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VwSen-110553/2/Li/Rd/Gam

Linz, 20.12.2004

 

 

 VwSen-110553/2/Li/Rd/Gam Linz, am 20. Dezember 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Linkesch über die Berufung des A G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 10.12.2003, VerkGe96-187-2003, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 10.12.2003, VerkGe96-187-2003, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 726 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs.1 und § 7 Abs.1 iVm § 23 Abs.1 Z3 GütbefG und Art.3 Abs.1 der Verordnung Nr. 881/92 (EWG) des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsamt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten, ABl. Nr. L 095 vom 9.4.1992, Seite 0001-0007, verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der G Internationale Spedition & Transporte, welche im Standort D, das Güterbeförderungsgewerbe ausübt, zu verantworten, dass Sie nicht dafür Sorge getragen haben, dass im nachstehend angeführten, zur Ausübung des grenzüberschreitenden Güterverkehrs verwendeten Kraftfahrzeuges während der gesamten Fahrt eine vollständig ausgefüllte und notfalls entwertete Gemeinschaftslizenz in Verbindung mit einer Fahrerbescheinigung (Fahrerbescheinigung wurde erst am 25.8.2003, um 13.45 mittels Fax der hs. Behörde übermittelt) mitgeführt wurde, sodass der Lenker, Herr S K, der das Sattelkraftfahrzeug, Sattelzugfahrzeug und Sattelanhänger mit den deutschen Kennzeichen und am 25.8.2003 um 10.40 Uhr gelenkt hat und dabei eine gewerbsmäßige, grenzüberschreitende Güterbeförderung (Ladung: Plastikteile für Kleiderbügel) von England kommend, durch das Gebiet der Republik Österreich bis zum Kontrollparkplatz Kematen am Innbach in Fahrtrichtung Wels durchgeführt hat und bei einer Kontrolle auf der Innkreisautobahn A8, Abkm 24,900, Gemeindegebiet Kematen am Innbach, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, keine Gemeinschaftslizenz in Verbindung mit einer Fahrerbescheinigung vorweisen konnte, obwohl der Fahrer ein Staatsangehöriger eines Drittstaats ist und laut Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch ein oder mehrere Mitgliedstaaten, sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaats ist, zur Gemeinschaftslizenz eine Fahrerbescheinigung im Fahrzeug mitgeführt werden muss und dem Kontrollbeamten auf Verlangen vorzuweisen ist und der Unternehmer dafür zu sorgen hat, dass im angesprochenen Fahrzeug die Gemeinschaftslizenz in Verbindung mit einer Fahrerbescheinigung mitgeführt wird und derjenige eine Verwaltungsübertretung begeht, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hierfür erforderliche Bewilligung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält".

 

Begründend wurde dazu - nach Zitierung der Gesetzesbestimmungen - ausgeführt, dass aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens es als erwiesen anzusehen sei, dass der Bw nicht dafür Sorge getragen habe, dass der Lenker K bei der gegenständlichen grenzüberschreitenden gewerblichen Güterbeförderung am 25.8.2003 um 10.40 Uhr das Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen von England kommend in Fahrtrichtung Türkei gelenkt und keine Fahrerbescheinigung in Verbindung mit der Gemeinschaftslizenz mitgeführt habe und daher diese dem Kontrollorgan somit nicht vorweisen konnte.

Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für das Mitführen der Gemeinschaftslizenz komme dem Güterbeförderungsunternehmer zu, bei juristischen Personen des Handelsrechts dem handelsrechtlichen Geschäftsführer.

Der Bw habe in seinen Schreiben vom 25.8. und 22.9.2003 keine solchen Gründe dargelegt, aus denen nachvollziehbar sei, dass die im Spruch zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen worden sei.

In letztgenanntem Schreiben sei angeführt worden, dass der Fahrer K ab sofort die Fahrerbescheinigung in Verbindung mit der Gemeinschaftslizenz permanent bei all seinen Güterbeförderungen mit sich führen werde. Dieser Umstand habe deshalb nicht als schuldbefreiend angesehen werden können, da der Unternehmer eine solche Vorsorge zu treffen habe, dass jeder Kraftfahrer rechtzeitig vor Antritt einer grenzüberschreitenden Fahrt, sofern er Fahrer aus einem Drittstaat ist, eine gültige beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz im Fahrzeug mitzuführen und diese auf Verlangen vorzuweisen habe.

Erwiesen sei auch, dass der Lenker türkischer Staatsangehöriger ist und für ein Güterkraftverkehrsunternehmen der Bundesrepublik Deutschland mit einem in Deutschland zugelassenen Kraftfahrzeug gefahren sei und während der gesamten Fahrt keine Fahrerbescheinigung in Verbindung mit einer Gemeinschaftslizenz mitgeführt habe.

Es sei daher als erwiesen anzusehen, dass der Bw zumindest in fahrlässiger Weise die im Spruch näher umschriebene Verwaltungsübertretung begangen habe.

Zur Strafbemessung wurde dargelegt, dass im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren als Milderungsgründe das volle Schuldgeständnis, die im Schreiben vom 25.8. und 22.9.2003 geschilderten Umstände sowie die kooperative Zusammenarbeit berücksichtigt worden seien. Erschwerend sei der Umstand vorgehalten worden, dass der Bw nicht rechtzeitig Vorsorge getroffen habe, dass eine gültige Abschrift der Gemeinschaftslizenz während der ganzen Fahrt mitgeführt und bei der Kontrolle vorgewiesen werden konnte. Da die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe überwiegen, sei die Mindeststrafe von 1.453 Euro auf 726 Euro reduziert worden.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher um Einstellung des Verfahrens und um Rückerstattung eventuell bezahlter Sicherheitsleistungen gebeten wurde.

Als Begründung wurde dargelegt, dass beim Landratsamt Göppingen die Ausstellung der Fahrerlizenz beantragt worden sei, jedoch diesem Antrag bislang nicht stattgegeben wurde. Am 25.8.2003 wurde erstmals die Fahrerbescheinigung für den Fahrer K ausgestellt. Die Fahrerbescheinigung sei dem Fahrer per DHL in die Türkei geschickt worden und führe er seine Fahrerbescheinigung nunmehr permanent mit sich.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und in der Stellungnahme anlässlich der Vorlage der Berufung ausgeführt, dass am 25.8.2003 um 10.40 Uhr keine Fahrerbescheinigung vorgewiesen worden sei. Bei der Strafbemessung sei die Mindeststrafe von 1.453 Euro auf 726 Euro reduziert worden, da die Fahrerbescheinigung, welche vom Landratsamt Göppingen erst am 25.8.2003 ausgestellt wurde, um 13.45 Uhr mittels Fax übermittelt worden sei.

Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Bw als handelsrechtlichen Geschäftsführer der G Internationale Spedition & Transporte mit dem Standort in D, vorgeworfen, die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses näher angeführte gewerbsmäßige grenzüberschreitende Güterbeförderung durch den Lenker K durchgeführt zu haben, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die Gemeinschaftslizenz in Verbindung mit einer Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde, da der oa Lenker keine Gemeinschaftslizenz in Verbindung mit einer Fahrerbescheinigung vorweisen konnte, obwohl dieser Staatsangehöriger eines Drittstaats ist und daher zur Gemeinschaftslizenz eine Fahrerbescheinigung im Fahrzeug mitgeführt werden muss und dem Kontrollorgan auf Verlangen vorzuweisen ist, somit der Unternehmer nicht dafür gesorgt hat, dass eine Fahrerbescheinigung mitgeführt wird.

 

4.2. Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1. Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,

2. Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14.6.1973,

3. Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,

4. aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Eine solche Berechtigung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anders lautende Anordnung nach Abs.4 ergangen ist.

 

Gemäß Art.3 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002 vom 1.3.2002, über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder einen oder mehrere Mitgliedstaaten unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist - mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß Art.6 Abs.4 der oben zitierten Verordnung ist die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt.

 

4.3. Vorweg ist zu bemerken, dass aus der Anzeige des LGK für , VAASt Ried/Innkreis, nicht zu entnehmen ist, dass der Fahrer bei der Anhaltung keine Gemeinschaftslizenz mitgeführt hat. Vielmehr wurde darin zur Anzeige gebracht, dass dem Lenker seitens des handelsrechtlichen Geschäftsführers keine Fahrerbescheinigung ausgefolgt wurde. Überdies stellt die Stellungnahme der belangten Behörde anlässlich der Berufungsvorlage lediglich auf die fehlende Fahrerbescheinigung ab.

 

Die belangte Behörde vermengt jedoch im angefochtenen Straferkenntnis entgegen dem Konkretisierungserfordernis des § 44a Z1 VStG zwei Tatvorwürfe, nämlich einerseits gemäß § 9 Abs.1 Gütbef nicht dafür Sorge getragen zu haben, dass die Gemeinschaftslizenz mitgeführt wird und anderseits gemäß Art.6 Abs.4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002 - nicht dafür Sorge getragen zu haben, dass der Fahrer als Staatsangehöriger eines Drittstaates, eine Fahrerbescheinigung mitführt.

 

Letztere Formulierung entspricht im Übrigen auch nicht den verba legalia des Art.6 Abs.4 der oben zitierten Verordnung, zumal es dort lautet, dass der Unternehmer dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung "zur Verfügung stellt".

 

Darüber hinaus ist bezüglich der mangelnden Zurverfügungstellung der Fahrerbescheinigung noch Folgendes auszuführen:

 

In § 7 Abs.1 GütbefG sind die Berechtigungen taxativ aufgezählt und ist in Z1 dieser Gesetzesstelle die Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 angeführt. Auf die allenfalls mit einer Gemeinschaftslizenz verbundene Fahrerbescheinigung wird jedoch nicht Bezug genommen.

 

Die vom Bw gesetzte Verwaltungsübertretung verletzt somit nicht § 7 Abs.1 GütbefG, sondern ist diese dem Art.6 Abs.4 der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 zuzurechnen, wodurch als Strafbestimmung § 23 Abs.1 Z9 GütbefG zur Anwendung gelangen hätte müssen. Bei einem Unterlassungsdelikt gilt der Ort als Tatort, wo der Täter handeln hätte müssen, also am Sitz des Unternehmens, welcher im gegenständlichen Fall in Deutschland etabliert ist. Eine örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde war somit nicht gegeben (§ 2 Abs.1 VStG), da auch kein Anwendungsfall der lex specialis des § 23 Abs.3 GütbefG (Strafbarkeit auch bei Unternehmenssitz im Ausland) vorliegt, da dieser nur für die Verletzung von Pflichten gemäß §§ 7 bis 9 leg.cit. gilt, welche aber hier nicht stattgefunden hat (vgl. diesbezüglich auch VwSen-110549/2/Kl/Pe vom 9.3.2004 u.v.a.). Weiters wird auch auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 2004, Zl. 2004/03/0087, hingewiesen.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 
 

Dr. Linkesch
 
 

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