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VwSen-110674/2/Kl/Pe

Linz, 12.07.2005

 VwSen-110674/2/Kl/Pe Linz, am 12. Juli 2005

DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des A K, vertreten durch Rechtsanwälte H-U S, S D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 15. Juni 2005, VerkGe96-175-2005, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG 1995) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis samt Verfallsauspruch mit der Maßgabe bestätigt, dass die Strafnorm im Sinn des § 44a Z3 VStG zu lauten hat: "§ 23 Abs.2 GütbefG".

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 40 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 15. Juni 2005, VerkGe96-175-2005, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs.2 GütbefG iVm Art.3 Abs.1, Art.6 Abs.4 letzter Satz der Verordnung (EG) Nr. 484/2002, verhängt, weil er am 12.5.2005 als Staatsangehöriger eines Drittstaats (Staatsbürgerschaft: Türkei) und Lenker des Sattelzugfahrzeuges mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen (Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: O K, Deutschland) eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (15.934 kg Sammelgut) von der Türkei zum Grenzübergang Suben, mit einem Zielort in Deutschland durchgeführt hat, ohne dass er bei diesem grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr den Kontrollberechtigten auf Verlangen am 12.5.2005 um 18.15 Uhr auf dem Amtsplatz der Zollstelle Suben, Gemeindegebiet Suben, eine Fahrerbescheinigung vorgezeigt habe.

Gleichzeitig wurde die am 12.5.2005 von den Aufsichtsorganen des Zollamtes Wels, Zollstelle Suben, eingehobene vorläufige Sicherheit nach § 37a Abs.1 und Abs.2 Z2 VStG iVm § 24 GütbefG im Betrag von 200 Euro gemäß § 37 Abs.5 VStG für verfallen erklärt und auf die Strafe angerechnet.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht. Darin beruft sich der Berufungswerber auf eine Auskunft der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Bau und Verkehr vom 9.5.2003, wonach Fahrerbescheinigungen, wie sie die Bezirkshauptmannschaft Schärding verlangt, nicht ausgestellt werden. Zur Begründung wird auf die Verordnung EG Nr. 484/2002 verwiesen. Es wurde in Verbindung mit der in Europa einheitlichen EU-Lizenz eine weitere einheitliche Fahrerbescheinigung geschaffen. Die Mitgliedsstaaten der europäischen Gemeinschaft mit Gemeinschaftslizenz im innereuropäischen Verkehr sollen nachprüfen können, ob die Fahrer aus Drittstaaten rechtmäßig beschäftig sind und zwar ausschließlich nach den Vorschriften und Tarifverträgen des Staates, in dem der Unternehmer seinen Betriebssitz unterhält. Damit fallen Firmen mit Agenturverträgen und/oder bilateralem Verkehr nicht unter den Geltungsbereich der Verordnung. Die EU-Fahrerbescheinigung ist nicht auszustellen, wenn die grenzüberschreitenden Beförderungen unter Einsatz von CEMT- oder bilateralen Genehmigungen durchgeführt werden. Der gewerbliche Güterkraftverkehr der Firma K wird in Richtung Ost-, Süd-Ost-Europa bzw. in die Türkei und zurück unter Verwendung einer CEMT- oder bilateralen Genehmigung vorgenommen. Der gewerbliche Güterverkehr wird nicht im Bereich der europäischen Gemeinschaft abgewickelt. Im vorliegenden Fall ist daher davon auszugehen, dass eine Fahrerbescheinigung nicht auszustellen ist, da der Beschuldigte grenzüberschreitende Beförderungen unter Einsatz von CEMT- bzw. bilateralen Genehmigungen durchführt. Der Beschuldigte hat die EU-Lizenz vorgelegt. Es kann nicht sein, dass hier Strafen verhängt werden, für eine fehlende Fahrerbescheinigung, die von deutschen Behörden aus den o.g. Gründen nicht ausgestellt werden. Der Beschuldigte ist Angehöriger eines Drittstaates mit Wohnsitz in einem Drittstaat, der ausschließlich Transporte aus der EU in Drittstaaten und umgekehrt durchführt.

Die Firma O K, ist Inhaberin der Gemeinschaftslizenz mit der Nr.:, die sie berechtigt entsprechende Anträge auf Erteilung einer Fahrerbescheinigung bei den zuständigen Behörden zu stellen. Die Freie und Hansestadt Hamburg als zuständige Behörde für das Ausstellen von Fahrerbescheinigungen lehnt die Ausstellung im vorstehenden Fall ab mit der Begründung, dass eine EU-Fahrerbescheinigung nicht auszustellen ist, wenn die grenzüberschreitenden Beförderungen unter Einsatz von CEMT- oder bilateralen Genehmigungen ausgeführt werden.

Der Beschuldigte ist Angestellter der Firma K, S E C M K, Türkei, die mit der Firma O K, einen Agenturvertrag unterhält.

Auf die mangelnde Strafbarkeit des Inhabers des Transportunternehmens, O K, und die diesbezüglichen Erkenntnisse VwSen-110463 und VwSen-110623/10/Kl/Pe, wird hingewiesen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil im angefochtnen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, im Übrigen in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behaupt wurde und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, kann von einer Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs.3 Z1 und Z3 VStG abgesehen werden.

Aus der Anzeige und den beigeschlossenen Kopien des Führerscheins, zweier Zulassungsscheine, einer EU-Genehmigung, eines Frachtbriefes, des Passes und zweier Diagrammscheiben ist einwandfrei erwiesen und wird das auch in der Berufung vom Berufungswerber bestätigt, dass er am 12.5.2005 um ca. 18.15 Uhr auf der Autobahn A 8 einen gewerblichen Gütertransport mit dem näher angeführten Kraftwagenzug durchgeführt hat und hiefür eine EU-Lizenz, ausgestellt auf die Firma O K, Deutschland, mit der Nr., vorgelegt hat. Er wurde auch zur Vorlage einer Fahrerbescheinigung befragt und konnte diese nicht vorzeigen. Der Berufungswerber als Lenker erklärte, dass ihm nicht bekannt sei, dass er als türkischer Fahrer eine Fahrerbescheinigung brauche. Laut mitgeführtem Frachtbrief ist die Firma K Frachtführer. Die mitgeführte Gemeinschaftslizenz wurde am 1.12.2002 in Hamburg erteilt und ist gültig vom 1.12.2002 bis 20.11.2007. Zulassungsbesitzer des Kraftwagenzuges ist laut Zulassungsscheinen O K.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 23 Abs.2 GütbefG 1995 ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro zu bestrafen, wer als Lenker u.a. unmittelbar anwendbare Vorschriften der europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt.

Gemäß Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF Verordnung (EG) Nr. 484/2002 unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist - mit einer Fahrerbescheinigung.

Gemäß Art.6 Abs.4 der zitierten Verordnung ist die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt. Eine beglaubigte Abschrift der Fahrerbescheinigung ist in den Geschäftsräumen des Verkehrsunternehmers aufzubewahren. Die Fahrerbescheinigung ist den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen.

Der gegenständliche grenzüberschreitende gewerbliche Güterkraftverkehr wurde von der Firma O K, welche ihren Unternehmenssitz in Deutschland hat, durchgeführt. Der Berufungswerber als Lenker dieses Güterkraftverkehres ist türkischer Staatsangehöriger. Er hat den gewerblichen Güterverkehr mit einer deutschen Gemeinschaftslizenz mit der Nr. durchgeführt.

Weil er gemäß dem zitierten Art.6 Abs.4 der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 ein Fahrzeug im Verkehr mit einer erteilten Gemeinschaftslizenz führte, hat er als Angehöriger eines Drittstaates (Türkei) gemäß Art.6 Abs.4 letzter Satz der zitierten Verordnung die Fahrerbescheinigung auf Verlangen vorzuzeigen.

Gemäß Art.3 Abs.1 unterliegt nämlich der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung mit einer Fahrerbescheinigung, sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist.

Weil der Berufungswerber als Lenker des gegenständlichen Gütertransportes keine Fahrerbescheinigung mitführte und auch nicht vorzeigen konnte, war die gegenständliche Verwaltungsübertretung durch den Berufungswerber als Lenker erwiesenermaßen erfüllt.

Da die gegenständliche Verwaltungsübertretung zu den Ungehorsamsdelikten zählt, für welche gemäß § 5 Abs.1 VStG Verschulden, nämlich zumindest Fahrlässigkeit, ohne weiteres angenommen wird, sofern der Berufungswerber nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, war auch vom Verschulden des Berufungswerbers auszugehen. Entsprechende entlastende Umstände wurden vom Berufungswerber nicht angeführt und auch nicht unter Beweis gestellt.

Wenn der Berufungswerber anlässlich seiner Anhaltung angibt, dass er nicht gewusst hätte, dass er eine Fahrerbescheinigung zur EU-Lizenz brauche, so entlastet ihn dieser Umstand nicht. Vielmehr hat er als Berufskraftfahrer sich über die geltenden Rechtsvorschriften zu erkundigen und sich Kenntnis dieser Rechtsvorschriften - nötigenfalls durch Anfrage bei der zuständigen Behörde - zu verschaffen. Indem er dies unterlässt, hat er eine Sorgfaltsverletzung begangen, die ihm anzulasten ist.

Wenn sich der Berufungswerber hingegen darauf stützt, dass dem Güterbeförderungsunternehmen von der Freien und Hansestadt Hamburg keine Fahrerbescheinigung ausgestellt wurde, so ist auf die Berufung selbst hinzuweisen, wonach "eine EU-Fahrerbescheinigung nicht auszustellen ist, wenn die grenzüberschreitenden Beförderungen unter Einsatz von CEMT- oder bilateralen Genehmigungen ausgeführt werden" (vgl. Berufung Seite 2, dritter und vorletzter Absatz). Die gegenständliche Güterbeförderung wurde aber weder mit einer CEMT-Genehmigung noch mit einer bilateralen Genehmigung durchgeführt, sondern ausschließlich mit einer Gemeinschaftslizenz. Bei Durchführung einer Beförderung mit Gemeinschaftslizenz ist daher entsprechend den bereits zitierten Bestimmungen der EU-Verordnung eine Fahrerbescheinigung für Staatsangehörige von Drittstaaten erforderlich.

Insoweit ist auch die Rechtsauskunft und Rechtsansicht der deutschen Behörden richtig, weil diese immer vom Einsatz einer CEMT- oder bilateralen Genehmigung ausgehen, wobei dieser Auffassung hinzuzufügen ist, dass mit solchen Genehmigungen unter Umständen das Staatsgebiet von EU-Staaten nicht durchfahren werden darf.

Werden hingegen von in EU-Staaten zugelassenen Kraftfahrzeugen Güterbeförderungen durch EU-Staaten durchgeführt, so ist von der Notwendigkeit einer Gemeinschaftslizenz auszugehen.

Im Grunde dieser Ausführungen sind auch bereits die vom Berufungswerber zitierten Erkenntnisse zu VwSen-110463 und VwSen-110523 ergangen, wobei bei ersterem Fall nicht erwiesen war, ob eine Gemeinschaftslizenz oder eine CEMT-Genehmigung mitgeführt wurde und daher ob eine Fahrerbescheinigung erforderlich ist, und beim zweiten Fall eine Strafe gegen das Güterbeförderungsunternehmen aufgehoben wurde, weil das Unterlassen der Aushändigung einer Fahrerbescheinigung durch den Unternehmer am Unternehmenssitz, welcher sich in Deutschland und daher im Ausland befindet, nicht strafbar ist.

4.2. Die Strafbemessung wurde in der Berufung nicht angefochten. Die belangte Behörde ist von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.000 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen und hat auch weder Strafmilderungs- noch Straferschwerungsgründe zugrundegelegt. Sie hat auf den Unrechtsgehalt der Tat Bedacht genommen.

Im Grunde der Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG kann in der Vorgehensweise der belangten Behörde keine gesetzwidrige Gebrauchnahme von dem ihr zustehenden Ermessen bei der Strafbemessung erblickt werden. Auch liegt die verhängte Geldstrafe im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens. Die Strafe kann als tat- und schuldangemessen angesehen werden. Es war daher auch die Strafe zu bestätigen.

4.3. Weil die Strafe bestätigt wurde und eine Strafvollstreckung gegen den Berufungswerber in der Türkei mangels Abkommen unmöglich ist, war auch der Verfall der geleisteten Sicherheitsleistung zu bestätigen.

Geringfügiges Verschulden im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes lag nicht vor. Es war daher nicht von einer Strafe gemäß § 21 VStG abzusehen.

4.4. Die Spruchberichtigung hatte im Grunde der genannten Bestimmungen des GütbefG zu erfolgen.

5. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 40 Euro, festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. Klempt
 
 
 
Beschlagwortung:
EU-Lizenz, Fahrerbescheinigung, Pflicht des Lenkers

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 3. September 2008, Zl.: 2005/03/0170-12

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