Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130350/2/WEI/Eg/An

Linz, 15.06.2004

 

 

 VwSen-130350/2/WEI/Eg/An Linz, am 15. Juni 2004

DVR.0690392
 

 
 
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Dr. H V, vertreten durch RA Dr. G G, S, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20. Juni 2004, Zl. 933/10 - 1871730, wegen Übertretung des Oö. Parkgebührengesetz zu Recht erkannt:

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 


Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

 

"I. Tatbeschreibung

 

Sie haben am 19.11.2002 von 08:48 bis 09:04 Uhr in Linz, Fadingerstraße vor Haus Nr. 4 das mehrspurige Kraftfahrzeug, BMW, mit dem polizeilichen Kennzeichen
in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt. Sie sind der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen.

 

II. Verletzte Verwaltungsvorschriften in der gültigen Fassung:

 

§§ 2 Abs.1 und 6 Abs.1 lit.a Oö. Parkgebührengesetz 1988

§§ 1, 2, 3, 5 und 6 Abs. 1 der Parkgebührenverordnung der Landeshauptstadt Linz 1989

 

III. Strafausspruch

 

Es wird über Sie eine Geldstrafe von € 43,00 im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 66 Stunden vorgeschrieben.

 

Rechtsgrundlagen: § 6 Abs. 1 lit. a Oö. Parkgebührengesetz, §§ 16 und 19 VStG

 

IV. Kostenentscheidung

 

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens haben Sie 10 % der verhängten Strafe, mindestens € 1,50, das sind € 4,30 zu leisten.

 

Rechtsgrundlage: § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG)

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Verfahrenskosten) beträgt

 

€ 47,30."

 

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 24. Juni 2004 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende am 3. Juli 2004 - und somit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die Erteilung einer bloßen Ermahnung angestrebt wird.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich folgender S a c h v e r h a l t :

2.1. Der im angefochtenen Straferkenntnis von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt wurde in der Berufung nicht substanziell bestritten. Danach hatte der Bw das mehrspurige Kraftfahrzeug BMW, Kz., am 19. November 2002 von 08:48 bis 09:04 Uhr in Linz vor dem Haus Fadingerstraße 4 in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt, weil die bezahlte Parkzeit - es wurde die Parkgebühr von 70 Cent entrichtet, welche bis 08:47 Uhr gültig war - um 16 Minuten überschritten worden war. Das als Zeugin von der belangten Behörde einvernommene Parkgebühren-Aufsichtsorgan bestätigte diesen Sachverhalt. Da der vorgefundene Parkschein Nr. 2415 abgelaufen war und weder eine Bewohnerkarte hinterlegt war noch eine Ladetätigkeit beobachtet werden konnte, stellte es um 09:04 Uhr eine Organstrafverfügung aus, "da der Parkschein bereits um 16 Minuten überschritten war".

 

2.2. In der Berufung bringt der Bw vor, dass eine ausreichende Gebühr für den verhandlungsmäßig vorgesehenen Zeitraum entrichtet worden sei. Derartige Verhandlungen würden üblicherweise nur 10 - 15 Minuten dauern. Die zeitliche Verzögerung sei nur deshalb eingetreten, weil im gegenständlichen Fall eine Doppelausschreibung vorgelegen habe und im Übrigen bei der davor liegenden Verhandlung ein Rechtsvertreter verspätet erschienen sei. Nachdem das Fahrzeug unmittelbar vor dem Gericht abgestellt worden sei, habe auch eine Gehzeit nicht einkalkuliert werden müssen. Es sei davon auszugehen, dass die zeitliche Verzögerung tatsächlich nicht schuldhaft herbeigeführt worden sei. Der Tatvorwurf sei somit nicht berechtigt. Darüber hinaus sei die verhängte Geldstrafe nicht angebracht und bei weitem überhöht.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt zur Zahl 933/10-1871730 des Magistrats der Landeshauptstadt Linz festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage geklärt erscheint und nur Rechtsfragen zu beantworten sind.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 6 Abs. 1 lit. a) Oö. Parkgebührengesetz (LGBl. Nr. 28/1988 idF LGBl. Nr. 90/2001) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 220 Euro zu bestrafen,

 

wer durch Handlungen oder Unterlassungen die Parkgebühr hinterzieht oder verkürzt bzw. zu hinterziehen oder zu verkürzen versucht.

 

Nach § 1 Abs. 1 iVm § 3 Abs. 1 der Parkgebührenverordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 11. Mai 1989 betreffend die Erhebung einer Gemeindeabgabe für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz 1989/11 idF 2001/14 vom 30.07.2001) ist der Lenker verpflichtet, für das Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer als gebührenpflichtig gekennzeichneten Kurzparkzone eine Parkgebühr zu entrichten; die Höhe der Parkgebühr beträgt nach § 2 Abs. 1b der Linzer Parkgebührenverordnung für jede angefangene halbe Stunde 50 Cent, wobei zumindest für die erste halbe Stunde der volle Abgabenbetrag zu entrichten ist.

 

4.2. Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

4.3. Nach der Aktenlage ist erwiesen, dass der Bw in Ausübung seines Berufs als R zur Tatzeit an einer mündlichen Verhandlung im L, F, teilgenommen hatte und in unmittelbarer Nähe vor dem Haus Fadingerstraße 4 seinen BMW, abgestellt hatte. Um 08.05 Uhr hatte er für 70 Cent eine Parkdauer von 42 Minuten bis 08:47 Uhr gelöst. Er dachte damit das Auslangen zu finden, weil die Verhandlung für 08:15 Uhr anberaumt war und das voraussichtliche Ende mit 08.45 Uhr angegeben war. Ob die einkalkulierte Gehzeit von 2 Minuten ausreichend war, kann dahingestellt bleiben. Von der belangten Behörde blieb unwiderlegt, dass die mündliche Verhandlung unvorhersehbar erst um 08:40 Uhr (also um 25 Minuten verspätet) begonnen und um 08:55 Uhr geendet hat. Im Falle einer Verhandlung in den Morgenstunden ist auch nicht mit einer derartigen Verzögerung zu rechnen. Die Verhandlung hat, wie der Bw als erfahrener Rechtsvertreter angenommen hat, 15 Minuten gedauert und endete um 08:55 Uhr. Bei rechtzeitigem Beginn der Verhandlung hätte der Bw somit ausreichend Parkzeit zur Verfügung gehabt, weshalb ihm ein Verschulden an der Überschreitung der Parkzeit nicht angelastet werden kann.

Das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats hält das Vorbringen des Bw für plausibel und vertritt die Auffassung, dass das öffentliche Interesse an einer maximalen Umschlagshäufigkeit des knapp bemessenen Parkplatzangebots zumindest nicht höher bewertet werden kann, als das öffentliche Interesse an der Tätigkeit eines Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor Gericht. Im vorliegenden Fall sind keine Umstände hervorgekommen, die auf eine unvertretbare oder unrealistische Haltung des Bw schließen ließen. Dem Bw kann auch nicht zugemutet werden, bei einer Verspätung des Gerichtes den tatsächlichen Verhandlungsbeginn vorherzusehen, um nötigenfalls rechtzeitig vor Verhandlungsbeginn noch eine Parkzeit nachkaufen zu können, da dies mit einer drohenden Säumnisfolge verbunden sein könnte. Deshalb muss in subjektiver Hinsicht davon ausgegangen werden, dass der Bw die Parkgebühr für die gesamte Parkzeit bezahlen wollte. Daran hinderte ihn letztlich der unvorhersehbare verspätete Verhandlungsbeginn bzw. das verspätete Ende der Verhandlung, weshalb die Parkzeit um 16 Minuten überschritten wurde. Dem Bw kann somit kein Verschulden an der Überschreitung der Parkzeit angelastet werden.

5. Im Ergebnis war aus all diesen Gründen das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

6. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. W e i ß