Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-110357/2/Li/Rd

Linz, 28.06.2002

VwSen-110357/2/Li/Rd Linz, am 28. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Linkesch über die Berufung des einschreitenden Rechtsanwaltes Dr. E. in W., als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma P. GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E., Dr. R., Rechtsanwalt Mag. L.; Rechtsanwalt Mag. R., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 17.4.2002, Zl. VerkGe96-66-2002-GRM, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 - GütbefG, BGBl. Nr. 593/1995 idgF, zu Recht erkannt:

  1. Das angefochtene Straferkenntnis wird wegen Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land aufgehoben.
  2. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG idgF iVm §§ 24, 27, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch über Herrn P., den gewerberechtlichen Geschäftsführer der Firma P. Gesellschaft m.b.H., über deren Vermögen mittels Konkursedikt des Handelsgerichtes Wien vom 27.2.2002, Zl. 44 S 49/02f-1, der Konkurs eröffnet wurde; als Masseverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. E. bestimmt.

"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 VStG 1991 idgF der Firma P. Gesellschaft m.b.H. (protokolliert beim Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien unter FN) mit Sitz in W., in Ausübung des Gewerbes "Gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen, beschränkt auf die Verwendung von fünf Lastkraftwagen" (Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 3. Bezirk vom 02.07.1975, GZ:) sowie des Gewerbes "Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im Fernverkehr (Güterfernverkehr) im Sinne der Bestimmungen des § 3 Abs.2 Z.2 leg.cit., beschränkt auf die Verwendung von zehn Kraftfahrzeugen (Bescheid ausgestellt vom Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr am 07.06.1988, GZ:) am Standort W., zu verantworten, dass - festgestellt am 15.02.2002 um 16.35 Uhr auf der A 25, Strkm 9,600, Gemeindegebiet Marchtrenk, Bezirk Wels-Land, in Fahrtrichtung Linz anlässlich einer Verkehrskontrolle durch Beamte der Verkehrsabteilung der Verkehrsabteilung-Außenstelle Wels - Herr H., geb. in G., wh. R., als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges, Sattelzugfahrzeug, Marke DAF, amtl. Kennzeichen, mit dem Sattelanhänger, Marke Schmitz, KZ:, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Ladegut: 15 Paletten Stahl Zylinder; Absender: Fa. W, GmbH in K., Empfänger: Fa. E.) durchführte, obwohl keine Konzessionsurkunde oder eine beglaubigte Abschrift derselben vorgewiesen werden konnte.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 23 Abs.1 Ziff.2 iVm § 6 Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995 - GütbefG, BGBl. 593/1995 idgF.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 363,36 Euro (= ATS 4.999,94,-)

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden

Freiheitsstrafe von -----

Gemäß § 23 Abs.1 Ziff.2 GbefG idgF.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

36,33 Euro (499,91,- Schilling) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S bzw. 14,53 EUR angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 399,69 Euro (5.499,85,- Schilling)."

Das angefochtene Straferkenntnis vom 17.4.2002 ist mit folgendem Adressfeld versehen:

"Zustellung zu eigenen Handen
Firma
P. Gesellschaft m.b.H.
vertreten durch den gewerberechtlichen
Geschäftsführer
Herrn P., geb. 21.07.1951
W. RSa"

Eine gesonderte Zustellverfügung wurde nicht getroffen.

2. Gegen dieses am 22.4.2002 an den Masseverwalter Dr. E. in W., zugestellte Straferkenntnis - die Übernahmsbestätigung, auf der das Kästchen "Angestellter des berufsmäßigen Parteienvertreters" angekreuzt ist, weist neben dem Zusatz "i.A." eine unleserliche Unterschrift auf - richtet sich die vorliegende, rechtzeitige Berufung des einschreitenden Rechtsanwaltes Dr. E. als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der genannten Firma, wobei im Berufungsvorbringen von der Zustellung des gegenständlichen Straferkenntnisses an die Firma P. GmbH ausgegangen wird und dies unter Bezug auf § 9 VStG gerügt wird.

2.1. Diese Berufung des Masseverwalters ist zulässig, denn auch der Haftungspflichtige nach § 9 Abs.7 VStG - das ist im vorliegenden Fall die Firma P. Gesellschaft m.b.H. - hat im Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung einschließlich des Rechts zur Erhebung einer Berufung (vgl. VwGH-Erkenntnis 2000/07/0036 vom 22.2.2001 und 99/09/0002 vom 21.11.2000). Im Verwaltungsstrafverfahren gegen das Organ der Ges.m.b.H. kam dieser daher bereits Parteistellung zu, auch das Straferkenntnis erster Instanz war ihr (bzw. auf Grund der Konkurseröffnung dem Masseverwalter) daher zuzustellen. Die Adressierung des inhaltlich zweifelsfrei gegen den gewerberechtlichen Geschäftsführer gerichteten Straferkenntnisses an die Firma P. Gesellschaft m.b.H. vertreten durch den gewerberechtlichen Geschäftsführer Herrn P. ist daher nicht berichtigend in eine Adressierung an Herrn P. umzudeuten. Wie dem im Akt erliegenden Rückschein zu entnehmen ist, wurde der Firma P. Gesellschaft m.b.H. das angefochtene Straferkenntnis - nach Konkurseröffnung - durch Übernahme durch einen Angestellten des Masseverwalters zugestellt.

2.2. Im angefochtenen Straferkenntnis erachtete sich die Behörde erster Instanz ohne Angabe einer Begründung für zuständig.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, VerkGe96-66-2002-GRM.

3.1. Nach der Aktenlage steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Herr P., geb. 21.7.1951, ist der verantwortliche gewerberechtliche Geschäftsführer der P. Gesellschaft m.b.H. Diese Ges.m.b.H. hat ihren Sitz in W. Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Sattelkraftfahrzeuges, Sattelzugfahrzeug, amtliches Kennzeichen, Marke DAF, und Sattelanhänger, amtliches Kennzeichen, Marke Schmitz, ist laut Anzeige der Verkehrsabteilung - Außenstelle Wels, GZ., die genannte Ges.m.b.H.

Bei einer Verkehrskontrolle am 15.2.2002 um 16.35 Uhr auf der A 25, Strkm 9,600, Gemeindegebiet Marchtrenk, Bezirk Wels-Land, in Fahrtrichtung Linz, wurde festgestellt, dass die angeführte Ges.m.b.H. nicht für die Einhaltung der Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes Sorge trug. Obwohl das gegenständliche Kraftfahrzeug zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern verwendet wurde, wurde keine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde im Kraftfahrzeug mitgeführt, obwohl der Unternehmer dafür zu sorgen hat, dass in jedem zur Ausübung des Güterverkehrs verwendeten Kraftfahrzeug während der gesamten Fahrt eine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde mitgeführt wird.

Auf Grund der Anzeige der Verkehrsabteilung - Außenstelle Wels, GZ., an die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land leitete diese das Verwaltungsstrafverfahren ein, führte das Ermittlungsverfahren durch und erließ schließlich das angefochtene Straferkenntnis.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Da das angefochtene Straferkenntnis von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land erlassen wurde, stand der Partei das Recht der Berufung an den Oö. Verwaltungssenat zu (§ 51 Abs.1 VStG). Als Berufungsbehörde hatte er gemäß § 51c VStG durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden, weil keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG konnte eine Verhandlung entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war.

Nach § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

§ 27 Abs.1 VStG besagt, dass örtlich zuständig die Behörde ist, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Für die örtliche Zuständigkeit ist grundsätzlich allein entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen. Wird ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ zur Verantwortung gezogen, wird als Tatort im Regelfall der Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen sein. Auf das betreffende Tatbild ist hiebei stets Bedacht zu nehmen (vgl VwGH-Erkenntnis 97/07/0137 vom 15.1.1998).

Wie festgestellt, befindet sich der Sitz des Unternehmens im Bundesland. Obiger Judikatur zufolge ist nicht der Ort der Anhaltung Tatort iSd § 27 Abs.1 VStG, sondern der Sitz des Unternehmens. Auf das konkrete Tatbild bezogen hätte der belangte Geschäftsführer P. in W., handeln müssen. Durch Unterlassen wurde zumindest der objektive Tatbestand in W., gesetzt.

Sowohl der Verwaltungsgerichtshof (VwGH-Erkenntnis 97/03/0298 vom 18.2.1998 und 97/03/0107 vom 24.9.1997) als auch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (Erkenntnis VwSen-110147/2/SR/Ri vom 14.6.2000) und Steiermark (Erkenntnis 30.4-81/98 vom 16.10.1998) sind bei vergleichbaren Sachverhalten von der örtlichen Zuständigkeit der Behörde ausgegangen, in der das Unternehmen den Sitz hatte.

Das angefochtene Straferkenntnis wurde somit von einer unzuständigen Behörde erlassen und war daher aufzuheben. Das Straferkenntnis stellt auf der Grundlage der Bestimmungen der §§ 31 Abs.1 iVm 32 Abs.2 und 3 VStG eine taugliche Verfolgungshandlung dar. Gründe für eine Verfahrenseinstellung iSd § 45 Abs.1 VStG waren nicht zu finden.

 

zu II.:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Linkesch

Beschlagwortung: örtl. Zuständigkeit, VStG § 27, Unternehmenssitz