Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-110629/2/Kl/Pe

Linz, 23.12.2004

 

 

 VwSen-110629/2/Kl/Pe Linz, am 23. Dezember 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der R S, vertreten durch Rechtsanwälte K & K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 8.11.2004, VerkGe-144-1-2004, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem GütbefG 1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 2, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 8.11.2004, VerkGe-144-1-2004, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 363 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z7 und § 9 Abs.1 GütbefG 1995 verhängt, weil sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der H S-, H- und T GmbH (Unternehmer) mit dem Sitz in, am 12.8.2004 gegen 9.45 Uhr, auf dem Amtsplatz der Zollstelle Suben, Gemeindegebiet Suben, nicht dafür gesorgt hat, dass die Nachweise über die in § 7 Abs.1 des Güterbeförderungsgesetzes angeführten Berechtigungen bei der gewerbemäßigen Beförderung von Gütern (22.580 kg Abfall) von Asten durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: H S-, H- und T GmbH, Lenker: T G, während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und entwertet mitgeführt wurden.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Fahrer, so auch der gegenständlich genannte Fahrer, durch die Geschäftsführung angewiesen sind, sich bei Fahrtantritt davon zu überzeugen, dass sich im Fahrzeug die Unterlagen befinden. Von der Geschäftsführung wurde ein Fuhrparkleiter eingesetzt, der die Fahrzeuge überwacht. Der Fuhrparkleiter ist verpflichtet, die Fahrzeuge darauf zu kontrollieren, dass sie verkehrstechnisch in Ordnung und mit den notwendigen Papieren versehen sind. Bereits beim Erwerb des Fahrzeuges wird festgelegt, für welche Transporte das Fahrzeug zukünftig in Frage kommt, sodass bereits bei Aufnahme des Fahrzeuges in den Fuhrpark das Fahrzeug mit den erforderlichen Lizenzen versehen wird und der Fuhrparkleiter regelmäßig kontrolliert, ob die Fahrzeuge noch vollständig sind und insbesondere ob hier die erforderlichen Lizenzen vorliegen. Auch wird bei Fahrtantritt der Fahrer durch den Disponenten darauf hingewiesen, welche Bescheinigungen erforderlich sind und dass sich diese bereits auf dem Lkw befinden. Des weiteren werden die für den Transport zu beachtenden notwendigen Dinge besprochen. Sollten die Unterlagen fehlen, so ist der Fahrer gehalten, die Disposition zu informieren und umgehend Ersatz der fehlenden Bescheinigungen anzufordern. Weiters sei die festgesetzte Strafe unangemessen hoch. Es handle sich um einen einmaligen Verstoß. Angesichts der Unbescholtenheit des Beschuldigten und des Umstandes, dass die Lizenz schon länger vorliegt, sei eine niedrigere Strafe gerechtfertigt. Auch hätte eine Klärung durch ein Fax an den Zollbeamten vor Ort erfolgen können.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs.1 GütbefG 1995, BGBl. Nr. 593/1995 idF BGBl. Nr. 36/2002, hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z7 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer andere als die in Z1 bis 6 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes nicht einhält.

 

Gemäß § 23 Abs.4 Satz 1 leg.cit hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z7 die Geldstrafe mindestens 363 Euro zu betragen.

 

4.2. Aufgrund der Anzeige des Zollamtes Wels, Zollstelle Suben, vom 12.8.2004 sowie auch der Schriftsätze der Beschuldigten im anhängigen Verwaltungsstrafverfahren ist ersichtlich und erwiesen, dass die Beschuldigte handelsrechtliche Geschäftsführerin und damit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche der H S-, H- und T GmbH mit dem Sitz in Deutschland, ist und am 12.8.2004 gegen 9.45 Uhr ein gewerblicher Gütertransport durch das genannte Unternehmen von Asten durch Österreich mit dem Zielort in Deutschland durch den Lenker T G durchgeführt wurde, ohne dass eine beglaubige Abschrift der EU-Gemeinschaftslizenz, also Nachweise über die in § 7 Abs.1 GütbefG angeführten Berechtigungen, mitgeführt wurde, obwohl laut Auskunft des Landratsamtes Sangerhausen eine gültige EU-Lizenz für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterverkehr mit 30 beglaubigten Abschriften, befristet bis 1.9.2004, vorlag. Dies wurde erwiesenermaßen beim Anhaltungsort Amtsplatz der Zollstelle Suben, Gemeindegebiet Suben festgestellt. Laut Anzeige sagte der Lenker bei seiner Betretung aus, dass in seiner Firma der Fuhrpark erweitert wurde. Das von ihm benutzte Sattelzugfahrzeug ist ein Mietfahrzeug. Er hat von seinem Disponenten keine EU-Lizenz erhalten, wusste jedoch, dass eine EU-Lizenz benötigt wird.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ist daher erwiesen, dass die Beschuldigte als strafrechtlich Verantwortliche des Unternehmens nicht dafür gesorgt hat, dass die beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet während der gesamten Fahrt mitgeführt wird. Durch dieses Tatverhalten ist daher der objektive Tatbestand der zitierten Verwaltungsübertretung erfüllt. Allerdings befindet sich der Sitz des Unternehmens und der Unternehmensleitung, der die Beschuldigte als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche angehört, nicht in Österreich sondern in in Deutschland. Von dort aus hätten Vorsorgehandlungen, nämlich Maßnahmen, die mit gutem Grund die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften erwarten lassen, erfolgen müssen. Auch wenn die gegenständliche Verwaltungsvorschrift als österreichische Rechtsnorm ihren Gültigkeitsbereich nur auf österreichischem Hoheitsgebiet entfaltet, und daher - wie die belangte Behörde richtig ausführt - die normierte Pflicht erst mit Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Wirksamkeit tritt, so werden dennoch nicht die Vorsorgehandlungen erst auf österreichischem Staatsgebiet getroffen, sondern werden - wie bereits aufgeführt - Vorsorgehandlungen vom Unternehmenssitz aus durchgeführt, wenngleich sie erst mit Grenzübertritt in Wirksamkeit treten. Es ist daher die belangte Behörde zwar mit ihrer Begründung dahingehend im Recht, dass dem Gesetz genüge getan wäre, wenn der Fahrer die Berechtigung spätestens beim Grenzübertritt nach Österreich erhält. Allerdings vermag sich der Oö. Verwaltungssenat den weiteren Begründungsausführungen nicht anzuschließen, dass der Lenker die Möglichkeit hätte, die Berechtigung innerhalb von Österreich beispielsweise einem anderen Fahrer der Firma zu übergeben und daher die Vorsorgehandlung während der gesamten Fahrt zu treffen ist. Dem steht § 9 Abs.2 GütbefG entgegen, wonach der Lenker "während der gesamten Fahrt" vollständig ausgefüllt und entwertet die entsprechenden Nachweise im Kraftfahrzeug mitzuführen und auszuhändigen hat. Eine Möglichkeit zur Übertragung während der Fahrt räumt das Gesetz daher nicht ein. Es genügt daher, um der gesetzlichen Verpflichtung des Unternehmers genüge zu tun, dass vor Fahrtantritt bzw. jedenfalls vor Einreise nach Österreich eine Vorsorgehandlung und Maßnahme des Unternehmers gesetzt wird, dass der Lenker rechtzeitig zum genannten Zeitpunkt eine beglaubigte Abschrift erhält und diese Maßnahme ermöglicht, dass diese beglaubigte Abschrift den Lenker bzw. das Fahrzeug bis zur nachfolgenden Ausreise nicht mehr verlässt, also während der gesamten Fahrt mitgeführt werden kann. Von einem Tätigwerden des Unternehmers im Inland ist daher nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates nicht auszugehen. Diese Auffassung wird unterstützt in den Materialien, RV 668 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP, zu Z10 (§§ 7 bis 9), wonach die Verpflichtung zum Mitführen der Nachweise an das deutsche Güterkraftverkehrsgesetz angelehnt wurde und die Mitführpflicht einerseits ausdrücklich als Unternehmerpflicht und andererseits als Pflicht des Lenkers normiert wurde. Das von der belangten Behörde zitierte VwGH-Erkenntnis ist insofern nicht zielführend, als es von der Überladung eines Fahrzeuges ausgeht, welcher Umstand sich selbstverständlich während der Fahrt ändern kann.

Weil daher - trotz Benennung sowohl des Unternehmenssitzes als auch des Anhalteortes im Spruch des Straferkenntnisses - von einem Tatort im Ausland, nämlich dem Unternehmenssitz in Deutschland, auszugehen ist, liegt Strafbarkeit gemäß § 2 VStG wegen der Tatbegehung im Ausland nicht vor. Darüber hinaus ist es verwaltungsstrafrechtlich nicht von Belang, wo der Lenker tatsächlich seinen Nachweis erhält, sondern vielmehr von wo aus die entsprechenden Veranlassungen und Dispositionen getroffen werden. Dies ist im heutigen Wirtschaftsleben in der Regel der Unternehmenssitz, also jener Ort, wo die Geschäftsleitung ihre Dispositionen trifft.

Mangels einer ausdrücklichen Ausnahmeregelung in § 23 Abs.3 GütbefG für eine Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z7 iVm § 9 Abs.1 GütbefG liegt daher ein strafbares Verhalten im Inland nicht vor. Es war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. Klempt
 
 
Beschlagwortung:

Tatort, Unternehmenssitz in Ausland, Vorsorgehandlung

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum