Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-120032/8/Weg/Ri

Linz, 30.05.1996

VwSen-120032/8/Weg/Ri Linz, am 30. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des F L vom 11. Jänner 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ... vom 4. Jänner 1996, VerkR..., nach der am 29. Mai 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 44a Z1 und Z2, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1 und § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... als im Wege des § 29a VStG zuständig gewordene Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 1.04 Abs.1 Zb Wasserstraßen-Verkehrsordnung iVm § 40 Abs.2 Z9 Schiffahrtsgesetz eine Geldstrafe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil dieser am 2. Juli 1994 um 15.50 Uhr im Bezirk ... auf der ..., Strom-km ..., linkes Ufer, das Motorboot ... in voller Fahrt zu nahe an der Fähre ...

vorbeigelenkt habe, wobei selbige durch den Wellenschlag über den Begrenzungsbaum zum Ufer geschlagen worden sei und sämtliche darauf nicht fixierten Gegenstände durcheinander bzw zu Boden gefallen seien, obwohl Schiffsführer alle Vorsichtsmaßnahmen zu treffen haben, welche die allgemeine Sorgfaltspflicht und die berufliche Übung gebieten, um insbesondere Beschädigungen von Fahrzeugen oder Schwimmkörpern, Ufern, Bauten und Anlagen jeder Art in oder an der Wasserstraße zu vermeiden.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 50 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dieses Straferkenntnis stützt sich im wesentlichen auf eine Anzeige eines Schiffahrtspolizeiorganes und das daraufhin durchgeführte ordentliche Verfahren, bei dem das Schiffahrtsorgan auch zeugenschaftlich einvernommen wurde.

3. Der Berufungswerber bringt dagegen vor, er habe die Verwaltungsübertretung nicht begangen, er sei bei der Annäherung an die Fähre mit Standgas in ca. 150 m vorbeigefahren, es sei total absurd, von einer vollen Fahrt so nahe an der Fähre zu schreiben. Er sei bereits seit 22 Jahren Schiffsführer und besitze nunmehr das Schiffsführerpatent A. Er wisse wie er sich im Schiffsverkehr zu benehmen habe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten und durch zeugenschaftliche Befragung des Schiffahrtspolizeiorganes Kapitän Otto Steindl anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Mai 1996, bei der auch ein Lokalaugenschein durchgeführt wurde.

Demnach steht fest, daß der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Fahrt mit einer anderen Fahrt verwechselt hat, sodaß der Berufungswerber seine Ausführungen in der Berufung nicht mehr aufrecht erhalten konnte.

Das Schiffahrtspolizeiorgan Kapitän ... wiederum führte aus, er sei am gegenständlichen Tag, quasi zur Einschulung der zukünftigen Schiffsführer, selbst Schiffsführer auf der Fähre gewesen und habe dabei festgestellt, daß das verfahrensgegenständliche Motorboot ca. 30 m vom Ufer entfernt bergwärts fuhr, wobei durch den erzeugten Wellenschlag die in der Fähre nicht befestigten Gegenstände durcheinander bzw. zu Boden fielen und der Landungssteg durch die Wellen überflutet wurde. Die Geschwindigkeit sei zwar nicht übermäßig gewesen, doch hätte die Geschwindigkeit so eingerichtet werden müssen, daß der Wellenschlag, der zu Schäden an der stilliegenden Fähre hätte führen können, vermieden woren wäre. Der Berufungswerber hat nach dieser Zeugenaussage die Geschwindigkeit nicht so rechtzeitig vermindert, daß er dadurch das auf der Liegestelle stilliegende Fahrzeug (ordnungsgemäß gekennzeichnete Fähre) durch Wellenschlag nicht gefährdet hätte.

Das Schiffahrtspolizeiorgan führt dazu aus, daß es mit dem vom Berufungswerber verwendeten Schiff äußerst schwierig sei keine Wellen zu erzeugen, vor allem durch eine allenfalls notwendige Verminderung der Geschwindigkeit die sichere Steuerung des Schiffes nicht mehr gewährleistet sei.

Möglicherweise wäre es sinnvoller gewesen, mit größerer Geschwindigkeit an der Fähre vorbeizufahren oder doch schon rechtzeitig den Kurs Richtung Strommitte zu wechseln.

Die Aussagen des Zeugen waren nicht nur glaubhaft sondern von großer Kompetenz betreffend Schiffsführung getragen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 6.20 Wasserstraßen-Verkehrsordnung müssen Fahrzeuge ihre Geschwindigkeit so einrichten, daß Wellenschlag oder Sogwirkungen, die Schäden an stilliegenden oder in Fahrt befindlichen Fahrzeugen oder an Anlagen verursachen können, vermieden werden. Insbesondere müssen sie .... in der Nähe von Fahrzeugen, die auf den Liegestellen stilliegen, rechtzeitig ihre Geschwindigkeit vermindern, jedoch nicht unter das zu ihrer sicheren Steuerung notwendige Maß.

Im Straferkenntnis wird dem Berufungswerber die Verletzung des § 1.04 Wasserstraßen-Verkehrsordnung, also die Verletzung der allgemeinen Sorgfaltspflicht, zum Vorwurf gemacht. Nach der zuletzt genannten Bestimmung haben die Schiffsführer über die Bestimmungen dieser Verordnung hinaus entsprechende Maßnahmen zu treffen, um beispielsweise Beschädigungen von Fahrzeugen oder Anlagen zu vermeiden.

Aus der Textierung des § 1.04 ("über die Bestimmungen dieser Verordnung hinaus ") Wasserstraßen-Verkehrsordnung ist ersichtlich, daß es sich hier um eine Vorschrift handelt, die nur dann zum Tragen kommt und nur dann verwaltungsstrafrechtlich verfolgt werden kann, wenn das inkriminierte Verhalten nicht durch eine andere Vorschrift pönalisiert wird.

Diese Pönalisierung ist im gegenständlichen Fall jedoch durch § 6.20 Wasserstraßen-Verkehrsordnung gegeben.

Das bedeutet, daß dem Berufungswerber seit Anbeginn des Verfahrens die Verletzung einer Vorschrift zum Vorwurf gemacht wurde, die er - wegen des Existierens einer Sonderbestimmung - strafrechtlich relevierbar nicht verletzt hat. Der Vorwurf, gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht eines Schiffsführers verstoßen zu haben, träfe bei jeder Verletzung schiffahrtsrechtlicher Bestimmungen zu und würde sich die Normierung der übrigen mit Strafbarkeit bedrohten Verhaltensregeln erübrigen.

Dem Berufungswerber wurde somit nicht die richtige Tat vorgeworfen und vor allem sein Verhalten unter eine unrichtige Gesetzesnorm subsumiert.

Nachdem im derzeitigen Stadium des Verfahrens eine Änderung des Spruches und der verletzten Gesetzesstelle nicht mehr möglich ist, war in Befolgung des § 45 Abs.1 Z3 VStG spruchgemäß zu entscheiden, ohne darüber absprechen zu müssen, ob das Verhalten des Berufungswerbers wegen der (infolge Gegensonne) möglicherweise nicht erkennbaren Kennzeichnung der Fähre bzw. wegen eines in der Eigenart des Schiffes liegenden kaum zu bewerkstelligenden Alternativverhaltens iSd § 5 VStG schuldhaft ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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