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VwSen-110560/2/Li/Rd/Gam

Linz, 07.04.2004

 

 
VwSen-110560/2/Li/Rd/Gam
Linz, am 7. April 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Linkesch über die Berufung des G C, vertreten durch Rechtsanwalt O B, S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 18. Februar 2004, VerkGe96-203-1-2003, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.
 
Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber G C (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z9 GütbefG iVm Art.3 Abs.1 und Art.6 Abs.4 erster Satz der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002 vom 1.3.2002 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einen Mitgliedsstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedsstaaten für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 1.453 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 67 Stunden, verhängt.

Ferner wurde der Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet, 145,30 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben als gemäß § 9 Abs.2 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter der R T (Unternehmer) mit dem Sitz in M, T, am 17.9.2003 gegen 11.10 Uhr auf der Innkreisautobahn A8, bei Strkm 75,200, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen , deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: R T, M, T, Lenker: S S, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats ist (Staatsbürgerschaft: Ungarn), einen grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr und zwar eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Fahrzeugteile) von St. Florian am Inn mit einem Zielort in Ungarn durchgeführt, ohne dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung, in der dieser genannt ist, zur Verfügung gestellt zu haben."

 

1.1. Hiezu führt die belangte Behörde begründend im Wesentlichen aus, dass nach der Aktenlage feststehe, dass der Fahrer, Herr S S, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats (Ungarn) ist, anlässlich des beanstandeten, im Spruch näher konkretisierten grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehrs keine Fahrerbescheinigung mitgeführt habe und der Bw ihm diese nicht zur Verfügung gestellt habe.

Dass Herr S Gesellschafter oder Geschäftsführer der R T sein solle, sei aus den übermittelten Unterlagen nicht ersichtlich gewesen und sei der Name des Bw darin überhaupt nicht erwähnt, sodass der strafbare Tatbestand festgestanden sei.

Hinsichtlich der Verantwortlichkeit wurde ausgeführt, dass laut Auskunft des Kreisverwaltungsreferates der Landeshauptstadt München vom 20.10.2003 der Bw als Prokurist der R T und der Alleinverantwortliche für die Führung der Güterkraftverkehrsgeschäfte, wofür eine Kopie des Handelsregisterauszuges sowie des Prokuristenvertrages beigeschlossen wurde, aufscheine.

Entsprechend diesem Vertrag sei der Bw alleine zuständig für die Führung der Geschäfte des Güterverkehrs und außerdem für die Einhaltung der gesetzlichen gewerblichen Vorschriften in der GmbH verantwortlich. Dieser seit 30.9.2000 gültige Vertrag wurde vom Bw nachweislich unterfertigt. Die Voraussetzungen für die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG lägen somit eindeutig vor, sodass auch bezüglich der Verantwortlichkeit keine Zweifel bestünden.

Von einem schuldhaften und zwar fahrlässigem Verhalten seitens des Bw war auszugehen, zumal er als Unternehmer es unterlassen habe, dem Fahrer die Fahrerbescheinigung zur Verfügung zu stellen.

Darüber hinaus wurde bezüglich der Strafbemessung ausgeführt, dass die Geldstrafe bei derartigen Übertretungen gemäß § 23 Abs.4 GütbefG mindestens 1.453 Euro zu betragen habe.

Die Durchführung einer gewerbsmäßigen Güterbeförderung ohne Fahrerbescheinigung habe zur Folge, dass die Möglichkeit einer Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Beschäftigung bzw. Zurverfügungstellung von Fahrern außerhalb des Mitgliedsstaats, in dem der Verkehrsunternehmer ansässig ist, nicht gegeben ist. Dies habe in der Vergangenheit zu einer Marktlage geführt, bei der Fahrer aus Drittstaaten mitunter regelwidrig und ausschließlich im grenzüberschreitenden Verkehr außerhalb des Mitgliedsstaats, in dem der Verkehrsunternehmer ansässig ist, beschäftigt wurden, um die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaats, in dem der Verkehrsunternehmer ansässig ist und der dem Verkehrsunternehmer die Gemeinschaftslizenz erteilt hat, zu umgehen. Um dies zu verhindern, sei die Verhängung der Mindeststrafe notwendig und angemessen erschienen.

Von der Anwendung des § 20 VStG hat die belangte Behörde Abstand genommen, zumal lediglich die bisherige Unbescholtenheit als strafmildernd gewertet werden konnte und somit die Voraussetzungen des § 20 VStG nicht gegeben waren.

Zudem ist die belangte Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 1.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis wurde vom Bw rechtzeitig Berufung eingebracht und darin ausgeführt, dass gemäß den EU-Verordnungen 881/92 und 484/2002 eindeutig hervorgehe, dass Fahrerbescheinigungen nur für Fahrer in einem Beschäftigungsverhältnis auszustellen seien, nicht jedoch für selbständige Unternehmer.

Als Gesellschafter der R T sei Herr S S ganz klar selbständiger Unternehmer. Als Beweis hiefür wurde mit Schriftsatz vom 26. Februar 2004 ein Handelsregisterauszug vom Amtsgericht München, eine Eintragungsbestätigung vom Amtsgericht München, eine notarielle Urkunde über die Geschäftsanteilsabtretung und Bestellung des Herrn S S zum Gesellschafter vorgelegt. Dies würde belegen, dass der Bw sich nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zur R T befinde. Als selbständiger Unternehmer hätte der Bw daher nicht einer EU-Fahrerbescheinigung bedurft.

Überdies wurde vom Bw vorgebracht, dass die gegenständliche Tat unter § 23 Abs.1 Z9 und nicht unter die in § 23 Abs.3 1. Satz GütbefG aufgezählten Tatbestände zu subsumieren sei, für die ein inländischer Tatort fingiert werde.

Der Sitz der Unternehmensleitung sei nicht im Inland (Österreich) sondern im Ausland (Deutschland), weshalb eine nicht strafbare Auslandstat vorliege.

Es wird daher beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Bw als gemäß § 9 Abs.2 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter der R T vorgeworfen, dass die R T die im Spruch des Straferkenntnisses näher angeführte gewerbliche Güterbeförderung durch einen Lenker, welcher ungarischer Staatsangehöriger ist, vornehmen ließ und dabei der Verpflichtung nicht nachgekommen ist, dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung zur Verfügung zu stellen, obwohl der Fahrer ein Fahrzeug im grenzüberschreitenden Verkehr mit einer Gemeinschaftslizenz durchgeführt hat.

 

4.2. Bezüglich der Verantwortlichkeit des Bw wird Folgendes bemerkt:

 

Mit Schriftsatz vom 26.2.2004, bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding am 1.3.2004 eingelangt, wurde die Kopie einer beglaubigten Abschrift des Handelsregister B des Amtsgerichts München vom 8.1.2004 vorgelegt. Diese gibt den Stand der Eintragungen vom 17.9.2003 wieder.

Aus dem Auszug ist wie folgt zu entnehmen:

 

"4. a) Allgemeine Vertretungsregelung:

Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten.

 

b) Vertretungsberechtigte und besondere Vertretungsbefugnis:

Einzelvertretungsberechtigt; mit Befugnis, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen:

Geschäftsführer: B, G, K,

Geschäftsführer: K, B, T,

Geschäftsführer: K, L, M,

Geschäftsführer: K-B, D, M,

Geschäftsführer: M, I, S,

Geschäftsführer: O, I, T,

Geschäftsführer: R, N, K,

Geschäftsführer: R K, E, K

Geschäftsführer: S, Z, T

Geschäftsführer: S, S, M

Geschäftsführer: T, S, S

 

5. Prokura:

Gesamtprokura gemeinsam mit einem Geschäftsführer:

C, G, M"

 

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis rechtsrichtig ausgeführt hat, wurde der Bw mit Wirkung des Prokuristenvertrages vom 30.9.2000 als Prokurist der R Tbestellt. Unter der Überschrift "Aufgaben und Pflichten" ist ausgeführt, dass der Bw den Geschäftsführer in seiner Abwesenheit laut Anweisung des Geschäftsführers vertritt und alleine zuständig für die Führung der Geschäfte des Güterverkehrs ist. Er ist weiters zuständig für die Einhaltung der gesetzlichen gewerblichen Vorschriften in der GmbH.

 

Aufgrund des Vorliegens eines rechtsgültigen Prokuristenvertrages ist die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Bw dokumentiert, weshalb das angefochtene Straferkenntnis zu Recht an den Bw ergangen ist (vgl. § 9 Abs.2 VStG).

 

Der Berufung ist aber dennoch Erfolg beschieden:

4.3. Gemäß Art.1 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF Verordnung (EG)
Nr. 484/2002 gilt diese Verordnung für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken.

 

Nach Art.2 dieser Verordnung gilt als grenzüberschreitender Verkehr unter anderem Fahrten eines Fahrzeuges mit oder ohne Durchfahrt durch einen oder mehrere Mitgliedsstaaten oder ein oder mehrere Drittländer, bei denen sich der Ausgangspunkt in einem Mitgliedsstaat und der Bestimmungsort in einem Drittland oder umgekehrt befindet.

 

Gemäß Art.3 der zitierten Verordnung unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist - mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß Art.4 Abs.2 der Verordnung bestätigt die Fahrerbescheinigung gemäß Art.3, dass im Rahmen einer Beförderung auf der Straße, für die eine Gemeinschaftslizenz besteht, der diese Beförderung durchführende Fahrer, der Staatsangehöriger eines Drittstaats ist, in dem Mitgliedsstaat, in dem der Verkehrsunternehmer ansässig ist, gemäß den Rechts- und Verwaltungsvorschriften und gegebenenfalls, je nach den Vorschriften dieses Mitgliedsstaats, gemäß den Tarifverträgen über die Bedingungen für die Beschäftigung und Berufsausbildung von Fahrern beschäftigt ist, um dort Beförderungen auf der Straße vorzunehmen.

 

Gemäß Art.6 Abs.2 wird die Fahrerbescheinigung von dem Mitgliedsstaat auf Antrag des Inhabers der Gemeinschaftslizenz für jeden Fahrer ausgestellt, der Staatsangehöriger eines Drittstaats ist und den er rechtmäßig beschäftigt bzw. der ihm gemäß den Rechts- und Verwaltungsvorschriften und gegebenenfalls, je nach den Vorschriften dieses Mitgliedsstaats, gemäß den Tarifverträgen über die in diesem Mitgliedsstaat geltenden Bedingungen für die Beschäftigung und Berufsausbildung von Fahrern rechtmäßig zur Verfügung gestellt wird. Mit der Fahrerbescheinigung wird bestätigt, dass der darin genannte Fahrer unter den in Art.4 festgelegten Bedingungen beschäftigt ist.

Unbestritten ist, dass der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführte Lenker S S ungarischer Staatsangehöriger ist. Wie nunmehr aus dem oben zitierten Handelsregisterauszug ersichtlich ist, ist er dem Kreis der Geschäftsführer zugehörig. Dieser Umstand bewirkt, dass für ihn keine Fahrerbescheinigung vonnöten gewesen ist, wenn er nicht als "Fahrer" in der GmbH beschäftigt ist, sondern als "Gesellschaftergeschäftsführer" fungiert und einen Geschäftsanteil an der GmbH besitzt. Dafür, dass Herr S S gleichzeitig auch als Fahrer des Verkehrsunternehmens beschäftigt war bzw. ist, ergeben sich aus den Ermittlungen der belangten Behörde jedoch keinerlei Anhaltspunkte.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II: Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Linkesch

 

Beschlagwortung:
Geschäftsführer als Lenker benötigt keine Fahrerbescheinigung, wenn kein Arbeitsverhältnis als Fahrer erwiesen ist.

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