Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280526/9/Gf/Km

Linz, 22.03.2000

VwSen-280526/9/Gf/Km Linz, am 22. März 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des F W, vertreten durch RA Dr. H H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 19. November 1999, Zl. Ge96-2480-1999, wegen einer Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 19. November 1999, Zl. Ge96-2480-1999, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 240 Stunden) verhängt, weil er es als Arbeitgeber zu verantworten habe, dass zwei seiner Arbeitnehmer am 29. April 1999 in Salzburg auf einem 45º geneigten Dach mit einer Absturzhöhe von 6 m ohne geeignete Schutzvorrichtungen Dachdeckerarbeiten durchgeführt hätten; dadurch habe er eine Übertretung des § 130 Abs. 1 Z. 15 des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.Nr. 450/1994, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 70/1999 (im Folgenden: ASchG), i.V.m. § 87 Abs. 3 der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl.Nr. 340/1994, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 368/1998 (im Folgenden: BauV), begangen, weshalb er nach § 130 Abs. 1 Z. 15 ASchG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 26. November 1999 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 10. Dezember 1999 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, dass der dem Rechtsmittelwerber angelastete Tatvorwurf aufgrund einer entsprechenden Anzeige des Arbeitsinspektorates als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber im Wesentlichen vor, dass er zum einen gar nicht über die erforderliche gewerbebehördliche Berechtigung zur Ausführung der ihm angelasteten Arbeiten verfüge und dass auf der anderen Seite die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Personen nicht Arbeitnehmer seiner Firma, sondern vielmehr Beschäftigte eines anderen Unternehmens gewesen seien.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der BH Vöcklabruck vorgelegten Verwaltungsakt zu Zl. Ge96-2480-1999; im Übrigen konnte gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 130 Abs. 1 Z. 15 ASchG i.V.m. § 87 Abs. 3 BauV begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 2.000 S bis zu 100.000 S zu bestrafen, der bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20º und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m nicht für geeignete Schutzvorrichtungen, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten verhindern, sorgt.

4.2. Schon aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt ergibt sich nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, dass die beiden im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Arbeitskräfte zum Tatzeitpunkt (oder davor bzw. danach) in einem Beschäftigungsverhältnis zum Beschwerdeführer standen.

Über eine entsprechende Anfrage des Oö. Verwaltungssenates hat sodann auch die vom Rechtsmittelwerber namhaft gemachte Zeugin bestätigt, dass jene damals auf der Baustelle angetroffenen Arbeiter die dem Berufungswerber angelasteten Dachdeckerarbeiten als Aushilfskräfte ihrer Firma durchgeführt haben.

Dieses Beweisergebnis wurde sowohl der belangten Behörde als auch dem zuständigen Arbeitsinspektorat zur Kenntnis gebracht; beide Parteien haben hiezu keine Stellungnahme abgegeben.

[Erst nach Ablauf der Frist langte beim Oö. Verwaltungssenat eine Stellungnahme des Arbeitsinspektorates Salzburg ein. Abgesehen davon, dass diesem im gegenständlichen Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat weder eine Parteistellung nach § 51d VStG noch nach § 11 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 6 des Arbeitsinspektionsgesetzes, BGBl.Nr. 27/1993, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. i 63/1997 (im Folgenden: AIG), zukam, erweist sich auch der in dieser Stellungnahme enthaltene Hinweis, dass "durch eine Anfrage bei der Sozialversicherung (Gebietskrankenkasse für Oberösterreich) geprüft werden könnte, ..... ob lediglich eine Schutzbehauptung vorliegt", schon deshalb nicht zielführend, weil für die Träger der Sozialversicherung den Unabhängigen Verwaltungssenaten gegenüber von vornherein keine gesetzliche Auskunftspflicht besteht; eine derartige Verpflichtung könnte vielmehr nur aus § 20 und § 21 AIG gegenüber den Arbeitsinspektoraten selbst abgeleitet werden. Im Übrigen sieht sich der Oö. Verwaltungsenat in diesem Zusammenhang wiederum (vgl. zuletzt statt vieler z.B. VwSen-230719 vom 30.7.1999 = ZUV 1999/4/26) zu der Feststellung veranlasst, dass es ihm im Hinblick auf seine verfassungsmäßige Aufgabenstellung als einem Organ der Kontrolle der Verwaltung (vgl. Art. 129 ff B-VG) von vornherein verwehrt ist, substanzielle Versäumnisse des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens zu substituieren und auf diese Weise die Rolle des unabhängigen Richters zu verlassen und gleichzeitig auch die Funktion des Anklägers wahrzunehmen.]

Damit erweist sich aber im Ergebnis der dem Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft "als Arbeitgeber" (vgl. zu diesem Begriff z.B. VwGH v. 28.1.1991, 90/19/0270) angelastete Tatvorwurf offensichtlich als unzutreffend.

4.3. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. G r o f

 

 

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