Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130324/2/WEI/Ni

Linz, 23.10.2003

 

 

 VwSen-130324/2/WEI/Ni Linz, am 23. Oktober 2003

DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der Mag. H K, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9. September 2002, Zl. 933/10 - 1839620, betreffend Entscheidung über das Strafausmaß infolge eines Einspruchs gegen die Strafverfügung vom 9. August 2002 zu Recht erkannt:

 

 

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Strafbescheid ersatzlos aufgehoben.

 
Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Strafverfügung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9. August 2002, Zl. 933-10-1839620, wurde die Berufungswerberin (Bwin) einer Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs 1 iVm § 6 Abs 1 lit a) Oö. Parkgebührengesetz 1988 iVm §§ 1, 2, 3, 5 und 6 Abs 1 der Parkgebührenverordnung der Landeshauptstadt Linz 1989 schuldig erkannt und mit Geldstrafe in Höhe von 43 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 66 Stunden) bestraft, weil sie am 7. Juni 2002 von 9.15 bis 9.30 Uhr in Linz, E, das mehrspurige Kraftfahrzeug Renault mit dem polizeilichen Kz. in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt hatte und damit der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen war.

 

Diese Strafverfügung hat die Bwin nach dem aktenkundigen Zustellnachweis (RSa) am 11. August 2002 eigenhändig übernommen.

 

1.2. Mit Eingabe vom 20. August 2002, die am 21. August 2002 bei der belangten Behörde einlangte, erhob die Bwin gegen die Strafverfügung rechtzeitig Einspruch mit folgendem Inhalt:

 

"Gegen die Strafverfügung vom 9. August 2002 zu obengenannter Zahl erhebe ich Einspruch.

 

Zu meiner Rechtfertigung darf ich mitteilen, daß ich zum angegebenen Zeitpunkt unverzüglich mit meiner Tochter A, den Kinderarzt Dr. K, etabliert in der E, nachweislich aufsuchen mußte. Zudem war ich damals hochschwanger, meine Tochter L ist 2002 zur Welt gekommen. Hilfsweise beantrage ich die Herabsetzung der Geldstrafe, weil ich seit dem Jahr 2000 kein Einkommen habe und nur Kindergeld beziehe."

 

 

2.1. Die belangte Behörde wertete diesen Einspruch gegen die bezeichnete Strafverfügung bloß als Einspruch gegen die Strafhöhe und entschied darüber mit Bescheid vom 9. September 2002 wie folgt:

 

"Sie erhoben innerhalb offener Frist mit Eingabe vom 20.8.2002 Einspruch gegen die Strafhöhe der Strafverfügung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9.8.2002. Nach durchgeführtem Ermittlungsverfahren ergeht vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz folgender

 

 

Spruch

Gemäß § 49 Abs. 2 VStG wird die Strafe für die mit Strafverfügung, GZ 933-10-1839620, vom 9.8.2002 geahndete Übertretung auf € 22,--, im Falle der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe auf 33 Stunden herabgesetzt.

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) zu zahlen:

 

€ 2,20,--, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe, mindestens jedoch € 1,50;

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher

€ 24,20."

 

Begründend verwies die belangte Behörde auf § 49 Abs 2 VStG und dass die Rechtfertigungsangaben bei Bemessung der Strafe zu berücksichtigen gewesen wären.

 

2.2. Der Strafbescheid vom 9. September 2002 wurde der Bwin nach dem aktenkundigen Rückschein am 11. September 2002 zugestellt. Mit Schreiben vom 13. September 2002, eingelangt bei der belangten Behörde am 16. September 2002, erhob sie dagegen rechtzeitig Berufung und beantragte, die ersatzlose Aufhebung des Strafbescheids, hilfsweise die Herabsetzung der Strafe.

 

Begründend führt die Bwin aus, dass es unbestritten sei, dass sie hochschwanger den Kinderarzt Dr. K mit ihrer Erstgeborenen aufgesucht hätte. Darin läge ein Rechtfertigungsgrund, hilfsweise aber zumindest entschuldigender Notstand. Es hätte daher keine Strafe verhängt werden dürfen.

 

In eventu führt die Bwin an, dass die belangte Behörde angesichts des Fehlens einer Vormerkung zwingend von § 21 VStG hätte Gebrauch machen müssen. Zumindest sei die Strafe zu hoch bemessen und ihren persönlichen Verhältnissen nicht entsprechend (Einkommen nur Kindergeld und Sorgepflichten für 2 Kleinkinder). Hilfsweise begehrt die Bwin die bedingte Strafnachsicht, weil ihre Bestrafung im Verhältnis zum Justizstrafrecht ansonsten unsachlich (Art 7 B-VG) wäre. Da alle offenen Fragen nur Rechtsfragen seien, verzichte sie auf eine mündliche Berufungsverhandlung.

2.3. Mit Schreiben vom 26. September 2002 hat die belangte Behörde dem Oö. Verwaltungssenat die Berufung mit dem Verfahrensakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt, ohne eine Gegenäußerung zu erstatten.

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Durchsicht der vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass der angefochtene Strafbescheid schon aus formalrechtlichen Gründen aufzuheben ist.

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Bei rechtzeitigem Einspruch ist gemäß § 49 Abs 2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten. Wurde der Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben, dann ist nach § 49 Abs 3 VStG die Strafverfügung zu vollstrecken.

 

Nach dem dritten Satz des § 49 Abs 2 VStG hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden, wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft.

 

4.2. Ausdrücklich bedeutet, dem Einspruch kann eindeutig entnommen werden, dass er sich nur gegen die Strafhöhe oder Kostenentscheidung richtet (vgl Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze15 [2002], Anm 6 zu § 49 VStG). Genau dies ist nach Ausweis der Aktenlage vorliegend nicht der Fall. Die Bwin hat in ihrem Einspruch vom 20. August 2002 Tatumstände zu ihrer Rechtfertigung vorgebracht, die im Rahmen der Beurteilung der Schuldfrage eine Rolle spielen können. Lediglich hilfsweise(!) beantragte sie die Herabsetzung der Geldstrafe, weil sie seit dem Jahr 2000 kein Einkommen habe und nur Kindergeld beziehe.

 

In der gegenständlichen Berufung gegen den angefochtenen Strafbescheid kommt noch deutlicher zum Ausdruck, dass die Bwin von Anfang an ihre Schuld an der angelasteten Übertretung des Oö. Parkgebührengesetzes in Frage stellen wollte. Nunmehr spricht sie ausdrücklich vom Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes oder zumindest eines Schuldausschließungsgrundes und führt abermals nur in eventu und damit hilfsweise zur Straffrage aus, obwohl es nach dem Inhalt eines von der Erstbehörde gemäß § 49 Abs 2 VStG erlassenen Strafbescheids nur mehr um die Straffrage gehen dürfte.

 

4.3. Im Ergebnis ist festzustellen, dass die belangte Strafbehörde nicht bloß einen Einspruch annehmen konnte, der sich ausdrücklich nur gegen das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Kostenentscheidung gerichtet hat. Sie hätte daher den angefochtenen Strafbescheid überhaupt nicht erlassen dürfen. Vielmehr hätte sie davon ausgehen müssen, dass durch den Einspruch der Bwin die gesamte Strafverfügung außer Kraft getreten ist und das ordentliche Verfahren einzuleiten gewesen wäre.

 

Da dieser Verfahrensmangel im Berufungsverfahren nicht saniert werden kann und die belangte Strafbehörde unzuständigerweise nur über die Straffrage entschieden hat, musste der Oö. Verwaltungssenat den angefochtenen Strafbescheid aus Anlass der Berufung ersatzlos aufheben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

 

 

Dr. W e i ß
 

 

 
 

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