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VwSen-110579/3/Kl/Rd/Pe

Linz, 17.06.2004

 

 

 VwSen-110579/3/Kl/Rd/Pe Linz, am 17. Juni 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des N S, vertreten durch Rechtsanwältin I B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 16. April 2004, VerkGe96-43-1-2004, wegen einer Verwaltungsübertretung des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 16.4.2004, VerkGe96-43-1-2004, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 1.453 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z3 und § 7 Abs.1 GütbefG 1995 idgF verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der R T GmbH (Unternehmer) mit dem Sitz in, Deutschland, am 9.3.2004 gegen 10.20 Uhr auf der Innkreisautobahn A8, bei Strkm 75,200, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: R T GmbH, Deutschland, Lenker: R Ö, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats ist (Staatsbürgerschaft: Türkei), einen grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr und zwar eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (13.420 kg Textilien) von der Türkei nach Österreich mit einem Zielort in Deutschland ohne die hiefür erforderliche Fahrerbescheinigung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002 durchgeführt hat. Der Bw sei nicht Inhaber einer solchen Fahrerbescheinigung.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin ausgeführt, dass der Bw keine Fahrerbescheinigung zur Verfügung stellen konnte, da eine diesbezügliche Ausstellung vom Landratsamt Göppingen mit der Begründung abgelehnt wurde, dass, wenn grenzüberschreitende Beförderungen unter Einsatz von CEMT- oder bilateralen Genehmigungen durchgeführt werden, keine Fahrerbescheinigungen benötigt werden. Der gewerbliche Güterverkehr werde in Richtung Ost-Südosteuropa bzw in die Türkei unter Verwendung von CEMT- bzw. bilateralen Genehmigungen vorgenommen. Der gewerbliche Güterverkehr werde nicht im Bereich der Europäischen Union abgewickelt. Zudem verweist der Bw auf die Bestimmungen des § 7 Abs.1 GütbefG, wonach es ausreicht, wenn der grenzüberschreitende Güterverkehr mit einer der dort angeführten Bewilligungen durchgeführt wird. Im gegenständlichen Fall sei der Transport mittels CEMT-Genehmigung durchgeführt worden, weshalb auch keine Gemeinschaftslizenz und somit auch keine Fahrerbescheinigung vonnöten gewesen sei. Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens unter Berücksichtigung der Entscheidungen des Oö. Verwaltungssenates vom 23.4.2004, VwSen-110561 bzw vom 15.7.2003, VwSen-110463, beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfallen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1. Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,

2. Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14.6.1973,

3. Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,

4. aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Eine solche Berechtigung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anders lautende Anordnung nach Abs.4 ergangen ist.

 

Gemäß Art.3 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 vom 1.3.2002, über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder einen oder mehrere Mitgliedstaaten unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist - mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß Art.6 Abs.4 der oben zitierten Verordnung ist die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt.

 

5.2. Wie nunmehr aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde hervorgeht, konnte der Fahrer R Ö im Zuge der Anhaltung eine Gemeinschaftslizenz, jedoch nur eine bis am 5.2.2004 gültige Fahrerbescheinigung dem Beamten vorweisen. Da letztgenannte keine Gültigkeit mehr aufwies, hätte ihm der Bw aufgrund der Tatsache, dass es sich beim Lenker um einen türkischen Staatsangehörigen gehandelt hat, eine gültige Fahrerbescheinigung zur Verfügung zu stellen gehabt. Dass die gegenständliche Güterbeförderung ohne im Besitz einer Gemeinschaftslizenz durchgeführt worden sei, wurde dem Bw von der belangten Behörde zu Recht nicht zur Last gelegt.

 

Die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, dass, wenn auch die Fahrerbescheinigung nicht ausdrücklich in § 7 Abs.1 des GütbefG angeführt ist, keine Zweifel daran bestehen, dass auch diese Berechtigung von dieser Bestimmung mitumfasst ist - die Aufzählung in § 7 Abs.1 GütbefG könne nach Ansicht der Behörde nur im Zusammenhang mit den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen gesehen werden, zumal § 7 Abs.1 Z1 leg.cit. sogar auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 Bezug nimmt - kann vom Oö. Verwaltungssenat nicht geteilt werden, zumal dem Grundsatz der restriktiven Auslegung von Verwaltungsstraftatbeständen Rechnung getragen werden muss.

Im Übrigen ist die Fahrerbescheinigung in der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 geregelt.

 

In § 7 Abs.1 GütbefG sind die Berechtigungen taxativ aufgezählt und ist in Z1 dieser Gesetzesstelle die Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 angeführt. Auf die allenfalls mit einer Gemeinschaftslizenz verbundene Fahrerbescheinigung wird jedoch nicht Bezug genommen.

Die vom Bw gesetzte Verwaltungsübertretung verletzt somit nicht § 7 Abs.1 GütbefG, sondern ist diese dem Art.6 Abs.4 der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 zuzurechnen, wodurch auch § 23 Abs.1 Z9 leg.cit. zur Anwendung gelangen hätte müssen; dort gilt - wie bei Unterlassungsdelikten generell - der Ort als Tatort, wo der Täter handeln hätte müssen, also am Sitz des Unternehmens, welches im gegenständlichen Fall in Deutschland etabliert ist. Eine örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde war somit nicht gegeben (§ 2 Abs.1 VStG).

 

Es liegt sohin kein Anwendungsfall der lex specialis des § 23 Abs.3 GütbefG (Strafbarkeit auch bei Unternehmenssitz im Ausland) vor, da dieser nur für die Verletzung von Pflichten gemäß §§ 7 bis 9 leg.cit. gilt, welche aber hier nicht stattgefunden hat (vgl. diesbezüglich auch VwSen-110549/2/Kl/Pe vom 9. März 2004).

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. Klempt
 
 
Beschlagwortung:
Fahrerbescheinigung, Tatort, Straftatbestand, restriktive Auslegung

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