Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110500/2/Li/Ww/Sta

Linz, 21.06.2004

 VwSen-110500/2/Li/Ww/Sta Linz, am 21. Juni 2004

DVR.0690392
 
 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Linkesch über die Berufung des Herrn B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26.9.2003, VerkGe96-172-1-2003, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 2, 45 Abs.1 Z1 und Z3 sowie § 51 VStG.

Zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 26.9.2003, VerkGe96-172-1-2003, über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z9 Güterbeförderungsgesetz 1995 iVm Artikel 3 Abs.1 und Artikel 6 Abs.4, 1. Satz der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992, idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 vom 1.3.2002, eine Geldstrafe von 1.453 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden verhängt, weil er es als Unternehmer mit dem Sitz in D, am 23.7.2003 gegen 11.00 Uhr, auf der Innkreis-Autobahn A8, bei Strkm 75,100, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen habe, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: B, D, Lenker: Y, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats sei (Staatsbürgerschaft: Türkei), einen grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr und zwar eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Textilien) von der Türkei nach Österreich mit einem Zielort in Deutschland durchgeführt, ohne dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung, in der dieser genannt ist, zur Verfügung gestellt zu haben.

 

2. Begründend wurde von der belangten Behörde ausgeführt, dass nach der Aktenlage feststehe, dass die Fracht vom Unternehmen des Berufungswerbers befördert worden sei, zumal der Fahrer auch eine auf die OFE-Orient-Frachtexpress B, D, ausgestellte beglaubigte Abschrift einer Lizenz für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr mitgeführt habe. Außerdem sei der Berufungswerber sowohl Zulassungsbesitzer des Sattelzugfahrzeuges als auch jener des Sattelanhängers. Nachweise, dass der Frachtzug an eine türkische Firma vermietet worden sein soll, wie zB ein Mietvertrag und ein Beschäftigungsvertrag, seien nicht mitgeführt worden und habe der Berufungswerber auch nachträglich nicht beibringen können, obwohl dies im § 6 Abs.4 des Güterbeförderungsgesetzes verpflichtend vorgesehen sei.

 

Da der Fahrer, Herr Y, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats (Türkei) sei, anlässlich des beanstandeten, im Spruch näher konkretisierten grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehrs (Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 "Fahrt eines Fahrzeuges mit oder ohne Durchfahrt durch einen oder mehrere Mitgliedsstaaten oder ein oder mehrere Drittländer, bei denen sich der Ausgangspunkt in einem Drittland und der Bestimmungsort in einem Mitgliedsstaat befindet") keine Fahrerbescheinigung mitgeführt habe und der Berufungswerber ihm folglich diese nicht zur Verfügung gestellt habe, sei der objektive Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

Der Berufungswerber sei Geschäftsführer der OFE-Orient-Frachtexpress B und bestünden dadurch, dass der Berufungswerber keinen verantwortlichen Beauftragten bestellt habe, auch an der Verantwortlichkeit des Berufungswerbers keine Zweifel.

 

Was das Verschulden des Berufungswerbers anbelangt, wies die belangte Behörde zunächst darauf hin, dass der Berufungswerber als Unternehmer dem Fahrer die Fahrerbescheinigung zur Verfügung zu stellen habe. Er habe vorgebracht, dem Fahrer eine schriftliche Dienstanweisung ausgehändigt zu haben und die Disposition der Fahrer einer türkischen Tochterfirma übertragen zu haben. Dass er selbst eine Unterweisung vorgenommen und er selber den Bevollmächtigten der türkischen Tochterfirma kontrolliert habe, sei von ihm nie vorgebracht worden und auch nicht unter Beweis gestellt worden. Es sei dem Berufungswerber daher kein Entlastungsbeweis gelungen, weshalb von einem schuldhaften und zwar fahrlässigen Verhalten seinerseits auszugehen sei. Er habe daher die Tat sowohl objektiv als auch subjektiv begangen.

 

Zur Strafbemessung wurde in weiterer Folge ausgeführt, dass die Geldstrafe bei derartigen Übertretungen gemäß § 23 Abs.4 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 mindestens 1.453 Euro zu betragen habe. Die verhängte Mindeststrafe von 1.453 Euro hätte nicht gemäß § 20 VStG bis zur Hälfte unterschritten werden können, weil lediglich die bisherige Unbescholtenheit strafmildernd gewertet werden konnte. Auch wenn keine Erschwerungsgründe vorliegen würden, bedeutet dies im Hinblick auf den schwerwiegenden Unrechtsgehalt der durch die Unterlassung begangenen Tat noch kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe im Sinne des § 20 VStG.

 

Die Strafe erscheine demnach sowohl dem Unrechtsgehalt der Tat, als auch den geschätzten wirtschaftlichen Verhältnissen des Berufungswerbers angepasst.

 

3. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Dies nach der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung; Abführung der bisher unerledigt gebliebenen Beweisanträge; in eventu Aussprache einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG; in eventu Herabsetzung der Geldstrafe auf ein gesetzeskonformes mildes Maß im Sinne des § 20 VStG.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass der angelastete Sachverhalt nicht durch den Akteninhalt gedeckt sei. Weiters werde das Beladen der Fahrzeuge selbstständig von den Fahrern in der Türkei überwacht. Im Übrigen werde die Disposition der Fahrer durch die in der Türkei ansässige Tochterfirma des Einschreiters durchgeführt. Diese würde entscheiden, welche Fahrer auf den LKW's eingesetzt würden. Die Fahrer hätten ausdrücklich Anweisung, die Ladung und dergleichen selbstständig zu kontrollieren.

 

Bei der Firma des Berufungswerbers sei als Disponent Herr T für all diese Agenden zuständig. Es falle in den Aufgabenbereich des T, dafür Sorge zu tragen, dass die Fahrer die Anweisungen einhalten. Dies betreffe insbesondere das Mitführen der entsprechenden Fahrtdokumente/Bescheinigungen. Es wurde daher der Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des T gestellt. Weiters sei die verhängte Geldstrafe auf Grund näher bezeichneter Milderungsgründe als überhöht anzusehen.

 

4. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

 

Weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung.

 

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber als Unternehmer mit dem Sitz in D, vorgeworfen, die im Spruch des Straferkenntnisses näher angeführte gewerbsmäßige Güterbeförderung durch einen Lenker, welcher türkischer Staatsangehöriger ist, durchgeführt zu haben, ohne dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung, in der dieser genannt ist, zur Verfügung gestellt zu haben.

 

Mit diesem Tatvorwurf wird dem Bw zur Last gelegt, dem namentlich genannten Fahrer die erforderliche Fahrerbescheinigung nicht zur Verfügung gestellt zu haben und somit eine Zuwiderhandlung gegen die Anordnung gemäß Art. 6 Abs.4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 begangen zu haben, wonach die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers ist, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z9 Güterbeförderungsgesetz 1995 idF BGBl. I Nr. 32/2002 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu bestrafen ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 2 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine Übertretung ist im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

 

Nach dem zitierten Tatvorwurf hat der Bw der bereits näher ausgeführten Verpflichtung der Zurverfügungstellung einer Fahrerbescheinigung nicht entsprochen, also nicht gehandelt, obwohl er hätte handeln sollen. Allerdings ist die Handlung am Sitz des Güterbeförderungsunternehmens vorzunehmen, weil von dort aus die Fahrerbescheinigung beantragt und dann auch dem jeweiligen Fahrer zur Verfügung gestellt wird bzw. die beglaubigte Abschrift der Fahrerbescheinigung in den Geschäftsräumen des Verkehrsunternehmers aufzubewahren ist. Tatort im Sinne der vorzitierten Bestimmung des § 2 Abs.2 VStG ist daher der Sitz der Firma des Bw in Deutschland. Gemäß der Regelung des § 2 Abs.1 VStG sind aber nur im Inland begangene Verwaltungsübertretungen strafbar.

 

Es ist daher die gegenständliche Verwaltungsübertretung mangels eines Tatortes im Inland nicht strafbar, wodurch das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

 

5.2. Eine ausdrückliche gesetzliche Sonderregelung, die § 2 Abs.1 erster Halbsatz VStG einräumt, wurde nicht getroffen.

 

Gemäß § 23 Abs.3 GütbefG wird nämlich eine Sonderregelung nur dahingehend normiert, dass ein Unternehmer auch dann nach Abs.1 Z3 oder Z6 strafbar ist, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen im Ausland verletzt. Verwaltungsübertretungen nach Abs.1 Z9 werden von dieser Sonderregelung nicht erfasst.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 GütbefG wird unter Strafe gestellt, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hierfür erforderliche Bewilligung durchführt.

In § 7 Abs.1 GütbefG sind die Berechtigungen taxativ aufgezählt und ist in Z1 dieser Gesetzesstelle die Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 angeführt. Auf die allenfalls mit einer Gemeinschaftslizenz verbundene Fahrerbescheinigung wird nicht Bezug genommen. Gemäß dem Grundsatz der restriktiven Auslegung von Verwaltungsstraftatbeständen und dem Grundsatz, dass als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war (§ 1 Abs.1 VStG), war daher die Sonderregelung über einen im Inland liegenden Tatort nicht auf die gegenständliche Verwaltungsübertretung auszudehnen. Auch gemäß § 9 Abs.1 GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden. Da ausdrücklich auf die angeführten Berechtigungen Bezug genommen und dort nur die Gemeinschaftslizenz angeführt wird, war auch in diesem Wege eine Sonderregelung hinsichtlich der Strafbarkeit nach § 23 Abs.3 GütbefG nicht abzuleiten.

Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen kann es dahingestellt bleiben, ob eine rechtsgültige Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten stattgefunden hat.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Weil der Berufung Erfolg beschieden war, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

 

Dr. Linkesch

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