Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-110378/2/Kl/Rd

Linz, 09.10.2002

VwSen-110378/2/Kl/Rd Linz, am 9. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 3. Juni 2002, VerkGe96-116-2002-GRM, wegen Übertretungen des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 und 2 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 3. Juni 2002, VerkGe96-116-2002-GRM, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 363 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z7 iVm § 17 Abs.3 Z10, 11 und 12 iVm § 18 Abs.2 GütbefG 1995 idgF iVm EG-VO 3821/85 Art.15, verhängt, weil er als bestellter gewerberechtlicher Geschäftsführer (mit Wirkung 13.2.1999 und 5.2.1999) der Firma P GmbH (gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994 und sohin zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 VStG 1999, jeweils idgF) in Ausübung des Gewerbes "Gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs (Güterfernverkehr), beschränkt auf die Verwendung von 30 (dreißig) Kraftfahrzeugen" sowie des Gewerbes "Gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit 10 Lastkraftwagen des Straßenverkehrs im Güterfernverkehr" (Gewerbescheine ausgestellt vom Magistrat der Stadt Wels am 6.6.1988, GZ: MA2-VerkGe-2-1988 und am 26.1.1989, GZ: MA2-VerkGe-41-1986) am Standort, (begründet am 2.12.1999) zu verantworten hat, dass - festgestellt im Gemeindegebiet von Hörbranz, auf der Rheintalautobahn A14 auf Höhe Parkplatz/Waaghaus Richtung Tirol anlässlich einer Verkehrskontrolle durch einen Beamten der Verkehrsabteilung Bregenz des LGK für Vorarlberg am 8.3.2002 um 10.35 Uhr - der Kraftfahrer H, geb. 5.12.1961 in Velika, wh., mit dem Sattelkraftfahrzeug, amtl. Kennzeichen, höchstes zulässiges Gesamtgewicht über 3.500 kg, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Ladegut: 5 Paletten Granulat; Bruttogewicht 5.000 kg; Absender: Spedition H; Empfänger: T) ohne fortlaufend nummerierten Frachtbrief durchführte.

Weiters war das Tachographen-Schaublatt vom 5.3. auf den 6.3.2002 über den vorgesehenen 24-Stunden-Zeitraum im Kontrollgerät eingelegt. Laut Aufzeichnungen der mitgeführten Schaublätter war das Schaublatt vom 5. auf den 6.3.2002 2 Stunden und 15 Minuten zu lange im Kontrollgerät, wobei während dieser Zeit doppelte Fahrbewegungen aufgezeichnet wurden.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher auf den Einspruch vom 25.6.2002 verwiesen und zur Sache ausgeführt wurde, dass Herr H im Fernverkehr eingesetzt und an eine Spedition in Feldkirch verchartert sei. Daher sei es dem Bw nicht möglich, die Tachoscheiben der laufenden Woche zu kontrollieren, sondern erst, wenn die Fahrer von den jeweiligen Touren zum Sitz seines Unternehmens zurückkommen bzw in der darauffolgenden Woche, da ja die Fahrer bekanntlich die Tachoscheiben der laufenden und der letzten Woche mitzuführen haben. Das Gleiche treffe auch für die CMR-Frachtbriefe zu. Der Fahrer H habe diesbezüglich schon mehrmals Belehrungen über die Einhaltung der Vorschriften von ihm erhalten.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil die Berufung Erfolg hat und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, konnte eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung entfallen (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs.1 GütbefG idF BGBl. I Nr. 106/2001 müssen die Vordrucke für die Frachtbriefe für jedes Unternehmen fortlaufend nummeriert sein. Die Güterbeförderungsunternehmen haben die Frachtbriefe nach fortlaufenden Nummern geordnet sorgfältig aufzubewahren; für die Dauer der Aufbewahrung ist § 132 Bundesabgabenordnung maßgebend. Die Verwendung der Frachtbriefe muss jederzeit lückenlos nachgewiesen werden können (Abs.2 leg.cit.)

Gemäß § 17 Abs.1 GütbefG haben die Güterbeförderungsunternehmer bei Güterbeförderungen ab 50 km Entfernung oder über die Grenze für jede Sendung, mindestens jedoch für das auf ein Kraftfahrzeug (einen Kraftwagenzug) verladene Gut, jeweils einen Frachtbrief mitzuführen.

Gemäß Art. 15 Abs.2 EG-VO Nr. 3821/85 benützen Fahrer für jeden Tag, an dem sie lenken, ab dem Zeitpunkt, an dem sie das Fahrzeug übernehmen, Schaublätter. Das Schaublatt wird erst nach der täglichen Arbeitszeit entnommen, es sei denn, eine Entnahme ist auf andere Weise zulässig. Kein Schaublatt darf über den Zeitraum, für den es bestimmt ist, hinaus verwendet werden.

Dem Bw wurde im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, er habe als bestellter gewerberechtlicher Geschäftsführer zu verantworten, dass der Fahrer H einen Transport ohne fortlaufend nummerierten Frachtbrief durchführte. Weiters wurde ihm zur Last gelegt, dass das mitgeführte Schaublatt zu lange, nämlich 2 Stunden und 15 Minuten, eingelegt gewesen sei.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, dass die von der belangten Behörde im angefochtenen Straferkenntnis erhobenen Tatvorwürfe keine Deckung mit den oben angeführten Bestimmungen gemäß § 18 Abs.1 und 2 GütbefG finden, wo vom Unternehmer gefordert wird, dass die CMR-Frachtbriefe fortlaufend nummeriert aufbewahrt werden müssen. Eine Pflicht zum Mitführen ergibt sich aber aus § 17 Abs.1 GütbefG.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis den Bw als gewerberechtlichen Geschäftsführer zur Verantwortung gezogen.

Die Regelungen über die strafrechtliche Verantwortlichkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer (§§ 39, 370 GewO) beziehen sich nur auf die Einhaltung von Verpflichtungen, die sich aus gewerberechtlichen Vorschriften für die Gewerbeausübung ergeben. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung fehlt aber dem GütbefG (vgl. VwGH vom 30.1.2002, Zl. 2001/03/0283). Der Bw könnte daher nur als handelsrechtlicher Geschäftsführer verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Allerdings war noch Folgendes zu berücksichtigen:

Hat jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen, so sind die Strafen gemäß § 22 Abs.1 VStG nebeneinander zu verhängen. Gemäß dieser Bestimmung ist für jedes eigenständig begangene Delikt eine gesonderte Geldstrafe zu verhängen. Da die belangte Behörde jedoch für zwei eigenständige Delikte lediglich eine (Gesamt-)Geldstrafe verhängt hatte, wurde somit dem Kumulationsprinzip zuwidergehandelt (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 872, E23). Eine Trennung dieser Gesamtstrafe im Sinne einer Strafzumessung gemäß § 19 VStG für jedes gesonderte Delikt ist aber nachträglich dem Oö. Verwaltungssenat nicht möglich, ohne das im Strafverfahren geltende Verschlechterungsverbot gemäß § 51 Abs.6 VStG zu verletzen (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Dies gilt insbesondere aus dem Aspekt, dass Art. 15 Abs.2 EG-VO Nr. 3821/85 bloß dem Fahrer die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwendung der Schaublätter auferlegt. Eine Pflicht des Unternehmers ist dieser Bestimmung nicht zu entnehmen. Es kann daher der Bw für die Nichtbeachtung dieser Bestimmung nicht verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Das Straferkenntnis ist daher diesbezüglich aufzuheben.

Aus diesem Grunde war der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 und Z2 VStG einzustellen.

5. Weil der Berufung Erfolg beschieden ist, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Gesamtstrafe, Verschlechterungsverbot; Schaublatt, Pflicht des Lenkers, keine Verpflichtung des Unternehmers.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum