Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107908/2/WEI/Be

Linz, 03.09.2002

VwSen-107908/2/WEI/Be Linz, am 3. September 2002 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der T, geb., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 17. September 2001, Zl. Verk96-3015-2001, betreffend die Zurückweisung des Einspruchs gegen die Strafverfügung vom 25. Juni 2001 wegen verspäteter Einbringung zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Zurückweisungsbescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 25. Juni 2001, wurde die Berufungswerberin (Bwin) einer Verwaltungsübertretung nach dem § 103 Abs 2 iVm § 134 Abs 1 KFG 1967 schuldig erkannt und mit Geldstrafe von ATS 1.000,-- (entspricht 72,67 Euro) und für den Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden bestraft, weil sie als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem deutschen Kennzeichen eine unvollständige Lenkerauskunft erteilte, zumal der bekannt gegebene Lenker J, unter dieser unvollständigen Adresse nicht erreicht werden konnte.

1.2. Die Strafverfügung konnte, nachdem sie zunächst im normalen Postweg mangels Behebung durch die Bwin nicht zustellbar war, schließlich im Rechtshilfeweg mit Hilfe der Regierung der Oberpfalz in 93039 Regensburg unter Verwendung einer Postzustellungsurkunde durch Niederlegung beim Postamt 80469 München, am 3. August 2001 zugestellt werden.

2.1. Mit Eingabe vom 31. August 2001, bei der belangten Behörde eingelangt am 5. September 2001, nahm die Bwin offenbar auf die ergangene Strafverfügung Bezug, indem sie ausführte:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

ihre Anschuldigung ist falsch. Wir können nur die Adresse des Passes bzw. Führerschein wiedergeben und können nicht dafür sorgen, daß die Person, der wir das Auto übergeben, auch noch 1/2 Jahr später unter dieser Adresse erreichbar ist.

Herr J lebt übrigens i.A. in Schweden, leider unter einer uns unbekannten Adresse.

Wir konnten Ihnen daher nicht weiter dienen,

mit herzlichen Grüßen,

unleserliche Unterschrift eh."

Obwohl die Bwin - ohne ersichtlichen Grund - in der Wir-Form korrespondierte, wird man mit der belangten Behörde davon ausgehen müssen, dass diese Eingabe als ihr persönlicher Einspruch gegen die Strafverfügung zu werten ist.

2.2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 17. September 2001, zugestellt laut internationalem Rückschein am 25. September 2001, wies die belangte Behörde den Einspruch vom 31. August 2001 gegen die Strafverfügung gemäß § 49 VStG als verspätet eingebracht zurück. Begründend wird auf die Niederlegung am 3. August 2001 hingewiesen, mit welchem Datum die Rechtsmittelfrist begonnen habe. Der Einspruch hätte daher spätestens am 17. August 2001 zur Post gegeben werden müssen. Da der Einspruch am 31. August 2001 (Datum des Poststempels) erfolgte, wäre die Strafverfügung bereits in Rechtskraft erwachsen.

2.3. Gegen diesen Zurückweisungsbescheid erhob die Bwin mit rechtzeitiger Telefax-Eingabe vom 29. September 2001 ausdrücklich Berufung und brachte begründend vor:

"In Ihrer Begründung geben Sie Fristversäumnis an. Ich darf Sie daher hinweisen, daß Ihr Bescheid vom 3.8.01 mir am 29.8.01 zugestellt wurde, den ich am 31.8. beantwortet habe, mit Eingang bei Ihnen am 5.9.01, wie Sie mitteilen.

Es liegt daher keine Fristversäumnis vor.

Unterschrift eh."

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2001 hat die belangte Behörde ihren Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt und mitgeteilt, dass von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung kein Gebrauch gemacht werde, zumal das Berufungsvorbringen für die Richtigkeit der behördlichen Entscheidung ohne Relevanz sei.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung der Berufung festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt ist und nur Rechtsfragen zu beurteilen sind.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Bei rechtzeitigem Einspruch ist gemäß § 49 Abs 2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten. Wurde der Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben, dann ist nach § 49 Abs 3 VStG die Strafverfügung zu vollstrecken.

Ein nicht rechtzeitig erhobener Einspruch ist von der Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, mit Bescheid zurückzuweisen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Anm 11 zu § 49 VStG; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze13, 217, Anm 9 zu § 49 VStG).

Nach § 32 Abs 2 AVG (iVm § 24 VStG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können gemäß § 33 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG weder verkürzt noch verlängert werden.

4.2. Gemäß Art 3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen (BGBl Nr. 526/1990) wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet.

Art 10 Abs 1 Satz 1 dieses Vertrages sieht zunächst die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungsverfahren unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr geltenden Vorschriften vor. Kann eine solche Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen (Art 10 Abs 1 Satz 3). Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.

Nach deutscher Rechtslage ist etwa in § 3 Abs 3 Verwaltungszustellungsgesetz (dBGBl I 1952, 379, geändert mit dBGBl I 2001, 1206) und in entsprechenden Bestimmungen der Verwaltungszustellgesetze der Länder für das Zustellen durch den Postbediensteten die Anwendung von Zustellvorschriften der §§ 180 bis 186 und 195 Abs 2 der bundesdeutschen Zivilprozessordnung (dZPO) vorgesehen.

Bei Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde ist für den Fall, dass der Adressat in der Wohnung nicht angetroffen wird, nach dem verwiesenen § 181 Abs 1 dZPO die Möglichkeit einer Ersatzzustellung durch Niederlegung bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle vorgesehen, wobei über die Niederlegung eine schriftliche Mitteilung auf einem Vordruck unter der Anschrift des Adressaten in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abzugeben, oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Tür der Wohnung, des Geschäftsraums oder der Gemeinschaftseinrichtung anzuheften ist. Das Schriftstück gilt mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung. Gemäß § 181 Abs 2 dZPO ist das niedergelegte Schriftstück drei Monate zur Abholung bereitzuhalten. Nicht abgeholte Schriftstücke sind danach an den Absender zurückzusenden.

Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit der Zustellung durch Niederlegung ist, dass der Adressat am Ort eine Wohnung hat, die er tatsächlich bewohnt, wobei aber vorübergehende Abwesenheiten wie etwa Urlaub, kurzer Krankenhausaufenthalt und Ähnliches unerheblich sind. Keine Wohnung iSd Zustellrechts am bisherigen Ort liegt allerdings vor, wenn jemand längere Zeit mit fester, dauernder Unterkunft abwesend war und keine fortdauernde Beziehung zur bisherigen Wohnung aufrechterhalten hat (vgl Erk. des VwGH vom 18.3.1998, Zl. 96/03/0030, unter Hinweis auf Kopp in Verwaltungsverfahrensgesetz6, Anm 12 zu § 41 VwVG).

4.3. Im gegenständlichen Fall konnte die Strafverfügung der belangten Behörde vom 25. Juni 2001 nach zunächst vergeblichem Zustellversuch im einfachen Postweg (mit internationalem Rückschein) wegen Nichtabholung durch die Bwin durch das Ersuchen der belangten Behörde an die Regierung der Oberpfalz um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zugestellt werden. Diese Zustellung über Vermittlung der Regierung der Oberpfalz erfolgte entsprechend dem gestellten Ersuchen im Wege der Post mit Postzustellungsurkunde eigenhändig. Aus den Angaben des Postbediensteten im verwendeten Vordruck "Postzustellungsurkunde" geht hervor, dass er am 3. August 2001 einen Zustellversuch am Ort der Wohnung der Bwin vorgenommen und die schriftliche Benachrichtigung über die vorzunehmende Niederlegung - wie bei gewöhnlichen Briefen üblich - in den Hausbriefkasten eingelegt hat. Als Ort der Niederlegung wird das Postamt 80469 München Filiale 5 und als Datum der Niederlegung der 3. August 2001 genannt.

Da die Bwin am Ort der Zustellung in, über eine Wohnung verfügt und Zustellmängel weder erkennbar, noch vorgebracht wurden, konnte die Zustellung durch Niederlegung entsprechend den deutschen Vorschriften rechtswirksam vorgenommen werden. Mit der schriftlichen Benachrichtigung von der Niederlegung durch den Postbediensteten am 3. August 2001 galt das Schriftstück iSd § 181 Abs 1 dZPO als zugestellt.

Die Strafverfügung wurde daher durch Niederlegung (entspricht im Wesentlichen der Hinterlegung gemäß § 17 Zustellgesetz) rechtswirksam zugestellt und es begann mit Freitag, dem 3. August 2001, die unabänderliche Einspruchsfrist von zwei Wochen zu laufen. Sie endete am Freitag, dem 17. August 2001. Da gemäß § 33 Abs 3 AVG die Tage des Postlaufes in die Frist nicht eingerechnet werden, hätte der Einspruch gegen die Strafverfügung spätestens am 17. August 2001 zur Post gegeben werden müssen. Mit dem Ablauf dieses Tages war das Rechtsmittel als verfristet anzusehen. Der von der Bwin erst am 31. August 2001 aufgegebene Einspruch erfolgte daher offenkundig verspätet.

Die Behauptung der Bwin, wonach ihr ein Bescheid vom 3. August 2001 am 29. August 2001 zugestellt worden wäre, ist aktenwidrig. Möglicherweise hat sie die am 3. August 2001 niedergelegte Strafverfügung der belangten Behörde erst am 29. August 2001 vom Postamt abgeholt. Dies vermag aber nichts daran zu ändern, dass die Strafverfügung bereits mit dem Datum der Niederlegung als zugestellt galt und die 14-tägige Einspruchsfrist zu laufen begann.

4.4. Im Ergebnis war daher die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde als unbegründet abzuweisen. Wegen der nach Ablauf der Einspruchsfrist eingetretenen Rechtskraft der Strafverfügung der belangten Behörde war es dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich von vornherein verwehrt, auf die Sache einzugehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

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