Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110204/4/Le/La

Linz, 08.05.2001

VwSen-110204/4/Le/La Linz, am 8. Mai 2001 DVR.0690392      

E R K E N N T N I S  

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß, Beisitzer: Dr. Konrath, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des A L, A 1a, W. N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23.1.2001, Zl. VerkGe96-290-2000, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:  

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.   II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsver-fahrens in Höhe von 4.000 S (entspricht  290,69 Euro) zu entrichten.     Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.     Entscheidungsgründe:   Zu I.:   1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23.12.2001 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 (im Folgenden kurz: GBG) in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF der Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 67 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.   Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 18.10.2000 um 9.25 Uhr auf der In A bei Strkm. 75,200 im Gemeindegebiet von S als Fahrer des Lastkraftwagens mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t (der im Folgenden näher bezeichnet wird) gewerbsmäßig einen Straßengütertransitverkehr, nämlich einen "Umsattelverkehr" durch Österreich (Ausgangspunkt: Italien; Zielpunkt: Belgien), für welchen Ökopunkte benötigt wurden, durchgeführt, ohne die (im Folgenden näher bezeichneten) erforderlichen Unterlagen mitgeführt zu haben.   2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 30.1.2001, die durch den Schriftsatz vom 8.2.2001 ergänzt wurde und mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, er sei am 17.10.2000 aus England nach Trumau gekommen, wo er von seinem Chef den Auftrag bekam, sofort nach Deutschland zu fahren. Er sei daher am 18.10.2000 mit seinem Sattelzugfahrzeug und einem Anhängerwagen mit dem österreichischen roten Kennzeichen BN gefahren. Er selbst wäre überhaupt nicht in Italien gewesen und auch sein Sattelzugfahrzeug nicht. Von seiner Firma habe er die Papiere bekommen und keine weiteren Angaben dazu. Das Ausfüllen der Papiere und die Durchführung von Änderungen wäre nicht seine Arbeit, sondern die des Disponenten der Firma. Der Umweltdatenträger wäre wahrscheinlich in einem anderen Sattelzugfahrzeug umgeschaltet worden. Dafür, dass die Fa. L der Behörde ein falsches Kennzeichen angegeben oder der Fahrer den ecotag nicht umgeschaltet habe, könne er nicht zur Verantwortung gezogen werden. Überdies sei er derzeit arbeitslos und stehe in regelmäßiger ärztlicher Behandlung.   Mit dem Schriftsatz vom 8.2.2001 übermittelte er noch seinen Wochenbericht und Kopien der Tachographenscheiben für zwei Wochen (Anmerkung: Kopien der Scheiben vom 15.10. und vom 17.10. fehlten, sodass die Fahrtstrecken von Dover nach Gelsenkirchen bzw. von Linz nach Trumau nicht nachvollzogen werden konnten. Dies war jedoch für die Beurteilung des Falles nicht beachtlich, da dem Berufungswerber die Verantwortung, selbst nicht in Italien gewesen zu sein, ohnedies geglaubt wurde.)   3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.   Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt steht fest, dass der Berufungswerber am 18.10.2000 beim Grenzübergang S von der Gendarmerie kontrolliert wurde. Dabei wurde festgestellt, dass sich am Sattelanhänger Transitware befand, die von Italien nach Belgien befördert werden sollte. Auf den Frachtpapieren fehlten sämtliche erforderlichen Daten nach der Zolldokumentation Güterverkehr auf der Straße. Auf dem mitgeführten Frachtbrief war lediglich ersichtlich, dass eine gewerbsmäßige Güterbeförderung durchgeführt wurde, und zwar von Verona in Italien nach Brugge in Belgien. Als Frachtführer fungierte die L GmbH; als Kennzeichen der verwendeten Fahrzeuge war zweimal "BN" eingetragen. Für den Sattelanhänger wurde kein Zulassungsschein mitgeführt; unter bzw. neben dem roten Kennzeichen war kein weiteres ausländisches Kennzeichen angebracht.   Die mit dem mobilen Lesegerät durchgeführte Kontrolle des im LKW angebrachten initialisierten ecotags ergab, dass der Berufungswerber am 16.10.2000 um 20.30 Uhr über den Grenzübergang S Autobahn nach Österreich eingereist war. Dabei war der ecotag auf ökopunktbefreite Fahrt gesetzt.   Der Berufungswerber hat dem nichts entgegengesetzt: Er hat lediglich darauf hingewiesen, am 17.10.2000 von England kommend nach Österreich eingereist und zur Firma gefahren zu sein, wo er von seinem Arbeitgeber den Auftrag bekommen hätte, mit einem anderen Sattelanhänger nach Deutschland zu fahren. Die nötigen Papiere hätte er von seiner Firma bekommen; die Papiere auszufüllen und die Änderungen durchzuführen wären nicht seine Aufgabe, sondern die des Disponenten der Firma.   Aus diesem Vorbringen war erkennbar, dass der Berufungswerber den Tatvorwurf in Wahrheit nicht bestritten hat. Aus verwaltungsökonomischen Gründen, insbesondere um dem Berufungswerber allfällige Fahrtkosten zu ersparen, wurde von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen.   4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:   4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG).   4.2. Nach der bereits im erstinstanzlichen Straferkenntnis vollständig und richtig zitierten Rechtslage hat der Lenker eines Lastkraftwagens im Falle der Durchführung eines Straßengütertransitverkehrs durch Österreich entweder eine ordnungsgemäß ausgefüllte Ökokarte mitzuführen oder seinen ecotag auf ökopunktpflichtige Fahrt einzustellen, sodass die fälligen Ökopunkte elektronisch abgebucht werden können.   Wenn das Zugfahrzeug in Österreich gewechselt wird, also der Sattelaufleger umgesattelt und mit einer anderen Zugmaschine im Transit weiterbefördert wird, so gilt dies als ökopunktpflichtige Transitfahrt. Die bei der Einfahrt ausgestellte Bestätigung für entrichtete Ökopunkte bleibt gültig und ist weiter mitzuführen. Der COP-Wert des neuen Fahrzeuges darf den auf der Bestätigung ausgewiesenen Wert nicht überschreiten, anderenfalls sind bei der Ausfahrt zusätzliche Ökopunkte auf einer weiteren Ökokarte zu entrichten.   Wenn dagegen die Ökopunkte bei der Einfahrt durch Abbuchung vom ecotag entrichtet wurden, so ist auf den Frachtbriefen zu vermerken, mit welchem Fahrzeug die Einfahrt durchgeführt wurde und an welchem Ort und zu welcher Zeit die Einreise nach Österreich erfolgte. Diese Angaben sind an den Lenker des zweiten Fahrzeuges weiterzugeben und von diesem im Überprüfungsfall den Kontrollorganen vorzulegen.   Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren steht fest, dass der Berufungswerber diese Unterlagen nicht mitgeführt hat (nebenbei wird bemerkt, dass von der Firma Lindner GmbH im Ermittlungsverfahren überhaupt nicht nachgewiesen wurde, ob bei der Einfahrt die erforderlichen Ökopunkte abgebucht worden sind). Damit aber steht fest, dass die angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht wurde.   4.3. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.   Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.   In der gegenständlichen Angelegenheit wäre es Aufgabe des Berufungswerbers als Berufskraftfahrer gewesen, bei der Übernahme der Fracht bzw. des Auflegers zu überprüfen, ob die Ökopunkte entrichtet wurden und weiters, dass er die erforderlichen Bestätigungen für deren Entrichtung erhält und mitführt, um sie bei Kontrollen vorweisen zu können. Von dieser Aufgabe kann ihn der Disponent der Firma nicht wirksam entlasten, da nach Art.2 Abs.3 und Art.5 Abs.1 der EU-Verordnung diese Verpflichtung den Lastkraftwagenfahrer trifft; nach § 23 Abs.1 GBG ist ebenfalls der Fahrer dafür verantwortlich.   Der Berufungswerber hat gar nicht bestritten, dass er sich um die Entrichtung der Ökopunkte und den Nachweis dafür mit den erforderlichen Unterlagen nicht gekümmert hat: Das geht bereits daraus hervor, dass er diese Verantwortung in seiner Berufung dem Disponenten der Firma angelastet hat.   Damit ist es dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift (die ein Ungehorsamsdelikt im Sinne der obigen Ausführungen darstellt) kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist.   4.4. Die für Delikte der gegenständlichen Art vorgesehene Mindeststrafe beträgt 20.000 S, die im vorliegenden Fall von der Erstbehörde festgesetzt worden ist. Diese Strafe könnte bis zur Hälfte herabgesetzt werden, wenn besondere Milderungsgründe vorliegen bzw. wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Als Milderungsgrund konnte jedoch nur die bisherige Unbescholtenheit festgestellt werden, sodass von einem "beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe" nicht gesprochen werden kann. Arbeitslosigkeit und Krankheit stellen keine Milderungsgründe dar. Die Strafe konnte daher nicht herabgesetzt werden. § 21 VStG konnte nicht angewandt werden, weil weder das Verschulden des Berufungswerbers geringfügig ist noch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.   Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.   Zu II.: Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da im vorliegenden Fall eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 4.000 S.     Rechtsmittelbelehrung:   Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis:   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge-richtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.       Dr. W e i ß   Beschlagwortung: Umsattelverkehr