Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107721/3/Ki/Ka

Linz, 09.10.2001

VwSen-107721/3/Ki/Ka Linz, am 9. Oktober 2001 DVR.0690392    

E R K E N N T N I S  

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Dr. Leitgeb, Berichter: Mag. Kisch) über die Berufung des MW, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. GG, vom 20.6.2001 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 8.6.2001, VerkR96-6713-2000, hinsichtlich Faktum 3. wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:  

I. Bezüglich Faktum 3. wird der Berufung Folge gegeben. Diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.   II. Bezüglich Faktum 3. entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge. Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG     Entscheidungsgründe:   I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Straferkenntnis vom 8.6.2001, VerkR-6713-2000, den Berufungswerber unter anderem für schuldig befunden, er habe am 1.9.2000 gegen 23.35 Uhr den LKW mit dem Kennzeichen , auf dem öffentlichen Parkplatz der Diskothek "T" in V in Richtung Vorchdorf zur nahegelegenen Pettenbacher Landesstraße gelenkt, wobei er sich bei dieser Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,986 %o befand. Er habe dadurch § 5 Abs.1 StVO iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 wurde deswegen über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 12.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Tage) verhängt. Außerdem wurde er diesbezüglich gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 1.200 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.   1.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 20.6.2001 Berufung mit dem Antrag, der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen. In der Begründung wird unter anderem eine zur Erstaussage unterschiedliche Angabe des Getränkekonsums vor der vorgeworfenen Tatzeit gemacht.   1.3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da hinsichtlich Faktum 3. des Straferkenntnisses eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die laut Geschäftsordnung zuständige 9. Kammer zu entscheiden.   1.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.   Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).   Aus dem vorliegenden Verfahrensakt geht hervor, dass der Berufungswerber am 1.9.2000 um 23.25 Uhr ein Kraftfahrzeug gelenkt und mit diesem - möglicherweise - einen Verkehrsunfall verursacht hat. Bei einer Einvernahme vor dem Gendarmerieposten Steinerkirchen/Traun am 4.9.2000 gab der Beschuldigte laut Niederschrift an, dass er am 1.9.2000 gegen 21.30 Uhr eine Diskothek in Vorchdorf besucht und er dort vier Seidel Bier und ein Cola-Rum getrunken habe. Gegen 23.30 Uhr habe er das Lokal verlassen.   Diese Trinkangaben des Beschuldigten wurden einer amtsärztlichen Alkoholberechnung (Rückrechnung) zugrunde gelegt. In der der Entscheidung zugrunde gelegten zweiten Ergänzung zur Alkoholberechnung durch den Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land wurde für die angenommene Tatzeit ein Blutalkoholgehalt von 0,986 %o errechnet. Aufgrund der Trinkangaben des Beschuldigten wurde zunächst für die Zeit zwischen 21.30 Uhr und 23.35 Uhr ein Gesamtblutalkoholgehalt von 1,136 %o ermittelt. Unter Annahme einer Trinkzeit von 1,5 Stunden und einer stündlichen Abbaurate von 0,1 %o wurde dann ein Alkoholabbau von 0,15 %o festgestellt und durch Abzug dieses Wertes vom Gesamtblutalkoholgehalt der der Bestrafung zugrunde gelegte Wert festgestellt.   1.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:   Gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.   Gemäß § 5 Abs.1 leg.cit. darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.   Zunächst wird festgestellt, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist. Dies bedeutet, dass, wenn der Sachverhalt nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit geklärt werden kann, ein Freispruch zu erfolgen hat.   Im erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahren wurde eine Berechnung des Blutalkoholgehaltes des Berufungswerbers vorgenommen, wobei als Gesamttrinkzeit eine Zeit zwischen 21.30 Uhr und 23.35 Uhr, sohin zwei Stunden, zugrunde gelegt wurde. Tatsächlich wurden dann für die Berechnung des Alkoholabbaues lediglich 1,5 Stunden herangezogen. Weiters wurde eine stündliche Abbauraute von 0,1 %o berücksichtigt.   Beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich sind immer wieder Verfahren anhängig, bei welchen auch die Problematik der Alkoholelimination eine wesentliche Rolle spielt. Es wurden in diesem Zusammenhang auch medizinische Sachverständige beigezogen bzw. deren Gutachten den Entscheidungen zugrunde gelegt. Aus diesen Gutachten konnte in Erfahrung gebracht werden, dass die Alkoholelimination einer Besonderheit unterliegt, die darin besteht, dass in der Stunde praktisch immer die gleiche konstante Menge Äthanol abgebaut wird. Diese stündliche Abbaurate ist individuell verschieden. Es wurde aus der Sicht der Sachverständigen jedoch als erwiesen bezeichnet, dass diese stündliche Abbaurate höchstens eine Schwankungsbreite von 0,1 bis 0,2 %o aufweist, dh. dass jedenfalls eine maximale stündliche Abbaurate von 0,2 %o möglich ist. Weiters wurde den jeweiligen Gutachten stets zugrunde gelegt, dass der Alkoholabbau bereits mit Trinkbeginn eintritt, was im vorliegenden Falle bedeutet, dass der Berechnung ein Eliminationszeitraum von zwei Stunden zugrunde zu legen wäre. Darüber hinaus ist nach dem oben erwähnten Grundsatz "in dubio pro reo" das für den Beschuldigten günstigste Ergebnis zu ermitteln, sodass bei der erwähnten Schwankungsbreite (von 0,1 %o bis 0,2 %o Alkoholabbau pro Stunde) von der höheren Rate auszugehen ist. Unter Berücksichtigung dieser Werte ergibt sich für den konkreten Fall eine mögliche Alkoholabbaumenge bis zum Lenkbeginn im Ausmaß von 0,4 %o. Bei Abzug dieses Wertes von der gesamten der Berechnung zugrunde gelegten Alkoholmenge würde sich ein Wert von weniger als 0,8 %o (1,136 - 0,4 = 0,736) ergeben.   Es kann somit nicht erwiesen werden, dass der Beschuldigte tatsächlich zum Lenkzeitpunkt einen Blutalkoholgehalt von 0,8 %o oder mehr aufgewiesen hat.   Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.   Es war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis bezüglich Faktum 3. zu beheben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.   In Anbetracht dieses Verfahrensergebnisses kann der Widerspruch in den Trinkangaben des Beschuldigten dahin gestellt bleiben, der Ordnung halber wird jedoch darauf hingewiesen, dass eine Trinkverantwortung insbesondere dann glaubwürdig ist, wenn darauf bei erster sich bietender Gelegenheit hingewiesen wurde (vgl. VwGH 95/02/0350 vom 26.1.1996).   II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.   Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.     Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.     Dr. B l e i e r
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