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VwSen-110561/2/Kl/Rd/Pe

Linz, 23.04.2004

 

 

 VwSen-110561/2/Kl/Rd/Pe Linz, am 23. April 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des N S, vertreten durch Rechtsanwältin I B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 20.2.2004, VerkGe96-263-1-2003, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 2, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 20.2.2004, VerkGe96-263-1-2003, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z9 GütbefG iVm Art.3 Abs.1 und Art.6 Abs.4 erster Satz der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002, verhängt, weil er als Unternehmer mit dem Sitz in D, am 13.12.2003 gegen 11.55 Uhr auf der Innkreis-Autobahn A8, bei Strkm 75,200, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: N S, Lenker: Y S, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats ist (Staatsbürgerschaft: Türkei), einen grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr und zwar eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (10.727 kg Textilien) von Rumänien nach Österreich mit einem Zielort in Deutschland durchgeführt hat, ohne dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung, in der dieser genannt ist, zur Verfügung gestellt zu haben.

Die mitgeführte Fahrerbescheinigung mit der N. D/1399/BW/GP/Nr. 10/03, ausgestellt vom Landratsamt Göppingen ist am 12.5.2003 abgelaufen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw einzustellen.

Begründend wurde vorgebracht, dass der Bw eine Fahrerbescheinigung nicht zur Verfügung stellen konnte bzw musste, da vom Landratsamt Göppingen eine solche nicht ausgestellt werde und dies damit begründet wurde, dass eine EU-Fahrerbescheinigung nicht auszustellen sei, wenn die grenzüberschreitenden Beförderungen unter Einsatz von CEMT- oder bilateralen Genehmigungen durchgeführt werden. Der gewerbliche Güterkraftverkehr werde in Richtung Ost-Südosteuropa bzw in die Türkei und zurück unter Verwendung einer CEMT- oder bilateralen Genehmigung vorgenommen. Der gewerbliche Güterverkehr werde nicht im Bereich der Europäischen Gemeinschaft abgewickelt. Überdies werde auf § 7 Abs.1 GütbefG hingewiesen, nach welchem es auch ausreiche, wenn eine CEMT-Genehmigung vorliege. Dies sei eine von vier möglichen Genehmigungen.

Gewerblicher Güterkraftverkehr in Richtung Ost-Südosteuropa bzw in die Türkei und zurück werde unter Verwendung einer CEMT- oder bilateralen Genehmigung vorgenommen. Wird aber eine CEMT-Genehmigung mitgeführt, so ist eine Gemeinschaftslizenz, die in Verbindung mit einer Fahrerbescheinigung ansonsten erforderlich ist, eben nicht erforderlich. Wie vom Kontrollorgan festgestellt worden sei, wurde eine CEMT-Genehmigung mitgeführt. Es werde daher beantragt, dass Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren gegen den Bw einzustellen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten als Unternehmer vorgeworfen, dass die Firma N S Iternationale Transporte die im Spruch des Straferkenntnisses näher angeführte gewerbliche Güterbeförderung durch einen Lenker, welcher türkischer Staatsangehöriger ist, vornehmen ließ und dabei der Verpflichtung nicht nachgekommen ist, dem Fahrer eine gültige Fahrerbescheinigung - die vom Fahrer mitgeführte, war mit 12.5.2003 abgelaufen - zur Verfügung zu stellen, obwohl der Fahrer ein Fahrzeug im grenzüberschreitenden Verkehr mit einer Gemeinschaftslizenz durchgeführt hat.

 

Mit diesem Tatvorwurf wird dem Beschuldigten vorgeworfen, dem namentlich genannten Fahrer die erforderliche gültige Fahrerbescheinigung nicht zur Verfügung gestellt zu haben und somit eine Zuwiderhandlung gegen die Anordnung gemäß Art.6 Abs.4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002 begangen zu haben, wonach die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers ist, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z9 Güterbeförderungsgesetz idF BGBl. I Nr. 32/2002 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu bestrafen ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 2 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine Übertretung ist im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

 

Nach dem zitierten Tatvorwurf hat der Beschuldigte der bereits näher ausgeführten Verpflichtung der Zurverfügungstellung einer gültigen Fahrerbescheinigung nicht entsprochen, also nicht gehandelt, obwohl er hätte handeln sollen. Allerdings ist die Handlung am Sitz des Güterbeförderungsunternehmens vorzunehmen, weil von dort aus die Fahrerbescheinigung beantragt wird und dann auch dem jeweiligen Fahrer zur Verfügung gestellt wird bzw die beglaubigte Abschrift der Fahrerbescheinigung in den Geschäftsräumen des Verkehrsunternehmers aufzubewahren ist. Tatort im Sinne der vorzitierten Bestimmung des § 2 Abs.2 VStG ist daher der Sitz der Firma N S Internationale Transporte in (Deutschland). Gemäß der Regelung des § 2 Abs.1 VStG sind aber nur im Inland begangene Verwaltungsübertretungen strafbar.

 

Es ist daher die gegenständliche Verwaltungsübertretung mangels eines Tatortes im Inland nicht strafbar. Es war daher das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

5.2. Eine ausdrückliche gesetzliche Sonderregelung, die § 2 Abs.1 erster Halbsatz VStG verlangt, wurde hingegen nicht getroffen.

 

Gemäß § 23 Abs.3 GütbefG wird nämlich eine Sonderregelung nur dahingehend getroffen, dass ein Unternehmer nur dann nach Abs.1 Z3 und Z6 strafbar ist, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen im Ausland verletzt.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 GütbefG wird unter Strafe gestellt, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Bewilligung durchführt. In § 7 Abs.1 GütbefG sind die Berechtigungen taxativ aufgezählt und ist in Z1 dieser Gesetzesstelle die Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 angeführt. Auf die allenfalls mit einer Gemeinschaftslizenz verbundene Fahrerbescheinigung wird nicht Bezug genommen. Gemäß dem Grundsatz der restriktiven Auslegung von Verwaltungsstraftatbeständen und dem Grundsatz, dass als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war (§ 1 Abs.1 VStG), war daher die Sonderregelung über einen im Inland liegenden Tatort nicht auf die gegenständliche Verwaltungsübertretung auszudehnen. Auch in § 9 Abs.1 GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden. Da ausdrücklich auf die angeführten Berechtigungen Bezug genommen wird und nur die Gemeinschaftslizenz angeführt wird, war auch in diesem Wege eine Sonderregelung hinsichtlich der Strafbarkeit nach § 23 Abs.3 GütbefG nicht abzuleiten.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. Klempt
Beschlagwortung:
Fahrerbescheinigung, Tatort, Unterlassungsdelikt

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