Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107743/2/Br/Bk VwSen107744/2/Br/Bk

Linz, 16.07.2001

VwSen-107743/2/Br/Bk

VwSen-107744/2/Br/Bk Linz, am 16. Juli 2001 DVR.0690392    

ERKENNTNIS  

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufungen der Frau A gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 18. Juni 2001, AZ: VerkR96-1522-2001- GG und VerkR96-1506-2001- GG, zu Recht:  

I. Den Berufungen wird keine Folge gegeben; die angefochtenen Straferkenntnisse werden bestätigt.   Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 29/2000 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.3 Z1 u. Z2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 138/2000 - VStG.   II. Als Kosten für die Berufungsverfahren werden der Berufungswerberin zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten je 80 S (gesamt 160 S entspricht: 11,63 € = 20% der verhängten Gesamtstrafe) auferlegt.   Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 u.2 VStG     Entscheidungsgründe:   1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit den oben angeführten Straferkenntnissen wider die Berufungswerberin jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von 400 S und für den Nichteinbringungsfall je dreizehn Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie
  1. ) am 20.12.2000 um 13.44 Uhr, in L nächst dem Haus F und
  2. ) am 12.12.2000 um 16.45 Uhr, in L nächst dem Haus H2 als Lenkerin des KFZ, Kombi VW Gold Variant TDI, mit dem Kennzeichen , in einer Fußgängerzone verbotenerweise (da keine der gesetzlich vorgeschriebenen Ausnahmen für sie in Betracht kamen) abgestellt habe.
  3.  

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch jeweils auf den Anzeigeinhalt bzw. begründete ihn mit diesem. Vor allem erblickte die Behörde erster Instanz in dem von der Berufungswerberin angeführten Leiden keinen vom Gesetz erfassten Ausnahmezustand und offenbar auch keinen gesetzlichen Notstand. Bei der Strafzumessung ging die Behörde erster Instanz von einer mit dem Verhalten der Berufungswerberin verbundenen erheblich störenden Auswirkung des Fußgängerverkehrs aus. Dem Strafausspruch wurde ferner ein Monatseinkommen in der Höhe von 1.201 € (16.526,00 S) zu Grunde gelegt.   2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihren inhaltsgleichen und fristgerecht per FAX an die Bezirkshauptmannschaft Freistadt gerichteten Berufungen. Im Ergebnis versucht sie das Abstellen des Fahrzeuges in der Fußgängerzone mit der Notwendigkeit, plötzlich die Notdurft verrichten zu müssen zu rechtfertigen, wobei sie kurzfristig keinen geeigneten Parkplatz finden habe können. Widrigenfalls hätte sie eine Blasenüberdehnung und nachteilige gesundheitliche Folgen in Kauf nehmen müssen. Abschließend meinte die Berufungswerberin, dass eine Bestrafung einer Rollstuhlfahrerin aus diesem Grunde mit der Gesetzeslage nicht in Einklang stünde.   3. Die Erstbehörde hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da jeweils keine 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, jeweils durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich, weil einerseits eine solche nicht gesondert beantragt wurde, andererseits jeweils keine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und sich außerdem das Berufungsvorbringen auf die Lösung einer Rechtsfrage beschränkt (§ 51e Abs.3 Z1 u. Z2 VStG). Aus verfahrensökonomischen Gründen wurden beide Berufungsentscheidungen in einer einzigen Bescheidausfertigung zusammengefasst.   4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt. Daraus ergibt sich unter Einbeziehung des Berufungsvorbringens der entscheidungswesentliche Sachverhalt in schlüssiger Weise.   5. Mit dem bloßen Hinweis der angeblichen Dringlichkeit zur Notdurftverrichtung vermag hier die Berufungswerberin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses nicht aufzuzeigen. Es lässt sich aus dem gesamten Verfahrensgang der beiden Verfahren nicht schlüssig nachvollziehen, dass die Berufungswerberin so schwerwiegend beeinträchtigt wäre, dass an jeweils verschiedenen Tagen in völlig identer Form ihre angebliche Blasen- und Mastdarmlähmung in der Form akut geworden wäre, sodass sie als Rollstuhlfahrerin das Fahrzeug zwingend und unabwendbar in der Fußgängerzone abstellen hätte müssen. In diesem Zusammenhang muss wohl darauf hingewiesen werden, dass die Berufungswerberin offenbar jeweils durchaus in der Lage gewesen wäre, ihr Fahrzeug wohl von N im Mühlkreis bis L zu lenken, ehe sie von dem plötzlich auftretenden Bedürfnis betroffen worden wäre. Geht man davon aus, dass ein solches Leiden tatsächlich besteht, so kann bei einem Besitzer (einer Besitzerin) einer Lenkberechtigung einerseits nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um ein Leiden handelt, welches ihn (sie) mehr oder weniger spontan der Fahrtauglichkeit verlustig gehen lässt. Immerhin nimmt für einen an den Rollstuhl gebundenen Fahrzeuglenker auch der Umstieg vom Lenkerplatz in den Rollstuhl so viel Zeit in Anspruch, welche durchaus auch noch eine zeitliche Disposition zum Erreichen eines Behindertenparkplatzes zumutbar sein lässt. Gänzlich im Dunkeln lässt die Berufungswerberin, dass sie offenbar nicht alleine im Fahrzeug unterwegs gewesen sein dürfte. Im Ergebnis muss daher das Vorbringen der Berufungswerberin als reine Schutzbehauptung qualifiziert werden. Würde man tatsächlich der Verantwortung der Berufungswerberin folgen wollen, müsste man deren medizinische Fahrtauglichkeit wohl dringend in Frage stellen.   5.1. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:   5.1.1. Zutreffend wies die Behörde erster Instanz auf die spezifischen und zutreffend dargelegten Ausnahmen hin, wonach in Fußgängerzonen - neben dem Verbot des Befahrens (§ 53 lit.9a StVO) - ein Halten und Parken verboten ist. Aber auch eine als Notstand zu qualifizierende Situation kann der von der Berufungswerberin aufzuzeigen versuchten Situation rechtlich nicht zugedacht werden. Es mag nicht nachvollzogen werden, warum mit der geschilderten Situation der Berufungswerberin eine unmittelbare Gefahr für das Leben bzw. die Gesundheit gedroht hätte, der sie nur mit dem Abstellen des Fahrzeuges in der Fußgängerzone entgehen hätte können (HAUER/LEUKAUF, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 788, Rz 2 u. 3a, mit Hinweis u.a. auf VwGH 27.5.1987, 87/03/0112). Sollte andererseits bei der Berufungswerberin tatsächlich jeweils eine solche Zwangslage vorgelegen haben, hätte sie sich wohl schuldhaft in diese gebracht, indem sie im offenkundigen Wissen um das mögliche Eintreten einer derartigen Situation, die relativ weite Fahrt von N im Mühlkreis nach L angetreten hätte (vgl. VwGH 12.12.1993, 93/09/0186, VwGH 30.6.1993, 93/02/0066, insb. HAUER/LEUKAUF S 794 Rz 37 betreffend die Fahrteinlassung trotz des schon absehbaren Phänomens von Bauchschmerzen und Durchfall). 6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.   6.1. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Daher vermag in der hier verhängten Geldstrafe im Ausmaß von jeweils nur 400 S ein Ermessensfehler bei der Strafzumessung nicht erblickt werden. Selbst die als schwerwiegend zu qualifizierende gesundheitliche Beeinträchtigung der Berufungswerberin rechtfertigt eine Ermäßigung des Strafausmaßes nicht. Der Oö. Verwaltungssenat vermag auch in diesen Verfahren nicht zu sehen, dass diese Geldstrafe die Berufungswerberin, die ein Monatseinkommen von fast 27.000 S bezieht, überfordern würde.     Rechtsmittelbelehrung:   Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.   Dr. B l e i e r       Beschlagwortung: Notdurft, Notstand, Fahrzeuglenker

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