Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107646/2/Ki/Ka

Linz, 06.07.2001

VwSen-107646/2/Ki/Ka Linz, am 6. Juli 2001 DVR.0690392    

E R K E N N T N I S  

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des JW, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. SG, vom 26.4.2001, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 10.4.2001, VerkR96-5386-2000, wegen Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:  

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.   II. Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat der Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von insgesamt 400,00 Schilling (entspricht 29,07 Euro), ds jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen, zu entrichten.   Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG     Entscheidungsgründe:   I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. hat mit Straferkenntnis vom 10.4.2001, VerkR96-5386-2000, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe es am 22.6.2000 um ca. 12.50 Uhr als Lenker des Kombi in Ried/I. auf der Zufahrtsstraße zum Parkplatz des städtischen Freibades im Eingangsbereich des Freibades nach einem Verkehrsunfall, bei dem eine Person verletzt worden ist und mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, unterlassen, 1.) die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen; 2.) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, weil er die Unfallstelle verlassen und seinen Namen und seine Anschrift dem Unfallgegner nicht bekannt gegeben hat. Gemäß § 99 Abs.2 lit.a wurden über ihn Geldstrafen in Höhe von jeweils 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 20 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 200 S (10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.   In der Begründung des Straferkenntnisses verwies die Erstbehörde auf die Zeugenaussage der Mutter des betreffenden Kindes und führte im Wesentlichen aus, dass bei einem Zusammenstoß eines in Bewegung befindlichen Kraftfahrzeuges mit einem Kleinkind eine Verletzung dieses Kindes ausgesprochen wahrscheinlich sei, weshalb die Verpflichtung des Fahrzeuglenkers, sich um den Zustand des Kindes zu erkundigen, als hoch anzusehen sei. Seinen eigenen Angaben zufolge habe sich der Bw mehrere Minuten an der Unfallstelle aufgehalten, weil seine Kinder und seine Gattin ausgestiegen seien und er die Badesachen ausgeräumt habe. In dieser Zeit hätte er das Nasenbluten des Kleinkindes mit Sicherheit leicht feststellen können. Andere, am Verkehrsunfall gar nicht beteiligte Personen hätten die Verletzungen offenkundig wahrgenommen, weil sie sofort eine zufällig im Bad anwesende Ärztin sowie die Rettung und die Gendarmerie verständigt hätten. Bei entsprechender Aufmerksamkeit hätte auch der Beschuldigte diese Verletzung leicht wahrnehmen können, weshalb ihm fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen sei.   Bezüglich Strafbemessung wurde berücksichtigt, dass der Beschuldigte sich letztlich doch entschlossen habe, den Gendarmerieposten aufzusuchen, wenn auch erst zu einem Zeitpunkt, als die Gendarmerie bereits nach ihm fahndete. Da ihm nur fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werde, könne mit Geldstrafen im untersten Bereich des Strafrahmens von 30.000 S das Auslangen gefunden werden. Als strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit berücksichtigt, sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe würden nicht vorliegen. Bezüglich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ging die Erstbehörde von einem monatlichen Einkommen von 12.000 S, keinem Vermögen und Sorgepflichten für Gattin und Kinder aus.   I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 26.4.20001 Berufung mit dem Antrag, das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich und ersatzlos aufzuheben.   Es wird unrichtige bzw mangelhafte Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung geltend gemacht. Insbesondere wird darauf verwiesen, dass die Mutter des Kindes die Frage des Beschuldigten, ob dem Kind etwas passiert sei, dezidiert verneint habe. Nur aus dem Umstand, dass die Mutter des verletzten Kindes bei ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme der deutschen Sprache angeblich nicht ausreichend kundig war, könne keinesfalls abgeleitet werden, dass sie die Erkundigungen des Beschuldigten nach etwaigen Verletzungen ihres Sohnes nicht verstanden hätte.   Die Feststellungen der Erstbehörde, am Verkehrsunfall gar nicht beteiligte Personen hätten die Verletzungen offenkundig wahrgenommen, würden auf völlige unzulässige Vermutungen gründen und in den Beweisergebnissen keine Deckung finden. I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.   I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.   Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z. 3 VStG).   I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:   Der Beschuldigte wollte am 22.6.2000 gegen 12.50 Uhr mit dem verfahrensgegenständlichen Kombi zum Parkplatz des städtischen Schwimmbades in Ried zufahren. Im Fahrzeug befanden sich außer dem Bw noch dessen Gattin und seine vier Kinder. Auf Höhe des Haupteinganges zum Bad hat er sein Fahrzeug anhalten müssen, da ein LKW rückwärts aus der Einfahrt gekommen ist. Nachdem dieser LKW die Einfahrt verlassen hatte, setzte der Bw sein Fahrzeug wieder in Bewegung, zur selben Zeit wollte ein dreijähriges Kind die Fahrbahn überqueren und dürfte dabei den Kombi des Bw übersehen haben. Vermutlich lief das Kind seitlich gegen das Fahrzeug, es wurde zu Boden gestoßen und dabei offensichtlich verletzt. Eine im Akt aufliegende Verletzungsanzeige des a.ö. Krankenhauses Ried bestätigt mehrere Verletzungen. Das Kind wurde zunächst von einer anwesenden Ärztin erstversorgt.   Der Bw hat zunächst die Mutter des Kindes befragt, ob etwas passiert sei oder ob das Kind verletzt worden sei, laut seinen Angaben habe diese verneint.   Er hat dann in der Folge den Vorfallsort verlassen, um sein Fahrzeug irgendwo abzustellen, hat aber keinen Parkplatz gefunden und ist zum Schwimmbad zurückgekehrt. Dort hat er von Passanten erfahren, dass die Gendarmerie und ein Rettungsfahrzeug da gewesen sind. Er machte sich daraufhin auf den Weg zum Gendarmerieposten, ist aber bereits am Wege dorthin von Gendarmeriebeamten angehalten worden.   Im Zuge des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens wurde die Mutter des verletzten Kindes als Zeugin einvernommen. Sie führte bei dieser Einvernahme aus, dass sie den Verkehrsunfall selbst nicht gesehen habe, weil sie bei der Kassa gestanden sei. Sie habe gerade zu ihrem dreijährigen Sohn gehen wollen, der noch auf der anderen Straßenseite war, als es zu dem Unfall gekommen ist. Es sei alles so schnell gegangen, dass sie den genauen Unfallhergang nicht mitbekommen habe. Ihr Sohn sei dann direkt vor dem rechten vorderen Autoeck gelegen. Sie habe zunächst geglaubt, dass das Auto über ihn gefahren sei und sei gleich hingelaufen. Ihr Sohn sei aber nicht überfahren worden, sondern sei direkt vor dem Auto gelegen. Sie habe gleich gesehen, dass er im Gesicht geblutet habe und sie habe ihn aufgehoben. Er habe auch eine Beule am Hinterkopf gehabt und außerdem geweint. Sie habe ihren Sohn zum Eingangsbereich des Schwimmbades getragen, dabei sei sie wieder vor dem Auto vorbeigegangen und es sei dann bald eine Ärztin gekommen, welche ihren Sohn untersucht und sie beruhigt habe. Es sei auch die Rettung gleich verständigt worden.   Mit dem Fahrzeuglenker habe sie nicht gesprochen und sie könne sich auch nicht erinnern, dass dieser sie angeredet hätte. Der Fahrzeuglenker sei zwar ausgestiegen und habe nach dem Kind gesehen, er habe auch irgendetwas gesagt, sie habe ihn aber nicht verstanden. Sicher habe sie nicht gesagt, dass dem Kind nichts passiert sei. Der Fahrzeuglenker habe dann noch ein paar Minuten an der Unfallstelle gestanden und sei dann weggefahren.   I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:   Gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs.1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt.   Alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, haben gemäß § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960 an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.   Sind bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden, so haben gemäß § 4 Abs. 2 leg.cit. die im Abs. 1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen.   Im gegenständlichen Falle bleibt unbestritten, dass der Bw an dem gegenständlichen Verkehrsunfall kausal beteiligt war, bei welchem ein Kind verletzt wurde. Der Bw rechtfertigt sich damit, dass er die Mutter des Kindes ohnedies befragt hätte, ob dem Kind etwas passiert sei, diese hätte jedoch verneint.   Die Mutter des Kindes führte bei ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme jedoch aus, dass sie vom Beschuldigten nicht direkt befragt worden sei, er habe zu ihr schon etwas gesagt, sie jedenfalls habe gegenüber dem Bw nicht gesagt, dass das Kind unverletzt sei.   Die erkennende Berufungsbehörde vertritt die Auffassung, dass ungeachtet der Reaktion der Mutter, welche möglicherweise durch das Ereignis schockiert gewesen ist, von einem objektiv sorgfältigen Kraftwagenlenker zu erwarten ist, dass dieser nach einem Verkehrsunfall, an dem ein dreijähriges Kind beteiligt ist, sich entsprechend informiert. Die Befragung der Mutter alleine reicht in diesem Falle nicht aus. Der Beschuldigte hätte sich über die Situation ein genaueres Bild zu machen gehabt, um tatsächlich sicher zu sein, dass das Kind, wie er angenommen hatte, nicht verletzt wurde. Da er dieser Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist, ist ihm fahrlässiges Verhalten sowohl bezüglich der vorgeworfenen Nichtmeldung des Verkehrsunfalles als auch bezüglich der Nichtmitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes vorzuwerfen, wobei letzterer Tatbestand insoferne auch von Bedeutung ist, als durch das Verlassen der Unfallstelle zunächst eine genauere Recherche, auch in Bezug auf den Zustand des Bw selbst zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls, erschwert wurde.   Die erkennende Berufungsbehörde stellt daher fest, dass der dem Beschuldigten zur Last gelegte Tatbestand in objektiver Hinsicht verwirklicht wurde und es sind auch in subjektiver Hinsicht keine Umstände hervorgekommen, welche ihn entlasten würden (§ 5 VStG). Er hat demnach die ihm zur Last gelegten Sachverhalte in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht zu vertreten.   Was die Straffestsetzung (§ 19 VStG) anbelangt, so hat bei dem vorgesehenen Strafrahmen die Erstbehörde ohnedies sowohl die Geld- als auch die Ersatzfreiheitsstrafen im untersten Bereich festgesetzt. Es wurde berücksichtigt, dass der Bw letztlich doch zur Gendarmerie fahren wollte, weiters wurde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd gewertet. Straferschwerende Umstände werden auch seitens der Berufungsbehörde keine festgestellt.   Es muss darauf hingewiesen werden, dass die sogenannten "Fahrerfluchtdelikte" zu den schlimmsten Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 zählen, was auch durch die Festlegung eines entsprechend strengen Strafrahmens vom Gesetzgeber dokumentiert wurde. Insbesondere aus generalpräventiven Gründen ist daher eine entsprechend strenge Bestrafung derartiger Übertretungen geboten. Darüber hinaus sind bei der Strafbemessung auch spezialpräventive Gründe zu berücksichtigen.   Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt die Auffassung, dass die festgelegten Strafen tat- und schuldangemessen und überdies aus den bereits erwähnten general- und spezialpräventiven Gründen geboten sind. Eine Herabsetzung der durchaus milde bemessenen Strafen ist daher im vorliegenden Falle nicht vertretbar.   Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wurden bei der Strafbemessung zugrunde gelegt und von diesem nicht bestritten.   Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass der Bw weder durch die Schuldsprüche noch durch die Strafbemessungen in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.     II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.     Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.     Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.   Mag. K i s c h       Beschlagwortung: § 4 Abs.2 StVO 1960 - Besondere Sorgfaltspflicht, wenn bei VU ein dreijähriges beteiligt ist.
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