Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110590/2/Li/Gam

Linz, 18.01.2005

 VwSen-110590/2/Li/Gam Linz, am 18. Jänner 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Linkesch über die Berufung der Firma B-T B, B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M B, S, S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7.6.2004, VerkGe96-17-1-2004, wegen der Erklärung des Verfalls einer vorläufigen Sicherheit zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
 
Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 2, 24 und 51 VStG iVm § 24 GütbefG.

 
 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7.6.2004, VerkGe96-17-1-2004, wurde der Berufungswerberin, der B-T B, bzw. dem Verantwortlichen der B-T B mit dem Sitz in B, H, die am 24.1.2004 von den Aufsichtsorganen des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, Verkehrsabteilung, Außenstelle Ried/Innkreis, eingehobene vorläufige Sicherheit nach § 37a Abs.1 und Abs.2 Z2 VStG iVm § 24 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 im Betrag von 1.453 Euro für verfallen erklärt.

 

Dem Bescheid zu Grunde liegt der Umstand, dass der Verantwortliche der B-T B (Unternehmer) mit dem Sitz in B, H, am 24.1.2004 gegen 9.20 Uhr auf der Innkreisautobahn A8, bei Strkm 75,200, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem belgischen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem belgischen Kennzeichen , deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: B-T B, B, H, Lenker: C Y, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats ist (Staatsbürgerschaft: Türkei), einen grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr und zwar eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Sammelgut) von Deutschland nach Österreich mit einem Zielort in der Türkei ohne die hierfür erforderliche Fahrerbescheinigung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 durchgeführt hat. Das Unternehmen ist nicht Inhaberin einer solchen Fahrerbescheinigung.

 

Hiezu führt die belangte Behörde begründend im Wesentlichen aus, dass die B-T B sowie das Ministére des Communication et des Enterprises publiques in Brüssel den Aufforderungen vom 3.2.2004, 18.2.2004 sowie vom 22.4.2004 mitzuteilen, wer der gemäß § 9 Abs.1 VStG strafrechtlich Verantwortliche der Firma ist, nicht nachgekommen seien, und somit keine bestimmte Person verfolgt bzw. bestraft werden könne, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid wurde von der Bw durch ihren Rechtsvertreter rechtzeitig Berufung eingebracht und darin ausgeführt, dass der angefochtene Bescheid seinem gesamten Inhalte nach angefochten werde.

Als Gründe werden Verfahrensmängel, unrichtige Tatsachenfeststellung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

Nach herrschender Rechtsansicht erweise sich die Strafverfolgung des Beschuldigten oder der Vollzug der Strafe erst dann als unmöglich, wenn konkrete Verfolgungshandlungen nicht möglich waren.

Im Gegensatz zur Einhebung der vorläufigen Sicherheit - für die gemäß § 37 Abs.1 VStG bereits die Prognose eines wesentlich erschwerten Verwaltungsstrafverfahrens ausreicht - sei für den Ausspruch des Verfalls erforderlich, dass die Behörde konkrete Schritte der Strafverfolgung gesetzt hat. Erst dann kann sich die Strafverfolgung als unmöglich erweisen.

Wie bereits ausgeführt, genüge daher nicht schon allein der Verdacht, dass aufgrund des Sitzes des Unternehmens im Ausland bzw. der Nichtbestellung eines Zustellungsbevollmächtigten im Inland eine Strafverfolgung bzw. der Strafvollzug unmöglich sein werde, sondern sei im Verfahren zur Erklärung des Verfalls ein konkreter Nachweis der Unmöglichkeit erforderlich.

Dass nämlich die Strafverfolgung von vornherein nicht unmöglich sein würde, habe die Behörde schon daran erkennen können, dass ihr - wie sich aus der Anzeige ergeben habe - der Unternehmenssitz bekannt gewesen sei.

Dass sich der Sitz des Unternehmens im Ausland befindet, begründe für sich allein auch dann nicht die Unmöglichkeit der Strafverfolgung iSd § 37 Abs.5 VStG, wenn kein Abkommen über gegenseitige Rechtshilfe in Verwaltungsverfahren bzw. kein bilaterales Zustellabkommen bestehe.

Tatsächlich sei in gegenständlicher Angelegenheit Herr Dr. M B überdies zum Zustellbevollmächtigten bestellt worden.

Wie somit dargelegt, setze die Anwendung des § 37 Abs.5 VStG die Vornahme einer Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG gegen eine bestimmte, als Adressat der betreffenden Verwaltungsstrafnorm in Betracht kommende (physische) - vgl. VwGH 14.3.1993, 93/18/0050 - Person oder zumindest konkrete Ermittlungsschritte, um die für das Unternehmen verantwortliche Person festzustellen, voraus.

Dem Verwaltungsstrafakt sei keine Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG zu entnehmen, sondern habe die belangte Behörde jegliche Erhebungen hinsichtlich des tatsächlich nach außen vertretungsbefugten Organs unterlassen.

Es wird daher beantragt, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid zu beheben.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte unterbleiben, da bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist bzw. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.2 Z1 und Abs.3 Z4 VStG).

 

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Insoweit sich der von der belangten Behörde erlassene Verfallsbescheid mit der Beurteilung der Frage auseinander setzt, eine bestimmte physische Person (Täter) nicht zur Verantwortung ziehen zu können, ist er von einer zutreffenden Voraussetzung ausgegangen. Trotz der von der belangten Behörde gesetzten Verfahrensschritte, nämlich der Anfragen beim Rechtsvertreter der B-T B und beim Ministére des Communication et des Enterprises publiques in Belgien, konnte ein für die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung Verantwortlicher des oben angeführten Unternehmens nicht ermittelt werden. Sohin konnte im Sinne des § 17 Abs.3 VStG keine bestimmte Person verfolgt oder bestraft werden.

Dennoch ist der Bescheid, wie noch näher auszuführen sein wird, mit Rechtswidrigkeit behaftet.

 

4.2. Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1. Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,

2. Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14.6.1973,

3. Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,

4. aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Eine solche Berechtigung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anders lautende Anordnung nach Abs.4 ergangen ist.

 

Gemäß § 9 Abs.1 hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.

 

Dem Unternehmer wurde jedoch kein grenzüberschreitender Gütertransport ohne eine Bewilligung iSd § 7 Abs.1 GütbefG 1995, sondern die Durchführung eines solchen ohne Fahrerbescheinigung, bzw. dass das Unternehmen nicht Inhaberin einer solchen ist, vorgeworfen. Mit diesem Tatvorwurf wird dem Bw zur Last gelegt dem namentlich genannten Lenker die erforderliche Fahrerbescheinigung nicht zur Verfügung gestellt zu haben und somit eine Zuwiderhandlung gegen die Anordnung gemäß Art.6 Abs.4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 vom 1.3.2002 begangen zu haben, wonach die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers ist, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z9 GütbefG 1995 idgF begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu bestrafen ist, wer unmittelbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

 

In § 7 Abs.1 GütbefG 1995 sind die Berechtigungen taxativ aufgezählt und ist in Z1 dieser Gesetzesstelle die Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 angeführt. Auf die allenfalls mit einer Gemeinschaftslizenz verbundene Fahrerbescheinigung wird jedoch nicht Bezug genommen.

Der EGMR sieht eine extensive Auslegung von Strafbestimmungen als unzulässig an und bezieht das Bestimmtheitsgebot auf den Wortlaut der Strafnorm.

Diesem Grundsatz wird im ggstdl. Anwendungsfall jedoch nicht Rechnung getragen.

 

Die von der Bw gesetzte Verwaltungsübertretung verletzt daher nicht § 7 Abs.1 GütbefG 1995, sondern ist diese Art.6 Abs.4 der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 zuzurechnen, wodurch auch § 23 Abs.1 Z9 GütbefG 1995 zur Anwendung gelangen hätte müssen. Auch für die dort erfassten Verwaltungsstraftatbestände gilt jedoch bei Unterlassungsdelikten der Ort als Tatort, wo der Täter handeln hätte müssen, also am Sitz des Unternehmens, welcher im gegenständlichen Fall in Belgien etabliert ist. Eine örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde war somit nicht gegeben (§ 2 Abs.1 VStG). Es liegt aber auch kein Anwendungsfall der lex specialis des § 23 Abs.3 GütbefG 1995 (Strafbarkeit auch bei Unternehmenssitz im Ausland) vor, da dieser nur für die Verletzung der in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen gilt, welche aber hier nicht stattgefunden hat (vgl. diesbezüglich auch VwSen-110549/2/Kl/Pe, VwSen-110576/2/Kl/Rd/Wü, VwSen-110564/3/Li/Rd/Gam, VwSen-110572/2/Li/Rd

/Gam, u.v.a.).

 

4.3. Gemäß § 24 GütbefG kann als vorläufige Sicherheit iSd § 37a VStG bei Verdacht einer Übertretung der Vorschriften über den grenzüberschreitenden Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen (§§ 7 bis 9) oder einer Zuwiderhandlung gemäß § 23 Abs.1 Z3, 6 sowie Z8 bis 10 ein Betrag von 1.453 Euro festgesetzt werden. Bei Verdacht einer Übertretung des Unternehmers gilt dabei der Lenker als Vertreter des Unternehmers, falls nicht dieser selbst oder ein von ihm bestellter Vertreter bei den Amtshandlungen anwesend ist.

 

Als Grundlage für die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit wäre somit nicht § 7 Abs.1 GütbefG heranzuziehen gewesen, sondern vielmehr § 23 Abs.1 Z9 GütbefG, welcher jedoch - wie bereits ausgeführt wurde - nicht von der Ausnahmeregelung gemäß § 23 Abs.3 GütbefG erfasst ist und somit, weil der Sitz des Unternehmens im Ausland ist, der Tatort im Ausland liegt. Es ist daher gemäß § 2 VStG keine Straftat im Inland begangen worden, weshalb ein Täter von vornherein nicht verfolgt werden kann.

 

 

5. Gemäß § 17 Abs.3 VStG kann, wenn keine bestimmte Personen verfolgt oder bestraft werden kann, auf den Verfall selbstständig erkannt werden, wenn im Übrigen die Vorraussetzungen dafür vorliegen. Primäre Voraussetzung auch eines objektiven Verfalls ist, dass die Verwirklichung des Tatbestandes einer Verwaltungsübertretung erwiesen wurde (vgl. dazu auch VwGH v. 28.2.1996, 94/03/0263). Wie bereits ausführlich dargelegt, kann eine infolge des im Ausland gelegenen Unternehmenssitzes begangene pflichtwidrige Unterlassung nicht als im Inland begangene Verwaltungsübertretung qualifiziert werden, die zuständigkeitshalber von der BH Schärding verfolgt werden kann. Es liegt daher eine für den Ausspruch des objektiven Verfalls erforderliche Voraussetzung nicht vor, sodass der Berufung Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben war, ohne dass auf das Berufungsvorbringen und dessen Stichhältigkeit näher einzugehen war.

Zu II:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

 

Dr. Linkesch

 

 
Beschlagwortung:
Voraussetzungen des objektiven Verfalls (§ 17Abs.3 VStG).

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