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VwSen-110467/2/Kl/Ka

Linz, 23.07.2003

 

 

 VwSen-110467/2/Kl/Ka Linz, am 23. Juli 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des GM, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. SH, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 6.5.2003, VerkGe96-48-2003, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 6.5.2003, VerkGe96-48-2003, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach Art.5 Abs.4 Verordnung Nr.81/92 (EWG) iVm § 23 Abs.1 Z9 GütbefG 1995 verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der MTGmbH, welche im Standort, das Güterbeförderungsgewerbe ausübt, zu verantworten, dass der Lenker des Sattelkraftfahrzeuges, Sattelzugfahrzeug und Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen und, Herr ME, am 19.02.2003 um 14.20 Uhr bei der Rückreise von einem grenzüberschreitenden Güterverkehr (es wurden lt. CMR-Frachtbrief vom 18.02.2003 auf 19.02.2003 von der Ladestelle der Fa. R zur Entladestelle der Fa. DM-Drogeriemarkt, 3 Paletten Friseurbedarf transportiert) auf der Innkreisautobahn A8 von Enns kommend in Fahrtrichtung Suben bis zum Parkplatz Gotthaming P 43, ABKM 43,650, Gemeinde Pram, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich (Leerfahrt in Verbindung mit dieser Beförderung), bei einer Kontrolle durch die Verkehrsabteilung - Außenstelle Wels dem Kontrollbeamten auf Verlangen keine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz vorgewiesen hat, obwohl laut Artikel 5 Abs.4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 für Beförderungen aus der nach dem Mitgliedstaat oder durch ein oder mehrere Mitgliedstaaten eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz im Fahrzeug mitgeführt werden muss und dem Kontrollbeamten auf Verlangen vorzuweisen ist und derjenige eine Verwaltungsübertretung begeht, wer die unmittelbar anwendbaren Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt hat.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens begehrt. Begründend wurde ausgeführt, dass dem Straferkenntnis eine ausreichende Begründung fehle. Völlig unklar blieb, welche Handlungen der Beschuldigte nach Ansicht der Behörde vorwerfbarerweise unterlassen hat. Auch wurde das Parteiengehör nicht gewahrt. Es wurde weder der Meldungsleger noch der Lenker des Fahrzeuges noch der Beschuldigte zum Sachverhalt einvernommen. Der Beschuldigte habe sich vor Fahrtantritt davon überzeugt, dass der Lenker über sämtliche notwendige Papiere verfügt. Es ist ihm daher unbegreiflich, dass die Gemeinschaftslizenz sich angeblich nicht im Fahrzeug befunden hat. Darüber hinaus ist der Beschuldigte als Unternehmer vom Ort des Sitzes seines Unternehmens aus verpflichtet zu handeln. Dieser Sitz befindet sich unzweifelhaft in der Bundesrepublik Deutschland. Die Tat wurde daher nicht im Inland begangen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. In einer Stellungnahme führt sie aus, dass gemäß § 23 Abs.3 GütbefG Unternehmer auch dann strafbar sind, wenn sie die in §§ 7 bis 8 GütbefG genannten Verpflichtungen im Ausland verletzen. Auch hat der Beschuldigte von seinem Recht, mitzuwirken und eine Stellungnahme abzugeben, keinen Gebrauch gemacht, sodass den Angaben der Anzeige gefolgt werden musste.

 

4. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr.881/92 unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr (dieser umfasst gemäß Art.2 der zit. VO ua. Fahrten eines Fahrzeuges mit oder ohne Durchfahrt durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten oder ein oder mehrere Drittländer, bei denen sich der Ausgangspunkt und der Bestimmungsort in zwei verschiedene Mitgliedstaaten befindet) einer Gemeinschaftslizenz.

 

Gemäß Art.5 Abs.4 der zit. VO muss eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz im Fahrzeug mitgeführt werden und ist dem Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen.

 

Die Verordnung wurde umgesetzt durch die Bestimmung des § 9 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, idF BGBl.I Nr.106/2001, wonach einerseits dem Lenker und andererseits dem Unternehmer bestimmte Pflichten ua bezüglich der Gemeinschaftslizenz auferlegt werden.

 

So hat der Lenker gemäß § 9 Abs.2 GütbefG den Nachweis über die im § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen (so zB die Gemeinschaftslizenz) bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet im Kraftfahrzeug mitzuführen und den Aufsichtsorganen auf Verlangen auszuhändigen.

 

Der Unternehmer hat gemäß § 9 Abs.1 GütbefG dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die im § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.

 

Wenn daher im gegenständlichen Fall dem Beschuldigten als handelsrechtlicher Geschäftsführer und daher Unternehmer sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10.3.2003 als auch im Straferkenntnis vom 6.5.2003 als Tat angelastet wird, dass er zu verantworten habe, dass der Lenker ....... bei einer Kontrolle ...... auf Verlangen keine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz vorgewiesen hat, so entspricht dieser Tatvorwurf nicht dem zitierten Wortlaut des § 9 Abs.1 GütbefG (argumentum "hat dafür zu sorgen"). Dass der Beschuldigte aber nicht Sorge getragen hat bzw die Sorge, dass die Nachweise ............ mitgeführt werden, unterlassen habe, wurde dem Beschuldigten nicht vorgeworfen.

 

Dass der Lenker nicht mitgeführt hat bzw auf Verlangen ausgehändigt hat, ist hingegen eine Pflichtverletzung des Lenkers, die im § 9 Abs.2 GütbefG normiert ist.

Die dem Bw vorgeworfene Tat bildet daher keine Verwaltungsübertretung, weshalb das Strafverfahren einzustellen war.

 

5.2. Weil aber dem Beschuldigten als Unternehmer bereits gemäß § 9 Abs.1 GütbefG auferlegt wird, dafür zu sorgen, dass die Gemeinschaftslizenz ausgefüllt und entwertet mitgeführt wird, hat ein Unternehmer bei Unterlassung dieser Sorgfaltspflicht mangels einer speziellen Verwaltungsübertretung im § 23 Abs.1 Z1 bis Z6 GütbefG eine Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z7 GütbefG begangen, weil durch Unterlassung dieser Pflicht andere als die im Z1 bis Z6 genannte Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes nicht eingehalten werden. Es ist daher der Vorwurf einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z9 GütbefG verfehlt. Dies insbesondere auch deshalb, weil § 23 Abs.1 Z9 GütbefG regelt, dass eine Verwaltungsübertretung begeht, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist. Es ist daher diese Ziffer

nur als subsidiärer Tatbestand bzw. Auffangtatbestand aufzufassen.

 

Es war daher der diesbezügliche weitere Tatvorwurf, dass unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union verletzt werden, nicht zielführend.

 

5.3. Darüber hinaus ist die Verletzung der im § 9 Abs.1 GütbefG dem Unternehmer auferlegten Pflicht der Sorgetragung ein Unterlassungsdelikt und ist daher im Zweifel der Sitz des Unternehmens Tatort, weil von dort aus Vorsorgehandlungen hätten getroffen werden müssen. Eine Sonderregelung betreffend des Tatortes im Hinblick auf eine Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z7 GütbefG ist im § 23 Abs.3 GütbefG nicht enthalten.

 

5.4. Es ist daher der Beschuldigte in seiner Berufung mit dem Vorbringen im Recht, dass es völlig unklar ist, welche der Handlungen der Beschuldigte nach Ansicht der Behörde unterlassen habe bzw begangen habe. Dies insbesondere deshalb, weil zunächst im Tatvorwurf vorgehalten wird, dass zu verantworten ist, dass der Lenker die Gemeinschaftslizenz nicht vorgewiesen hat und anschließend aber darauf hingewiesen wurde, dass der Unternehmer dafür zu sorgen hat, dass die Gemeinschaftslizenz vollständig ausgefüllt und entwertet mitgeführt wird. Schließlich wird ihm noch vorgehalten, dass die Pflicht des Mitführens in Art.5 Abs.4 der zit. VO geregelt ist und daher eine unmittelbar anwendbare Vorschrift der Europäischen Union verletzt wird.

 

Da es sich jeweils um verschiedene Tatbestände von verschiedenen Verwaltungsübertretungen handelt, ist schon aus der Formulierung des Spruches nicht klar ersichtlich, welche Verwaltungsübertretung mit welcher Tathandlung erfüllt werden sollte bzw bestraft werden sollte.

 

5.5. Weil hinsichtlich eines Vorwurfes nach § 9 Abs.1 GütbefG bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist, konnte eine Berichtigung nicht mehr durch den Oö. Verwaltungssenat vorgenommen werden.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Klempt
 

 

Beschlagwortung:

Sorgfaltspflicht des Unternehmers, Verletzung, Unterlassungsdelikt, Tatort im Ausland, Gemeinschaftslizenz

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