Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107640/16/Le/La

Linz, 29.06.2001

VwSen-107640/16/Le/La Linz, am 29. Juni 2001 DVR.0690392  

E R K E N N T N I S    

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des Mag. C F, Große S 9, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 17.4.2001, Zl. VerkR96-5647-2000-OJ/KB, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 27.6.2001 zu Recht erkannt:  

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.   II. Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens sowie die Vorschreibung des Barauslagenersatzes für Untersuchungs-kosten.     Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungs-strafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG, § 5a Abs.2 StVO.     Entscheidungsgründe:   Zu I.:   1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 17.4.2001 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 5 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 12.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 288 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe sowie zum Ersatz der Barauslagen für Untersuchungskosten gemäß § 5a Abs.2 StVO in Höhe von 1.199 S verpflichtet.   Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 25.11.2000 um 16.35 Uhr den Kombi VW-Golf mit dem Kennzeichen W auf der B von R kommend bis 4100 O, B, in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt.   2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 3.5.2001, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Begründung führte der Berufungswerber an, dass der durchgeführte THC-Test keine wissenschaftlich anerkannte Methode zur Feststellung der Drogenbeeinträchtigung darstelle, da weder Zeitpunkt noch Art der konsumierten Produkte festgestellt werden könne.   3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.   3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage führte der Unabhängige Verwaltungssenat am 27.6.2001 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Berufungswerber sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen; dabei wurden auch der die Untersuchung vornehmende Polizeiarzt Dr. T R C sowie Frau S Z als Zeugen gehört. An der Verhandlung nahm weiters Frau Dr. S H als medizinische Amtssachverständige teil.   Der ebenfalls geladene RI NN H vom GP O wurde von seinem Vorgesetzten am Morgen des Verhandlungstages wegen eines Freizeitunfalls entschuldigt.   Wegen des inhaltlichen Zusammenhanges wurde die Verhandlung gleichzeitig mit den Berufungsverhandlungen betreffend P F und DI G Z geführt.     3.2. Daraus steht folgender Sachverhalt fest:   Der Berufungswerber schilderte den Hergang der Angelegenheit wie folgt:   Am 25.11.2000 hatte er im Bauernhaus des M G in O gemeinsam mit Frau S Z eine Küche abgebaut. Anschließend wollten sie mit Herrn DI G Z eine Sauna in E aufsuchen, die jedoch geschlossen war. Mag. F und DI Z beschlossen dann, nach Linz ins Parkbad zu fahren. Den Wagen lenkte DI Z, der Herrn Mag. F entgegen kam und diesen dann mitnahm.   Vermutlich auf Grund seiner unsicheren Fahrweise (langsame Fahrgeschwindigkeit, ruckartiges Schalten und Kuppeln, eckige Fahrweise um die Kurven) wurden die beiden in R beim Postamt von der Gendarmerie angehalten. Die Beamten führten eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle durch und forderten Herrn DI Z zum Alkotest auf. Herrn Mag. F wiesen die Beamten an, mit dem Fahrzeug zum Posten nach O zu kommen; DI Z fuhr mit den Beamten im Dienstwagen mit. Mag. F fuhr daraufhin nach O und kaufte zunächst etwas zu essen ein; anschließend begab er sich zum Gendarmerieposten. Dort war mittlerweile Herrn DI Z eine Harnprobe abgenommen und diese untersucht worden; das Testergebnis war positiv. Daraufhin wurde auch Mag. F zum Harntest aufgefordert und auch bei ihm war der Test positiv. Die Gendarmeriebeamten untersuchten daraufhin mit Hilfe eines Spürhundes das verwendete Fahrzeug auf Rauschgift, fanden aber keines. Andere Beamte führten eine Razzia im Hause des M G durch; DI Z und Mag. F wurden in der Zwischenzeit am Gendarmerieposten angehalten und klinisch untersucht. Auf Grund des positiven Harntestes war der Linzer Polizeiarzt Dr. T R C beigezogen worden, der die beiden einer klinischen Untersuchung unterzog. Bei Mag. F stellte er als einzige Auffälligkeit eine etwas träge Pupillenreaktion fest (siehe Erhebungsblatt zur Feststellung von Suchtgiftbeeinträchtigungen vom 25.11.2000 - BlZl. 1c des Aktes der Erstbehörde).   Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat erklärte Herr Dr. C als Zeuge, dass er auf Grund dieser etwas trägen Pupillenreaktion in Verbindung mit dem positiven THC-Test eine Suchtgiftbeeinträchtigung und daraus resultierend eine Fahruntüchtigkeit festgestellt hat. Er räumte allerdings ein, dass die träge Pupillenreaktion auch andere Ursachen hätte haben können, etwa Übermüdung oder Einfluss von Medikamenten. Durch den positiven THC-Test, der bereits vor seinem Eintreffen durchgeführt worden war, war er jedoch zur Ansicht gekommen, dass eine Suchtgiftbeeinträchtigung vorgelegen haben könnte. Er räumte ein, dass er auf Grund des Gesamteindruckes und der normalen Werte (mit Ausnahme der etwas trägen Pupillenreaktion) von sich aus keinen Harntest angeregt bzw angeordnet hätte.   3.3. Angemerkt wird, dass der Berufungswerber am 12.12.2000 seinen Harn im Laboratorium Dr. E M B-S in 1160 W, B 50, auf Drogen untersuchen ließ; das Ergebnis war hinsichtlich Cannabionoide negativ. 3.4. Die Zeugin S Z konnte zur Frage der Suchtgiftbeeinträchtigung des Berufungswerbers keine Angaben machen. Sie verwies lediglich darauf, dass in ihrer Anwesenheit kein Cannabis geraucht worden sei.   4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:   4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG).     4.2. Nach § 5 Abs.1 StVO darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen.   Es ist unbestritten, dass der Berufungswerber ein Kraftfahrzeug gelenkt hat. In wieweit er sich dabei in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden hat, wurde von der Gendarmerie durch einen Drogen-Schnelltest (Harnuntersuchung mit einem Teststreifen) sowie die nachfolgende klinische Untersuchung durch den Polizeiarzt der BPD Linz, Dr. C, festgestellt.   Der Drogenschnelltest hat hinsichtlich THC (das ein Merkmal für den Konsum von Cannabis darstellt) ein positives Ergebnis gebracht. Bei der klinischen Untersuchung stellte der Polizeiarzt als einzige Auffälligkeit eine "etwas träge Pupillenreaktion" fest. Ansonsten hatte er nach eigener Aussage vom Probanden einen guten Eindruck. Wegen der Gefahren, die mit einer etwas trägen Pupillenreaktion verbunden sein können, diagnostizierte er daher "derzeit fahruntüchtig". Anlässlich der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat räumte er als Zeuge ein, dass ihn das positive Ergebnis des Harntestes dazu gebracht hat, die Beeinträchtigung auf Suchtgift zurückzuführen. Allerdings räumte er ein, dass eine etwas träge Pupillenreaktion aber auch auf andere Ursachen zurückzuführen sein könnte, wie etwa auf Übermüdung oder Medikamenteneinwirkung.   Die Problematik bei der Beurteilung einer Suchtgiftbeeinträchtigung besteht darin, dass es einerseits keine absolut gesicherten Untersuchungsmethoden und andererseits keine fixen Grenzwerte (vergleichbar etwa mit dem Grenzwert einer Alkoholisierung von 0,4 mg/l) gibt. Ausschlaggebend ist vielmehr der persönliche Eindruck, den der untersuchende Arzt bei der klinischen Untersuchung erhält. Nach der Fachliteratur (vgl dazu Darok/G/ Roll, Österreich - ein Paradies für suchtmittelbeeinträchtigte Lenker?, ZVR 2001, Seite 110 ff), umfasst die ärztliche Untersuchung Prüfungen des Gleichgewichtssinnes, der Koordination, Motorik und pupillendiagnostische Untersuchungen; auch die Abnahme einer Speichel- oder Harnprobe und deren Überprüfung (zB mittels eines Schnelltests) gehört zum Umfang einer ärztlichen Untersuchung. An anderer Stelle der erwähnten Arbeit sind typische Ausfallserscheinungen bei einer Beeinflussung durch Alkohol und/oder andere psychotrope Substanzen erwähnt wie Rötung der Augenbindehäute, veränderte Weite und Reaktion der Pupillen, Störungen von motorischen Komponenten (lallende Sprache, schwankender Gang), psychische Auffälligkeiten (Benommenheit, Verwirrtheit, Aggressivität).   Der Berufungswerber hat lediglich ein einziges dieser Merkmale aufgewiesen, nämlich die "etwas träge Pupillenreaktion".   Der positive THC-Test stellt kein gesichertes Zeichen für eine aktuelle Suchtgiftbeeinträchtigung dar, da ein Drogenkonsum noch bis zu 4 bis 6 Wochen später im Harn nachweisbar ist, also bis zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Beeinträchtigung, die nur etwa 3 bis 6 Stunden nach dem Konsum anhält, nicht mehr gegeben ist. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Berufungswerber am 12.12.2000 seinen Harn in einem Labor in Wien untersuchen ließ, und dabei hinsichtlich Cannabionoide ein negatives Testergebnis festgestellt wurde.   Diese Ergebnisse zeigen jedoch, dass nicht mit der für eine Bestrafung erforderlichen Sicherheit festgestellt werden konnte, dass der Berufungswerber tatsächlich zur Tatzeit durch Suchtgift beeinträchtigt war.   Damit aber war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.   Zu II.:   Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, dass der Berufungswerber weder mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten ist. Nach § 5a Abs.2 StVO sind die Kosten der Untersuchung vom Untersuchten zu tragen, wenn eine Suchtgiftbeeinträchtigung festgestellt wurde. Da, wie dem oben festgehaltenen Ermittlungsverfahren zu entnehmen ist, eine Suchtgiftbeein-trächtigung nicht mit der für eine Bestrafung erforderlichen Sicherheit festgestellt wurde, war der Berufungswerber auch vom Kostenersatz für die Untersuchung zu entlasten.     Rechtsmittelbelehrung:   Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis:   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs- gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.       Dr. W e i ß
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