Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110301/2/SR/Ri

Linz, 26.09.2001

VwSen-110301/2/SR/Ri Linz, am 26. September 2001 DVR.0690392  

E R K E N N T N I S    

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des P A, Gstraße, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 4. September 2001, VerkGe96-86-2001, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (im Folgenden: GütbefG), zu Recht erkannt:    

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.   II. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.   Rechtsgrundlagen: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBI.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 1 Abs.2, § 45 Abs1 Z1, § 51c und § 51e Abs.2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2000 - VStG. zu II: §§ 64 und 65 VStG.     Entscheidungsgründe:     1. Im angefochtenen Bescheid wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 23 Abs.1 Ziffer 4 GütbefG mit Schilling 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden !!!) bestraft, weil er im Werkverkehr eine Güterbeförderung durchgeführt und der Meldepflicht für Werkverkehr gemäß § 11 Abs.1 und 2 GütbefG nicht entsprochen hatte.   2. Gegen dieses dem Bw am 7. September 2001 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 12. September 2001 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.   2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass der Tatbestand der unerlaubten Güterbeförderung dem Bw zur Kenntnis gebracht worden sei und dieser die Tat zur Gänze eingestanden habe. In der Folge sieht die Behörde erster Instanz die objektive Tatseite durch das Fehlen der für die Güterbeförderung erforderlichen Werkverkehrskarte gegeben. Bei der Strafbemessung bezieht sich die Behörde erster Instanz auf die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe von Schilling 5.000,-- und setzt die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG mit 48 Stunden fest. Als verletzte Rechtsvorschrift bezeichnet die Behörde erster Instanz "§ 11 Abs.1 und 2 i.V.m. § 23 Abs.1 Z4 Güterbeförderungsgesetz 1995 i.d.g.F.".   2.2. Dagegen wendet der Bw unter anderem ein, dass der gegenständliche Lkw "von der Versicherung ohne besondere Verwendung angemeldet worden sei. Dies sei unverständlich, da alle Lkw immer für den Werkverkehr angemeldet worden wären. Der Eintragungsfehler sei ihm nicht aufgefallen, da er sich auf die Versicherung und die Zulassungsstelle verlassen hätte."   3. Der bezughabende Verwaltungsstrafakt wurde von der Behörde erster Instanz samt Berufung vorgelegt.   Der unabhängige Verwaltungssenat hatte gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG von einer Berufungsverhandlung abzusehen.   4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:   4.1. § 11 GütbefG (i.d.F. BGBl. Nr. 593/1995) - Meldepflicht für den Werkverkehr: Abs. (1) Die Werkverkehr betreibenden Unternehmen haben unbeschadet der Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Vorschriften die im Werkverkehr verwendeten Kraftfahrzeuge hinsichtlich Zahl und Art (Nutzlast) unter Angabe des Standortes und des Gegenstandes des Unternehmens bei der für den Standort des Unternehmens (der Zweigniederlassung oder weiteren Betriebsstätte) zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen. Abs. (2) Die Bezirksverwaltungsbehörde stellt für jedes angezeigte Kraftfahrzeug eine Bescheinigung mit den für die Kennzeichnung des Unternehmens erforderlichen Angaben/Werkverkehrskarte) aus. Die Werkverkehrskarte ist bei jeder Güterbeförderung im Werkverkehr mitzuführen.   Am 9. Jänner 1998 wurde das GütbefG 1995 durch das Bundesgesetz BGBl. I 17/1998 geändert und dem § 11 GütbefG folgender Abs. (3) angefügt.   Abs. (3) Die Bestimmungen des Abs.1 gelten nicht für Unternehmen, die Fahrzeuge mit einer Nutzlast von nicht mehr als 600 kg einsetzen.   Mit Bundesgesetz BGBl I Nr. 106/2001, ausgegeben am 10. August 2001, wurde das GütbefG 1995, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 17/1998, neuerlich geändert. Unter Pkt 11 ist ausgeführt:   "Die Überschrift des § 11 entfällt. § 11 lautet: § 11. (1) Werkverkehr im Sinne des § 10 darf nur mit 1. Kraftfahrzeugen, bei denen im Zulassungsschein bzw. in der Zulassungsbescheinigung die Verwendungsbestimmung `zur Verwendung für den Werkverkehr bestimmt´ eingetragen ist, oder 2. mit Kraftfahrzeugen gemäß § 3 Abs. 3 durchgeführt werden. (2) Die Bestimmung des Abs. 1 gilt nicht für Kraftfahrzeuge oder Kraftfahrzeuge mit Anhängern, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht insgesamt 3 500 kg nicht übersteigt."   4.2. Trotzdem die Behörde erster Instanz sowohl bei der verletzten Rechtsvorschrift als auch bei der angewendeten Strafbestimmung von der "derzeit geltenden Fassung" ausgegangen ist, hat sie sich auf Normen gestützt, die schon außer Kraft getreten sind. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses bestand für das Werkverkehr betreibende Unternehmen weder eine Anzeigepflicht an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde noch die Verpflichtung, die Werkverkehrskarte bei jeder Güterbeförderung mitzuführen.   4.3. Gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.   Auch wenn nicht ausdrücklich geregelt erscheint, was denn rechtens sein soll, wenn die zur Zeit der Begehung der Tat in Geltung gestandene Strafdrohung vor Bestrafung des Täters (in erster Instanz) zur Gänze außer Kraft tritt, wird in Konsequenz des aus § 1 Abs.2 VStG ableitbaren Grundsatzes - unbeschadet allfälliger anderslautender Übergangsbestimmungen - anzunehmen sein, dass das seinerzeit strafbar gewesene Verhalten nicht mehr zu ahnden ist (Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze II2 , 2000, Seite 14).   Mangels anderslautender Übergangsbestimmungen hätte die Behörde erster Instanz eine Günstigkeitsabwägung vornehmen müssen.   Da das GütbefG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Behörde erster Instanz geltenden Fassung für den Bw weder eine Anzeigepflicht an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde noch die Verpflichtung, die Werkverkehrskarte bei jeder Güterbeförderung mitzuführen bestanden hat, liegt kein gemäß § 23 Abs.1 Z4 GütbefG zu ahndendes Verhalten vor und es ist von einem Außerkrafttreten der Strafnorm auszugehen.   Das Verwaltungsstrafverfahren war einzustellen, da die dem Bw vorgeworfene Tat auf Grund der Günstigkeitsabwägung nicht strafbar ist.   4.4. Unabhängig obiger Ausführungen wäre das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw wegen unzulänglicher Anlastung (zB.: fehlende bzw. unzureichende Tatort- und Tatzeitangaben, Gleichsetzung des Unternehmers mit dem Lenker) einzustellen gewesen.   5. Der Kostenausspruch ist gesetzlich begründet.     Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.     Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.         Mag. Stierschneider     Beschlagwortung: Günstigkeitsabwägung, weggefallene Strafnormen
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