Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-110504/3/Li/Rd/Gam

Linz, 15.06.2004

 VwSen-110504/3/Li/Rd/Gam Linz, am 15. Juni 2004

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Linkesch über die Berufung des KR D, gegen die Fakten 1 und 2 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 25. September 2003, VerkGe96-111-2003, wegen Übertretungen des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 25. September 2003, VerkGe96-111-2003, wurde über den Berufungswerber (Bw) gemäß Faktum 1 eine Ermahnung ausgesprochen und hinsichtlich Faktum 2 eine Geldstrafe von 363 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß 1) § 23 Abs.1 Z3 iVm § 7 Abs.1 Z1 GütbefG und 2) § 23 Abs.1 Z7 iVm § 17 Abs.3 Z10, 11, 12 und 17 GütbefG verhängt, weil, wie am 23. Juli 2003 in Wels auf der A 25 bei Strkm 25/13,2 in Fahrtrichtung Linz bei einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle durch die Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich festgestellt worden sei, er als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der M Speditions- und Lagerei GmbH mit dem Lkw, Anhänger mit dem selben Kennzeichen, Lenker H, zu diesem Zeitpunkt eine gewerbliche Güterbeförderung durchgeführt habe, wobei er bei dieser Fahrt, die über mehr als 50 km ging, es habe sich um eine gewerbliche Güterbeförderung von Krommeniel in der Niederlanden nach Graz gehandelt,

1. keine Gemeinschaftslizenz gem. der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF 484/2002 mitgeführt habe und

2. auf dem mitgeführten Fahrtbrief der Name und die Anschrift des Frachtführers, das behördliche Kennzeichen des Kraftfahrzeuges und des mitgeführten Anhängers, die höchste zulässige Nutzlast des Kraftfahrzeuges und des mitgeführten Anhängers und die Unterschrift des Frachtführers gefehlt haben.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher das angefochtene Straferkenntnis dem Grunde und der Höhe nach bekämpft wird. Vorerst werde vorgebracht, dass die in der Rechtfertigung vom 15.9.2003 getätigten Aussagen aufrechterhalten werden.

Begründend wurde nunmehr ausgeführt, dass das angefochtene Straferkenntnis nicht ausweise, um welchen Frachtbrief es sich genau handle, zumal diese Fracht von mehreren Frachtbriefen begleitet worden sei. Es liege daher Mangelhaftigkeit vor. Bezüglich der fehlenden Eintragungen im Frachtbrief wird vorgebracht, dass der Frachtführer grundsätzlich nicht auch zugleich der Zulassungsbesitzer sein muss. Es sei daher unwesentlich, ob die Firma M oder sonst jemand eine Güterbeförderungskonzession besitze, denn für diesen Umstand sei lediglich wesentlich, dass das befördernde Unternehmen, welche Frachten führt, über die gesetzlichen Voraussetzungen verfüge, jedoch sei nicht erforderlich, dass der Frachtführer, welcher de facto unter gewissen Voraussetzungen jeder sein kann, über eine aufrechte Güterbeförderungskonzession verfüge.

Weiters werde dahingehend berufen, dass für die Ausstellung des Frachtbriefes der Frachtführer verantwortlich zeichnet und dies sei jedenfalls derjenige, der "die Fracht führt", in diesem Falle könne dies lediglich einzig und allein der Kraftfahrer sein, da der Unternehmer selbst niemals vor Ort in Holland sein könne, auch keine Kontrollmöglichkeit habe, die Frachtbriefe ob ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit zu kontrollieren, denn es sei nicht möglich, dass bei einem Unternehmen, wie bei unserem, an dem pro Tag durchschnittlich 60 Frachtbriefe ausgestellt werden, dies oftmals in den Nachtstunden, eine Kontrolle durchgeführt werden könne.

Zu diesem Zweck unterschreiben und unterfertigen die Kraftfahrer, dass sie eingehend und ausdrücklich belehrt, unterwiesen und mit Musterfrachtbriefen ausgestatten worden seien, dass sie für die ordnungsgemäße und sachgemäße Richtigkeit der Frachtbriefe persönlich haften. Als Beweis hiefür werden die dem Kraftfahrer übergebenen Unterlagen vorgelegt. Der nach außen hin befugte Personenkreis eines Transportunternehmens könne in diesem Falle höchstens der Erfüllungsgehilfe des "Führers der Fracht" sein, da der Führer der Fracht ausschließlich der Fahrer sein kann.

Im Übrigen werde die Höhe der verhängten Geldstrafe gerügt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben.

 

4. Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1. Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,

2. Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14.6.1973,

3. Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,

4. aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Eine solche Berechtigung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anders lautende Anordnung nach Abs.4 ergangen ist.

 

Gemäß § 17 Abs.3 hat der Frachtbrief folgende Angaben zu enthalten:

...

Z10: den Namen und die Anschrift des Frachtführers;

Z11: das behördliche Kennzeichen des Kraftfahrzeuges und der mitgeführten Anhänger;

Z12: die höchste zulässige Nutzlast des Kraftfahrzeuges und der mitgeführten Anhänger;

Z17: die Unterschrift des Frachtführers;

Hinsichtlich der in Abs.3 angeführten Eintragungen in den Frachtbrief sind verantwortlich

Z3: der Frachtführer für die Z10 bis 17 (§ 17 Abs.4 leg.cit.).

 

Gemäß § 23 Abs.1 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer

  1. als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Bewilligung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält;

7. andere als die in Z1 bis 6 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält;

Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z1, 2, 5 und 7 hat die Geldstrafe mindestens 363 Euro zu betragen. Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z3, 6 und Z8 bis 10 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs.1 Z1 der Gewerbeordnung 1994 hat die Geldstrafe mindestens 1.453 Euro zu betragen (§ 23 Abs.4 leg.cit.).

 

4.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Diesen Anforderungen wird insofern nicht entsprochen, als die belangte Behörde im Spruch des Straferkenntnisses dem Bw - ohne Anführung einer konkreten Uhrzeit - zur Last gelegt hat, dass am 23. Juli 2003 in Wels auf der A25 bei Strkm 25/13,2 in Fahrtrichtung Linz eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle durch die Verkehrsabteilung des LGK für durchgeführt wurde und dabei die im Spruch näher bezeichneten Tatvorwürfe festgestellt wurden.

 

Sohin wurde der gemäß § 44a Z1 VStG geforderten Tatkonkretisierung, wonach Tatort und Tatzeit möglichst präzis anzugeben sind, im angefochtenen Straferkenntnisses nicht Rechnung getragen, da der Spruch auch geeignet sein muss, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung als Verfolgungshandlung noch sonst innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist noch im Straferkenntnis wurde eine entsprechende Tatkonkretisierung vorgenommen. Es war daher schon mangels Tatkonkretisierung das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

4.2. Hinsichtlich Faktum 1 (Nichtmitführen einer Gemeinschaftslizenz) ist ergänzend noch auszuführen, dass gemäß § 9 Abs.1 GütbefG der Unternehmer dafür zu sorgen hat, dass die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.

 

Wie aus der Anzeige zu entnehmen ist, konnte der Lenker E H (b Staatsbürger) bei der gegenständlichen Anhaltung keine Fahrerbescheinigung vorweisen. In der Aufforderung zur Rechtfertigung wurde dem Bw jedoch zur Last gelegt, er habe keine Gemeinschaftslizenz mitgeführt. Der von der belangten Behörde dem Bw zur Last gelegte Tatvorwurf korrespondiert diesbezüglich nicht mit der Anzeige. Es hätte diesbezüglich auch keine Spruchberichtigung durchgeführt werden können, zumal dies einer Tatauswechslung gleichkäme und überdies § 31 Abs.1 VStG entgegenstünde.

 

Überdies hat die belangte Behörde dem Bw lediglich zur Last gelegt, er habe "... keine Gemeinschaftslizenz gem. der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idf 484/2002 mitgeführt...". Dieser Tatvorwurf entspricht sohin nicht den verba legalia des § 9 Abs.1 GütbefG und wäre Spruchpunkt 1 auch aus diesem Grund aufzuheben gewesen.

Zur Anwendung des § 21 VStG hinsichtlich des Faktums 1 ist abschließend noch zu bemerken, dass sich die belangte Behörde mit den diesbezüglichen Voraussetzungen nicht näher auseinander gesetzt hat. Es ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass es bei der ggstdl. Verwaltungsübertretung nicht auf die erfolgte Antragstellung vor Durchführung der Fahrt ankommt, sondern auf die mangelnde Sorge dafür, dass der Nachweis einer bereits erteilten Fahrbescheinigung in Verbindung mit einer Gemeinschaftslizenz - nicht mitgeführt wird.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. Linkesch