereinbarung zwischen Österreich und Tschechien verstoßen. Weiters wurde der Verfall der vorläufigen Sicherheit bekämpft.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Weil die Berufung Erfolg hatte und der Bescheid aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Der Beschuldigte wurde als "Geschäftsführer der Firma J ..." verwaltungsstrafrechtlich im gegenständlichen Straferkenntnis zur Verantwortung gezogen.

Mit dem Erkenntnis vom 30.1.2002, GZ 2001/03/0283, hat der VwGH ausgesprochen, dass eine Vorschrift, die eine Verantwortlichkeit eines nach § 39 GewO oder nach sonstigen Verwaltungsvorschriften bestellten Geschäftsführers für die Einhaltung der Bestimmungen des GütbefG normierte, nicht besteht. Die Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführer kommt daher bei einer Übertretung nach dem GütbefG nicht in Betracht, sie hat vielmehr der handelsrechtliche Geschäftsführer zu verantworten.

Mangels einer näheren Ausführung im Spruch des Straferkenntnisses und im Hinblick auf die vorzitierte Judikatur des VwGH kommt daher eine strafrechtliche Verantwortung des gewerberechtlichen Geschäftsführers nicht in Betracht. Es wäre daher die Tat nicht vom Beschuldigten zu verantworten und das Strafverfahren daher einzustellen.

4.2. Gemäß § 7 Abs.1 Güterbeförderungsgesetz - GütbefG idF BGBl. I Nr. 17/1998 (gemäß § 1 Abs.1 VStG anzuwendende, zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und eine Bewilligung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich erhalten haben; eine Bewilligung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anderslautende Anordnung nach § 6 ergangen ist oder wenn eine Vereinbarung gemäß § 8 besteht.

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Bewilligung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält.

Festzuhalten ist, dass die von der Behörde zitierte Bestimmung des § 7 Abs.1 Z3 GütbefG, BGBl. I Nr. 106/2001, keine Anwendung findet, weil diese Bestimmung erst mit 11.8.2001 in Kraft getreten ist, also nach dem Tatzeitpunkt. Gemäß § 1 Abs.1 VStG ist aber immer jene Rechtslage für die Beurteilung der Tat anzuwenden, die zum Tatzeitpunkt in Geltung stand.

4.3. Dem Bw wurde zur Last gelegt, dass durch den Lenker des slowakischen Lkw ein Drittlandverkehr von Österreich nach Tschechien ohne die erforderliche Bewilligung durchgeführt wurde.

Da die Beförderung durch den Lenker durchgeführt wurde, war der Lenker zur Verantwortung zu ziehen (arg. "... wer Beförderungen ... durchführt"). Der Beschuldigte als Unternehmer hat die Beförderung nicht durchgeführt, sondern war Bestimmungstäter. Eine entsprechende Tat als Anstifter oder Beihelfer wurde ihm aber nicht vorgeworfen.

4.4. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie der Republik Österreich und dem Ministerium für Verkehrswesen der tschechoslowakischen sozialistischen Republik über die Durchführung des grenzüberschreitenden nichtlinienmäßigen Personenverkehrs mit Omnibussen und den grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr vom 19.10.1967, BGBl.Nr. 24/1968, auf den grenzüberschreitenden Güterverkehr zwischen Österreich und der Slowakei Anwendung findet, nämlich für den bilateralen Verkehr, Transitverkehr und Drittlandverkehr (Art.5 Abs.1 der Vereinbarung). Hiefür ist eine Bewilligung jenes Staates, in dem das Kraftfahrzeug zugelassen ist, erforderlich (Artikel 8). Diese Bewilligung berechtigt auch zu Beförderungen zwischen dem anderen Vertragsstaat und einem dritten Staat, wenn dabei das Gebiet des Vertragsstaates, in dem das Fahrzeug zugelassen ist, durchfahren wird (Art.7 Abs.3 Satz 2). Dies bedeutet, dass ein Drittlandverkehr nur dann zulässig ist, wenn der Heimatstaat durchfahren wird, ansonsten ist eine besondere Bewilligung des anderen Staates erforderlich (Art.10 Abs.2).

Im gegenständlichen Fall wurde durch einen slowakischen Lkw eine gewerbliche Fahrt ohne Genehmigung durchgeführt und wurde die Fahrt als Drittlandverkehr (von Österreich nach Tschechien) durchgeführt, ohne den Heimatstaat Slowakei zu durchfahren. Es wäre daher eine besondere Bewilligung nach Art.10 Abs.2 der Vereinbarung erforderlich. Eine solche lag nicht vor und wurde nicht mitgeführt.

Allerdings beruft sich der Bw darauf, dass eine Bewilligung aufgrund einer Ausnahmeregelung betreffend Unterschreitens von Gewichtsgrenzen nicht erforderlich gewesen sei. Damit ist er im Recht. Zwar enthält die obzit. - zum Zeitpunkt der Tatbegehung in Geltung stehende - Vereinbarung keine diesbezügliche Ausnahmeregelung, aber in analoger Anwendung des § 1 VStG ist zu Gunsten des Beschuldigten eine Änderung der Rechtslage, dass ein Straftatbestand überhaupt wegfällt, mangels eines weiteren vom Gesetzgeber anerkannten Strafbedürfnisses zu berücksichtigen. Nach der nunmehr geltenden Vereinbarung BGBl. III Nr. 43/2002 bedürfen Beförderungen von Gütern mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchstzulässigen Gewicht bis 6 t und einer höchstzulässigen Nutzlast bis 3,5 t keiner Genehmigung (Art.8 Abs.1 lit.c dieser Vereinbarung). Eine Einschränkung der genehmigungsfreien Verkehre (zB Ausnahme der Drittlandverkehre) ist nämlich der Vereinbarung (Art.8) nicht zu entnehmen. Aus den im Strafverfahren gemachten Angaben des Bw zum gegenständlichen Lkw ist eine Nutzlast von 2.750 kg und ein Gesamtgewicht von 6.000 kg ersichtlich und zu Grunde zu legen.

Der unabhängige Verwaltungssenat verkennt dabei nicht die - noch nicht anzuwendende - neue Rechtslage (BGBl. III Nr. 43/2002), wonach gemäß Art.7 Abs.1 der Drittlandverkehr nur zulässig ist, wenn der Heimatstaat durchfahren wird. Bei einem Zuwiderhandeln würde ein Gebot oder Verbot einer zwischenstaatlichen Vereinbarung nicht eingehalten (§ 23 Abs.1 Z3 Alt.2 GütbefG). Ein entsprechender Tatvorwurf besteht nicht.

Aus den angeführten Gründen war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Dies hat zur Folge, dass auch der Verfallsausspruch aufzuheben war (§ 37a Abs.5 VStG).

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Drittlandverkehr, Ausnahmen von der Genehmigungspflicht, anzuwendende Rechtslage; Missachtung der Vereinbarung

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