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VwSen-110689/2/Li/Rd/Ga

Linz, 13.01.2005

 

VwSen-110689/2/Li/Rd/Ga Linz, am 13. Jänner 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Linkesch über die Berufung des A, vertreten durch die Rechtsanwälte H-U St, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 16.9.2005, VerkGe96-75-2005, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis samt Verfallsausspruch vollinhaltlich bestätigt.

 

  1. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 60 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19, 37 Abs.5 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.2 GütbefG iVm Art.3 Abs.1 und Art.6 Abs.4 letzter Satz der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002, für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Stunden, verhängt.

Ferner wurde der Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet, 30 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

 

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie führten am 9.6.2005 als Lenker des Kraftwagenzuges mit dem amtlichen Kennzeichen, zugelassen für O K, in Hamburg, mit dem Anhänger, amtliches Kennzeichen, zugelassen für O K in Hamburg eine Fahrt im gewerblichen Güterverkehr von der Türkei nach Deutschland durch. Für diesen grenzüberschreitenden Güterverkehr händigten Sie bei der Kontrolle um 12.35 Uhr auf der Innkreisautobahn A8, Richtungsfahrbahn Passau auf dem Autobahnparkplatz im Freiland, Gemeindegebiet Peterskirchen, Bezirk Ried i.I., bei ABKm 49.700, den Aufsichtsorganen des Landesgendarmeriekommandos über deren Verlangen keine Fahrerbescheinigung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002 aus, obwohl Sie Staatsangehöriger der Türkei und somit Drittstaatsangehöriger sind und die Fahrt mit einer Gemeinschaftslizenz durchgeführt wurde. Der grenzüberschreitende Verkehr unterliegt einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaats ist - mit einer Fahrerbescheinigung. Diese ist den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen."

 

Hiezu führt die belangte Behörde begründend nach Zitierung einschlägiger Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idgF im Wesentlichen aus, dass nach der Aktenlage feststehe, dass der Bw als Staatsangehöriger eines Drittstaats (Staatsbürgerschaft: Türkei) anlässlich des im Spruch näher konkretisierten grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehrs den Kontrollorganen keine Fahrerbescheinigung für das Unternehmen O K vorgezeigt habe. Weitere Unterlagen wie zB eine für Österreich gültige CEMT-Genehmigung oder eine bilaterale Genehmigung seien nicht vorgezeigt worden. Die mitgeführte CEMT-Genehmigung mit der Nr. sei mit einem durchkreuzten Rundstempel mit dem Aufdruck "A" versehen und sei somit für Österreich nicht gültig gewesen.

Die Rechtfertigungsangaben des Bw seien insofern ins Leere gegangen, da die Ausstellung der beantragten Fahrerbescheinigung offensichtlich genau aus dem Grund verweigert worden sei, aus welchem innerhalb der EU eine Fahrerbescheinigung für Staatsangehörige von Drittstaaten eingeführt worden sei. Dadurch sollte eine Nachprüfung ermöglicht werden, ob die Fahrer aus Drittstaaten rechtmäßig beschäftigt bzw. rechtmäßig dem für die Beförderung verantwortlichen Verkehrsunternehmer zur Verfügung gestellt werden. Diesbezüglich wurde von der belangten Behörde auf das Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Bonn, vom 21.1.2004 verwiesen, wonach die Ausstellung von Fahrerbescheinigungen für das oben genannte Fahrpersonal gar nicht möglich sei, da die Fahrer arbeitsvertragliche Beziehungen lediglich zu einem Unternehmen mit Sitz in der Türkei haben. Die Tätigkeit für das in Deutschland ansässige Unternehmen .... erfolge auf Grundlage sogenannter Agenturverträge, in deren Rahmen das in der Türkei ansässige Unternehmen Arbeitskräfte dem deutschen Unternehmen überlässt. Da Abreitnehmerüberlassung nach deutschen Recht deutschen und in der EU ansässigen Unternehmen vorbehalten sei, liegen die Voraussetzungen für eine rechtsmäßige Beschäftigung in Deutschland nicht vor. Darüber hinaus verfüge das oben genannte Fahrpersonal nicht über deutsche Arbeitserlaubnisse.

Es habe keine Anhaltspunkte dafür gegeben, warum die Verwendung einer für Österreich nicht gültigen CEMT-Genehmigung den Bw von den Verpflichtungen gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 484/2002, befreien solle.

Die gegenständliche Güterbeförderung sei sohin weder mit einer für Österreich gültigen CEMT-Genehmigung noch mit einer bilateralen Genehmigung durchgeführt worden, sondern mit einer auf das Unternehmen O K lautenden Gemeinschaftslizenz. Bei Durchführung einer Beförderung mit Gemeinschaftslizenz sei daher entsprechend den zitierten Bestimmungen der EU-Verordnung eine Fahrerbescheinigung für Staatsangehörige von Drittstaaten jedenfalls erforderlich. Schließlich habe es auch keine Zweifel darüber gegeben, dass eine Transitfahrt durch Österreich mit einem Ausgangsort in der Türkei und einem Zielort in Deutschland als grenzüberschreitender Verkehr nach Art.2 der zitierten Verordnung gelte. Der objektive Tatbestand sei daher als erfüllt anzusehen.

Das Vorweisen der Fahrerbescheinigung werde eindeutig und ausschließlich vom Lenker verlangt. Es sei daher dem Lenker eine Verletzung seiner Sorgfaltspflicht vorzuwerfen, da er nicht die erforderlichen Papiere mitgeführt und auf Verlangen den Kontrollorganen vorgewiesen habe. Dass das Unternehmen die beantragte Fahrerbescheinigung nicht erhalten habe, stelle keinen Entschuldigungsgrund dar.

 

Der Bw hätte vor Antritt der Fahrt die für die Fahrt erforderlichen Papiere zu kontrollieren bzw. einzufordern gehabt. Die diesbezügliche Sorgfaltsverletzung begründe zumindest ein fahrlässiges Verschulden.

Die Durchführung einer gewerbsmäßigen Güterbeförderung ohne Fahrerbescheinigung habe zur Folge, dass die Möglichkeit einer Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Beschäftigung bzw Zurverfügungstellung von Fahrern außerhalb des Mitgliedstaates, in dem der Verkehrsunternehmer ansässig ist, nicht gegeben sei. Dies habe in der Vergangenheit zu einer Marktlage geführt, bei der Fahrer aus Drittstaaten mitunter regelwidrig und ausschließlich im grenzüberschreitenden Verkehr außerhalb des Mitgliedstaats, in dem der Verkehrsunternehmer ansässig ist, beschäftigt worden seien, um die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Verkehrsunternehmer ansässig ist und der dem Verkehrsunternehmer die Gemeinschaftslizenz erteilt hat, zu umgehen. Die verhängte Geldstrafe bewege sich im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und sei sowohl dem Unrechtsgehalt der Tat als auch den wirtschaftlichen Verhältnissen des Bw angepasst.

 

Hinsichtlich des Verfalls der vorläufigen Sicherheit wurde nach Zitierung der gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, dass der Bw in der Türkei wohnhaft und die Strafverfolgung daher wesentlich erschwert sei, weshalb die Einhebung der vorläufigen Sicherheit zu Recht erfolgt sei.

Im vorliegenden Fall erweise sich der Vollzug der Strafe als unmöglich, weil im Verwaltungsvollstreckungsgesetz klar zwischen dem Vollzug von Freiheitsstrafen und der Vollstreckung von Geldstrafen unterschieden wird. Demnach bedeute dies, dass sich der Begriff "Vollzug der Strafe" im § 37 Abs. 5 VStG nur auf die Ersatzfreiheitsstrafe - nicht aber auch auf die Geldstrafe - beziehen könne.

Darüber hinaus bestehe zwischen der Republik Österreich und der Türkei kein Vertrag über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, weshalb umso mehr die Erfolglosigkeit bzw sogar die Unzulässigkeit des Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe nachgewiesen sei. Es könne daher nicht einmal ein Versuch, die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen, unternommen werden.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung unter Bezugnahme auf die Ausführungen zum Einspruch vom 22.7.2005 gegen die Strafverfügung eingebracht. Begründend wurde weiters dargelegt, dass die Firma O K Inhaber der Gemeinschaftslizenz mit der Nr. ist, die berechtige, Anträge auf Erteilung einer Fahrerbescheinigung bei den zuständigen Behörden zu stellen. Die Freie und Hansestadt Hamburg lehne die Ausstellung im vorstehenden Fall mit der Begründung ab, dass die EU-Fahrerbescheinigung nicht auszustellen ist, wenn die grenzüberschreitenden Beförderungen unter Einsatz von CEMT- oder bilateralen Genehmigungen ausgeführt werden. Ein diesbezügliches Schreiben vom 15.7.2005 werde vorgelegt. Weiters werde auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Hamburg vom 15.8.2003 hingewiesen, welcher die Rechtsauffassung zur Nichterteilung der Fahrerbescheinigung bestätige. Der Bw sei Angestellter der Firma K, S E CAD M K, mit Anschrift, die mit der Firma O K, Hamburg, einen Agenturvertrag unterhält. Es war daher dem Bw nicht vorzuwerfen, dass er bei gehöriger Sorgfalt erkennen hätte müssen, dass er ohne Fahrerbescheinigung österreichische Straßen nicht befahren darf.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt, im Übrigen in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde und keine Partei die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt hat, kann von einer solchen gemäß § 51e Abs.3 Z1 und Z3 VStG abgesehen werden.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Der Sachverhalt ist eindeutig geklärt und wurde im Übrigen auch vom Bw nicht bestritten.

 

Wie aus der Anzeige des LGK für , VAASt Ried/Innkreis vom 21.6.2005 zu entnehmen ist, wies der Bw anlässlich seiner Anhaltung die beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz mit der Nr., ausgestellt auf die Firma O K, und eine für Österreich ungültige CEMT-Genehmigung vor. Der Kraftwagenzug wurde laut mitgeführtem Warenmanifest in der Türkei mit Textilien beladen, welche für Deutschland bestimmt waren. Das im Spruch näher angeführte Kraftfahrzeug ist auf O K zugelassen. Der Bw wurde bereits wegen Begehung der gleichen Verwaltungsübertretung bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding anzeigt. Im Übrigen wurde eine vorläufige Sicherheit von 300 Euro eingehoben.

 

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat hierüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 23 Abs.2 GütbefG 1995, BGBl. Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 32/2002, ist, wer als Lenker unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß Art.3 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002, unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist - mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß Art.6 Abs.4 der zitierten Verordnung ist die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt. Eine beglaubigte Abschrift der Fahrerbescheinigung ist in den Geschäftsräumen des Verkehrsunternehmers aufzubewahren. Die Fahrerbescheinigung ist dem Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen.

 

5.2. Aufgrund des festgestellten und auch unbestrittenen Sachverhaltes wurde ein grenzüberschreitender gewerblicher Güterverkehr, und zwar von der Türkei über Österreich nach Deutschland durchgeführt und bei dieser Fahrt vom Bw als Lenker des Kraftwagenzuges die beglaubigte Abschrift einer gültigen Gemeinschaftslizenz mit der Nr. des Güterbeförderungsunternehmens O K, vorgelegt. Der Bw ist erwiesenermaßen türkischer Staatsangehöriger; es ist daher nach der oben zitierten Bestimmung in Verbindung mit der Gemeinschaftslizenz auch eine Fahrerbescheinigung des Unternehmers O K für den Bw als Lenker vorzulegen. Eine Fahrerbescheinigung lag nicht vor und wurde daher auch vom Lenker nicht mitgeführt und den Kontrollorganen nicht vorgezeigt. Die vorgewiesene CEMT-Genehmigung war für Österreich ungültig. Der dem Bw zur Last gelegte Straftatbestand ist somit erfüllt, weshalb die belangte Behörde zu Recht von der Begehung der Verwaltungsübertretung ausgegangen ist.

 

Da die gegenständliche Verwaltungsübertretung zu den Ungehorsamsdelikten zählt, für welche gemäß § 5 Abs.1 VStG Verschulden, nämlich zumindest Fahrlässigkeit, ohne weiteres angenommen wird, sofern der Bw nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, war auch vom Verschulden des Bw auszugehen. Da entsprechende entlastende Umstände vom Bw nicht erbracht wurden, hat er die Tat auch subjektiv zu verantworten.

 

Wenn der Bw in seiner Berufung zuletzt anführt, dass ihm ein rechtmäßiges Verhalten nicht zuzumuten sei und daher kein Verschulden gegeben sei, so ist ihm entgegenzuhalten, dass der Bw als Lenker die ihn betreffenden Vorschriften kennen muss bzw sich bei Unkenntnis Kenntnis zu verschaffen hat. Diese Kenntnis hat er sich bei der hiefür zuständigen Behörde zu verschaffen, und zwar bei den österreichischen Behörden. Dies insbesondere dann, wenn er bereits wegen dem Nichtmitführen bzw -vorlegen der Fahrerbescheinigung beamtshandelt wurde. Dass er sich entsprechend erkundigt hätte, nämlich bei österreichischen oder deutschen Behörden, wird nicht einmal vorgebracht und auch nicht unter Beweis gestellt. Es ist daher das Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld vollinhaltlich zu bestätigen.

 

5.3. Bezüglich des weiteren Berufungsvorbringens, nämlich Hinweis auf ein Schreiben der Freien und Hansestadt Hamburg und einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg wird auf die rechtskräftige Judikatur des Oö. Verwaltungssenates, insbesondere auf das Erkenntnis zu VwSen-110690 vom 3.11.2005, hingewiesen. Darin wird ausdrücklich und klar ausgeführt, dass eine Fahrerbescheinigung eines Lenkers eines Drittstaates nur dann nicht nötig ist, wenn die gewerbliche Güterbeförderung über die Grenze unter Einsatz von CEMT- oder bilateralen Genehmigungen ausgeführt wird. Dies ist aber im gegenständlichen Fall definitiv zu verneinen, weil eine Gemeinschaftslizenz mitgeführt und vorgewiesen wurde. Aufgrund der vorzitierten EU-Verordnungen ist aber in Verbindung mit einer Gemeinschaftslizenz eine Fahrerbescheinigung vorzuweisen. Eine für Österreich gültige CEMT-Genehmigung oder eine bilaterale Genehmigung wurde bei der verfahrensgegenständlichen Anhaltung nicht vorgewiesen.

 

Zu dem vom Bw vorgelegten Schreiben der Freien und Hansestadt Hamburg vom 14.7.2005 ist zu entgegnen, dass der dort zitierte Art.1 Abs.2 der Verordnung 881/92 idgF nur für die in dem Mitgliedstaat zurückgelegte Wegstrecke anwendbar ist, in dem die Be- oder Entladung stattfindet. Dies ist im vorliegenden Fall Deutschland. Diese Bestimmung ist daher für das Durchfahrtsland Österreich nicht anwendbar. Dies bedeutet, dass in Österreich die Gemeinschaftslizenz und bei einem Lenker mit Drittstaatsangehörigkeit auch die Fahrerbescheinigung vorzulegen ist. Auch ist weiters in dem Schreiben richtig angeführt, dass anstelle der Gemeinschaftslizenz auch mit einer CEMT- oder bilateralen Genehmigung gefahren werden kann. Die CEMT-Genehmigung - wenn eine solche entwertet und benützt wird - reicht für sich aus und es ist zu einer CEMT-Genehmigung keine Fahrerbescheinigung mehr vorzulegen. Allerdings ist dann zu beachten, dass das Staatsgebiet von EU-Staaten gegebenenfalls nicht durchfahren werden darf. Im vorliegenden Fall wurde allerdings keine gültige CEMT-Genehmigung, sondern eine Gemeinschaftslizenz verwendet, mit der Konsequenz, dass die Bestimmungen über die Gemeinschaftslizenz zur Anwendung gelangen. Es wäre aber dem Güterbeförderungsunternehmer und somit auch dem Lenker offen gestanden - sofern vorhanden - anstelle mit einer Gemeinschaftslizenz mit einer in Österreich gültigen CEMT-Genehmigung zu fahren bzw jene Fahrtroute zu wählen, die von der CEMT-Genehmigung umfasst ist.

 

Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Hamburg sind aber insofern unzutreffend, als der grenzüberschreitende Verkehr ausdrücklich in Art.2 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 geregelt ist, nämlich Fahrten eines Fahrzeuges mit oder ohne Durchfahrt durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten oder ein oder mehrere Drittländer, bei denen sich der Ausgangspunkt in einem Mitgliedstaat und der Bestimmungsort in einem Drittland oder umgekehrt befindet. Bei der gegenständlichen Fahrt ist der Ausgangspunkt in der Türkei (Drittstaat) und der Bestimmungsort in Deutschland, also in einem Mitgliedstaat. Österreich, ebenfalls ein Mitgliedstaat, wird dabei transitiert. Es ist daher gemäß Art.1 Abs.1 der Verordnung diese Verordnung im grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken, also jedenfalls in Österreich anwendbar. Hingegen ist die Auffassung des Bw richtig, wonach für das Gebiet bzw die Wegstrecken in Deutschland die Verordnung aufgrund der Ausnahmebestimmung des Art.1 Abs.2 der zitierten Verordnung nicht anzuwenden ist, weil in Deutschland die Entladung stattfindet und ein entsprechendes Abkommen nicht geschlossen wurde. Hingegen für Österreich treffen die Voraussetzungen des Art.1 Abs.2 nicht zu, weil keine Be- oder Entladung erfolgt (arg. "für die in dem Mitgliedstaat, in dem die Be- oder Entladung stattfindet, zurückgelegte Wegstrecke").

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe von 300 Euro erscheint dem Oö. Verwaltungssenat bei einem Strafrahmen von bis zu 726 Euro sowohl in Anbetracht des Unrechtsgehalts der dem Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretung als auch des Umstandes, dass er diesbezüglich schon einmal rechtskräftig bestraft wurde (vgl. VwSen-110651 vom 31.8.2005), nicht überhöht. Es wurde zu Recht darauf hingewiesen, dass die Durchführung einer gewerbsmäßigen Güterbeförderung ohne Fahrerbescheinigung zur Folge hat, dass die Möglichkeit einer Kontrolle der rechtmäßigen Beschäftigung bzw der Zurverfügungstellung von Fahrern aus Drittstaaten sonst nicht gegeben ist.

Die verhängte Geldstrafe entspricht daher sowohl dem generalpräventiven Aspekt einer diesbezüglichen Bestrafung und ist auch aus spezialpräventiven Gründen angemessen, um den Bw künftighin von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten. Die belangte Behörde hat demnach das ihr bei der Bestimmung des Strafausmaßes gesetzlich eingeräumte Ermessen nicht überschritten.

Überdies entspricht die Geldstrafe auch den persönlichen Verhältnissen des Bw, zumal in der Berufung keine gegenteiligen Ausführungen hiezu getätigt wurden.

Von der Anwendung des § 21 Abs.1 VStG war Abstand zu nehmen, weil die hiefür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht gegeben sind.

5.5. Die Ausführungen der belangten Behörde zum Verfall der vorläufigen Sicherheit werden vollinhaltlich bestätigt. Insbesondere ist der Verfall der vorläufigen Sicherheit in Anbetracht der Unmöglichkeit des Strafvollzuges in der Türkei gerechtfertigt. Es war daher auch dieser Spruch zu bestätigen.

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 60 Euro, festzusetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Linkesch

 

Beschlagwortung:

Fahrerbescheinigung, keine Verordnung 881/92 (EWG) gilt in Österreich bei Transitfahrt Türkei - Deutschland

Beachte: 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 26.03.2008, Zl.: 2006/03/0047-7

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