Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107631/7/Ki/Ka

Linz, 27.09.2001

VwSen-107631/7/Ki/Ka Linz, am 27. September 2001 DVR.0690392    

E R K E N N T N I S  

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des JW, vertreten durch ZM, Rechtsanwälte KEG, , vom 30.4.2001, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 17.4.2001, VerkR96-6047-2000-OJ/KB, wegen Übertretungen des FSG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18.9.2001, zu Recht erkannt:  

I. Hinsichtlich Faktum 1 wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, dass die Ersatzfreiheitsstrafe auf 120 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird diesbezüglich die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.   Hinsichtlich Faktum 2 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.   II. Der Berufungswerber hat für das Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu entrichten.     Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: §§ 64, 65 und 66 Abs.1 VStG     Entscheidungsgründe:   I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 17.4.2001, VerkR96-6047-2000-OJ/KB, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 15.12.2000 um 21.06 Uhr den LKW, Kz.:, mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t, in 4400 Steyr, Seifentruhe 1a mit einem Atemluftalkoholgehalt von 0,33 mg/l gelenkt, 1.) obwohl dies nur zulässig ist, wenn der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l ist und 2.) obwohl Fahrzeuge der Klasse C, dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 7,5 t beträgt, nur von Lenkern gelenkt und in Betrieb genommen werden dürfen, bei denen der Alkoholgehalt der Atemluft nicht mehr als 0,05 mg/l beträgt. Er habe dadurch 1.) § 37a iVm § 14 Abs.8 Führerscheingesetz, 2.) § 37 Abs.1 iVm § 20 Abs.5 Führerscheingesetz verletzt. Gemäß § 37a VStG wurde über den Berufungswerber hinsichtlich Faktum 1 eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S (EFS 240 Stunden) und hinsichtlich Faktum 2 gemäß § 37 Abs.1 FSG eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (EFS 48 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 700 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.   I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 30.4.2001 Berufung, mit dem Antrag, die Berufungsbehörde möge der gegenständlichen Berufung Folge geben und das Straferkenntnis dahingehend abändern, dass anstelle der verhängten Strafe lediglich eine bescheidmäßige Ermahnung ausgesprochen wird bzw das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abändern, dass die verhängte Strafe auf 3.500 S herabgesetzt wird.   Im Wesentlichen begründet der Bw das Rechtsmittel damit, dass er am 15.12.2000 Mittag nur wenig gegessen und zwischen 17.15 Uhr und 17.30 Uhr einen halben Liter Most zu Hause getrunken habe. Um 17.45 Uhr habe Herr D von der Fa. P angerufen und ihn zu einer Tour eingeteilt, weil ein anderer LKW in Steyr einen Kupplungsschaden hatte. Für ihn sei das insoferne überraschend gewesen, weil er normalerweise nur an einem Dienstag und an einem Donnerstag fahre. Er sei unbescholten und noch nie alkoholisiert gewesen. Er sei seit 20 Jahren Kraftfahrer und habe diesbezüglich noch nie Schwierigkeiten gehabt. Er sei ein kleiner Nebenerwerbslandwirt und verdiene nicht einmal ganz 10.000 S netto. Sein Verschulden sei daher derart gering, nachteilige Folgen wären keine eingetreten. Es würden daher seines Erachtens die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass von einer Bestrafung überhaupt abgesehen werde und allenfalls lediglich eine bescheidmäßige Ermahnung an ihn ausgesprochen werde. Falls mit einer Ermahnung nicht das Auslangen gefunden werden könne, sei jedenfalls jeweils mit der gesetzlichen Mindeststrafe das Auslangen zu finden.   I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.   I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18.9.2001. Zu dieser Berufungsverhandlung ist lediglich ein Rechtsvertreter des Bw erschienen, letzterer machte berufliche Gründe für das Nichterscheinen des Bw geltend. Die in der Berufung beantragte Einvernahme des Beschuldigten war daher nicht möglich, sie war im Hinblick auf das festgestellte Verfahrensergebnis objektiv ohnedies entbehrlich. Ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung ist ohne Angabe von Gründen nicht erschienen.   Der Rechtsvertreter wies nochmals daraufhin, dass der Bw am Vorfallstag keine Arbeitsbereitschaft gehabt und er lediglich einen halben Liter Most konsumiert hätte. Er habe sich sehr wohl davon überzeugt, ob er fahrtauglich gewesen sei oder nicht. Der Beschuldigte habe ein monatliches Nettoeinkommen von 10.000 S und für drei Kinder zu sorgen. Er betreibe nebenberuflich eine Landwirtschaft im Ausmaß von ca. 20 ha. Der Beschuldigte sei 20 Jahre LKW-Lenker, sein Verhalten sei stets unauffällig gewesen und er sei unbescholten.   Überdies vertrat der Rechtsvertreter die Auffassung, dass im vorliegenden Falle es sich um eine Doppelbestrafung handle, welche nicht zulässig ist.   I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:   Gemäß § 37 Abs.1 FSG begeht, wer entgegen der Bestimmung des § 14 Abs.8 ein Kraftfahrzeug in Betrieb nimmt oder lenkt, eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern nicht auch ein Verstoß gegen § 99 Abs.1 StVO 1960 vorliegt, mit einer Geldstrafe von 3.000 S bis 50.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Strafbemessung sind auch der Grad der Alkoholisierung und die Häufigkeit der Verstöße zu berücksichtigen.   § 14 Abs.8 leg.cit. bestimmt, dass ein Kraftfahrzeug nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden darf, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt. Bestimmungen, die für den betreffenden Lenker geringere Alkoholgrenzwerte festsetzen, bleiben unberührt.   Gemäß § 37 Abs.1 FSG begeht, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 500 S bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.   Gemäß § 20 Abs.5 leg.cit. dürfen Fahrzeuge der Klasse C, deren höchste zulässige Gesamtmaße mehr als 7,5 t beträgt, nur von einem Lenker in Betrieb genommen und gelenkt werden, bei dem der Alkoholgehalt des Blutes nicht mehr als 0,1 g/l (0,1 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft nicht mehr als 0,05 mg/l beträgt.   Dazu wird zunächst festgestellt, dass der dem Verfahren zugrunde liegende Sachverhalt in objektiver Hinsicht als erwiesen angesehen bzw dieser auch in keiner Weise bestritten wird. Angemerkt wird dazu, dass die Rechtfertigung des Bw, er habe in der Zeit zwischen 17.15 Uhr und 17.30 Uhr einen halben Liter Most getrunken im Hinblick auf den um ca. 21.06 Uhr vorgenommenen Alkotest bzw auf dessen Ergebnis nicht sehr lebensnah ist. Eine derart relativ geringfügige eingenommene Alkoholmenge hätte nach dem der Behörde bedingt durch andere Verfahren bekannten Stand der Wissenschaften bereits abgebaut sein müssen. Auch der Umstand, dass der Bw letztlich nur einspringen musste, vermag ihn diesbezüglich in subjektiver Hinsicht bei Abwägung sämtlicher Interessen nicht zu entlasten.   Der Beschuldigte ist nach Auffassung der Berufungsbehörde jedoch im Recht, wenn er im vorliegenden Falle von einer unzulässigen Doppelbestrafung ausgeht.   Gemäß Art.4 Abs.1 7. ZP zur Menschenrechtskonvention darf niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahren eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden. Aus der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ergibt sich daraus zwangsläufig das Verbot der Doppelbestrafung in Verwaltungsstrafverfahren, in denen ein auf demselben Aspekt basierender Sachverhalt zugrunde liegt. Zulässig wäre eine gesonderte Bestrafung dann, wenn der Schuld- und Unrechtsgehalt der einzelnen Tatbestände von dem jeweils anderen nicht vollständig erschöpft bzw in jeder Beziehung mitumfasst wäre. Nur dann würde hinsichtlich der einzelnen Rechtsverletzungen ein unterschiedliches Strafbedürfnis vorliegen.   Wenn auch diesbezüglich das Führerscheingesetz hinsichtlich einer allfälligen Doppelbestrafung keine ausdrückliche Festlegung vorgesehen hat, so ist in einer Gesamtschau der einzelnen Bestimmungen unter Berücksichtigung des obzitierten Gebotes des 7. ZP zur Menschenrechtskonvention eine verfassungskonforme Auslegung vorzunehmen. Eine derartige Auslegung muss zu dem Ergebnis führen, dass im Falle der Verwirklichung des Deliktes nach § 37a iVm § 14a Führerscheingesetz die übrigen Bestimmungen dieses Gesetzes, welche für verschiedene Lebenssituationen geringere Alkoholgrenzen vorsehen, mitumfasst sind und daher letztere keiner gesonderten Bestrafung bedürfen. Allenfalls sind derartige Umstände bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Eine andere Sichtweise müsste zu dem Ergebnis führen, dass etwa im Falle einer Alkoholbeeinträchtigung im Sinne der StVO 1960 überdies eine solche nach dem FSG zur Last gelegt werden müsste, diesbezüglich herrscht jedoch einhellig die Meinung, dass dies nicht der Fall ist.   In Anbetracht der dargelegten Rechtssituation war daher Faktum 2 des angefochtenen Straferkenntnisses in Anbetracht einer Doppelbestrafung aufzuheben.   I.7. Was die Straffestsetzung hinsichtlich Faktum 1 anbelangt, so ist entgegen dem Berufungsvorbringen eine Herabsetzung der Geldstrafe nicht vertretbar. Es darf nämlich nicht übersehen werden, dass der Beschuldigte einen Lastkraftwagen mit einer Gesamtmasse von mehr als 7,5 t nachweislich gelenkt hat und dieser Umstand naturgemäß ein größeres Gefährdungspotenzial darstellt, als etwa das Lenken eines PKW. Dementsprechend ist der Schuldgehalt der Übertretung entsprechend höher, was auch eine höhere als die vorgesehene Mindeststrafe rechtfertigt. Insbesondere sind dabei auch generalpräventive Gründe zu berücksichtigen.   In Anbetracht der vom Bw bekannt gegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bzw des Umstandes, dass der Beschuldigte bisher verwaltungsstrafrechtlich unbescholten war, erscheint die festgelegte Geldstrafe bzw die nunmehr festgelegte Ersatzfreiheitsstrafe geeignet, ihm einerseits das unrechtmäßige seines Verhaltens spürbar vor Augen zu führen und ihn überdies vor der Begehung weiterer derartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Straferschwerende Umstände im Sinne des § 19 Abs.2 VStG werden keine festgestellt.   Was die Anwendung des § 21 VStG anbelangt, so käme ein Absehen von der Strafe nur dann zum Tragen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Nachdem, wie bereits dargelegt wurde, das Verschulden nicht geringfügig ist, ist die Anwendung des § 21 VStG ausgeschlossen.   Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.     II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.   Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.     Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten. Mag. K i s c h         Beschlagwortung: Lenken eines KFZ der Klasse C mit einem Alkoholgehalt in der Atemluft von mehr als 0,05 mg/l - Doppelbestrafung nicht zulässig.
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