Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107679/2/SR/Ri

Linz, 28.06.2001

VwSen-107679/2/SR/Ri Linz, am 28. Juni 2001 DVR.0690392   E R K E N N T N I S      

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des U K, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. S . S, G S und P F, V Mgasse, D- L a. L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von V vom 9. April 2001, VerkR96-11484-1999, wegen Übertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden: StVO), zu Recht erkannt:  

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z1 VStG eingestellt.
  2. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.
  3.  

Rechtsgrundlagen: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 51c und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2000 - VStG. zu II.: § 66 VStG.     Entscheidungsgründe:   1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von V wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:   "Sie haben am 6.6.1999 um 13.15 Uhr den PKW L (D) auf der A (Wautobahn) in Fahrtrichtung S gelenkt und haben im Gemeindegebiet von S i.A. bei km die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 28 km/h überschritten. Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 20 Abs.2 StVO 1960 Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe von Falls diese uneinbringlich gemäß § ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1) S 1.000,00 (72,67 €) 48 Stunden 99 Abs.3 lit.a StVO. 1960 Gesamt: S 1.000,00 (72,67 €) Gesamt: 48 Stunden Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 100,00 Schilling (7,27 €) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet); Der zu zahlende Geldbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1.100,00 Schilling (79,94 €)".   2. Gegen dieses dem Vertreter des Bw am 24. April 2001 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 30. April 2001 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingelangte Berufung.   2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass auf Grund der vorliegenden Beweismittel die angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung erwiesen sei. Bei der Strafbemessung wäre § 19 VStG beachtet worden. Da die Geldstrafe im unteren Bereich des Strafrahmens liegen würde, hätten aufwändige Erhebungen betreffend den Einkommensverhältnissen unterbleiben können. Strafmildernd wäre die bisherige Unbescholtenheit und straferschwerend die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung gewertet worden.   2.2. Dagegen bringt der Vertreter des Bw u.a. vor, dass die Aufmerksamkeit ausschließlich auf den BMW gerichtet gewesen wäre, somit keine verwertbaren Messergebnisse und auch keine sonstigen Erkenntnisse vorliegen würden. Von der Geschwindigkeit des BMW könne nicht auf die Geschwindigkeit des Bw geschlossen werden, zumal sich die Abstände immer wieder verändert hätten und daher eine genaue Beobachtung nicht möglich gewesen wäre. Der angeführte Abstand zwischen 30 und 50 Meter hinter der Zivilstreife würde bestritten werden.   3. Die Bezirkshauptmannschaft V hat die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.   3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den Vorlageakt Einsicht genommen, ergänzende Erhebungen getätigt und der Behörde zur Kenntnis gebracht.   Es steht somit folgender Sachverhalt fest:   Unstrittig ist, dass der Bw am 6. Juni 1999 (!!!) hinter dem Zivilstreifenfahrzeug nachgefahren ist und die Geschwindigkeit des vor dem Zivilstreifenfahrzeug fahrenden BMW mit deutschem Kennzeichen auf der A, Richtung S, bei Straßenkilometer, 158 km/h betragen hat. Die Geschwindigkeit des BMW wurde im Zuge der Nachfahrt mit der im Zivilstreifenfahrzeug eingebauten Videoanlage (ProViDa) gemessen. Die Anhaltung beider Fahrzeuge erfolgte bei Straßenkilometer.   Der Anzeige kann nicht entnommen werden, wo mit der Messung begonnen wurde bzw. welche Beobachtungsstrecke den Geschwindigkeitsmessungen (Nachfahrt und Fahrt vor dem Fahrzeug des Bw) zugrunde gelegen ist.   Lapidar wird ausgeführt, dass der "Bw während dieser gesamten Nachfahrt in einem Abstand von ca. 30 bis 50 Meter mit der selben Geschwindigkeit hinter dem Dienst-KFZ hergefahren" ist. In der Stellungnahme vom 23. Dezember 1999 teilt der Meldungsleger BI B mit, dass "während der Nachfahrt hinter dem BMW der Bw, wie in der Anzeige angeführt, mit seinem Pkw hinter dem Dienst-KFZ hergefahren ist."   3.2. Auch wenn der Fahrer des BMW nach Vorhalt der Geschwindigkeitsübertretung ein Organmandat bezahlt hat, kann nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, dass eine ausreichende Beobachtungsstrecke vorgelegen ist.   Trotz entsprechendem Ersuchen seitens der Behörde erster Instanz vom 9. Dezember 1999 war das besonders geschulte Organ schon zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage, exakte Angaben über eine Nachfahrtstrecke zu tätigen, sondern hat nur auf die Anzeige verwiesen. Wie bereits dargelegt, weist aber die Anzeige keine genauen Angaben über eine (ausreichende) Beobachtungsstrecke auf. Aus den Äußerungen des Bw (vermerkt in der Anzeige) gegenüber dem Meldungsleger kann nicht schlüssig auf ein Geständnis geschlossen werden. Da nach dem vorgeworfenen Messpunkt die weitere Fahrtstrecke noch 2 km betragen hat und die vorgelegten Fotos "regen Verkehr" erkennen lassen, war dem Bw zu folgen, wenn er von Fließverkehr gesprochen hat. Das Vorbringen "vom Dienstwagen animiert schneller zu fahren" kann im Zusammenhang mit dem "Fließverkehr" bedeuten, dass der Bw hier eine höhere - als sonst von ihm eingehaltene - Geschwindigkeit gewählt hat. Der Schluss, dass er mit seiner Aussage eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eingestehen wollte, ist keinesfalls zwingend.   4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:   4.1. Gemäß § 20 Abs.2 StVO darf, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.   § 99 Abs. 3 lit. a StVO (auszugsweise): Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.   4.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis (Zl. 95/03/0171) festgehalten, dass geschulten Organen der Straßenaufsicht die Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung eines nachfahrenden Fahrzeuges auch dann zuzumuten ist, wenn zeitgleich die Geschwindigkeit des vorausfahrenden Fahrzeuges mit einer im Fahrzeug eingebauten, geeichten Videoanlage gemessen wird.   Unabdingbare Voraussetzung in dieser Entscheidung war jedoch eine auf eine bestimmte Beobachtungsstrecke bezogene durchschnittlich gefahrene Geschwindigkeit. Wörtlich hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt: "Voraussetzung hiefür ist jedoch, dass das Nachfahren über eine Strecke und über eine Zeitspanne erfolgt, die lang genug ist, um die Einhaltung etwa der selben Geschwindigkeit wie der des beobachteten Fahrzeuges prüfen und sodann das Ablesen der eigenen Geschwindigkeit ermöglichen zu können".   Aus den Feststellungen und der Beweiswürdigung ist jedoch ersichtlich, dass aus der Aktenlage und der ergänzenden Erhebung nicht auf eine entsprechende Strecke der Vorausfahrt in gleichbleibendem Abstand geschlossen werden kann.   4.3. Da dem Bw die angelastete Verwaltungsübertretung mangels eines verwertbaren Messergebnisses nicht bewiesen werden kann, war das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.   5. Der Kostenbeitrag hatte zu entfallen.   Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.       Mag. Stierschneider     Beschlagwortung: Vorfahrt und Geschwindigkeitsmessung, grundsätzlich taugliches Beweismittel

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