Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-110599/2/Li/Ww/He

Linz, 25.10.2004

VwSen-110599/2/Li/Ww/He Linz, am 25. Oktober 2004

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Linkesch über die Berufung der S E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 24. Mai 2004, VerkGe96-50-1-2004, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 2, 45 Abs.1 Z1 und 3 sowie § 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit - am 27. Mai 2004 zugestelltem - Straferkenntnis vom 24. Mai 2004, VerkGe96-50-1-2004, über Frau S E wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z3 und § 7 Abs.1 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 32/2002, eine Geldstrafe von 1.453 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden verhängt, weil sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach Außen Berufene der M T GmbH (Unternehmerin) mit dem Sitz in am 16.3.2004 gegen 10.50 Uhr auf der Innkreis-Autobahn A 8, bei Straßenkilometer 75,100, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen habe, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: M T GmbH, Lenker: F Ö, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats sei (Staatsbürgerschaft: Türkei), einen grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr und zwar eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Textilien) von der Türkei durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland ohne die hiefür erforderliche Fahrerbescheinigung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 durchgeführt habe. Das Unternehmen sei nicht Inhaberin einer solchen Fahrerbescheinigung.

1.1 Begründend wurde von der belangten Behörde unter ausführlicher Zitierung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, dass nach der Aktenlage feststehe, dass der Fahrer, Herr F Ö, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats (Türkei) sei, anlässlich der beanstandeten, im Spruch näher konkretisierten gewerbsmäßigen Güterbeförderung mit dem in Österreich zugelassenen Lastkraftwagen keine Fahrerbescheinigung mitgeführt habe. Die Firma sei auch nicht Inhaberin einer derartigen Berechtigung.

 

Auch wenn die Fahrerbescheinigung nicht ausdrücklich in § 7 Abs.1 des Güterbeförderungsgesetzes angeführt sei, bestünden keine Zweifel daran, dass auch diese Berechtigung von der angeführten Bestimmung umfasst sei. Während nämlich die Fahrerbescheinigung erst durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 vom 1.3.2002 eingeführt worden sei, sei die letzte Novellierung des § 7 Abs.1 des Güterbeförderungsgesetzes durch Bundesgesetzblatt I Nr. 106/2001 vom 10.8.2001 erfolgt. Die Aufzählung in § 7 Abs.1 des Güterbeförderungsgesetzes könne nach Ansicht der Behörde nur im Zusammenhang mit einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen gesehen werden und nehme sogar der § 7 Abs.1 Z1 des Güterbeförderungsgesetzes auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 Bezug, sodass der objektive Tatbestand der dem Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erfüllt sei.

 

Die Bw sei Geschäftsführerin der M T GmbH und es bestehe dadurch, dass sie keinen verantwortlichen Beauftragten bestellt habe, auch an ihrer Verantwortlichkeit keine Zweifel.

 

Wie bereits angeführt worden sei, habe die Bw als strafrechtliche Verantwortliche des Unternehmens dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden. Dies habe die Bw offensichtlich unterlassen und sei somit ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen. Es sei daher von einem schuldhaften und zwar fahrlässigen Verhalten ihrerseits auszugehen.

 

1.2. Zur Strafbemessung sei festzustellen, dass die Geldstrafe bei derartigen Übertretungen gemäß § 23 Abs.4 des Güterbeförderungsgesetzes mindestens 1.453 Euro zu betragen habe.

 

Die Durchführung einer gewerbsmäßigen Güterbeförderung ohne Fahrerbescheinigung habe zur Folge, dass die Möglichkeit einer Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Beschäftigung bzw. Zur-Verfügung-Stellung von Fahrern außerhalb des Mitgliedstaats, in dem der Verkehrsunternehmer ansässig sei, nicht gegeben sei. Dies habe in der Vergangenheit zu einer Marktlage geführt, bei der Fahrer aus Drittstaaten mitunter regelwidrig und ausschließlich im grenzüberschreitenden Verkehr außerhalb des Mitgliedstaats, in dem der Verkehrsunternehmer ansässig sei, beschäftigt würden, um die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, des Mitgliedstaats, in dem der Verkehrsunternehmer ansässig sei und der dem Verkehrsunternehmer die Gemeinschaftslizenz erteilt habe, zu umgehen. Um dies zu verhindern, sei die Verhängung der Mindeststrafe notwendig und angemessen.

 

Die verhängte Mindeststrafe von 1.453 Euro könne auch nicht gemäß § 20 VStG bis zur Hälfte unterschritten werden, weil lediglich die bisherige Unbescholtenheit der Bw strafmildernd gewertet werden könne. Auch wenn keine Erschwerungsgründe vorliegen würden, bedeute dies im Hinblick auf den schwerwiegenden Unrechtsgehalt der durch die Unterlassung der Bw begangenen Tat noch kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe iSd § 20 VStG.

 

Die Strafe erscheine demnach sowohl dem Unrechtsgehalt der Tat, als auch den geschätzten wirtschaftlichen Verhältnissen der Bw (Einkommen ca. 1.500 Euro monatlich netto, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) angepasst.

 

2. Am 18. Juni 2004 langte bei der belangten Behörde ein - mit "M T GmbH i.A. S" unterzeichnetes - offenbar irrtümlich auf den 10.5.2004 datiertes (Anm: die Zustellung des Straferkenntnisses erfolgte erst am 27.5.2004; das Schreiben "vom 10.5.2004" kann erst nach Zustellung des Straferkenntnisses verfasst worden sein, da die erste Seite des Straferkenntnisses in Kopie übermittelt wurde) Schreiben ein (Poststempel 7.6.2004). Im Kopf dieses Schreibens scheint der Schriftzug "M T GmbH" auf. Im Betreffteil dieses Schreibens wird das Wort "Straferkenntnis" angeführt. Erörtert wurde, dass, wie der belangten Behörde sicherlich bekannt sein dürfte, mit der Einführung der EU-Fahrerbescheinigung gleichzeitig festgelegt worden sei, dass die Notwendigkeit einer Fahrerbescheinigung nicht für grenzüberschreitende Beförderung unter Einsatz beispielsweise einer CEMT-Genehmigung gelte. Herr F Ö sei am 16.3.2004 mit einer CEMT-Genehmigung über die Grenze gefahren. Als Beilage wurde die erste Seite des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 24. Mai 2004, VerkGe96-50-1-2004 sowie eine CEMT-Genehmigung in Kopie beigelegt.

 

3. Mit Schreiben vom 24.6.2004, machte die belangte Behörde Frau S E darauf aufmerksam, dass eine Berufung den Bescheid zu bezeichnen hat, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten hat. Die Eingabe vom 10.5.2004 erfülle diese Voraussetzungen nicht bzw. könne dieser nicht einmal entnommen werden, ob es sich dabei um eine Berufung handle. Die belangte Behörde lade sie daher gemäß § 13 Abs.3 AVG ein, die angeführten Mängel innerhalb von 2 Wochen ab Erhalt dieses Schreibens zu beheben. Sollte sie dieser Aufforderung nicht fristgerecht nachkommen, müsste ihr Anbringen vom 10.5.2004 zurückgewiesen werden.

 

4. Mit an Frau S E adressiertem und am 21.7.2004 zugestellten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 19.7.2004, VerkGe96-50-1-2004, wurde die Eingabe vom 10.5.2004 betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 24.5.2004, VerkGe96-50-1-2004, in Form einer Berufungsvorentscheidung zurückgewiesen. Als Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, da Zweifel bestanden hätten, ob es sich bei dem vorliegenden Schriftsatz (vom 10.5.2004) um eine Berufung handle, sei sie gemäß § 13 Abs.3 AVG aufgefordert worden, diesen Mangel innerhalb von 2 Wochen ab Erhalt dieses Schreibens mit der Wirkung zu beheben, dass nach fruchtlosem Fristablauf mit Zurückweisung des Anbringens vorgegangen würde. Bis dato sei bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding kein Verbesserungsschriftsatz eingelangt. Da eine rechtzeitige Mängelbehebung nicht erfolgt sei, sei das Anbringen ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen gewesen.

 

5. Mit an die belangte Behörde gerichtetem, (unleserlich unterzeichnetem) Schreiben vom 23.7.2004, gefaxt am 26.7.2004, brachte die M T GmbH im Wesentlichen vor, sie habe das Schreiben der belangten Behörde erhalten und möchte noch einmal mitteilen, dass sie, wenn eine Entscheidung bereits ergangen sein sollte, gegen diese ein zulässiges Rechtsmittel einlegen werde. Die Verantwortliche für das Personal sei bei der Firma M T GmbH die Frau S T und nicht die Frau E S. Im Übrigen wurden die bereits im Schreiben vom 10.5.2004 enthaltenen Ausführungen wiederholt.

 

6. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding wertete das Schreiben vom 23.7.2004 als Vorlageantrag und legte diesen samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat vor.

 

7. Weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung.

 

 

8. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

8.1. Im Kopf der Schriftsätze vom 10.5.2004 und vom 23.7.2004 scheint die Wortfolge "M T GmbH" auf. Der Schriftsatz vom 10.5.2004 wurde mit "M T GmbH i.A. S" unterzeichnet, der Schriftsatz vom 23.7.2004 mit "M T GmbH" und unleserlicher Unterschrift. Im Ergebnis liegen damit Prozesshandlungen vor, die bei der belangten Behörde erhebliche Zweifel hätten wecken müssen, ob die Schriftsätze der M T GmbH oder Frau S E zuzurechnen sind. Da aber sowohl Frau S E (als Beschuldigte) sowie die M T GmbH (als nach § 9 Abs.7 VStG Haftende; vgl. VwGH 21.11.2000, 99/09/002) im gegenständlichen Strafverfahren Parteistellung haben und ihnen damit ein Berufungsrecht zukommt, reduziert sich die erwähnte Zurechnungsproblematik auf ein Formalproblem, das angesichts des Umstands, dass das bekämpfte Straferkenntnis - wie sich noch zeigen wird - rechtswidrig ist, nicht näher erörtert wird. Aus Gründen der Verfahrensökonomie geht der Verwaltungssenat - in Übereinstimmung mit der belangten Behörde - davon aus, dass Frau S E die Berufungswerberin ist und auch den Vorlageantrag gestellt hat.

 

8.2. Gemäß § 63 Abs.3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Der offensichtliche Sinn des § 63 Abs.3 AVG ist nur der, dass einerseits das Berufungsbegehren, andererseits die Begründung hiefür ersichtlich sein müssen. Keinesfalls sollte aber damit ein dem Geist des AVG fremder, übertriebener Formalismus in das Verwaltungsverfahren eingeführt werden (vgl. VwGH 26.5.1992, 88/05/0191). § 63 Abs.3 AVG verlangt eine Darstellung der Partei, ob und aus welchen Gründen sie den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des von der Behörde angenommenen Sachverhaltes oder hinsichtlich der Beurteilung der Rechtslage bekämpft. Der VwGH ist der Ansicht, dass bei der Auslegung des Merkmales eines "begründeten" Berufungsantrages kein strenger Maßstab angelegt werden soll, weil es sich um eine Vorschrift handelt, die sich auch an rechtsunkundige Parteien richtet (vgl. VwGH 22.2.2002, 2001/02/0130).

 

Das an die belangte Behörde gerichtete Schreiben vom 10.5.2004 bezieht sich eindeutig auf das bekämpfte Straferkenntnis. Dies ergibt sich schon daraus, dass eine Kopie der ersten Seite des bekämpften Straferkenntnisses übermittelt wurde und im Betreffteil das Wort "Straferkenntnis" aufscheint.

 

In diesem Schreiben wird unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Rechtsansicht der belangten Behörde, es sei bei der gegenständlichen Güterbeförderung eine Fahrerbescheinigung erforderlich gewesen, für unrichtig gehalten wird. Daraus muss geschlossen werden, dass die Aufhebung des Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt wird.

 

Somit erfüllt das Schreiben vom 10.5.2004 die Voraussetzungen einer Berufung gemäß § 63 Abs.3 AVG. In diesem Schreiben wird das bekämpfte Straferkenntnis hinreichend bezeichnet. Es ist davon auszugehen, dass die Aufhebung des bekämpften Straferkenntnisses beantragt wird. Die gegenteilige - strenge - Ansicht der belangten Behörde, die die Voraussetzungen des § 63 Abs.3 AVG als nicht gegeben erachtete, ist unzutreffend.

 

Da bereits das Schreiben vom 10.5.2004 alle Voraussetzungen einer wirksamen Berufung erfüllte, war der Verbesserungsauftrag vom 24.6.2004 rechtswidrig. Es lagen keine Mängel vor, die ein Vorgehen nach § 13 Abs.3 AVG gerechtfertigt hätten. Infolge der Rechtswidrigkeit dieses Verbesserungsauftrages bewirkte dessen Nichtbefolgung keine Säumigkeit, welche zur Zurückweisung der rechtzeitigen Berufung berechtigte. Die auf diesen rechtswidrigen Verbesserungsauftrag hin erlassene zurückweisende Berufungsvorentscheidung ist infolge des - von der belangten Behörde richtigerweise als Vorlageantrag gewerteten - Schriftsatzes vom 23.7.2004 gemäß § 64a Abs.3 AVG außer Kraft getreten. Der Verwaltungssenat hatte folglich inhaltlich über den als Berufung zu wertenden Schriftsatz "vom 10.5.2004" zu entscheiden.

 

8.3. Gemäß § 23 Abs.1 Z3 Güterbeförderungsgesetz wird unter Strafe gestellt, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Bewilligung durchführt oder Gebote und Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält.

 

Gemäß § 7 Abs.1 des Güterbeförderungsgesetzes ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

  1. Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,
  2. Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14. Juni 1973,
  3. Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,
  4. aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Eine solche Berechtigung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anders lautende Anordnung nach Abs. 4 ergangen ist.

Gemäß § 9 Abs.1 Güterbeförderungsgesetz hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs. 1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.

 

Gemäß Art.3 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 vom 1.3.2002, über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder einen oder mehrere Mitgliedstaaten unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist - mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß Art.6 Abs.4 der oben zitierten Verordnung ist die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt.

 

Wie nunmehr aus der im vorgelegten Verwaltungsstrafakt enthaltenen Anzeige hervorgeht, konnte der Fahrer F Ö im Zuge der Anhaltung zwar eine Gemeinschaftslizenz, jedoch keine Fahrerbescheinigung dem Beamten vorweisen. Letztgenannte hätte ihm die Bw aufgrund der Tatsache, dass es sich beim Lenker um einen türkischen Staatsangehörigen gehandelt hat, zur Verfügung zu stellen gehabt. Dass die gegenständliche Güterbeförderung ohne im Besitz einer Gemeinschaftslizenz zu sein, durchgeführt worden sei, wurde der Bw von der belangten Behörde zu Recht nicht zur Last gelegt.

 

Gemäß § 2 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine Übertretung ist im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

 

In § 7 Abs.1 Güterbeförderungsgesetz sind die Berechtigungen taxativ aufgezählt und ist in Z1 dieser Gesetzesstelle die Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 angeführt. Auf die allenfalls mit einer Gemeinschaftslizenz verbundene Fahrerbescheinigung wird nicht Bezug genommen. Gemäß dem Grundsatz der restriktiven Auslegung von Verwaltungsstraftatbeständen kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass auch die Fahrerbescheinigung - wie von der belangten Behörde angenommen wurde - von § 7 Abs.1 umfasst ist. Die belangte Behörde ist daher zu Unrecht von einer Übertretung des § 7 Abs.1 Güterbeförderungsgesetz ausgegangen. Dies bedeutet gleichzeitig, dass dem Bw auch keine Übertretung des § 9 Abs.1 Güterbeförderungsgesetz angelastet werden kann, zumal dieser auf die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen abstellt.

 

Wenn auch im gegenständlichen Fall keine Übertretung der §§ 7 oder 9 Güterbeförderungsgesetz begangen wurde, wäre es denkbar, dass im gegenständlichen Fall gegen einschlägige Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 (so insbesondere Art.6 Abs.4 der zit. Verordnung) verstoßen wurde. § 23 Abs.1 Z9 Güterbeförderungsgesetz ordnet dabei an, dass eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu bestrafen ist, begeht, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

Der in der erwähnten Verordnung begründeten Verpflichtung der Zur-Verfügung-Stellung einer Fahrerbescheinigung wird aber am Sitz des Güterbeförderungsunternehmens entsprochen, weil von dort aus die Fahrerbescheinigung beantragt und dann auch dem jeweiligen Fahrer zur Verfügung gestellt wird bzw. die beglaubigte Fahrerbescheinigung in den Geschäftsräumen des Verkehrsunternehmers aufzubewahren ist. Tatort iS der vorzitierten Bestimmung des § 2 Abs.2 VStG ist daher der Sitz der Firma M T GmbH in Deutschland. Gemäß der Regelung des § 2 Abs.1 VStG sind jedoch nur im Inland begangene Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine ausdrückliche gesetzliche Sonderregelung, die § 2 Abs.1 erster Halbsatz VStG verlangt, ist im gegenständlichen Fall nicht vorhanden. Die hier in Betracht kommende Sonderregel des § 23 Abs.3 Güterbeförderungsgesetz ordnet nämlich lediglich an, dass ein Unternehmer auch dann nach Abs.1 Z3 oder Z6 strafbar ist, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen im Ausland verletzt. Wie bereits oben ausgeführt wurde, kann dem Bw keine Übertretung der §§ 7 oder 9 Güterbeförderungsgesetz angelastet werden, da dies dem Grundsatz der restriktiven Auslegung von Verwaltungsstraftatbeständen und dem Grundsatz, dass als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war (§ 1 Abs.1 VStG) widersprechen würde. Anknüpfend daran kann auch die Sonderregelung des § 23 Abs.3 Güterbeförderungsgesetz über einen im Inland liegenden Tatort nicht auf die gegenständliche Verwaltungsübertretung ausgedehnt werden (vgl. dazu u.a. auch VwSen 110576/2/Kl/Rd vom 3. Juni 2004).

 

Das der Bw im bekämpften Straferkenntnis angelastete Verhalten bildet somit an sich schon keine strafbare Verwaltungsübertretung. Auf den Einwand der Bw, dass Herr F Ö am 16.3.2004 mit einer CEMT-Genehmigung über die Grenze gefahren sei und die Notwendigkeit einer Fahrerbescheinigung nicht für grenzüberschreitende Beförderung unter Einsatz einer CEMT-Genehmigung gelte, war daher nicht mehr einzugehen. Gleiches gilt hinsichtlich des Einwands, die Verantwortliche für das Personal sei bei der Firma M T GmbH die Frau S T und nicht die Bw, Frau E S, gewesen.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

8.4. Weil der Berufung Erfolg beschieden war, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 
 

Dr. Linkesch
 
Beschlagwortung:
Verfahrensökonomie

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum