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VwSen-110347/11/SR/Ri

Linz, 27.05.2002

VwSen-110347/11/SR/Ri Linz, am 27.Mai 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung der G B, Bstraße , A, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 3. Mai 2001, Zl. VerkGe96-5-2002, wegen Übertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 (im Folgenden: GütbefG), nach der am 24. Mai 2002 durchgeführten, öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Die Berufungswerberin hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 65/2002 - AVG iVm § 45 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 65/2002- VStG

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie veranlassten den Lenker A K mit dem Sattelkraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen P(D), zugelassen für die B Schwerlast GmbH in P, mit dem Auflieger Kennzeichen B eine Güterbeförderung von P/BRD nach W durchzuführen. Diese gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland ist auch Unternehmen gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt und Inhaber einer Berechtigung gem. § 7 Abs. 1 GütbefG sind. Der grenzüberschreitende gewerbliche Verkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken unterliegt einer Gemeinschaftslizenz und stellt diese Gemeinschaftslizenz die Berechtigung gem. § 7 Abs. 1 GütbefG dar (Z.1). Diese Lizenz wird auf den Namen des Transportunternehmers ausgestellt und ist eine beglaubige Abschrift bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt im Kraftfahrzeug mitzuführen und den Aufsichtsorganen auf Verlangen auszuhändigen ist. Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs. 1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.

Bei der Kontrolle des Fahrzeuges

am : 10.1.2002

um 17.00 Uhr

an folgendem Ort: H Landesstraße in Bereich des Hauses K , Gde. K am Inn wurde festgestellt, dass der Transport ohne eine gültige Bewilligung bzw. Genehmigung durchgeführt wurde, da der Lenker keine beglaubigte Abschrift der EU-Gemeinschaftslizenz vorlegen konnte, zumal ihm eine solche nicht zur Verfügung gestellt wurde.

Diese Tat haben Sie als vertretungsbefugtes Organ der Ba Schwerlast GmbH zu verantworten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 23 Abs.1 Z.3 iVm. § 7 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes - GütbefG, BGBl. Nr. 593/1995 idF. BGBl.Nr. 106/2001sowie iVm Art.3 Abs.1 und Art.5 Abs.4, 3. Satz der Verordnung (EWG) Nr. 881/92.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

gemäß

1.453 Euro

3 Tagen

§ 23 Abs.1 Z.3 GütbefG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

145,30 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1.598,30 Euro)."

2. Gegen dieses am 21. März 2002 zu eigenen Handen zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 2. April 2002 - und damit rechtzeitig bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz in der Begründung im Wesentlichen aus, dass der Lenker A K bei der im Spruch bezeichneten Kontrolle nicht die vorgeschriebene Gemeinschaftslizenz für den gewerbsmäßigen Gütertransport auf dem Gebiet der Gemeinschaft vorweisen hätte können, weil ihm eine solche nicht zur Verfügung gestellt worden wäre.

2.2. In der Berufung führt die Bw aus, dass der Lenker K seinen ersten Arbeitstag gehabt habe und kaum der deutschen Sprache mächtig sei. Der anwesende Kollege J sei vom Ort der Amtshandlung verwiesen worden und habe daher die Mappe nicht aus dem Lkw holen dürfen. Bei ihrem Eintreffen sei nur mehr das Nichteinhalten der Ruhezeit des Fahrers angesprochen worden. Die EU-Gemeinschaftslizenz sei mit keinem Wort erwähnt und die Amtshandlung durch das Drängen des 2. Gendarmeriebeamten beendet worden. Die Firma würde über 12 EU-Gemeinschaftslizenzen verfügen und habe nur 6 Fahrzeuge im Einsatz.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die Berufung und den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat für 24. Mai 2002 die mündliche Verhandlung anberaumt und dazu die Verfahrensparteien und den Zeugen BI D geladen. Entsprechend der Hinweise in der Ladung ist die Bw mit dem Vertreter Hans P B und den Zeugen A K und V J erschienen.

3.2. Aufgrund der mündlichen Verhandlung und der verlesenen Aktenbestandteile steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:

Der Zeuge A K hatte am 10.1.2002 seinen ersten Arbeitstag bei der Firma Ba Schwerlast GmbH und wurde vom Zeugen V J zum Abfahrtsort gebracht. Der Zeuge K sollte das gegenständliche Sattelkraftfahrzeug und der Zeuge J seinen Pkw nach P in Deutschland lenken. Innerbetrieblich ist der Gatte der Bw (in der mündlichen Verhandlung Zeuge und Bw-Vertreter) für die Einschulung der Fahrer und Ausstattung der Fahrzeuge mit den erforderlichen Papieren (Fahrzeugdokumenten, Lizenzen,..) zuständig.

In der Fahrerkabine befindet sich grundsätzlich eine Fahrermappe mit den erforderlichen Papieren (zB. Gemeinschaftslizenz). Weder der Zeuge Hans P B noch die Bw haben vor der Inbetriebnahme des gegenständlichen Sattelkraftfahrzeuges die Fahrermappe kontrolliert. Der Zeuge J hat dem Lenker K den Aufbewahrungsort der Fahrermappe nicht gezeigt.

Im Zuge der Amtshandlung hat der Zeuge K die Fahrermappe nicht aus dem Führerhaus geholt. Der Zeuge K ist der deutschen Sprache kaum mächtig. Der Zeuge J konnte nicht unterstützend eingreifen. Er wurde vom Ort der Amtshandlung weggewiesen, hat sich aber in Sichtweite aufgehalten und die Bw verständigt. Nach dem Eintreffen der Bw und des Zeugen Hans P B hat letzterer den fehlenden Zulassungsschein für den Sattelanhänger vorgewiesen. Die Bw wurde bei der lediglich wenige Minuten dauernden Amtshandlung mit der Nichteinhaltung der Ruhezeit des Zeugen K konfrontiert.

Die Firma Ba Schwerlast GmbH verfügt über mehr Abschriften der Gemeinschaftslizenz als über einsetzbare Fahrzeuge. Der Zeuge J hat am 11.1.2002 die Fahrermappe kontrolliert und dabei festgestellt, dass sich die Gemeinschaftslizenz in der Mappe befunden hat. Die Fahrermappe war am üblichen Ort verstaut.

3.3. Der Zeuge K verfügt über geringe Deutschkenntnisse. In der mündlichen Verhandlung war er nicht in der Lage die Zeugenbelehrung zu verstehen. Auf den Einwand des Behördenvertreters - offenes Strafverfahren bei der Behörde erster Instanz in dieser Sache - wurde der Zeuge K auf sein Zeugnisverweigerungsrecht hingewiesen. Zu diesem Zweck wurde der Zeuge J ersucht, dem Zeugen K die Belehrung zu übersetzen. Der Zeuge K hat trotz Übersetzung nicht verstanden, dass er Zeuge im gegenständlichen Verfahren und Beschuldigter in einem gegen ihn anhängigen Verwaltungsstrafverfahren ist. Der unabhängige Verwaltungssenat hat daraufhin von der Befragung Abstand genommen.

Das Verhalten des Zeugen K lässt aber den Schluss zu, dass es ihm im Zuge der Amtshandlung nicht möglich war, die Fragen der einschreitenden Beamten zu verstehen bzw. deren Aufforderungen nachzukommen.

Der Zeuge J hat in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Er hat schlüssig und nachvollziehbar geschildert, dass der Lenker K nicht wusste, was die Beamten von ihm wollten. Die kurze Nachschau im Führerhaus sei eher eine Verlegenheitshandlung, denn die Suche nach der Fahrermappe gewesen. Dies trifft auch auf seine Versuche der Kontaktaufnahme mit den Beamten zu, mit denen er sich bereit erklären wollte, die notwendigen Papiere aus der Fahrerkabine zu holen und dem Auffinden der Fahrermappe bei der Nachschau am Tag nach der Amtshandlung. Es ist nicht anzunehmen, dass zwischenzeitlich die Gemeinschaftslizenz in die Mappe gegeben worden ist. Der Vertreter der Bw hat glaubwürdig vorgebracht, dass die Firma über ca. 12 Gemeinschaftslizenzen verfügt, obwohl nur 6 Fahrzeuge im Einsatz sind und ein Nichtmitführen der Firma keinen wirtschaftlichen Vorteil bringen würde.

Auch wenn der der Amtshandlung beiwohnende BI D von einer Aufforderung zur Vorlage der "Lizenzen" gehört haben will, hat sich nach den Aussagen der übrigen Zeugen die Amtshandlung im Kern um die Nichteinhaltung der Ruhezeit gedreht. Dem Zeugen K wurden zahlreiche Verwaltungsübertretungen vorgeworfen. U. a., dass er den Zulassungsschein für den Sattelanhänger nicht vorweisen habe können. Abgesehen davon, dass er diese Frage höchstwahrscheinlich nicht verstanden hat, wurde der Vertreter der Bw vom Zeugen J diesbezüglich telefonisch informiert. Unmittelbar nach dem Eintreffen hat der Vertreter diesen Zulassungsschein vorgewiesen. Wäre zu diesem Zeitpunkt noch die Rede von der Gemeinschaftslizenz gewesen, dann wäre es dem Vertreter ein leichtes gewesen, in der Fahrerkabine Nachschau zu halten. Der Vertreter hat nachvollziehbar dargelegt, dass ausschließlich er aufgrund der Beauftragung der Bw dafür zu sorgen hat, dass sich die Mappen mit den Dokumenten (auch der Gemeinschaftslizenz) in den Fahrerkabinen befinden. Dies trifft auch auf das Vorbringen zu, dass in seinem Beisein nicht von der fehlenden Lizenz gesprochen worden und er in diesem Fall auf die Mappe hingewiesen hätte. Der Zeuge BI D hat nichts von einem derartigen Nachschauersuchen gesagt und in der Anzeige findet sich auch kein Hinweis. Nachdem der Vertreter und die Bw übereinstimmend ausgesagt haben, dass nur der Vertreter entsprechend der Weisung der Bw für das Mitführen der Berechtigungen zuständig ist, ist zweifelhaft, ob die Bw tatsächlich die Aussage - ich habe vergessen dem Kraftfahrer die Lizenzen zu übergeben - getätigt hat.

Der einschreitende Beamte ist sich selbst in der Anzeige unter "a) Darstellung der Tat" nicht sicher, ob sich die Gemeinschaftslizenz im Fahrzeug befunden hat (argum: "G B übergab A K keine entsprechenden EU-Lizenzen bzw. konnte A K auf Verlangen des Beamten diese nicht vorweisen. G B ist daher verdächtig, eine Übertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz begangen zu haben"). Bei dieser Sachverhaltslage ist der Schluss auf ein strafbares Verhalten der Bw, der in der Anzeige und in der Folge auch im Straferkenntnis gezogen wurde, unzulässig. Hätte sich die Amtshandlung tatsächlich auf ein Unterlassen der Bw bezogen, dann hätte es des Halbsatzes in der Anzeige "bzw. konnte A K auf Verlangen des Beamten nicht vorweisen" nicht bedurft. Bestätigung findet diese Annahme auch darin, dass die "Amtshandlung" kurz nach dem Eintreffen der Bw beendet worden ist.

Das glaubwürdige Auftreten der Bw, des Vertreters als Zeuge und der Zeugen K und J in der mündlichen Verhandlung lassen keinen Zweifel daran, dass der Zeuge K nicht nach der Gemeinschaftslizenz im Fahrerhaus gesucht hat und die Bw nicht mit dem Vorwurf der fehlenden Gemeinschaftslizenz konfrontiert worden ist.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 9 Abs.1 GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen (hier: Gemeinschaftslizenz) bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt ..... mitgeführt werden.

Gemäß § 9 Abs.2 leg. cit. hat der Lenker die Nachweise über die Berechtigungen mitzuführen und den Aufsichtsorganen auf Verlangen auszuhändigen.

4.2. Aus dem Vorwurf gegenüber dem Lenker, die Berechtigung nicht auszuhändigen (z.B. weil er sie nicht auffinden kann), kann nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass der Unternehmer nicht dafür gesorgt hat, dass die Berechtigung (während der gesamten Fahrt) mitgeführt wird.

Um der Bw einen Tatvorwurf gemäß § 9 Abs.1 leg. cit. zu machen, hätte es weiterer und umfassender Erhebungen (z.B. Beiziehung eines Dolmetschers bei der Befragung des Lenkers; Inanspruchnahme des Hilfeangebotes des Arbeitskollegen V J;) durch die einschreitenden Beamten am Ort der Amtshandlung bedurft. Mangels dieser wurde der relevante Sachverhalt nicht vollständig festgestellt.

Dem glaubwürdigen Vorbringen der Bw - "die Gemeinschaftslizenz befindet sich grundsätzlich in der Fahrermappe" - steht nun die Vermutung des einschreitenden Beamten - "weil der Lenker die Gemeinschaftslizenz nicht vorgewiesen hat, wird die Bw diese dem Lenker nicht ausgehändigt haben" - gegenüber.

4.3. § 45 Abs.1 Z1 VStG (auszugsweise):

Die Behörde hat von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

......

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht erwiesen werden kann...

Aufgrund der mangelhaften Sachverhaltsfeststellung durch die einschreitenden Beamten kann nicht erwiesen werden, dass die Bw die ihr zur Last gelegte Tat begangen hat. Es war von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen.

5. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

Beschlagwortung: Gemeinschaftslizenz

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